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Die Erfindung bezieht sich auf ein foliendekoriertes Kunststoffteil. Die Erfindung bezieht sich des Weiteren auf ein Verfahren sowie auf eine (Spritzguss-)Vorrichtung zur Herstellung eines solchen Kunststoffteils.
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Foliendekorierte Kunststoffteile werden unter anderem zur Verkleidung von Sichtoberflächen im Innenraum eines Kraftfahrzeugs eingesetzt, beispielsweise als Zierleisten und Zierblenden. Bei solchen foliendekorierten Kunststoffteilen handelt es sich in der Regel um Spritzgussteile, die an der im Einbauzustand sichtbaren Oberfläche mit einer Dekorlackschicht versehen sind. Die Dekorlackschicht ist hierbei häufig der Optik eines hochwertigen Verkleidungsmaterials, wie z. B. Holz oder Edelstahl nachempfunden. Sie kann entweder glatt sein oder eine reliefartige Oberflächenstruktur aufweisen.
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Die Aufbringung der Lackschicht erfolgt herkömmlicherweise insbesondere mittels der so genannten In-Mold-Decoration(IMD)-Technik. Bei der IMD-Technik wird die Lackschicht zunächst negativ, d. h. mit der später sichtbaren Außenseite nach unten, auf eine abziehbare, flache Trägerfolie aufgebracht. Die mit der Lackschicht versehene Trägerfolie (nachfolgend abkürzend als „Folie” bezeichnet) wird in die offene Spritzgussform eingelegt, so dass die Lackschicht der einspritzseitigen Halbform zugewandt ist. Beim Schließen der Form wird die Folie im Bereich der aneinander anliegenden Formtrennungsflächen zwischen den beiden Halbformen eingespannt. Die Folie wird nun mit Kunststoffmaterial hinterspritzt, wobei sie unter dem von der Kunststoffschmelze ausgeübten Spritzdruck gegen die ausformseitige Halbform gedrückt wird. Beim Spritzgussprozess verbindet sich die Lackschicht mit der erkaltenden Kunststoffmasse. Bei oder nach dem Öffnen der Form (Ausformen) wird die Trägerfolie von der Lackschicht, die nun die Sichtoberfläche des Spritzgussteils bildet, abgezogen.
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In einer fertigungstechnisch besonders günstigen, und daher überwiegend eingesetzten Variante der IMD-Technik handelt es sich bei der Dekorfolie um Endlosmaterial, das im Zuge der aufeinander folgenden Spitzgussgänge sukzessive abgewickelt wird. Nachteiligerweise lassen sich hierbei aber lediglich Teile mit einer einheitlich gestalteten Oberflächenoptik einfach herstellen. Hierunter fallen einerseits Teile mit einer optisch gänzlich unstrukturierten, d. h. einfarbigen Oberfläche und andererseits Teile mit optischer Oberflächenstruktur, die nach Art eines Tapetenmusters beliebig zu der Sichtoberfläche angeordnet werden kann (z. B. nachempfundene Holzmaserung, Edelstahloptik, etc.).
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In jüngerer Zeit werden, insbesondere für Kfz-Innenraumverkleidungen, vermehrt komplex strukturierte Verkleidungsteile eingesetzt, bei denen die Sichtoberfläche räumliche definierte Strukturen mit unterschiedlicher Farbgebung, Materialanmutung und/oder Oberflächenstrukur aufweist. Ein Beispiel hierfür sind Verkleidungselemente mit einem Hintergrund in Holz-Anmutung und einem oder mehreren Zierstreifen oder Zierrändern in Chrom-Optik.
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Solche Verkleidungselemente mit räumlich definierter optischer Struktur der Sichtoberfläche werden herkömmlicherweise durch Kombination von mehreren Teilen hergestellt. Beispielsweise werden verchromte Zierränder nachträglich auf vorgefertigten foliendekorierten Kunststoffteilen aufgebracht, insbesondere aufgeklebt. Alternativ hierzu ist es möglich, Strukturen wie Chromränder, etc. auf vorgefertigte Kunststoffteile aufzudampfen oder durch Heißprägung aufzubringen. Diese Verfahren sind jedoch stets vergleichsweise aufwändig.
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Zwar können auch mittels herkömmlicher IMD-Technik grundsätzlich Sichtoberflächen mit räumlich definierten optischen Strukturen geschaffen werden. In diesem Fall muss aber eine sogenannte Einzelbild-Folie verwendet werden, die für jeden Spritzgussgang ein einzelnes Druckbild zur Verfügung stellt, d. h. einen konkreten Abschnitt der Lackschicht, der ein an die vorgesehene optische Struktur des zu fertigenden Teils bereits angepasstes Muster enthält.
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Nachteiligerweise ist auch diese Einzelbild-IMD vergleichsweise aufwändig und teuer. Dies liegt insbesondere daran, dass aufgrund der komplexen und räumlich definierten optischen Struktur der Lackschicht regelmäßig nicht auf Standardfolien zurückgegriffen werden kann. Vielmehr müssen Einzelbild-Folien in der Regel für jedes Produkt individuell vorgefertigt werden. Problematisch bei der Einzelbild-IMD ist zudem die Positionierung der einzelnen Druckbilder innerhalb der Spritzgussform. Dies liegt insbesondere daran, dass die optische Strukturierung der Sichtoberfläche bei herkömmlichen Kunststoffteilen oft mit einer dreidimensionalen Strukturierung der Sichtoberfläche übereinstimmt. Beispielsweise sind Zierstreifen und ähnliche Strukturen, die eine mit dem Hintergrund der Sichtoberfläche kontrastierende Optik aufweisen, oft auch reliefartig gegenüber der umgebenden Teiloberfläche hervorgehoben oder eingeprägt. In diesen Fällen führt bereits eine geringe Fehljustierung der Dekorfolie gegenüber der Kavität zur Produktion von Ausschussteilen.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, die Herstellung eines foliendekorierten Kunststoffteils mit einer räumlich definierten, optischen Struktur der dekorierten Sichtoberfläche zu vereinfachen, insbesondere besonders rational und fehlersicher auszugestalten.
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Bezüglich eines Verfahrens zur Herstellung eines foliendekorierten Kunststoffteils wird diese Aufgabe erfindungsgemäß gelöst durch die Merkmale des Anspruchs 1. Danach wird ein mehrstufiges Spritzgussverfahren vorgeschlagen, das mindestens eine erste Spritzgussstufe und eine zweite Spritzgussstufe aufweist. In der ersten Spritzgussstufe wird hierbei ein erster Abschnitt der zu dekorierenden Oberfläche unter Verwendung einer ersten Dekorfolie hergestellt. In einer zweiten Spritzgussstufe wird dann ein zweiter Abschnitt der zu dekorierenden Oberfläche unter Verwendung einer zweiten Dekorfolie hergestellt.
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Bezüglich eines foliendekorierten Kunststoffteils, d. h. eines Kunststoffteils mit einer foliendekorierten Sichtoberfläche, wird die Aufgabe erfindungsgemäß gelöst durch die Merkmale des Anspruchs 6. Danach ist ein erster Abschnitt der foliendekorierten Oberfläche durch eine erste Lackschicht gebildet, während ein zweiter Abschnitt durch eine – insbesondere hiervon verschiedene – zweite Lackschicht gebildet ist. Die erste Lackschicht ist mit einem ersten Kunststoffvolumen hinterspritzt. Die zweite Lackschicht ist mit einem zweiten Kunststoffvolumen hinterspritzt, das separat von dem ersten Kunststoffvolumen gespritzt ist. Das Kunststoffteil wird insbesondere mittels des vorstehend beschriebenen Verfahrens hergestellt.
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Bezüglich einer Spritzgussvorrichtung wird die obige Aufgabe erfindungsgemäß gelöst durch die Merkmale des Anspruchs 11. Die Spritzgussvorrichtung ist danach zur Durchführung eines mehrstufigen Spritzgussprozesses ausgebildet und umfasst entsprechend mindestens eine erste Spritzeinheit und eine zweite Spritzeinheit sowie eine Werkzeuganordnung, die zur Bildung einer ersten Kavität (zur Erzeugung eines ersten Kunststoffvolumens eines zu spritzenden Kunststoffteils) sowie einer zweiten Kavität (zur Erzeugung eines zweiten Kunststoffvolumens des Kunststoffteils) geeignet ist. Die Spritzgusseinrichtung umfasst zusätzlich eine erste Folienführung, mittels der eine erste Dekorfolie in die erste Kavität einlegbar ist, sowie eine zweite Folienführung, mittels der eine zweite Dekorfolie in die zweite Kavität einlegbar ist. Der Begriff „Folienführung” umfasst hierbei jeweils alle Komponenten, die zur Führung, Positionierung, ggf. Spannung sowie zum Vorschub der jeweiligen Dekorfolie erforderlich sind. Die Spritzgussvorrichtung dient insbesondere zur automatischen Durchführung des vorstehend beschriebenen Verfahrens und/oder zur automatischen Herstellung des vorstehend beschriebenen Kunststoffteils.
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Vorteilhafte Ausgestaltungen und Weiterentwicklungen der Erfindung sind in den Unteransprüchen und der nachfolgenden Beschreibung dargelegt.
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Durch die Erfindung wird die IMD-Technik gezielt in Kombination mit einer Mehrkomponenten-Spritzgusstechnik eingesetzt, um räumlich definierte, optische Strukturen der Sichtoberfläche eines Kunststoffteils herzustellen. Durch die Verwendung der Mehrkomponenten-Spritzgusstechnik wird hierbei ermöglicht, die Lackschicht einer IMD-Dekorfolie in jeder Spritzgussstufe eines mehrstufigen Spritzgussverfahrens jeweils selektiv nur einem wohldefinierten Teilbereich der Sichtoberfläche des zu spritzenden Kunststoffteils von der Trägerfolie abzulösen. Dies wiederum ermöglicht die Verwendung von Standard-Dekorfolien mit einheitlich gestalteter Oberflächenoptik, so dass die typischerweise mit der Einzelbild-IMD verbundenen Probleme zumindest teilweise entfallen. Insbesondere ist durch die jeweils ortsselektive Ablösung der Lackschichten in dem mehrstufigen Spritzgussprozess eine Fehljustierung der Dekorfolien ausgeschlossen.
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Vorzugsweise handelt es sich bei beiden bzw. allen im Verfahren verwendeten Dekorfolien um Endlosfolien. Weiterhin handelt es sich bei allen Folien vorzugsweise um Folien mit einheitlich gestalteter Oberflächenoptik. Grundsätzlich kann es sich abweichend hiervon bei mindestens einer der Dekorfolien aber auch um eine Einzelbild-Folie handeln. So kann der Einsatz einer Einzelbild-Folie im Zuge des erfindungsgemäßen Verfahrens insbesondere zweckmäßig sein zur Herstellung von Teilen, die einen optisch einheitlich gestalteten Flächenbereich sowie einen davon abgegrenzten zweiten Flächenbereich mit starker optischer Strukturierung aufweisen, z. B. Teilen mit einer in Holzoptik ausgestalteten Hintergrundfläche und einem darin eingesetzten Schriftfeld.
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Als „räumlich definierte optische Struktur” wird allgemein eine optische Erscheinungsform der Sichtoberfläche eines Kunststoffteils bezeichnet, die mindestens zwei optisch unterscheidbare Bereiche umfasst, die in einer vorab festgelegten räumlichen Beziehung zu der Sichtoberfläche stehen. Die optisch unterscheidbaren Bereiche müssen bei einer „räumlich definierten optischen Struktur” mit anderen Worten bei jedem Exemplar eines Kunststoffteils in exakt derselben räumlichen Position auf der Sichtoberfläche angeordnet sein. Der Begriff der „räumlich definierten optischen Struktur” wird in Abgrenzung zu optischen Strukturen, wie z. B. nachempfundenen Holzmaserungen verwendet, deren Anordnung auf der Sichtoberfläche eines Kunststoffteils beliebig ist, so dass verschiedene Exemplare eines solchen Kunststoffteils in der Regel eine im Detail verschieden strukturierte Sichtoberfläche aufweisen.
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Im Allgemeinen kann für die erste Spritzgussstufe und die zweite Spritzgussstufe das gleiche Kunststoffmaterial, d. h. Kunststoff derselben chemischen Zusammensetzung, herangezogen werden. In diesem Fall bestehen sowohl das zuerst gespritzte Kunststoffvolumen als auch das später gespritzte Kunststoffvolumen des Kunststoffteils aus dem gleichen Kunststoff. Hiermit wird insbesondere eine gute Haftung der nacheinander gespritzten Kunststoffvolumina sichergestellt. Optional können die Kunststoffvolumina in den meisten Anwendungsfällen auch aus Kunststoffmaterial derselben Farbe hergestellt sein, insbesondere zumal die Kunststoffvolumina im eingebauten Zustand des fertigen Kunststoffteils in der Regel unter der die Sichtoberfläche abdeckenden Lackschicht verborgen sind. Jedoch können die in der ersten und zweiten Spritzgussstufe erzeugten Kunststoffvolumina abweichend auch aus Kunststoffmaterialien hergestellt sein, die sich in ihrer chemischen Zusammensetzung und/oder ihrer Farbe unterscheiden.
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In einer speziellen Variante der Erfindung wird abweichend hiervon gezielt in einer der Spritzgussstufen – und entsprechend für eines der zu spritzenden Kunststoffvolumina – ein transparentes Kunststoffmaterial verwendet, wohingegen in der anderen Spritzgussstufe- und entsprechend für das andere zu spritzende Kunststoffvolumen – ein intransparenter (lichtundurchlässiger) Kunststoff verwendet wird. Die Verwendung von transparenten und intransparenten Kunststoffmaterialen für verschiedene Kunststoffvolumina des zu spritzenden Kunststoffteils ermöglicht auf besonders einfache Weise die Integration von Leuchtelementen in das Kunststoffteil. Durch entsprechende Oberflächendekoration geschaffene optische Strukturen können somit durch ortsselektive Beleuchtung noch stärker hervorgehoben werden. Beispielsweise kann eine Zierleiste, die bei Tageslicht eine Chrom-Optik aufweist, im Rahmen der Innenraumbeleuchtung illuminiert werden. Durch die Kombination von transparenten und intransparenten Kunststoffvolumina zusammen mit entsprechend kontrastierender Oberflächendekoration lassen sich zudem besonders einfach beleuchtete Warn- oder Hinweisfelder, beleuchtete Schriftfelder, etc. in Kunststoffteile integrieren.
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In einer zweckmäßigen Weiterbildung der vorstehend beschriebenen Erfindungsvariante wird in das aus transparentem Kunststoffmaterial bestehende Kunststoffvolumen mindestens eine Lichtquelle oder ein Lichtleitmedium, insbesondere eine oder mehrere Lichtleitfasern, direkt eingespritzt.
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Um sicher zu verhindern, dass die Oberfläche des Kunststoffteils an der Grenze der unterschiedlich dekorierten Oberflächenabschnitte aufplatzt, oder dass ein Oberflächenabschnitt gänzlich abfällt, sind die den verschiedenen Oberflächenabschnitten zugeordneten Kunststoffvolumina vorzugsweise derart gespritzt, dass sie formschlüssig miteinander verzahnen, so dass Relativbewegungen der verschiedenen Kunststoffvolumina auch bei schlechter Stoffschlusshaftung dieser Volumina ausgeschlossen sind
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Nachfolgend werden Ausführungsbeispiele der Erfindung anhand einer Zeichnung näher erläutert. Darin zeigen:
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1 bis 6 in jeweils schematisch vereinfachter Querschnittsdarstellung eine ausschnitthaft dargestellte Spritzgussvorrichtung zur Herstellung eines foliendekorierten Kunststoffteils in sechs aufeinander folgenden Zuständen eines zweistufigen Spritzgussverfahrens,
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7 in einem schematisch vergrößerten Ausschnitt VII gemäß 6 eine Detaildarstellung des fertigen Kunststoffteils,
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8 in einem vergrößerten Ausschnitt VIII gemäß 2 eine Detaildarstellung einer ersten Spritzguss-Form der Spritzgussvorrichtung im geschlossenen Zustand während einer ersten Stufe des Spritzgussverfahrens,
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9 in einem vergrößerten Ausschnitt IX gemäß 5 eine Detaildarstellung einer zweiten Spritzguss-Form der Spritzgussvorrichtung im geschlossenen Zustand während einer zweiten Stufe des Spritzgussverfahrens, und
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10 in Darstellung gemäß 7 eine alternative Ausführungsform des Kunststoffteils.
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Einander entsprechende Teile und Größen sind in allen Figuren stets mit gleichen Bezugszeichen versehen.
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Die in den 1 bis 6 dargestellte (Spritzguss-)Vorrichtung 1 umfasst eine in der Zeichnung lediglich angedeutete erste Spritzeinheit 2 zur Durchführung einer ersten Stufe eines zweistufigen (Spritzguss-)Verfahrens. Die Vorrichtung 1 umfasst weiterhin eine ebenfalls nur angedeutete zweite Spritzeinheit 3 zur Durchführung einer zweiten Stufe des Verfahrens. Die Spritzeinheiten 2 und 3 sind hierbei insbesondere Bestandteile einer an sich gewöhnlichen Zweikomponenten-Spritzgussmaschine.
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Die Vorrichtung 1 umfasst weiterhin eine Werkzeuganordnung 4 mit einer ersten Form 5 und einer zweiten Form 6, wobei die erste Form 5 der ersten Spritzeinheit 2, und die zweite Form 6 der zweiten Spritzeinheit 3 zugeordnet ist. Jede der Formen 5 und 6 umfasst eine einspritzseitige Halbform 7 bzw. 8, die mittels eines Systems von Anspritzkanälen 9 mit der jeweils korrespondierenden Spritzeinheit 2 bzw. 3 verbunden ist. Jede der Formen 5 und 6 umfasst weiterhin eine ausformseitige Halbform 10 bzw. 11. Jeder Form 5 und 6 ist – abweichend von einer gewöhnlichen Zweikomponenten-Spritzgussvorrichtung – jeweils eine Folienführung 12 bzw. 13 zur Führung einer jeweils zugeordneten (Endlos-Dekor-)Folie 14 bzw. 15 zugeordnet. Die jeweils zugehörigen Halbformen 7 und 10 sowie 8 und 11 jeder Form 5 bzw. 6 können unabhängig voneinander reversibel zwischen einer geschlossenen Stellung und einer geöffneten Stellung verfahren werden. In der geschlossenen Stellung der ersten Form 5 ist zwischen den beiden Halbformen 7 und 10 eine nach außen hin geschlossene erste Kavität 16 gebildet (2). In der geschlossenen Stellung der zweiten Form 6 ist zwischen den Halbformen 8 und 11 eine zweite Kavität 17 gebildet (5).
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Jede der Folienführungen 12 und 13 umfasst die für die Positionierung, Spannung und den Vorschub der jeweiligen Folie 14 bzw. 15 erforderlichen Teile, insbesondere jeweils eine Wickeltrommel zur Vorhaltung der unverbrauchten Folie 14, 15 sowie eine zweite Wickeltrommel zur Aufnahme der verbrauchten Folie 14, 15. Die Folienführungen 12, 13 umfassen weiterhin Mittel zur Lenkung der jeweiligen Folie 14, 15 sowie einen Antrieb zur Steuerung des Folienvorschubs. Die Folien 14 und 15 werden durch die zugehörige Folienführung 12 bzw. 13 dabei jeweils zwischen den Halbformen 7 und 10 bzw. 8 und 11 der jeweils zugeordneten Form 5 bzw. 6 hindurchgeführt. Bei den Folien 14 und 15 handelt es sich vorzugsweise um gewöhnliche IMD-Folien, insbesondere Folien mit einer einheitlich gestalteten, räumlich nicht definierten Optik.
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1 zeigt die Spritzgusseinrichtung 1 bei einem ersten Schritt S1 einer ersten Stufe des zweistufigen Spritzgussverfahrens. Im Zuge dieses Schritt S1 wird bei geöffneter Form 5 die Folie 14 mittels der zugehörigen Folienführung 12 (wie durch einen Pfeil 18 angedeutet) derart vorgeschoben, dass die Innenfläche der Halbform 10, oder zumindest die von der Kavität 16 eingenommene Fläche, vollständig von unverbrauchter Dekorfolie 14 überspannt wird.
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In einem zweiten Schritt S2 wird die Halbform 10 gemäß 2 in Richtung des Pfeils 20 gegen die Halbform 7 verfahren. Die Form 5 wird somit geschlossen. Die Folie 14 wird hierbei entlang der so genannten Formtrennung 21 der Form 5 eingespannt, d. h. im Bereich der Fläche, innerhalb der die Halbformen 7 und 10 bei geschlossener Form 5 dichtend aneinander anliegen. Die Folie 14 überspannt dabei den Innenraum der zwischen den Halbformen 7 und 10 gebildeten Kavität 16. Optional wird die Folie 14 vor oder während des Schließens der Form 5 durch Erzeugung eines Unterdrucks an die Innenwand der Halbform 10 tiefgezogen, um eine Faltenbildung der Folie 14 sicher auszuschließen.
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Nach dem Schließen der Form 5 wird mittels der Spritzeinheit 2 über die Anspritzkanäle 9 der Halbform 7 ein aufgeschmolzenes Kunststoffmaterial K1 in die Kavität 16 eingespritzt. Das die Kavität 16 vollständig ausfüllende Kunststoffmaterial K1 bildet hierbei nach Erkalten und dem damit verbundenen Erstarren ein erstes Kunststoffvolumen 22 eines mittels der Vorrichtung 1 zu spritzenden Kunststoffteils 23.
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Wie aus 2 zu erkennen ist, greift die Halbform 7 in der geschlossenen Stellung der Form 5 mit einem Formkern 24 vollständig durch die Kavität 16 hindurch, so dass die Frontseite des Formkerns 24 an der Innenwand der Halbform 10, genauer an der daran angelegten Folie 14, anliegt. Das in der ersten Stufe des Spritzgussverfahrens erzeugte Kunststoffvolumen 22 weist deshalb an der Stelle des Formkerns 24 eine Durchführung 25 (3) auf. Die Kavität 16 ist bevorzugt derart gestaltet, dass das Kunststoffvolumen 22 die Durchführung 25 rahmenartig umschließt.
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Beim Einspritzen des heißen Kunststoffmaterials K1 in die Kavität 16 verbindet sich zudem die auf der Folie 14 aufgebrachte Lackschicht mit der der Halbform 10 zugewandten Oberfläche des Kunststoffvolumens 22.
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Nach dem Erkalten und Erstarren des ersten Kunststoffvolumens 22 wird die Form 5 in einem weiteren Schritt S3 gemäß 3 wieder geöffnet, indem die Halbform 10 mit dem darin aufgenommenen Kunststoffvolumen 22 in die in 1 gezeigte Ausgangsstellung zurückgefahren wird. Die erste Stufe des zweistufigen Spritzgussprozesses ist damit beendet.
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Für die zweite Stufe des Spritzgussprozesses wird nun in einem weiteren, ebenfalls in 3 dargestellten Schritt S4 die der zweiten Form 6 zugeordnete Folie 15 mittels der zugehörigen Folienführung 13, wie durch einen Pfeil 28 angedeutet, derart vorgeschoben, dass die Innenfläche der Halbform 11, oder zumindest die von der darin ausgebildeten Kavität 17 eingenommene Fläche vollständig von unverbrauchter Folie 15 überspannt wird.
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Anschließend wird in einem Schritt S5 gemäß 4 das Kunststoffvolumen 22 des Kunststoffteils 23 gemäß Pfeil 29 umgesetzt, d. h. aus der Halbform 10 der Form 5 herausgenommen („ausgeformt”) und in die Halbform 11 der Form 6 eingesetzt. Das Umsetzen des Kunststoffvolumens 22 erfolgt insbesondere durch einen (nicht explizit dargestellten) Industrieroboter. Beim Ausformen des Kunststoffvolumens 22 aus der Halbform 10 wird die Trägerfolie der Folie 14 von der nun auf dem Kunststoffvolumen 22 anhaftenden Lackschicht abgezogen.
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Optional wird vor oder während des Einsetzens des Kunststoffvolumens 22 die Folie 15 durch Erzeugung eines Unterdrucks an die Innenwand der Halbform 11 tiefgezogen, um eine Faltenbildung der Folie 15 sicher zu vermeiden.
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Nach dem Einsetzen des Kunststoffvolumens 22 in die Form 6 wird deren Halbform 11 in einem Schritt S6, wie in 5 durch einen Pfeil 30 angedeutet, gegen die Halbform 8 verfahren. Die Form 6 wird somit geschlossen. Dabei wird die Folie 15 entlang der Formtrennung 31 der Form 6, also im Bereich der Fläche, innerhalb der die Halbformen 8 und 11 bei geschlossener Form 6 dichtend aneinander anliegen, eingespannt.
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Nach dem Schließen der Form 6 wird nun mittels der Spritzeinheit 3 ein aufgeschmolzenes Kunststoffmaterial K2 durch den oder jeden in der Halbform 8 ausgebildeten Anspritzkanal 9 in die Kavität 17 eingespritzt. Nach dem Erkalten und dem damit verbundenen Erstarren bildet das Kunststoffmaterial K2 ein zweites Kunststoffvolumen 32, das die im Kunststoffvolumen 22 ausgesparte Durchführung 25 ausfüllt.
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Beim Einspritzen des heißen Kunststoffmaterials K2 verbindet sich zudem die auf der Folie 15 aufgebrachte Lackschicht mit der der Halbform 11 zugewandten Oberfläche des Kunststoffvolumens 32. Mit der Oberfläche des Kunststoffvolumens 22 bzw. der darauf bereits in der ersten Verfahrensstufe aufgebrachten Lackschicht der Folie 14 verbindet sich die Lackschicht der Folie 15 dagegen nicht, zumal das Kunststoffvolumen 22 beim Einspritzen des zweiten Kunststoffmaterials K2 bereits hinreichend erkaltet ist.
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Nach dem Erkalten und Erstarren des zweiten Kunststoffvolumens 32 wird die Form 6 in einem Schritt S7 gemäß 6 wieder geöffnet, indem die Halbform 11 mit dem darin aufgenommenen Kunststoffteil 23 in der durch einen Pfeil 34 angedeuteten Richtung in die Ausgangsstellung zurückgefahren wird. Auch die zweite Stufe des Spritzgussverfahrens ist damit beendet.
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Das nun fertige Kunststoffteil 23 wird abschließend in einem ebenfalls in 6 dargestellten Schritt S8 gemäß Pfeil 36 aus der Halbform 11 entnommen („ausgeformt”). Das Ausformen des fertigen Kunststoffteils 23 erfolgt hierbei vorzugsweise wiederum mittels eines Industrieroboters. Beim Ausformen des fertigen Kunststoffteils 23 aus der Halbform 11 wird die Lackschicht der Folie 15 im Bereich der Oberfläche des Kunststoffvolumens 32 von einer Trägerfolie der Folie 15 abgelöst.
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Ein vergrößerter Ausschnitt des fertigen Kunststoffteils 23 ist in 7 dargestellt. Aus dieser Darstellung ist insbesondere ersichtlich, dass das Kunststoffteil 23 in einem dem Kunststoffvolumen 22 zugeordneten Oberflächenabschnitt 37 mit der von der Folie 14 abgelösten Lackschicht 38 beschichtet ist, während das Kunststoffteil 23 in einem dem Kunststoffvolumen 32 entsprechenden Oberflächenabschnitt 39 mit der von der Folie 15 abgelösten Lackschicht 40 beschichtet ist.
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Die Eigenschaften, insbesondere die optische Ausgestaltung der Lackschichten 38 und 40 sind grundsätzlich beliebig wählbar. Zweckmäßigerweise unterscheiden sich die Lackschichten 38 und 40 aber in der Farbe, der optischen Anmutung (z. B. Holz, Edelstahl, etc.) und/oder einer etwaigen Oberflächenstruktur, so dass das Kunststoffteil 23 infolge der verschiedenen Lackschichten 38 und 40 eine räumlich definierte, nämlich mit den Oberflächenanteilen der Kunststoffvolumina 22 und 32 übereinstimmende optische Struktur aufweist. Im Ausführungsbeispiel gemäß 1 bis 9 sind beide Lackschichten 38 und 40 intransparent (deckend).
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Auch die Kunststoffmaterialien K1 und K2 der Kunststoffvolumina 22 bzw. 32 können grundsätzlich beliebig gewählt werden mit der Maßgabe, dass zweckmäßigerweise eine hinreichende Stoffschlusshaftung zwischen den Volumina 22 und 32 gegeben sein sollte. In bevorzugter Ausgestaltung des Verfahrens werden die Kunststoffmaterialen K1 und K2 gleichartig, d. h. mit gleicher chemischer Zusammensetzung gewählt. Die Farbe der Kunststoffmaterialien K1 und K2 ist im Ausführungsbeispiel gemäß 1 bis 9 beliebig wählbar. Insbesondere können Kunststoffmaterialien K1 und K2 mit gleicher Farbgebung eingesetzt werden.
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Aus 7 wird weiterhin deutlich, dass das Kunststoffvolumen 32 in das Kunststoffvolumen 22 derart eingespritzt ist, dass es das letztere sowohl vorderseitig als auch rückseitig hinterschneidet. Die Kunststoffvolumina 22 und 32 sind somit formschlüssig miteinander verzahnt, so dass eine Relativbewegung der Kunststoffvolumina 22 und 32, oder gar ein Herausfallen des Kunststoffvolumens 32 aus dem umgebenden Kunststoffvolumen 22 auch dann ausgeschlossen ist, wenn zwischen den Kunststoffvolumina 22 und 32 – aufgrund eines fehlerhaften Spritzgussvorgangs oder aufgrund einer Alterung des Kunststoffteils 23 die stoffschlüssige Haftung zwischen den Kunststoffvolumina 22 und 32 beeinträchtigt ist. Die rückseitige Hinterschneidung Kunststoffvolumen 22 durch das Kunststoffvolumen 32 wird durch einen stufenförmigen Absatz 41 am Fuß des Formkerns 24 der Halbform 7 bewirkt, der aus 8 ersichtlich ist. Die vorderseitige Hinterschneidung wird durch eine flache Einsenkung 42 in der Halbform 11 der Form 6 ermöglicht, die aus 9 ersichtlich ist.
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In 10 ist eine alternative Ausführungsform des Kunststoffteils 23 dargestellt, bei der der Oberflächenabschnitt 39 ein Leuchtelement, insbesondere eine beleuchtbare Zierleiste bildet. Bei der – ansonsten der vorstehend beschriebenen Ausführungsform gleichenden – Variante des Kunststoffteils 23 gemäß 10 ist entsprechend das Kunststoffvolumen 32 gezielt aus einem transparenten Kunststoffmaterial K2 gebildet, während das für das Kunststoffvolumen 22 gewählte Kunststoffmaterial K1 intransparent ist. Auch die das Kunststoffvolumen 32 bedeckende Lackschicht 40 ist bei dem Kunststoffteil 23 gemäß 10 transparent, oder zumindest semi-transparent ausgebildet. In bevorzugter Ausbildung hat die Lackschicht 40 eine halb-spiegelnde metallische Anmutung, so dass der Oberflächenabschnitt 39 bei vorderseitiger Beleuchtung mit Tageslicht eine Chrom-Optik aufweist, während der Oberflächenabschnitt 39 bei rückseitiger Beleuchtung mit Kunstlicht leuchtet. Die Lackschicht 38 ist – wie bei dem vorstehend beschriebenen Ausführungsbeispiel – vorzugsweise intransparent.
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Optional umfasst die im Zusammenhang mit 10 beschriebene Variante des Kunststoffteils 23 eine integrierte Lichtquelle zur Lichteinleitung in das Kunststoffvolumen 32, die bevorzugt in der zweiten Stufe des Spritzgussverfahrens direkt mit dem transparenten Kunststoffmaterial K2 umspritzt wird. In 10 ist als Beispiel für eine solche Lichtquelle eine Leuchtdiode 43 abgebildet. Anstelle einer unmittelbaren Lichtquelle können auch ein oder mehrere Lichtleiter, z. B. in Form von Glasfasern, in das Kunststoffteil 23 durch Umspritzung mit dem Kunststoffmaterial K1 oder K2 integriert sein. Anstelle einer integrierten Lichtquelle oder eines integrierten Lichtleiters kann das Kunststoffvolumen auch mittels einer externen Lichtquelle hinterleuchtet werden.
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Alternativ zu dem vorstehend beschriebenen Ausführungsbeispiel, bei dem die Vorrichtung 1 zwei vollständige Formen 5 und 6 mit jeweils fest zugeordneten Halbformen 7, 10 und 8, 11 sowie jeweils fest zugeordneter Folienführung 12 bzw. 13 aufweist, und das halbfertige Kunststoffteil 23 von der Form 5 in die Form 6 umgesetzt wird (Umsetz-Technik), können auch andere im Mehrkomponenten-Spritzguss gängige Methoden zum Umschalten zwischen den Verfahrensstufen eingesetzt werden, insbesondere die sogenannte Dreh-/Verschiebetechnik oder die sogenannte Kernrückzugstechnik. In diesen Fällen können einzelne Halbformen der Werkzeuganordnung für beide Spritzgussverfahren, und somit sowohl zur Bildung der Kavität 16, als auch der Kavität 17 herangezogen werden.
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Das Verfahren kann zudem grundsätzlich auf beliebig viele Spritzgussstufen erweitert werden, wobei alle oder nur ein beliebiger Anteil dieser mehr als zwei Spritzgussstufen mit einer Foliendekoration eines Oberflächenabschnitts verbunden sein können.
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Die vorstehend beschriebenen Verfahrensschritte S1 bis S8 können zudem im Rahmen der Erfindung auch in anderer Reihenfolge, sowie teils auch gleichzeitig miteinander ausgeführt werden. Insbesondere können durch parallele Durchführung der beiden Spritzgussstufen in den beiden Formen 5 und 6 zeitlich überlappend zwei Kunststoffteile 23 gefertigt werden.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Spritzgussvorrichtung
- 2
- (erste) Spritzeinheit
- 3
- (zweite) Spritzeinheit
- 4
- Werkzeuganordnung
- 5
- (erste) Form
- 6
- (zweite) Form
- 7
- (einspritzseitige) Halbform
- 8
- (einspritzseitige) Halbform
- 9
- Anspritzkanal
- 10
- (ausformseitige) Halbform
- 11
- (ausformseitige) Halbform
- 12
- Folienführung
- 13
- Folienführung
- 14
- (Endlos-Dekor-)Folie
- 15
- (Endlos-Dekor-)Folie
- 16
- (erste) Kavität
- 17
- (zweite) Kavität
- 18
- Pfeil
- 20
- Pfeil
- 21
- Formtrennung
- 22
- (erstes) Kunststoffvolumen
- 23
- Kunststoffteil
- 24
- Formkern
- 25
- Durchführung
- 27
- Pfeil
- 28
- Pfeil
- 29
- Pfeil
- 30
- Pfeil
- 31
- Formtrennung
- 32
- (zweites) Kunststoffvolumen
- 34
- Pfeil
- 36
- Pfeil
- 37
- Oberflächenabschnitt
- 38
- Lackschicht
- 39
- Oberflächenabschnitt
- 40
- Lackschicht
- 41
- Absatz
- 42
- Einsenkung
- 43
- Leuchtdiode
- K1
- Kunststoffmaterial
- K2
- Kunststoffmaterial
- S1
- Schritt
- S2
- Schritt
- S3
- Schritt
- S4
- Schritt
- S5
- Schritt
- S6
- Schritt
- S7
- Schritt
- S8
- Schritt