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Die Erfindung betrifft eine mobile Arbeitsmaschine (z. B. Bagger oder Traktor) mit zumindest einem Arbeitsgerät (z. B. Baggerarm) oder Anbaugerät (z. B. Pflug) und mit einem elektronischen Fahrdynamik-Steuergerät gemäß dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1.
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Als Fahrdynamik-Steuergeräte sind insbesondere aus dem PKW-Bereich elektronische Stabilitätsprogramme (ESP), Antiblockiersysteme (ABS) und Antischlupfregelungen (ASR) bekannt.
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Die
EP 0 518 226 B1 und die
DE 197 54 828 C2 offenbaren eine mobile Arbeitsmaschine, deren vertikale Schwingungen und insbesondere Nickschwingungen (um die Querachse) mit einer aktiven hydraulischen Nickschwingungsdämpfung abgebaut werden.
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In der Druckschrift
DE 10 2006 023 603 A1 ist eine mobile Arbeitsmaschine mit einem vorderen und einem hinteren Anbaugerät gezeigt, die in Abhängigkeit eines Giermoments (um die Hochachse) verschwenkt werden. Insbesondere bei einer Kurvenfahrt werden die Anbaugeräte ins Kurveninnere verschwenkt.
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Nachteilig an derartigen mobilen Arbeitsmaschinen ist, dass die verschiedenen genannten Konzepte und Steuerungen zur Verbesserung der Fahrdynamik nur als Stand-Alone-Lösungen bekannt sind.
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Dem gegenüber liegt der Erfindung die Aufgabe zu Grunde, eine mobile Arbeitsmaschine zu schaffen, bei der die genannten Konzepte und Steuerungen zur Verbesserung der Fahrdynamik gemeinsam realisiert sind, um so eine optimierte Fahrdynamik zu erreichen.
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Diese Aufgabe wird gelöst durch eine mobile Arbeitsmaschine mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1.
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Die erfindungsgemäße mobile Arbeitsmaschine hat ein hydraulisch betriebenes Arbeits- oder Anbaugerät und eine erste elektronische Steuerung oder Steuereinheit, die ein elektronisches Stabilitätsprogramm (ESP) und/oder eine Antischlupfregelung (ASR) und/oder ein Antiblockiersystem (ABS) aufweist. Insbesondere in einem Fahrbetrieb der Arbeitsmaschine ohne Einsatz des Arbeits- oder Anbaugerätes ist dieses über eine zweite elektronische Steuerung oder Steuereinheit zur Verhinderung oder Dämpfung von Roll-, Nick- oder Gierbewegungen der Arbeitsmaschine anhebbar und absenkbar oder quer zur Fahrtrichtung schwenkbar. Das – insbesondere zügige – Anheben wirkt gegen Nicken, wobei das Fahrzeug an den Boden gedrückt wird. Dazu reicht in der Regel ein geringfügiges Anheben, um ein ausreichendes Gegenmoment zu erzielen. Nach der Gefahrensituation wird das Anbaugerät wieder auf die optimale Transporthöhe abgesenkt unter Berücksichtigung der Hubhöhenreserve für den stabilisierenden Eingriff. Durch das darauf folgende dosierte Absenken wird der Vorrat für ein nächstes Anheben wieder hergestellt. Das Schwenken quer zur Fahrtrichtung wirkt gegen Gieren und Rollen. Durch ein Schwenken ins Kurveninnere kann weiterhin die Zentrifugalkraft des Gerätes verringert werden, die auf die Arbeitmaschine einwirkt. Durch eine Verknüpfung dieser zweiten Steuerung oder Steuereinheit mit dem (aus dem Stand der Technik bekanntem) ESP und/oder ABS und/oder ASR kann die Fahrdynamik bzw. können die korrigierenden Eingriffe ganzheitlich optimiert werden. D. h. es sind durch die Anbaugeräte dreidimensionale Eingriffe möglich, um Gegenmomente zu erzeugen.
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Weitere vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind in den abhängigen Patentansprüchen beschrieben.
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Bei einer bevorzugten Ausgestaltung laufen über eine ESP-Steuereinheit alle für die Fahrdynamik relevanten Regelungen ab. Damit ist die ESP-Steuereinheit das Mastersteuergerät. Ein Hydraulik-Steuergerät incl. einer elektronischen Hubwerksregelung (EHR) übernimmt die Slavefunktion.
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Es wird bevorzugt, wenn die erste und die zweite Steuerung oder Steuereinheiten in einem gemeinsamen Fahrdynamik-Steuergerät zusammengefasst sind. Damit ist die Anzahl an Steuergeräten minimiert.
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Vorzugsweise ist das Fahrdynamik-Steuergerät in einem Gehäuse angeordnet.
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Bei einem besonders bevorzugten Ausführungsbeispiel ist die Arbeitsmaschine ein Traktor, wobei das Anbaugerät – insbesondere übergangsweise – an einem Fronthubwerk und/oder an einem Heckhubwerk des Traktors angekoppelt ist. Das Fronthubwerk und/oder Heckhubwerk hat einen Linearaktuator oder Stellzylinder, über den das Anbaugerät geschwenkt werden kann. Der Stellzylinder kann an nur einem Unterlenker des Hubwerks mit einem vergleichweise großen Hub vorgesehen sein, oder es ist an jedem Unterlenker ein Stellzylinder mit vergleichsweise kleinem Hub vorgesehen.
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Bei einem anderen besonders bevorzugten Ausführungsbeispiel ist die Arbeitsmaschine ebenfalls ein Traktor, wobei das Anbaugerät – insbesondere übergangsweise – an einem Fronthubwerk und/oder an einem Heckhubwerk des Traktors angekoppelt ist. Das Fahrdynamik-Steuergerät hat eine elektronische Hubwerksregelung (EHR), über die das Anbaugerät angehoben und abgesenkt werden kann.
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Die beiden zuletzt genannten Ausführungsbeispiele als Traktor können auch vorteilhaft kombiniert werden.
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Bei einem anderen besonders bevorzugten Ausführungsbeispiel ist die Arbeitsmaschine ein Bagger. Das Arbeitsgerät ist ein Baggerarm, der quer zur Fahrtrichtung geschwenkt werden kann. Der Baggerarm kann einen Ausleger, einen Stil und einen Löffel aufweisen.
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Bei einem anderen besonders bevorzugten Ausführungsbeispiel ist die Arbeitsmaschine ein Radlader. Das Arbeitsgerät hat eine Schwinge und eine Schaufel, die angehoben und abgesenkt werden können. Bei Radladern, die zusätzlich eine Heckhydraulik besitzen, ist die Regelung analog zur Traktor-Heckhydraulik einsetzbar.
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Bei weiteren bevorzugten Ausführungsbeispielen ist die Arbeitsmaschine ein Backhoeloader oder ein Stapler.
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Bei einer besonders bevorzugten Weiterbildung ist das Fahrdynamik-Steuergerät elektronisch mit einem Geschwindigkeitssensor und/oder mit einem Beschleunigungssensor und/oder mit einem Lenkwinkelsensor und/oder mit einem Lenk(winkel)geschwindigkeitssensor und/oder mit einem Lenk(winkel)beschleunigungssensor und/oder mit einem Global-Positioning-System (GPS) der mobilen Arbeitsmaschine verbunden. Statt des Beschleunigungssensors kann zur Ermittlung einer negativen Beschleunigung auch ein Bremspedalsensor vorgesehen sein. Über das GPS kann der Verlauf der voraus liegenden Straße in die Regelung des Fahrdynamik-Steuergerätes einbezogen werden.
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Bei einer besonders bevorzugten Weiterbildung hat bzw. berücksichtigt das Fahrdynamik-Steuergerät den Schwerpunkt (in Relation zur Arbeitsmaschine) und die Masse und/oder Abmaße des Arbeitsgerätes oder Anbaugerätes. Mit einer Berücksichtigung von Schwerpunkt und Masse ist die Steuerung deutlich verbessert. Mit einer Berücksichtigung von Abmaßen kann der Schwenkbereich bzw. der Hebe- und Senkbereich begrenzt werden. Somit wird das Gerät nicht über die zulässige Höhe der Arbeitsmaschine gehoben und nicht auf die Straße abgesenkt und nicht aus der Fahrbahn heraus geschwenkt.
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Dabei kann das Anbaugerät einen Radio-Frequency-Identification-Chip (RFID-Chip) haben, von dem der Schwerpunkt und die Masse und/oder die Abmaße an das Fahrdynamik-Steuergerät automatisch übertragen werden.
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Oder die Gesamtmasse (m) des Arbeitsmaschine einschließlich der gesuchten Masse des Gerätes wird gemäß der
DE 103 44 210 A1 über eine Ermittlung von an allen Rädern der Arbeitsmaschine angreifenden Antriebs- und Trägheitskräften (F) und über eine von einem Beschleunigungssensor ermittelte Beschleunigung (a) der Arbeitsmaschine abgeschätzt. Dies erfolgt über den Zusammenhang m = F/a.
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Bei schnelleren Arbeitsmaschinen kann zur Steigerung der Genauigkeit dabei der an der Arbeitsmaschine angreifende Windwiderstand in die Antriebskräfte (F) mit einbezogen werden.
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Zusätzlich können Signale von Kraftmessbolzen am Hubwerk, der Druck in der Hydraulik und ein Anfahrmoment eines Dieselmotors der Arbeitsmaschine zur Schätzung herangezogen werden.
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Im Folgenden wird anhand einer Figur ein Ausführungsbeispiel der Erfindung detailliert beschrieben.
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Die Figur zeigt ein Ausführungsbeispiel einer erfindungsgemäßen mobilen Arbeitsmaschine in einer schematischen Draufsicht. Es handelt sich dabei um einen Traktor 1, der in seinem vorderen Bereich ein Fronthubwerk 2 und in seinem hinteren Bereich ein Heckhubwerk 3 hat. An das Fronthubwerk 2 ist ein vorderes Anbaugerät 8 angekoppelt, das über das Fronthubwerk 2 in seiner Höhe eingestellt werden kann. An das Heckhubwerk 3 ist ein hinteres Anbaugerät 10 (z. B. ein Pflug) angekoppelt, das über das Heckhubwerk 3 in seiner Höhe eingestellt werden kann.
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Von den beiden Hubwerken 2, 3 sind jeweils nur zwei Unterlenker gezeigt. An jeden Unterlenker ist ein (nicht gezeigter) Hubzylinder angelenkt, wobei jeder Hubzylinder über seinen oberen Endabschnitt am Traktor angelenkt ist.
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Die (in der Figur) rechten Unterlenker jedes Hubwerks 2, 3 können über einen jeweiligen Stellzylinder 4, 6 in ihrer Länge eingestellt werden, wobei diese Länge größer oder kleiner sein kann, als die des jeweiligen (in der Figur) linken Unterlenkers. Damit können die beiden Anbaugeräte 8, 10 jeweils in Fahrtrichtung nach links oder rechts (also um eine Hochachse) geschwenkt werden.
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Der Traktor 1 hat ein elektronisches Fahrdynamik-Steuergerät 12. In diesem Steuergerät 12 sind die Funktionen einer elektronischen Hubwerksregelung (EHR), eines elektronischen Stabilitätsprogramms (ESP), einer Antischlupfregelung (ASR) und eines Antiblockiersystems (ABS) zusammengefasst. Die EHR verhindert oder dämpft Nickschwingungen (um eine waagrechte Querachse) des Traktors 1, in dem sie eines der Anbaugeräte 8, 10 über das jeweilige Hubwerk 2, 3 kurzzeitig anhebt oder absenkt. Wenn z. B. der hintere Teil des Traktors 1 von der (nicht gezeigten) Straße abzuheben droht, wird über das Heckhubwerk 3 das hintere Anbaugerät 10 kurzfristig angehoben.
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Das ESP verhindert durch gezieltes Abbremsen einzelner Räder eine Gierbewegung (um die Hochachse). Dadurch kann bei einer schnellen oder engen Kurvenfahrt insbesondere ein Ausbrechen des hinteren Teils des Traktors 1 verhindert werden.
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Die ASR verhindert ein Durchdrehen der angetriebenen Räder bei zu geringer Traktion für Straßenfahrt, und das ABS verhindert ein Blockieren der gebremsten Räder bei zu geringer Bodenhaftung. Im Arbeitsbetrieb auf dem Acker verhindert die EHR das Schlupfen der Räder durch anheben und absenken des Anbaugeräts.
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Über das Fahrdynamik-Steuergerät 12 werden auch die beiden Stellzylinder 4, 6 gesteuert. Somit können die Anbaugeräte 8, 10 beidseitig bei einer Kurvenfahrt zu einer kurveninneren Seite verschwenkt werden. Nullstellung bedeutet, die Zylinder 4, 6 können ein- bzw. ausfahren, um die Anbaugeräte 8, 10 nach links bzw. rechts zu schwenken. Dadurch bewegen sich ihre Massen auf engeren Kurvenradien, wodurch ihre unerwünschte Zentrifugalkraft verringert ist. Durch ein GPS 13 und über abgespeicherte Straßeninformationen kann dieses Verschwenken auch vor der Einfahrt in eine Kurve durchgeführt oder zumindest begonnen werden.
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Damit werden Gegenmomente gegen das ansteigende Giermoment gestellt, diese Gegenmomente werden durch jeweils zwei Front- und Heckzylinder der Hebehydraulik der bekannten EHR verstärkt.
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Weiterhin kann das Fahrdynamik-Steuergerät 12 über die beiden Stellzylinder 4, 6 die beiden Anbaugeräte 8, 10 auch kurzfristig verschwenken, um ein unerwünschtes Giermoment des Traktors 1 zu kompensieren.
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Die beiden Anbaugeräte 8, 10 und weitere alternative (nicht gezeigte) Anbaugeräte, die ebenfalls an die Hubwerke 2, 3 angekoppelt werden können, haben jeweils ein Radio-Frequency-Identification-Chip 14, 16. Diese übertragen insbesondere nach dem Anbau des entsprechenden Anbaugerätes 8, 10 an den Traktor 1 die Lage des jeweiligen Schwerpunktes 18, 20 und die Masse des Anbaugerätes 8, 10. Damit ist ein jeweiliges Gegenmoment, das durch das Verschwenken des Anbaugerätes 8, 10 erzeugt wird oder werden kann, abschätzbar. In Kenntnis einer Verschwenkgeschwindigkeit ist dieses Gegenmoment sogar bekannt, so dass damit die Kompensation eines unerwünschten Giermoments deutlich verbessert ist.
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Abweichend vom gezeigten Ausführungsbeispielen kann das Fahrdynamik-Steuergerät 12 auch nur eine Teilmenge der Funktionalitäten EHR, ESP, ASR und ABS aufweisen.
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Ergänzend zum gezeigten Ausführungsbeispiel kann ein (nicht gezeigtes) Bedienelement vorgesehen sein, mit dem der Fahrer des Traktors 1 die beiden Anbaugeräte 8, 10 auch manuell verschwenken kann. Damit kann z. B. ein Rangieren erleichtert werden.
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Aufgrund der möglichen Gegenmomente ist eine höhere Kurvengeschwindigkeit umsetzbar, und in dem Zuge kann auch noch ein Eingriff ins Motormanagement zur Reduzierung der Kurvengeschwindigkeit vorgenommen werden. Die Basiswerte dazu könnten georeferenziert per GPS zugewiesen werden.
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Offenbart ist eine mobile Arbeitsmaschine mit einem hydraulisch betriebenen Arbeits- oder Anbaugerät und mit einer ersten elektronischen Steuerung, die ein elektronisches Stabilitätsprogramm (ESP) und/oder eine Antischlupfregelung (ASR) und/oder ein Antiblockiersystem (ABS) aufweist. Insbesondere in einem Fahrbetrieb der Arbeitsmaschine ohne Einsatz des Arbeits- oder Anbaugerätes ist dieses über eine zweite elektronische Steuerung zur Verhinderung oder Dämpfung von Roll-, Nick- oder Gierbewegungen der Arbeitsmaschine anhebbar und absenkbar oder quer zur Fahrtrichtung schwenkbar. Das – insbesondere zügige – Anheben wirkt gegen Nicken und Gieren, indem zunächst der betroffene Teil der Arbeitmaschine an den Boden gedrückt wird und zuvor um die notwendige Reserveregelhöhe abgesenkt wird. Das Schwenken quer zur Fahrtrichtung – insbesondere ins Kurveninnere – wirkt gegen Gieren und Rollen. Die Kombination der Stelloptionen wirkt optimal gegen Nicken, Rollen und Gieren.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Traktor
- 2
- Fronthubwerk
- 3
- Heckhubwerk
- 4; 6
- Stellzylinder
- 8
- vorderes Anbaugerät
- 10
- hinteres Anbaugerät
- 12
- Fahrdynamik-Steuergerät
- 13
- Global-Positioning-System (GPS)
- 14, 16
- Radio-Frequency-Identification-Chip
- 18, 20
- Schwerpunkt
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- EP 0518226 B1 [0003]
- DE 19754828 C2 [0003]
- DE 102006023603 A1 [0004]
- DE 10344210 A1 [0022]