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Die Erfindung betrifft eine künstliche Harnblase. Insbesondere betrifft die Erfindung eine Anordnung und ein Verfahren zur Füllstandsbestimmung in künstlichen Harnblasen.
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Grundsätzlich gibt es eine Vielzahl von technischen Lösungen und Lösungsansätzen zum Bestimmen des Füllstandes, welche für die Verwendung in einer künstlichen Harnblase, die unterteilbar sind in mechanische und rein elektrische/elektronische, beziehungsweise als Kombination beider, einsetzbar sind. In jedem Falle handelt es sich um das elektrischen Messen mechanischer Größen und um das elektrische Messen elektrischer Größen-Verfahren, die erst in der Kombination ein gewünschtes Ergebnis zur Füllstandsmessung in künstlichen Harnblasen liefern können. Ob ausgeführt als Schwimmer mit elektrischer Anzeige, als Gewichts- oder Beschleunigungsmessung, als Dehnungsmessung über optische oder akustische Verfahren, eingebunden die Absorptions- und Reflexionsverfahren an Oberflächen oder Grenzflächen, als rein kapazitive oder induktive Verfahren mittels Messstäben oder Messflächen oder ganz allgemein als Laufzeit- und/oder Impulsverfahren – sie gehören in ihren Grundprinzipien der Messwertaufnahme und Messwertauswertung zum Stand der Technik.
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Für künstliche Harnblasen versagen die meisten Ausführungen der bekannten Verfahren, weil der künstliche Harnblasenbehälter ein flexibles Reservoir besitzt und im entleerten Zustand zusammengefaltet ist, sich bei zunehmender Befüllung räumlich ausdehnt und sich zusätzlich, je nach den Bewegungsabläufen der betroffenen Person, ebenfalls räumlich verändern kann. Hinzu kommt, dass die Blasenflüssigkeit bei gleichem Volumen keinen ruhenden Füllstand hat, da er in der Bewegungsphase der betroffenen Person völlig anders ausfällt als zum Beispiel in der horizontalen Ruhelage. Ein weiterer wesentlicher Unterschied bei der Füllstandsbestimmung in künstlichen Harnblasen besteht darin, dass keine Verdrängung zwischen zwei oder mehreren verschiedenen Stoffen stattfindet – zum Beispiel Luft, die durch den Zustrom an Flüssigkeit aufgrund der Nierentätigkeit verdrängt werden muss – sondern die künstliche Harnblase bei Befüllung lediglich ihre räumliche Ausdehnung verändert.
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Es ist ein Anspruch eines künstlichen harnableitenden Systems, die physiologische Funktionalität der menschlichen Harnblase so gut wie möglich nachzuempfinden. Dieser geforderte Standard ist in der
US-Patentschrift 7,479,162 B1 , beziehungsweise in der Offenlegungsschrift
DE 199 12 472 A1 , umfassend dargelegt. Zusammenfassend kann aus diesen Offenbarungen konstatiert werden, dass es nicht ausreicht, nur den Füllstand allgemein in der künstlichen Harnblase zu bestimmen, sondern diesen mit möglichst hoher Genauigkeit bei jeder Bewegungsform der betroffenen Person zu ermitteln, verbunden mit einer zeitlichen Verkettung von Flüssigkeitszufuhr und -abfuhr für eine optimierte Urinentleerung, um der betroffenen Person ein natürliches Empfinden für den Entleerungsrhythmus zu vermitteln, welcher durch ein akustisches oder seismisches Signal angezeigt werden kann.
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Zum Stand der Technik gehören verschiedene Verfahren, die in der Patentschrift
DE 195 39 131 C1 und die für die Beurteilung herangezogenen Druckschriften genannt werden. Sie sind alle funktionstüchtig im physikalischen Sinne, können aber die gestellten Erfordernisse für ein künstliches Harnableitungssystem mit lebensnahen Eigenschaften nicht erfüllen. Gemeinsamer Hauptnachteil ist die unzureichende Genauigkeit der Füllstandsermittlung in jeder erforderlichen und bekannten Bewegungs- und Lebenslage der betroffenen Person.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zum zuverlässigen Bestimmen des Füllstandes einer künstlichen Harnblase unter Verwendung ausgewählter Messverfahren, deren Ergebnisse hierarchisch mit physiologischen und zeitlichen Parametern verkettet sind, bereit zu stellen.
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Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe durch die Vorrichtung mit den Merkmalen von Anspruch 1 gelöst. Die Unteransprüche geben vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung an.
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Die Erfindung wird im Folgenden anhand der für die Erfindung ausgewählten Verfahren zur Füllstandsmessung mit neun Zeichnungen erläutert.
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In den einzelnen Figuren werden die nachstehenden Verläufe und Bilder für eine künstliche Harnblase dargestellt.
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1: zeitlicher Verlauf eines Mengendurchflusses
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2: Ermittlung der räumlichen Ausdehnung des Reservoirs
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3: Füllgradbestimmung durch Gewichtskraftmessung
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4: schematische Darstellung einer Wägezelle
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5: schematische Darstellung zur Bestimmung der Neigungskorrektur
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6a: schematische Darstellung einer doppelten Wägezelle
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6b: Sicht auf die Vorrichtung der geteilten Wägezelle
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7: Kraftsensoranordnung einer Wägezelle
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8: dynamische Offsetkompensation zur Gewichtskraftmessung
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9: hierarchische Verknüpfung der Messeinrichtungen zur Füllstandsbestimmung Grundidee der Erfindung ist die Kombination von voneinander unabhängigen Messverfahren, die auf unterschiedlichen physikalischen Prinzipien beruhen und deren Messeergebnisse durch eine Auswertelogik und mittels eines hierarchischen Systems mit Zeitrhythmen und a priori Mittelwertgewichtungen zu einer Füllstandsaussage – Reservoir leer/Reservoir voll – verknüpft werden.
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Die Messverfahren im Einzelnen sind:
- – eine hochauflösende Durchflussmessung für geringe Durchflussmengen,
- – eine Erfassung der räumlichen Ausdehnung mittels einer Abstandsmessung durch magneto-sensitiver Sensoren und einer Vorrichtung zur Erzeugung eines Referenz-Magnetfeldes und
- – eine Gewichtskraftmessung, versehen mit Beschleunigungs- und Neigungskorrekturen.
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Als Durchflusssensor selbst wird ein System nach bekanntem Prinzip ausgewählt, das den Mengenfluss nach dem allgemeinen Ansatz
bei einem Fassungsvolumen von V
max. = 1.0 ermittelt.
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Dabei bedeuten: Φ(t) den Füllgrad des Reservoirs zum Startzeitpunkt t0, ζ(t) den Zustrom an Flüssigkeit zum Zeitpunkt t, k die Annahme für ein verbleibendes Restvolumen im Reservoir nach einer Entleerung und V das Fassungsvolumen des Reservoirs.
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Damit lässt sich bei einem bekannten maximalen Fassungsvolumen auf den aktuellen Füllgrad schließen, wenn davon ausgegangen werden kann, dass das Reservoir nach der Entleerung leer ist, oder ein bekanntes, geringes Restvolumen vorhanden bleibt und nach der Entleerung der Zufluss weiterhin kontinuierlich erfasst wird. Der Zustrom kann kontinuierlich oder aus Gründen der Energieverbrauchsoptimierung getaktet erfolgen. Getaktet bedeutet hier dabei eine Abfolge von Messphase und Ruhephase, wobei in der Ruhephase keine Messung durchgeführt wird – der Sensor also schläft – und als Annahme für den momentanen Durchfluss wird der Durchschnitt der vorherigen Messphase verwendet,
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1 zeigt einen möglichen dynamisch getakteten Algorithmus für spezielle physiologische Anforderungen. Abschnitt I) und II) zeigen schematisch den Normalverlauf der renalen Harnproduktion, in denen keine physiologischen Sondereffekte zu erwarten sind – also durchschnittliche Nierenaktivität. In diesen Zeitabschnitten kann, solange keine Messwertüberschreitung innerhalb eines definierten Toleranzschlauchs y um den arithmetischen Mittelwert M die Durchflussmessung energiesparend – also getaktet – durchgeführt werden, Findet eine stoßweise erhöhte Urinabgabe durch die Nieren statt, zum Beispiel nach erhöhter Flüssigkeitszufuhr, wie im Abschnitt III) dargestellt, muss das Messintervall verkürzt werden, um die Abtastrate zwecks einer größeren Messgenauigkeit zu erhöhen.
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Die Erfassung der räumlichen Ausdehnung der Kunstblase kann durch die Laufzeitmessung eines physikalischen Signals erfolgen. Möglich wären elektromagnetische Wellen beziehungsweise abgezweigte Impulse, optische Signale als Lichtimpulse oder akustische Signale, zum Beispiel als Ultraschallimpulse. Bevorzugtes Verfahren für die Anwendung in künstlichen Harnblasen wäre die Ultraschall-Impulslaufzeit-Methode nach dem Sing-Around-Prinzip, da es bei den kurzen Messdistanzen eine hohe Genauigkeit und eine große Auflösung der Messsignale ermöglicht. Dabei ist es für die Erfindung unerheblich, ob die Laufzeit mittels eines akustischen oder eines anderen wellenausbreitendes Signals erfolgt, wenn das Messprinzip der Bedingung Φ(t) = ε(t) / E angepasst wird.
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Dabei bedeutet: Φ(t) den Füllgrad des Reservoirs zum Startzeitpunkt t0, ε(t) die räumliche Ausdehnung des Reservoirs zum Startzeitpunkt t0, und E ist die maximal mögliche räumliche Ausdehnung des Reservoirs, die mit Emax. = 1 definiert ist bei maximalem Fassungsvolumen Vmax.
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Das Grundprinzip der Messung der räumlichen Ausdehnung wird in 2 erläutert. Das künstliche Reservoir 1 befindet sich zu irgendeinem Zeitpunkt t in der zufällig abgebildeten Lage. Eine Sendevorrichtung liefert die für die Ortsbestimmung erforderliche Referenzgröße. An den Referenzpunkten 2 und 3, werden, je nach verwendetem Prinzip, Signalempfänger angebracht, die nach der Auswertung ihrer Messsignale die aktuelle räumliche Lage/Ausdehnung des Reservoirs angeben, sodass mit den Messwerten aus den an den Messpunkten 4, 5 und 6 angebrachten Sensoren der aktuelle Füllstand ermittelbar ist. Die angedeutete Ebene 23 ist in allen dargestellten Figuren der Messbezugspunkt für alle weiteren Winkelwerteermittlungen.
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Eine Ausführungsform des genannten Prinzips „räumliche Ausdehnung” ist eine Abstandsmessung zwischen magnet-sensitiven Sensoren und einem Referenzmagnetfeld.
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Als dritte physikalische Größe zur Füllstandsmessung in der künstlichen Harnblase wird die Gewichtskraft ermittelt und mit dem bekannten maximalen Fassungsvermögen des künstlichen Reservoirs
1 verglichen. In
3 ist die prinzipielle Funktionsweise skizziert. Dabei bedeuten:
1 das Reservoir,
8 der Winkel α als Reservoirwinkel zur Abszisse,
7 ein Messpunkt für einen Sensor als Kraftsensor,
9 ein Messpunkt für ein Sensor als Kraftsensor, und die Vorrichtung
10 und
11 als Wägezelle. Die Ermittlung des Füllgrades, der im Maximalfall ebenfalls mit 1.0 definiert ist, kann nach der Beziehung
ermittelt werden.
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In der Gleichung bedeuten: Φ(t) den Füllgrad des Reservoirs zum Startzeitpunkt t0, G(t) die Gewichtskraft des Reservoirs zum Zeitpunkt t0, GRes. die Gewichtskraft des leeren Reservoirs, g die Schwerebeschleunigung, ς die Dichte der Flüssigkeit und z(a) ein Korrekturfaktor in Abhängigkeit von der momentanen Relativgeschwindigkeit der betroffenen Person [Beschleunigungskorrekturfaktor], wobei a die momentane Beschleunigung im Messzyklus darstellt und V das Fassungsvolumen des Reservoirs.
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Die Anwendung der Gewichtskraftmessung, die hier beispielhaft für ein „Künstliches Harnableitungssystem” [KHS] nach der
DE 199 12 472 A1 beschrieben wird, umfasst folgende Aspekte:
- – aufgrund der konstruktiven Besonderheiten des KHS stehen zwei Referenzflächen für eine Gewichtskraftmessung zur Verfügung,
- – die Anforderung der Lageunabhängigkeit erfordert eine Erfassung der Gewichtskraft an den Referenzflächen sowohl in Zug- als auch in Druckrichtung,
- – bei Verwendung zweier Referenzflächen ist eine Korrektur der Neigung im Raum möglich und
- – eine Erfassung der Beschleunigung des Systems, um Messungen nicht nur im statischen Fall durchführen zu können, da diese zu Falschaussagen führen, zum Beispiel durch Trägheitseffekte im Falle einer zeitweisen Beschleunigung. Diese zusätzlich gewonnene Information kann durch den Beschleunigungskorrekturfaktor z(a) mit berücksichtigt werden.
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Für die Kraftmessung können verschiedene Sensorsysteme verwendet werden, so sie sich in ihrer Messgenauigkeit, Größe und ihrem Eigenenergieverbrauch für ein KHS eignen.
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In 4 wird eine mögliche Wägezelle schematisch dargestellt. In dieser Fig. bedeuten: 12 eine Grundplatte, 13 eine biegsame Referenzplatte, 14 ein Festlager, 15 ein bewegliches Loslager als Auflager, 16 ein Kraftsensor, der geeignet für Zug- und Druckbelastung ist und 17 ein Sensorstößel zur Kraftübertragung.
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Zur Kraftbestimmung wird der Gravitationsanteil der jeweiligen Kraft an der Wägezelle ermittelt, indem der gemessene Wert über die bekannten Winkelfunktionen F
y(A) = F(A)·sinα und F
y(B) = F(B)·cosα in die horizontale und vertikale Komponente zerlegt wird, was in
5 schematisch für einen speziellen Fall dargestellt ist. Dabei bedeuten:
1 das Reservoir,
8 der Winkel α als Reservoirwinkel zur Abszisse,
18 die gesamte Wägezelle A als Kraftsensor inklusiv einer geeigneten Vorrichtung für Zug- und Druckbelastung,
19 der gemessene Sensorwert A,
20 der ermittelte Gewichtskraft-Sensorwert A,
24 die gesamte Wägezelle B in der Ausführung wie die Wägezelle A,
21 der gemessene Sensorwert B und
22 der ermittelte Gewichtskraft-Sensorwert B. Die Ermittlung des Füllgrades kann dann nach der Beziehung
erfolgen.
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Dabei bedeutet:: Φ(t) den Füllgrad des Reservoirs zum Startzeitpunkt t0, G1(t) die Gewichtskraft zu einem Zeitpunkt t an der Wägezelle 10, G2(t) die Gewichtskraft zu einem Zeitpunkt t an der Wägezelle 11, GRes. die Gewichtskraft des leeren Reservoirs, α der Rotationswinkel um die z-Achse bezogen auf die x-z-Ebene, g die Schwerebeschleunigung und ξ(γ) ein Korrekturfaktor für die Rotation um die Abszisse.
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Die dargestellte Gewichtskraftermittlung erfordert damit auch eine Lagebestimmung des Reservoirs 1 im dreidimensionalen Raum x-y-z. Die dazu erforderlichen Winkel werden über eine Lageermittlung zur horizontalen x-z-Ebene bestimmt.
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Eine Aussage zum wirklichen Füllgrad kann nur für das ruhende System erfolgen, da im Falle einer Beschleunigung des Gesamtsystems – und das ist bei einem sich in verschiedensten Formen bewegenden Person meistens der Fall – Trägheitseffekte die Gewichtskraftermittlung beeinflussen und daher zu einer falschen Füllgradermittlung führen. Die dritte physikalisch unabhängige Messwertermittlung – die Gewichtskraftbestimmung – wird erfindungsgemäß mit einer Beschleunigungsmessung kombiniert, die dreiachsig ausgeführt ist. Sofern das Reservoir 1 während der Messung über die Wägezellen 18, 24 in keiner der drei Raumachsen x-y-z eine Beschleunigung erfährt – was einer Messung im statischen Zustand gleichkommt – ist keine Beschleunigungskorrektur zur Füllgradbestimmung erforderlich.
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Die für die Erfindung bisher formulierten Teilsysteme zur Messwertermittlung sind in ihren Einzelfunktionen, losgelöst von der Füllstandsmessung in künstlichen Harnblasen, bekannte Verfahren und sind zum Stand der Technik zuzuordnen.
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Erfindungsgemäß erfordert die Ermittlung des Füllzustandes der künstlichen Harnblase auch eine Erfassung der Seitenlage der betroffenen Person mit anschließender Korrektur der Seitenneigung ξ(γ); das heißt der Rotation um die Abszisse. Zur Korrektur der Seitenneigung ξ(γ) – erforderlich, wenn sich zum Beispiel die betroffene Person von der Rückenlage in die Seitenlage dreht, was einer Rotation um die x-Achse gleichkommt – sind zumindest drei Ansätze möglich:
- 1. Korrektur der Seitenlage durch einen gestuften ξ(γ)-Faktor, zum Beispiel zwischen 0° und 10° mit einem Korrekturfaktor = 1,0, zwischen 10,1° und 20° mit einem Korrekturfaktor 1,1 etc.,
- 2. Bestimmung von ξ(γ) mittels eines geeigneten Korrekturalgorithmus oder
- 3. Ermittlung von ξ(γ) durch zusätzliche konstruktive Maßnahmen, wie zum Beispiel eine geteilte Kraftwägezelle.
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Eine mögliche Ausführung für den unter 3. genannten Ansatz ist in den 6a, b schematisch dargestellt. Dabei bedeuten: 1 das Reservoir, 7 ein Messpunkt, der als Kraftsensor ausgeführt ist, 8 der Winkel der Reservoirneigung zur Abszisse, 9 ein Messpunkt, der als Kraftsensor ausgeführt ist, 10 eine Wägezelle mit einer Draufsicht in 6b auf eine geteilte biegsame Referenzplatte 13 mit den beiden Kraft- und Drucksensoren 25 und 26.
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Eine weitere Möglichkeit die Seitenneigung ξ(γ) zu erfassen kann erfindungsgemäß durch eine Gewichtskraftermittlung erfolgen, indem die Gewichtskraftsensoren GKS auf dem Reservoir 1 so verteilt werden, dass die Messsignalauswertung als Differenzdruckmessung vorgenommen wird, woraus die Seitenlage ermittelt werden kann. 7 zeigt solch eine Möglichkeit, die zusätzlich eine vorteilhafte Anordnung für die Gewichtskraftmessstellen darstellt.
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Eine weitere physiologische Gegebenheit muss innerhalb des Gewichtskraftmessverfahrens berücksichtigt werden, nämlich die abdominalen Druckverhältnisse. Da das Abdomen und die darin enthaltenen Organe relativ wenig kompressibel sind – da sie vorwiegend aus Flüssigkeit bestehen – kann davon ausgegangen werden, dass der an einem Punkt 27 gemessene Druck p(t) den gesamten Druck pges. widerspiegelt.
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Treten jedoch kurzfristige Belastungsspitzen auf, zum Beispiel durch Bauchpressen oder den peristaltischen Transport einer Kotwalze in einem anliegenden Darmsegment, kann das zu beträchtlichen Druckspitzen pPiek führen, die die eigentliche Füllstandsmessung beträchtlich verfälschen können.
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Das Gewichtskraftmessverfahren ist daher erfindungsgemäß mit zwei Korrekturmechanismen ausgestattet:
- 1. Einem Offset-Kompensationsverfahren für den normalen abdominalen Druck und
- 2. einer dynamischen Wertekorrektur von kurzen Belastungsspitzen.
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In 8 ist das Prinzip der Offset-Kompensation für die Gewichtskraftmessung schematisch dargestellt. Dabei bedeutet: 29 ein Messwert, der zum Beispiel durch Bauchpressen die normale Messung als Druckschwankungsstörung beeinflusst, 28 der Offset für normale, adominale Druckverhältnisse und y der Toleranzschlauch für noch akzeptierte Druckschwankungen. Der linke Teil der Darstellung stellt die durch Messungen ermittelten Werte dar, der rechte Teil gibt die bei normaler Nierenaktivität prognostizierten Erwartungswerte an.
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Hier sind der intravesikale und der abdominale Druck als eine Art Offset definiert. Das ist möglich, da sich das Reservoir für die Harnflüssigkeit – genau wie die natürliche Harnblase auch – bei zunehmender Füllung bis zur Dehnungsgrenze in seiner räumlich möglichen Ausdehnung verändert, nicht aber der intravesikale Druck. Zeitliche Piekstörungen der Füllgradmessung aufgrund auftretender Druckbelastungsspitzen werden durch eine dynamische Bewertung der gewonnenen Messwerte korrigiert.
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Um die Möglichkeit des Auftretens eines „Falschen Alarms”, der durch kurzzeitig bedingte falsche dynamische Messungen entstehen kann, zu verhindern, wird erfindungsgemäß eine Kurzzeitschwelle für die Aussage „volles Reservoir” kurz nach einer erfolgten Entleerung, die durch a priori Kennwerten gesteuert wird, eingebaut. Im Umkehrschluss wird ebenfalls eine Langzeitschwelle eingebaut, die ebenfalls auf Durchschnittsmesswerten/-erfahrungen basiert, die aufgrund möglicher dynamischer Messfehler die falsche Entscheidung „Reservoir leer” nach einer längeren Phase ohne Entleerung der Kunstblase, verhindert. Beide Entscheidungshilfen verringern die Möglichkeit des „Falschen Alarms”, der die – beispielsweise für das KHS – Fehlerquote für die erforderliche 1-Bit-Entscheidung „Reservoir voll/Reservoir leer” in Beziehung zum tatsächlichen Füllgrad senkt.
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Liegt der tatsächliche Messwert außerhalb eines definierten Sicherheitsbereichs/-intervalls in Bezug auf den durchschnittlichen beziehungsweise erwarteten Füllgradzustand, muss angenommen werden, dass die anstehende Entscheidung durch verfälschte Messwerte nicht zutreffend ist und daher der momentan berechnete Füllgrad falsch ist. Erfindungsgemäß wird hier das Prinzip des prognostizierten zulässigen Messwertbereichs durch hierarchische Verknüpfung angewendet, um ebenfalls die Fehlerentscheidungsquote zu senken.
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Die gesamte Systemstruktur der Erfindung ist in 9 dargestellt. Sie besteht aus den Systemsensoren 32 zur Bestimmung der räumlichen Ausdehnung des künstlichen Reservoirs in Verbindung mit Sendesystem 31, den Systemsensoren 33 zur Bestimmung des aktuellen Füllgrades des künstlichen Reservoirs 1, ebenfalls durch Bestimmung der räumlichen Ausdehnung, die Systemsensoren 34 dienen der Gewichtskraftermittlung – ebenfalls zur Füllgradbestimmung – im Zusammenwirken mit Wägezellen, die räumlich verteilt angeordnet sind, den Systemsensoren 35 zur Bestimmung der Neigung des künstlichen Reservoirs 1, dem x-y-z-Beschleunigungsmesssystem 39 zur Ermittlung der Beschleunigung zum Zeitpunkt der aktuellen Messungen des Füllgrades des künstlichen Reservoirs 1 und einem Durchflussmesssystem 40 zur Bestimmung der in das künstliche Reservoir 1 einfließenden Flüssigkeitsmenge. Des Weiteren besteht die Systemstruktur aus einem im Mikrorechner installierten Rechenalgorithmus zur Bestimmung der Neigungskorrekturparameter, der dynamischen Offsetkompensation zur Verbesserung der Mittelwertbildung für die Durchflussmenge und zweier miteinander korrespondierender Zeitschwellen zur Senkung der Falschalarmwahrscheinlichkeit, einem Mittelwertbildner zur Entscheidung einer getakteten Durchflussermittlung sowie einer übergeordneten formallogischen und funktionsbedingten hierarchischen Verknüpfung der verschiedensten Messwerte mit zu erwarteten Durchschnittswerten/Entscheidungen, die zu der ausgangsseitig logischen 1-Bit-Entscheidung „Reservoir voll” – heißt „Entleeren” – oder „Reservoir leer” heißt für die betroffene Person „keine Aktivität” erforderlich.
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Im Einzelnen läuft folgendes Verknüpfungschema ab: über die verschiedenen Empfänger 32 und den Sensorsystemen 33, 34, 35 und 40 sowie über das x-y-z-Beschleunigungsmesssystem 39 werden die nichtelektrischen Größen in elektrische umgewandelt und in ihren spezifischen Signalverarbeitungseinheiten 36, 37 und 38 der zentralen Informationsverarbeitungseinheit 41 als signifikante Messgrößen der künstlichen Harnblase zugeführt. Dieser zentralen Informationsverarbeitungseinheit 41 sind in einem downloading vorab alle spezifischen Daten für ein künstliches Harnableitungssystem KHS eingegeben worden. Das Energieminimierungsprinzip macht es erforderlich, dass eine ausreichende Anzahl von a priori Werten in einem latch zwischengespeichert wird/werden, um zum erforderlichen Zeitpunkt von der zentralen Informationsverarbeitungseinheit 41 abgefragt werden zu können. Wenn erforderlich, kann auch ein CO-Prozessor diese Aufgaben übernehmen. Eine mögliche Lösungsvariante zur Energieeinsparung wäre auch, das gesamte Mess- und Signalverarbeitungssystem deaktiviert zu belassen, durch eine Schlafschaltung dieses für die erforderlichen Messzyklen getaktet zu aktivieren und den Schaltungstakt für die Schlafschaltung aus den Ergebnissen der hierarchischen Entscheidungen zu steuern.
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Die gesamte Systemstruktur ist so verknüpft, dass die zentrale Informationsverarbeitungseinheit 41 nach ihrer Aktivierung ständig mit allen Kanälen, internen Identifikationsparametern sowie ihren externen Erkennungsparametern für künstliche Harnreservoire einen „intelligenten Dialog” führt, um herauszufinden, ob die anliegenden Daten objektrelevant oder unsinnig sind und/oder ob ein Signalkanal- oder Sensordefekt vorliegt. Aufgrund dieser Daten könnten defekte Kanäle für die Ausgangssignalentscheidung ausgeblendet werden, um mit einer abgeschwächten Entscheidungsvariante eine vorrübergehende Notvariante für die zu erwartende Blasenentleerung zu fahren, ohne sofort und unmittelbar die betroffene Person als akuten Notfall zu versorgen. Als unterste Stufe der 1-Bit-Entscheidung beim völligen Versagen der Mess- und Entscheidungselektronik könnte eine manuelle Harnblasenentleerung nach eigenen Zeit-Erfahrungswerten durch die betroffene Person vorgenommen werden.
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Dadurch entsteht für das KHS eine intelligente Entscheidungsfindung, die allen momentanen Gesamtzeit- und Zustandsformen optimal gerecht wird.
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Im Einzelnen bedeuten in der 9: 31 ein Sendesystem für elektromagnetische Wellen oder Impulse, das sich in der Nähe der Empfänger 32 befindet. Diese Empfänger 32 sind ausgebildet als Signalempfänger – vorzugsweise als angepasste – der entsprechenden Sendestruktur des Sendesystems 31 und können in größerer Anzahl auf dem künstlichen Reservoir 1 angebracht sein. Sie sind in ihrer räumlichen Lage identisch mit den Referenzpunkten 2, 3 in der 2 und dienen der Bestimmung der räumlichen Ausdehnung des Reservoirs 1. Die Systemsensoren 33, die sich an den Messpunkten 4, 5, 6 befinden, dienen der Ermittlung des aktuellen Füllstandes. Die Systemsensoren 34 dienen der Gewichtskraftermittlung. Die entsprechenden Sensoren befinden sich an den Messpunkten 7 und 9, s. 3, und sind auf den Wägezellen 10, 11 angebracht. Die Kraft- und Drucksensoren 25, 26 befinden sich auf einer biegsamen Referenzplatte 13 – einer geteilte Wägezelle zur Ermittlung eines Korrekturalgorithmus für die Seitenneigung des Reservoirs. Sie sind zusammengefasst als Systemsensoren 35. Das x-y-z-Beschleunigungsmesssystem 39 dient zur Bestimmung der räumlichen Koordinaten, um Gewichtskraftmessungen zu korrigieren. Ein Durchflussmesssystem 40 dient der Bestimmung der in das künstliche Reservoir 1 einfließenden Harnflussmenge. Die einzelnen spezifischen Werte der Systemsensoren 33, 34 und 35 werden in den Signalverarbeitungseinheiten 36, 37 und 38 entsprechend den Signalformanforderungen aufbereitet und der Informationsverarbeitungseinheit 41 zugeführt.
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Die gesamte Mess- und Informationsverarbeitungseinheit wird von einem Energiespeicher 42 versorgt. Am Punkt 43 wird das 1-Bit-Signal bereitgestellt, das der betroffenen Person in verschiedenen Formen mitgeteilt werden kann (akustisch, mechanisch, neuronal, ...).
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Bezugszeichenliste
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- 1
- künstliches Reservoir
- 2
- Referenzpunkt
- 3
- Referenzpunkt
- 4
- Messpunkt
- 5
- Messpunkt
- 6
- Messpunkt
- 7
- Messpunkt
- 8
- Bezugswinkel
- 9
- Messpunkt
- 10
- Wägezelle
- 11
- Wägezelle
- 12
- Grundplatte
- 13
- biegsame Referenzplatte
- 14
- Festlager
- 15
- bewegliches Loslager
- 16
- Kraftmessdose
- 17
- Sensorstößel
- 18
- Wägezelle A
- 19
- Sensorwert A
- 20
- Gewichtskraft-Sensorwert A
- 21
- Sensorwert B
- 22
- Gewichtskraft-Sensorwert B
- 23
- Winkel-Messbezugspunkt
- 24
- Wägezelle B
- 25
- Kraft- und Drucksensor
- 26
- Kraft- und Drucksensor
- 27
- gemessener Druckwert
- 28
- Druckschwankungs-Offset
- 29
- abnormer Druckwert
- 30
- Druckmesswert zum Zeitpunkt T
- 31
- Sendesystem
- 32
- Empfänger
- 33
- Systemsensoren
- 34
- Systemsensoren
- 35
- Systemsensoren
- 36
- Signalverarbeitungseinheit
- 37
- Signalverarbeitungseinheit
- 38
- Signalverarbeitungseinheit
- 39
- x-y-z-Beschleunigungsmesssystem
- 40
- Durchflussmesssystem
- 41
- Informationsverarbeitungseinheit
- 42
- Energieversorgungssystem
- 43
- 1-Bit-Ausgang
- GKS
- Gewichtskraftsensor
- KHS
- künstliches harnableitendes System
- M
- arithmetischer Mittelwert
- T
- Messwert-Zeitpunkt
- y
- Toleranzschlauch
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- US 7479162 B1 [0004]
- DE 19912472 A1 [0004, 0031]
- DE 19539131 C1 [0005]