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Die zur Zeit verwendeten künstlichen wie natürlichen faserförmigen Wärmedämmstoffe wie Mineralwollen, Zellulose-, Holz-, Hanf- oder Flachsdämmstoffe weisen aufgrund der freien Beweglichkeit der Luftmoleküle zwischen den Fasergelegen Wärmeleitfähigkeiten zwischen 0,030 und 0,050 W/mK auf. Die Wärmeleitfähigkeit dieser Dämmstoffe wird im wesentlichen durch die Konvektion von Stickstoff/Sauerstoff/Kohlendioxid und Wasser-Molekülen in den Makro-Hohlräumen zwischen den einzelnen Fasern bestimmt. Additiv zu der Konvektion kommen zur Gesamtwärmeleitfähigkeit die Anteile der Festkörperleitfähigkeit der Fasern, sowie die Durchlässigkeit von Infrarotstrahlung hinzu. Aus diesem Grund sind Wärmeleitfähigkeiten < 0,035 W/mK mit Faserdämmstoffen nicht bzw. nur unter großem Aufwand darstellbar. Eine gute Wärmedämmung kann daher nur durch extrem hohe Dämmstärken unter hohem Raumbedarf erreicht werden. Vorteile dieser Faserdämmstoffe sind unter anderem auch ihre hohe Flexibilität.
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Eine extrem geringe Wärmeleitfähigkeit weisen dagegen nano- oder mikroporöse Wärmedämmstoffe auf, wie aus der allgemeinen Literatur bekannt ist. Diese sogenannten mikro- bzw. nanoporösen Wärmedämmstoffe basieren auf Metalloxiden wie Siliziumoxid oder Aluminiumoxid.
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Diese werden großtechnisch entweder pyrogen (fumed silica), oder über nasschemische Verfahren (Sol/Gel-Verfahren, hergestellt. Diese nanoporösen Systeme weisen Porenradien < 100 nm auf. Diese Porenradien liegen im Bereich der mittleren freien Weglänge eines Sauerstoff-, bzw. Stickstoffmoleküls (80 nm bei Raumtemperatur). Somit ist die Beweglichkeit und auch die Wärmeübertragung durch Stoßmechanismen der Gasmoleküle (Konvektion) erheblich eingeschränkt. Solche nanoporösen Systeme weisen Wärmeleitfähigkeiten zwischen 0,015 W/mK und 0,022 W/mK auf. Zum Vergleich: stehende Luft hat eine Wärmeleitfähigkeit von 0,026 W/mK. Diese nano- oder mikroporösen Wärmedämmfüllstoffe werden mit sogenannten Trübungsmitteln versetzt, um einen Wärmedämmverlust durch Infrarotstrahlung (Radiation) zu verhindern. Die nanoporösen Wärmedämmstoffe können sowohl als pulverförmiger Füllstoff, als auch in Form gepresster Platten eingesetzt werden, wobei geringe Anteile an Kurzfasern in die pulverförmigen, mikroporösen Dämmstoffe eingemischt werden können um eine Verbesserung der schlechten mechanischen Eigenschaften zu erreichen.
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Nachteilig bei diesen mikroporösen Wärmedämmstoffen sind ihre trotz Faserarmierung immer noch ungenügenden mechanischen Eigenschaften und vor allem ihre unzureichende Flexibilität.
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Eine Kombination der Systeme flexible Faserdämmstoffe mit mikroporösen Wärmedämmstoffen unter Beibehaltung der hohen Dämmeigenschaften und der Flexibilität des Gesamtsystems war bisher nicht möglich, da es nicht möglich war, den nanoporösen Wärmedämmstoff in die Faserdämmstoffe einzubringen und dort nachhaltig zu fixieren.
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Beim der dabei erforderliche intensiven mechanischen Vermischung werden die Langfasern auf Kosten der Flexibilität des Sytems zerschlagen. Ebenso können pulverförmige Mischungen mit mehr als 20 Gew.% Fasern konnten nicht zu stabilen Dämmstoffsystemen verpresst werden.
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Es wurde nun gefunden, dass durch geeignete Kombination von Faserdämmstoffen, in erster Linie sogenannten „Künstlichen Mineralfasern” (KMF) wie z. B. Glas- und Mineralwolle mit nanoporösen Füllstoffen, es zu synergistischen Effekten beider Systeme kommt. Zum einen kann die Wärmeleitfähigkeit auf Werte < 0,030 W/mK gesenkt werden, sowie ein wesentlich verbessertes Handling der sehr fragilen nanoporösen Dämmstoffplatten aufgrund der erreichten Flexibilität solcher Verbundsysteme erreicht werden. Je nach verwendeten Füllstoffen und Füllgraden konnten so Wärmeleitfähigkeiten zwischen 0,020 und 0,030 W/mK erzielt werden und flexible Platten mit einer Dichte von 60–150 kg/m3, vorzugsweise von 80–100 kg/m3 aber auch Formkörper mit höheren Dichten hergestellt werden. Aufgrund des Anteils an nanoporösen Füllstoffen zwischen 10 und 70 Gew.%, vorzugsweise zwischen 20 und 50 Gew.% können Faserdämmmatten mit integrierten nanoporösen Füllungen wirtschaftlich sinnvoll dargestellt werden.
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Die erfindungsgemäße Kombination der künstlichen Mineralfasern mit dem nanoporösen Füllstoff erfolgt zum einen durch Beaufschlagung des Fasergeleges mit nanoporösen SiO2-Partikeln, direkt im oder unmittelbar nach dem Flammenhydrolyseprozess (direkte Flammenhydrolyse) von Siliciumverbindungen bevor die entstehenden SiO2-Partikel zu größeren Agglomeraten aufwachsen.
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Zum anderen erfolgt die Kombination der KMF mit den nanoporösen Füllstoffen durch eine Benetzung mit siliciumorganischen Verbindungen und anschließender Flammenhydrolyse derselben (indirekte Flammenhydrolyse).
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Bei der direkten Flammenhydrolyse werden flüchtige Siliciumverbindungen (wie z. B. Halogensilane, Organo-Halogensilane, Organo-Siloxane) in einer Knallgasflamme (Wasserstoff/Sauerstoff) zu hochdispersen SiO2-Partikel hydrolisiert. Erfindungsgemäß vorzugsweise eingesetzte Silane sind z. B.:
CH3SiCl3 Methyltrichlorsilan
SiCl4 Siliciumtetrachlorid
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Die Reaktion mit SiCl4 läuft nach folgender Reaktionsgleichung ab: 2H2 + O2 → 2H2O 2H2O + SiCl4 → SiO2 + 4HCl 2H2 + O2 + SiCl4 → SiO2 + 4HCl
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Als Brenngase für die Flammenhydrolyse werden z. B. eingesetzt: wasserstoffhaltige Brenngase wie Erdgas, Propan, Kerosin usw. vorzugsweise Wasserstoff.
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Aufgrund ihrer minimalen Teilchenstruktur können die entstehenden Primär-/Sekundärteilchen leicht in die Hohlräume zwischen den Fasergelegen eindringen.
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Die Bildung der Kieselsäureteilchen geschieht bei Temperaturen von ca. 1000°C oder mehr. Es entstehen zunächst Protopartikel mit einer Größe von 0,8 bis 1,0 nm. Danach Primärteilchen mit 8–10 nm und anschließend Aggregate mit ca. 60–100 μm. Diese ballen sich dann durch dreidimensionale Vernetzung zu Agglomeraten mit 2–4 mm Durchmesser zusammen.
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Die Kieselsäureteilchen können u. a. über Silanolgruppenbindung mit der Oberfläche der Fasern verhaftet werden und wachsen bei Abkühlung zu Tertiär-Strukturen mit größeren Agglomeraten an, die nicht mehr ohne weiteres aus den Fasergelegen des Faserdämmstoffes entfernt werden können.
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Die Beaufschlagung der Faser mit den SiO2-Partikeln geschieht in dem Bereich, in dem die beste Durchdringung des Fasergeleges und die nachhaltigste Vernetzung mit der Faser gegeben ist. Die Temperatur bei der Durchdringung des Fasergeleges mit den SiO2-Partikeln muss so gewählt werden, dass ein Schmelzen oder Sintern der Faser nicht stattfindet.
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Bei der indirekten Flammenhydrolyse werden die Fasergelege mit den einzusetzenden flüssigen Siliciumverbindungen benetzt. Zu diesen gehören Halogensilane, Organo-Halogensilane, Organo-Siloxane, bevorzugt höher siedende Verbindungen wie z. B. Octamethyltetracyclosiloxan, Hexamethyltricyclosiloxan und Hexamethyldisiloxan.
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Die Benetzung erfolgt durch besprühen, bedampfen oder tauchen. Die auf der Faseroberfläche anhaftenden Si-Verbindungen werden anschließend mit einem wasserstoffhaltigem Brenngas (z. B. Wasserstoff, Erdgas, Propan, Kerosin usw.) unter Bildung von Kieselsäure hydrolisiert. Der Vorteil dieses Verfahrens liegt darin, dass sämtliche Fasern rundum benetzt sind und sich somit ein Kieselsäurepelz auf den Fasern aufbauen kann, die vorhandenen Makrohohlräume zuwachsen und die SiO2-Partikel als Abstandshafter zwischen den einzelnen Fasern fungieren.
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Die Größe der SiO2-Partikel (spezifische Oberfläche) wird über die Flammentemperatur gesteuert. Hierbei gilt: je kleiner die Größe der Primärteilchen, desto größer die Oberfläche der Kieselsäure und somit die Effektivität der Dämmwirkung.
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Erfindungsgemäß besteht auch die Möglichkeit, beide Herstellungsverfahren zu kombinieren.
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Bei beiden Verfahren ist es ein wirtschaftlicher Vorteil wenn dieser Prozess unmittelbar nach der Herstellung der Fasern in einem kontinuierlichen Verfahren stattfindet.
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Zur Erhöhung der Wärmedämmwirkung, vornehmlich zur Reduzierung der Infrarotstrahlung, können der Kieselsäure sogenannte Trübungsmittel zugegeben werden.
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Trübungsmittel können Wärmestrahlen im Infrarotbereich adsorbieren, streuen und reflektieren. Vorzugsweise weisen diese Trübungsmittel im Infrarot-Spektralbereich ein Maximum zwischen 1,5 und 10 μm auf. Die Partikelgröße dieser Teilchen liegt vorzugsweise zwischen 0,5–15 μm. Beispiele für derartige Substanzen sind Titanoxide, Eisenoxid, Eisentitanat, und Ruß.
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Die Zugabe geschieht sowohl bei der direkten als auch bei der indirekten Flammenhydrolyse durch Einspeisung von z. B. verdampften TiCl4 oder sublimiertem FeCl3 direkt in die Flamme. Hierbei entstehen TiO2 bzw. Fe3O4, welches sich hochdispers auf bzw. in den Kieselsäureteilchen befindet und damit eine optimale Verteilung stattfindet.
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Ebenfalls kann hochdisperser Ruß als Trübungsmittel so eingebracht werden, indem man diesen in einer sauerstoffarmen Acetylenflamme durch partielle Verbrennung erzeugt. Dies kann sowohl in der Hydrolyseflamme, als auch separat geschehen.
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Bei dieser Art der Einbringung werden die Trübungsmittel wesentlich gleichmäßiger und feinteiliger auf der Kieselsäure verteilt als dies bei einer mechanischen Vermischung der Feststoffanteile des mikroporösen Dämmstoffes möglich ist.
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Durch diese optimierte Dispergierung der Trübungsmittel im System ist eine Verbesserung der Wärmeleitfähigkeiten von 1–3 mW/mK möglich, gegenüber mikroporösen Dämmstoffen die durch einfache Mischprozesse mit pulverförmigen Trübungsmitteln hergestellt werden.
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Nach der jeweiligen Flammenhydrolyse wird das Faser-Kieselsäuregemenge von Prozessgasen abgetrennt.
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Darüber hinaus werden auf dem Kieselsäure-/Dämmstoffgemenge anhaftende Halogenidreste durch erhitze feuchte Luft entfernt.
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Die so erhaltenen Kieselsäure-/Faserdämmstoffe können anschließend noch zu gewünschten Enddichten zwischen 60–150 kg/m3 verpresst werden. Gegebenenfalls sind auch Formkörper mit gleichen oder höheren Dichten herstellbar. Hierzu werden eine oder mehrere Lagen der Kieselsäure-/Faserdämmstoffe herangezogen.
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Für bestimmte Anwendungen, vor allem im Baubereich, ist eine Hydrophobierung der erfindungsgemäßen Kieselsäure-/Faserdämmstoffe notwendig. Hierzu werden die Dämmstoffe mit Organosilanen behandelt. Dabei reagieren die auf der Kieselsäure befindlichen Silanolgruppen mit den Silylgruppen der Organosilane und bilden einen dauerhaft wasserabstoßenden Dämmstoff.
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Als Organosilane kommen in Frage:
Verbindungen der Formeln Rn-Si-X4-n wobei
n = 1, 2 oder 3 sein kann
oder R3Si-Y-SiR3 wobei Y NH oder O sein kann
R = -CH3 und/oder H
-C2H5
X = Cl oder Br
-OCH3
-OC2H5
-OC3H5
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Derartige Verbindungen sind z. B.
(CH3)3SiCl [Trimethylchlorsilan];
(CH3)2SiCl2 [Dimethyldichlorsilan];
CH3SiCl3 [Monomethyltrichlorsilan] oder
(CH3)3SiOC2H5 [Trimethylethoxisilan];
(CH3)2Si(OC2H5 ) 2 [Dimethyldiethoxisilan];
CH3Si (OC2H5)3 [Methyltriethoxisilan] sowie
(CH3)3SiNHSi(CH3)3 [Hexamethyldisilazan];
(CH3)3SiOSi(CH3)3 [Hexamethyldisiloxan].
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Bevorzugt werden erfindungsgemäß Trimethylethoxisilan, Dimethyldiethoxisilan, Methyltriethoxisilan, Hexamethyldisilazan.
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Ebenfalls können eingesetzt werden offene kurzkettige Organosiloxane und cyclische Organosiloxane wie z. B. Octamethyltetracyclosiloxan und Hexamethyltricyclosiloxan.
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Die Zusatzmengen der Silane hängen von der spezifischen Oberfläche (BET-Oberfläche) der Kieselsäuren, deren Anteil am Kieselsäure-/Faserdämmstoff, sowie der Art der Silane ab. Die Zugabemenge liegt zwischen 0,5–15 Gew.%, vorzugsweise zwischen 1 und 6 Gew.%.
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Um ein besseres Handling zu erreichen können die gepressten Kieselsäure-/Faserdämmstoffe generell umhüllt werden, vorzugsweise in Schrumpffolien auf PE- oder PET-Basis (gegebenenfalls perforiert) oder Vliese. Zweckmäßiger Weise werden diese Folien oder Vliese in flammenresistenter Ausführung eingesetzt. Ebenfalls möglich ist eine Umhüllung die unter Unterdruck gehalten wird. Hierdurch wird die Flexibilität des Dämmstoffes nochmals deutlich erhöht. Es ist auch möglich diese erfindungsgemäßen Kieselsäure-/Faserdämmstoffe als Kernmaterial für VIP (Vakuum-Isolations-Paneele) einzusetzen.
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BEISPIEL 1:
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Eine Gewebematte aus Steinwolle mit einer Größe von 25 × 25 × 1 cm und einer Dichte von ca. 40 kg/m3 wurde in Octamethyltetracyclosiloxan getaucht und anschließend in einer Brennkammer mit einem Gasbrenner der mit Erdgas betrieben wurde beflammt. Während der Beflammung bildete sich auf den Fasern ein weißer, pelzartiger Belag von hochdisperser Kieselsäure.
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Nach der Abkühlung der entstandenen Kieselsäure/Faserdämmstoffplatte ergaben sich folgende Messwerte:
Ausgangsgewicht der Faserplatte: | 24,38 g |
Endgewicht nach Behandlung: | 32,06 g |
Gewichtsdifferenz: | 7,68 g |
Entstandenes Mischverhältnis | |
Kieselsäure:Faser = | 23,96%:76,04% |
Wärmeleitzahl der Faserplatte: | 0,038 W/mK |
Wärmeleitzahl der Kieselsäure/Faserplatte | 0,029 W/mK |
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BEISPIEL 2:
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Analog Beispiel 1. wurde eine gleich große Faserdämmstoffplatte in derselben Brennkammer mit einer Wasserstoffflamme behandelt, in die dampfförmiges SiCl4 eingespeist wurde.
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Die Beaufschlagung der Faser geschah unmittelbar in der Flamme unter Bildung eines pelzartigen Belages von SiO2-Partikeln. Die entstandene Kieselsäure/Faserdämmstoffplatte wurde bei 180°C ausgeheizt um Halogenidreste zu entfernen.
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Nach der Abkühlung der Platte ergaben sich folgende Messwerte:
Ausgangsgewicht der Faserplatte: | 25,63 g |
Endgewicht nach Behandlung: | 36,99 g |
Gewichtsdifferenz: | 11,36 g |
Entstandenes Mischverhältnis | |
Kieselsäure:Faser = | 30,72%:69,28% |
Wärmeleitzahl der Faserplatte: | 0,038 W/mK |
Wärmeleitzahl der Kieselsäure/Faserplatte | 0,027 W/mK |