-
Die Erfindung betrifft Aptamere, die ein Zielmolekül spezifisch binden.
-
Es ist bekannt, dass Zytokine, beispielsweise Interleukine wie Interleukin-6 (IL-6), eine bedeutende Rolle bei der Informationsvermittlung zwischen verschiedenen Zellen eines Organismus spielen. Die biologische Wirkung von Zytokinen auf die Zielzellen wird dabei durch spezifische, meist membrangebundene Rezeptoren vermittelt. Das Zytokin Interleukin-6 (IL-6) beispielsweise wirkt auf eine Vielzahl unterschiedlicher Zellen und spielt insbesondere bei Entzündungsprozessen eine zentrale Rolle. Von Zytokin IL-6 ist bekannt, dass es an einer Reihe von Erkrankungen, z. B. entzündlichen Autoimmunkrankheiten wie rheumatoider Arthritis, beteiligt ist.
-
Von vielen membrangebundenen Zytokin-Rezeptoren existieren auch lösliche Formen, die aus den extrazellulären Domänen der membranständigen Formen bestehen und ebenfalls die Fähigkeit zur Ligandenbindung, wenn auch bei verminderter Affinität gegenüber der membranständigen Form, besitzen. Lösliche Rezeptoren können Liganden beispielsweise durch ihre vergleichsweise hohe Konzentration neutralisieren und wirken auf diese Weise antagonistisch. Für die löslichen Rezeptoren einiger Zytokine wird aber auch eine agonistische Wirkung beschrieben. Im Falle des löslichen Interleukin-6-Rezeptors (sIL-6R) bewirkt beispielsweise der Komplex aus IL-6 und sIL-6R eine Dimerisation des membranständigen gp130 (Tags, T. et al. (1989), Cell, 58, 573–581; Mackiewicz, A. et al. (1992) J. Immunol., 149, 2021–2027; Scheller und Rose-John, Med. Microbiol. Immunol. (2006), 195, 173–183; Rose-John et al., (2006), J. J. Leukocyte Biol. 80, 227–235; Jones et al. (2001), The FASER Journal 15, 43–57), wodurch die Signaltransduktion initiiert wird. Anders als der membrangebundene IL-6-Rezeptor wird gp130 in fast allen Organen, z. B. Herz, Nieren, Milz, Leber, Lunge, Plazenta und Gehirn, exprimiert (Saito, M. et al. (1992 J. Immunol., 148, 4066–4071). In Gegenwart von sIL6-R kann das Interleukin-6 daher auch auf Zellen wirken, die nicht den membranständigen Interleukin-6-Rezeptor, jedoch das Glykoprotein gp130 exprimieren (Hirota, H. et al., (1995) Proc. Natl. Acad. Sci. U.S.A, 92, 4862–4866).
-
Aufgrund der oben skizzierten Bedeutung von Zytokinen sind im Stand der Technik bereits Ansätze verfolgt worden, durch gezielte Hemmung von Zytokinrezeptoren auf Krankheitsverläufe Einfluss zu nehmen. Ein Ansatz besteht beispielsweise in der Verwendung von Antikörpern gegen Zytokinrezeptoren. Tocilizumab (Actemra®) ist beispielsweise ein monoklonaler Antikörper, der derzeit zur Behandlung von rheumatoider Arthritis eingesetzt wird. Tocilizumab (Actemra®) entfaltet seine Wirkung über die Blockade des humanen IL-6-Rezeptors, wobei die Bindung von IL-6 an den Rezeptor und eine daraus resultierende Entzündungsreaktion verhindert wird.
-
Die Verwendung von Antikörpern ist aber häufig mit unerwünschten Nebenwirkungen verbunden. Die häufigsten unerwünschten Nebenwirkungen bei Behandlung mit Antikörpern sind Infektionen, überwiegend Infektionen des oberen Respirationstraktes. Außerdem wurde bei deren Anwendung häufig ein leichter Anstieg der Leberfunktionswerte und des Lipidstoffwechsels beobachtet. Weitere Nebenwirkungen sind Magen-Darm-Perforationen, Überempfindlichkeitsreaktionen einschließlich Anaphylaxie, Kopfschmerzen und Bluthochdruck.
-
Seit einiger Zeit wird auch versucht, so genannte Aptamere als therapeutische und diagnostische Mittel einzusetzen (s. z. B.
Osborne et al. (1997), Curr. Opin. Chem. Biol. 1, 5–9). Aptamere sind künstliche DNA- oder RNA-Moleküle, die ein anderes Molekül, z. B. ein Protein, spezifisch binden können. Bei hoher Spezifität und Affinität sowie chemischer Stabilität weisen Aptamere im Vergleich zu Antikörpern eine niedrige Immunogenität auf. Aptamere können zum Beispiel mit Hilfe eines Verfahrens selektiert werden, das als SELEX (systematic evolution of ligands by exponential enrichment) bezeichnet wird (
Ellington und Szostak (1990), Nature 346, 818–822;
Gopinath (2007), Anal. Bioanal. Chem. 387, 171–182;
WO 91/19813 ).
-
Trotz der bisherigen intensiven Bemühungen besteht allerdings nach wie vor ein hoher Bedarf an diagnostischen und/oder therapeutischen Mitteln zur Anwendung bei der Erkennung und/oder Prävention bzw. Behandlung von Entzündungsprozessen, Krebserkrankungen und Infektionen. Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, solche Mittel bereitzustellen.
-
Gelöst wird die Aufgabe durch die Gegenstände des Anspruchs 1 und der weiteren nebengeordneten Ansprüche. Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind in den Unteransprüchen angegeben.
-
In einem ersten Aspekt stellt die Erfindung ein DNA-Aptamer bereit, das den menschlichen löslichen Interleukin-6-Rezeptor spezifisch bindet und die Sequenz GGGNGGGHGGGWGGG (SEQ ID NO: 1) umfasst. Ausgenommen sind jedoch DNA-Aptamere, die die Sequenz GGGTGGGTGGGTGGGT (abgekürzt (G3T)4, s. SEQ ID NO: 6), umfassen. Die Buchstaben geben die Basen der Nukleotide in der üblichen Kodierung an: A = Adenin; C = Cytosin; G = Guanin; T = Thymin; H = A, C oder T; W = A oder T. N bedeutet A, T, TT oder TTT.
-
Der lösliche Human-Interleukin-6-Rezeptor (sIL-6R) weist bei 339 Aminosäuren (AS) ein Molekulargewicht von ca. 50 kDa auf. Die Aminosäuresequenz des sIL-6R ist in der SEQ ID NO: 7 wiedergegeben. Die Aminosäuresequenz des sIL-6R stimmt mit derjenigen der extrazellulären Domäne des membranständigen Interleukin-6-Rezeptors (IL-6R) überein, so dass das erfindungsgemäße Aptamer selbstverständlich auch den IL-6R spezifisch bindet. Jede Bezugnahme auf den sIL-6R soll daher auch den IL-6R mit erfassen, sofern dies nicht ausdrücklich anders angegeben ist.
-
Das erfindungsgemäße DNA-Aptamer ist affin und spezifisch für den humanen sIL-6-Rezeptor und dabei voraussichtlich nicht oder wenig immunogen. Es stellt ein viel versprechendes Mittel bereit, um Erkrankungen, an denen der lösliche IL-6-Rezeptor beteiligt ist, zu behandeln oder zu verhindern. Es ist darüber hinaus einfach und kostengünstig herzustellen, gut haltbar und lagerungsfähig.
-
Das erfindungsgemäße DNA-Aptamer kann auf vielfältige Weise eingesetzt werden, um Zustände oder Erkrankungen des Menschen, an denen IL-6 und/oder der lösliche und/oder der membranständige Interleukin-6-Rezeptor direkt oder indirekt beteiligt sind, zu diagnostizieren oder zu beeinflussen. Es kann beispielsweise dazu verwendet werden, ein Arzneimittel oder ein Diagnosemittel herzustellen, mit dessen Hilfe inflammatorische Zustände oder Erkrankungen, Krebserkrankungen oder Infektionen diagnostiziert, verhindert und/oder behandelt werden können. Beispiele für Erkrankungen, bei denen das erfindungsgemäße DNA-Aptamer Anwendung finden kann, umfassen rheumatoide Arthritis, Sepsis, Asthma, Morbus Crohn, Multiple Sklerose, Depression, Brustkrebs, Multiples Myelom und HIV-Infektion.
-
Das erfindungsgemäße DNA-Aptamer kann auch verwendet werden, um andere Moleküle, beispielsweise Peptide, Proteine, Oligonukleotide, Farbstoffe, Diagnosemittel etc., in eine Zelle einzuführen. Hierzu werden diese Moleküle mit Hilfe von Techniken, die dem Fachmann geläufig sind, an das DNA-Aptamer gekoppelt. Das an das erfindungsgemäße DNA-Aptamer gekoppelte Molekül kann dann mittels des sIL-6R oder des IL-6R in die Zelle geschleust und intrazellulär wieder freigesetzt werden. Bei den Molekülen kann es sich auch um biologisch bzw. medizinisch wirksame Substanzen handeln, so dass das DNA-Aptamer auch eine Funktion als Bestandteil eines Propharmakon haben kann.
-
Unter einem ”DNA-Aptamer” wird hier eine isolierte Einzelstrang-DNA (ssDNA) verstanden, die ein Zielmolekül, z. B. ein Protein, spezifisch bindet. Insbesondere werden unter dem Begriff ”DNA-Aptamer” ssDNA-Oligonukleotide mit höchstens 150, vorzugsweise höchstens 130, höchstens 110, höchstens 100, höchstens 90, höchstens 80, höchstens 70, höchstens 60, höchstens 50, höchstens 40, höchstens 30, höchstens 20, höchstens 15 oder höchstens 10 Nukleotiden verstanden.
-
Unter einem ”Nukleotid” werden hier insbesondere die Grundbausteine von Nukleinsäuren, d. h. organische Moleküle verstanden, die aus einem Zuckerrest, in der Regel einer Pentose, z. B. Desoxyribose oder Ribose, einer organischen Base (Nukleobase) und Phosphorsäure bestehen. Die Phosphorsäure ist mit dem Zucker regelmäßig über eine Esterbindung, der Zucker mit der Nukleobase über eine N-glykosidische Bindung verbunden. In Desoxyriboukleinsäure (DNA) kommen regelmäßig die Nukleobasen Adenin (A), Cytosin (C), Guanin (G) und Thymin (T) vor, während in Ribonukleinsäure (RNA) anstelle des Thymins die Base Uracil (U) vertreten ist. Die Phosphorsaure liegt in RNA und DNA in der Regel als Monophosphat vor. Die Verknüpfung von Nukleotiden untereinander erfolgt meistens über eine Phosphordiesterbindung zwischen dem 5'-C-Atom einer Pentose und dem 3'-C-Atom einer benachbarten Pentose.
-
Unter einem ”Zielmolekül” werden hier vorzugsweise Nicht-RNA- und Nicht-DNA-Moleküle, beispielsweise Proteine, Peptide und Glykoproteine, verstanden. Unter ”Bindung” wird hier eine Bindung verstanden, die nicht auf der Watson-Crick-Paarung zwischen Nukleotiden beruht. Es handelt sich bevorzugt um eine nicht-kovalente Bindung. Unter einem den humanen sIL-6-Rezeptor spezifisch bindenden DNA-Aptamer oder einem Fragment davon wird hier ein DNA-Aptamer oder DNA-Aptamer-Fragment verstanden, das eine diesbezügliche Dissoziationskonstante (Kd) von maximal 7·10–6 M (mol/1), bevorzugt maximal 5·10–6 M, bevorzugt maximal 3·10–6 M, bevorzugt maximal 2·10–6 M, bevorzugt maximal 10–6 M, maximal 8·10–7 M, maximal 5·10–7 M, maximal 3·10–7 M, maximal 10–7 M, maximal 8·10–8 M, maximal 5·10–8 M oder maximal 3·10–8 M aufweist. Insbesondere wird unter einem den humanen sIL-6-Rezeptor spezifisch bindenden DNA-Aptamer oder DNA-Aptamer-Fragment ein DNA-Aptamer oder DNA-Aptamer-Fragment verstanden, das eine Dissoziationskonstante von maximal 1000 nM (nmol/l), vorzugsweise maximal 500 nM, weiter bevorzugt maximal 250 nM und besonders bevorzugt maximal 150 nM aufweist. Wenn hier auf Dissoziationskonstanten Bezug genommen wird, bezieht sich dies vorzugsweise auf Mittelwerte einer mit Hilfe des unten näher beschriebenen ”One-Site-Binding”-Modells unter Verwendung von Filterbindungsstudien ermittelten Größe. Wie oben bereits angegeben, umfasst der Begriff einer hsIL-6-Rezeptor-spezifischen Bindung auch die spezifische Bindung an den hIL-6-Rezeptor, d. h. den membranständigen menschlichen IL-6-Rezeptor.
-
Unter einem ”Diagnosemittel” wird hier ein Erzeugnis verstanden, das in einem diagnostischen Verfahren verwendet werden kann. Der Begriff umfasst auch Erzeugnisse, beispielsweise Reagenzien oder Reagenzienkits, mit deren Hilfe außerhalb des menschlichen oder tierischen Körpers ein bestimmter Zustand und/oder die Abweichung von einem Normalzustand, z. B. eine abweichende sIL-6R-Konzentration, detektiert werden kann.
-
Das erfindungsgemäße DNA-Aptamer zeichnet sich durch das Vorhandensein von vier G-Tripletts aus, die durch ein Adenin-, Thymin- oder Cytosin-Nukleotid, gegebenenfalls, insbesondere im Falle des aus 5'-Richtung gesehen ersten und zweiten G-Tripletts, auch durch zwei oder drei Thymin-Nukleotide miteinander verbunden sind.
-
In einer bevorzugten Ausführungsform umfasst das erfindungsgemäße DNA-Aptamer die Nukleotidsequenz GGGNGGGHGGGWGGGW (SEQ ID NO: 2). In weiteren bevorzugten Ausführungsformen umfasst das erfindungsgemäße DNA-Aptamer die Nukleotidsequenz VGGGNGGGHGGGWGGG (SEQ ID NO: 3), VGGGNGGGHGGGWGGGW (SEQ ID NO: 4) oder GGGTGGGCGGGTGGGT (SEQ ID NO: 5). Die Bedeutung der Buchstaben C, G, T, N, H und W ist wie oben angegeben. V = A, G oder C. Ausgenommen ist jeweils ein DNA-Aptamer, dass die Sequenz GGGTGGGTGGGTGGGT (SEQ ID NO: 6) aufweist oder umfasst. Vorzugsweise sind im Falle der DNA-Aptamere mit den Sequenzen gemäß SEQ ID NO: 2 und SEQ ID NO: 4 N, H und W nicht gleichzeitig A. Auch im Falle der Sequenzen gemäß SEQ ID NO: 1 und 3 ist es bevorzugt, dass N, H und W nicht alle gleichzeitig A sind. Im Falle der Aptamere mit den Sequenzen gemäß SEQ ID NO: 3 und SEQ ID NO: 4 ist es weiter bevorzugt, dass am 5'-Ende, d. h. an Position 1 der obigen Sequenzen, G oder C, d. h. S statt V, steht.
-
In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform umfasst das erfindungsgemäße DNA-Aptamer eine der in den SEQ ID NO: 8–12 oder SEQ ID NO: 13–17 angegebenen Sequenzen oder ein Fragment davon, welches den menschlichen löslichen Interleukin-6-Rezeptor spezifisch bindet. Eine oder mehrere, gegebenenfalls auch alle Basen der Nukleotide des DNA-Aptamers oder des DNA-Aptamer-Fragments können modifiziert sein. Dies kann vorteilhaft sein, um beispielsweise die Empfindlichkeit gegenüber Nukleasen in vivo zu verringern, die Aufnahme in die Zelle zu verbessern oder eine schnelle renale Resorption zu verhindern. Die Vornahme entsprechender Modifikationen liegt im Bereich des Fachkönnens des Durchschnittsfachmanns.
-
Das erfindungsgemäße DNA-Aptamer kann auch mit anderen Verbindungen, z. B. Cholesterol oder Polyethylenglykol (PEG), gekoppelt oder auch multimerisiert werden, um beispielsweise die Bioverfügbarkeit zu erhöhen, den Abbau oder die Ausscheidung zu vermindern. Zum Schutz vor dem Angriff von Exonukleasen kann beispielsweise am 3'-Ende eine 3'-3'-dT-Kappe (dT = Desoxythymidin) vorgesehen sein.
-
Ein Fragment eines erfindungsgemäßen DNA-Aptamers umfasst bevorzugt mindestens 15, 16, 17, 18, 19 oder 20, weiter bevorzugt mindestens 25, 30, 35, 40, 45, 50, 55 oder 60 aufeinander folgende Nukleotide von einer der in den SEQ ID NO: 8–12 oder der in den SEQ ID NO: 13–17 angegebenen Sequenzen. Im Falle der SEQ ID NO: 13–17 kann das Fragment auch mindestens 70, 80, 90, 100 oder 101 aufeinander folgende Nukleotide umfassen. Besonders bevorzugt umfasst ein Fragment mindestens eine der Sequenzen gemäß den SEQ ID NO: 1–5.
-
Das erfindungsgemäße DNA-Aptamer besitzt bevorzugt eine Sequenz, wie sie in einer der SEQ ID NO: 18–32 angegeben ist, d. h. das erfindungsgemäße DNA-Aptamer besteht bei diesen Ausführungsformen aus einer Nukleinsäure mit einer der in den SEQ ID NO: 18–32 angegebenen Nukleotidsequenzen.
-
In einer bevorzugten Ausführungsform bindet das erfindungsgemäße Aptamer nicht-kompetitiv an den menschlichen löslichen Interleukin-6-Rezeptor. Dadurch wird die Bindung von Interleukin 6 (IL-6) an den sIL-6R grundsätzlich nicht beeinträchtigt. Gegebenenfalls kann jedoch die Signaltransduktion modifiziert oder verhindert werden. Dies kann beispielsweise bewirkt werden, indem die Anlagerung des gp130 oder auch des IL-6 sterisch oder anderweitig mittels eines gegen das DNA-Aptamer gerichteten Antikörpers oder beispielsweise durch ein an das DNA-Aptamer gekoppeltes Molekül, z. B. ein Peptid, eine Nukleinsäure oder eine andere Verbindung, behindert wird. Eine andere Möglichkeit besteht beispielsweise darin, dass das an den Rezeptor gebundene Aptamer seinerseits von einem Bindungsmolekül, z. B. einem gegen das Aptamer gerichteten Antikörper, gebunden wird. Dabei kann auch ein indirekter Mechanismus eingesetzt werden, so dass beispielsweise ein an das DNA-Aptamer gekoppeltes Molekül (z. B. Biotin oder ein Antigen) wiederum von einem anderen Molekül (z. B. Avidin oder ein Antikörper) gebunden wird. Auch bei diagnostischen Verfahren kann es vorteilhaft sein, wenn das DNA-Aptamer nicht-kompetitiv an den sIL-6R bindet.
-
In einem weiteren Aspekt stellt die vorliegende Erfindung ein Arzneimittel bereit, das ein erfindungsgemäßes Aptamer umfasst. Das Arzneimittel umfasst darüber hinaus bevorzugt geeignetes Trägermaterial, Exzipientien und dergleichen. Gegebenenfalls kann das Arzneimittel auch einen oder mehrere weitere Wirkstoffe enthalten. Die Wirkstoffe können dabei auch an das DNA-Aptamer gekoppelt, d. h. kovalent oder nicht-kovalent gebunden sein. Geeignete Formulierungen und Darreichungsformen sind dem Fachmann bekannt oder können auf routinemäßige Weise gemäß dem Stand der Technik hergestellt werden. Die erfindungsgemäßen Aptamere können beispielsweise auch an Nanopartikel gebunden werden, die mit anderen Wirkstoffen beladen sind, wodurch eine gezielte Zufuhr der Wirkstoffe ermöglicht wird.
-
In einem weiteren Aspekt betrifft die Erfindung auch die Verwendung eines DNA-Aptamers gemäß dem ersten Aspekt der Erfindung zur Herstellung eines Arzneimittels, vorzugsweise eines Arzneimittels zur Behandlung eines Zustandes oder einer Erkrankung, die mit vom Normalzustand abweichenden Konzentrationen des sIL-6R in Körperflüssigkeit, z. B. Blut, oder mit einem vom Normalzustand abweichenden Vorkommen des IL-6R einhergeht, oder eines Diagnosemittels, z. B. zur Diagnose einer Erkrankung, die mit vom Normalzustand abweichenden Konzentrationen des sIL-6R in Körperflüssigkeit, z. B. Blut, oder mit einem vom Normalzustand abweichenden Vorkommen des IL-6R verbunden sind. Vorzugsweise ist das Arzneimittel zur Behandlung und das Diagnosemittel zur Diagnose von Entzündungszuständen, Krebs oder Infektionen, beispielsweise Rheumatoider Arthritis, Sepsis, Asthma, Morbus Crohn, Multipler Sklerose, Depression, Brustkrebs, Multiplem Myelom oder einer HIV-Infektion vorgesehen.
-
In noch einem weiteren Aspekt betrifft die Erfindung die Verwendung eines die Sequenz (G3T)4 (SEQ ID NO: 6), die Sequenz der. SEQ ID NO: 11 oder der SEQ ID NO: 16 umfassenden DNA-Aptamers zur Herstellung eines Arzneimittels zur Behandlung von Entzündungszuständen oder Krebs, bevorzugt zur Behandlung von Rheumatoider Arthritis, Sepsis, Asthma, Morbus Crohn, Multipler Sklerose, Depression, Brustkrebs oder Multiplem Myelom.
-
Die Erfindung wird im Folgenden anhand von Ausführungsbeispielen und den beigefügten Figuren zu Veranschaulichungszwecken näher erläutert.
-
1 Bindung der Aptamere 13-5, 13-11, 13-15, 13-27 und 13-32 an das Zielmolekül sIL-6R. Der Anteil gebundenen DNA-Aptamers (in %) wurde bei definierten sIL-6R-Konzentrationen in Filterbindungsstudien ermittelt und in Abhängigkeit von der sIL-6R-Konzentration graphisch dargestellt (logarithmische Auftragung). Die gezeigten Messpunkte und Fehlerbalken ergeben sich aus den Mittelwerten und Standardabweichungen dreier voneinander unabhängiger Studien. Die Berechnung der Dissoziationskonstanten erfolgte unter Verwendung eines ”One-Site-Binding”-Modells.
-
2 Das Fusionsprotein Hyper-IL-6. Schematisch gezeigt ist das Hyper-IL-6-Fusionskonstrukt bestehend aus dem N- und C-terminal verkürzten sIL-6R (AS 113–323) und IL 6, welche über einen flexiblen Linker miteinander verbunden sind. Linker-Aminosäuren sind im Einbuchstaben-Code angegeben.
-
3 Filterbindungsstudien zur Analyse der Spezifität der Interaktion zwischen den Aptameren 13-15, 13-27 sowie 13-32 und dem Zielmolekül sIL-6R. Die Aptamere 13-15, 13-27 und 13-32 wurden steigenden Konzentrationen des sIL-6R (s. 3B oben) sowie der Kontrollproteine CEACAM1 (A) und IL6 (A und B) ausgesetzt.
-
Beispiele
-
1. In-vitro-Selektion von DNA-Aptameren mittels magnetischer Beads
-
Zur Selektion von DNA-Aptameren wurde ein als SELEX (Systematische Evolution von Liganden durch exponentielle Anreicherung) bezeichneter In-vitro-Selektionsprozess (
Ellington und Szostak (1990), Nature 346, 818–822;
Gopinath (2007), Anal. Bioanal. Chem. 387, 171–182;
WO 91/19813 ) eingesetzt. Bei diesem Prozess erfolgt in iterativen Zyklen der Schritte (1) Inkubation einer Nukleinsäure-Bibliothek mit dem Zielmolekül, (2) Trennung bindender von nicht-bindenden Nukleinsäuren und (3) Vervielfältigung bindender Spezies, d. h. eine Anreicherung von bindenden Nukleinsäuren.
-
Zu Beginn der ersten Selektionsrunde erfolgte die Inkubation einer DNA-Bibliothek hoher Diversität (bis zu 1015 verschiedene Moleküle) mit dem an magnetischen Partikeln (Dynabeads®) immobilisierten sIL-6R (zur Aminosäuresequenz des sIL-6R siehe SEQ ID NO: 7), der löslichen Variante des membranständigen Interleukin-6-Rezeptors (IL-6R). Zur Immobilisierung wurde der sIL-6R biotinyliert und anschließend über eine Biotin-Streptavidin-Interaktion auf der Oberfläche Streptavidin-gekoppelter Dynabeads® immobilisiert. Die proteingekoppelten Partikel wurden für die Aptamerselektion eingesetzt. Nach Trennung nicht-bindender Nukleinsäuren mittels magnetischer Separation und Waschschritten wurden bindende DNA-Spezies durch Erhitzen eluiert und mit Hilfe einer PCR-Reaktion amplifiziert. Nach Strangtrennung folgte die nächste Selektionsrunde. Zur Strangtrennung wurde die dsDNA mittels NaOH-Zugabe denaturiert und der Aptamerstrang wurde von dem komplementären Matrizenstrang magnetisch mit Hilfe von Dynabeads®, an die Streptavidin gekoppelt war, getrennt. Der entsprechende Revers-Primer wurde vorher biotinyliert. Die so erhaltene ssDNA wurde durch eine definierte Menge an HCl neutralisiert. Nach 13 Runden wurde die angereicherte Bibliothek kloniert und sequenziert.
-
Die ssDNA-Ausgangsbibliothek D1 wies folgende Grundstruktur auf:
-
Die Sequenz der ssDNA-Bibliothek D1 war charakterisiert durch einen randomisierten Bereich von 60 Nukleotiden, welcher sowohl am 3'- als auch am 5'-Ende von konstanten Regionen mit 21 bzw. 20 Nukleotiden Länge flankiert war. Die konstanten Regionen dienten zur Anlagerung der PCR-Primer.
-
In der ersten Selektionsrunde wurde eine definierte Menge der DNA-Ausgangsbibliothek D1 (500 pmol) direkt mit dem an Dynabeads® immobilisierten sIL-6R (480 nmol) in 1 × Selektionspuffer B (1 × PBS (0,137 M NaCl, 2,7 mM KCl, 6,5 mM Na2HPO4, 15 mM KH2PO4); 3 mM MgCl2; pH 7,4) für 30 min bei Raumtemperatur (RT) inkubiert. Die an das Target bindenden DNA-Moleküle wurden mittels magnetischer Separation von nicht bindenden Molekülen getrennt, der Überstand verworfen und die DNA-Target-Komplexe einmal mit 100 μl 1 × Selektionspuffer B (s. o.) gewaschen. Die Flution bindender Nukleinsäuren erfolgte nach vorsichtigem Resuspendieren in 55 μl aqua dest. unter Hitzeeinwirkung bei 80°C für 3 min. Dieses Eluat wurde direkt ohne weitere Reinigungsschritte einer PCR unterzogen. Der Erfolg der PCR wurde mittels PAGE (10%iges, natives Polyacrylamid(PAA)-Gel) kontrolliert. Die Anzahl der Waschschritte nach Trennung der nicht-bindenden DNA-Moleküle wurde mit steigender Selektionsrundezahl auf bis zu 12 erhöht. Nach dreizehn Runden wurde die Selektion beendet.
-
Die nach der finalen Runde 13 erhaltene dsDNA-Bibliothek wurde in den Vektor pUC19 (New England BioLabs, Beverly, MA, USA) kloniert und positive Klone wurden anschließend sequenziert. Die Sequenzierung ergab die folgenden fünf Aptamersequenzen:
Aptamer | SEQ ID NO: |
13-5 | 13 |
13-11 | 14 |
13-15 | 15 |
13-27 | 16 |
13-32 | 17 |
-
Die angegebenen Sequenzen umfassen sowohl den 60 Nukleotide langen randomisierten Bereich als auch die flankierenden 5'- und 3'-Primerbereiche. Die Ziffer vor dem Bindestrich weist auf die Selektionsrunde (13) hin. Das Aptamer 13-27 umfasst dabei das bekannte Sequenzmotiv (G3T)4.
-
2. Charakterisierung und Analyse der Aptamer-sIL-6R-Wechselwirkung
-
Zur Untersuchung der Wechselwirkung der angereicherten DNA-Bibliothek mit dem Zielmolekül sIL-6R und zur Ermittlung von Dissoziationskonstanten (Kd-Werten) wurden Filterbindungsstudien unter radioaktiven Bedingungen durchgeführt. Darüber hinaus wurden Gel-Shift-Untersuchungen mittels Polyacrylamid-Gelelektrophorese (PAGE) sowie Kompetitionsstudien unter Einsatz der Filterbindungstechnik durchgeführt.
-
2.1 Analytische Filterbindungsstudien
-
Die Untersuchung von Aptamer-Protein-Interaktionen und die Bestimmung von Dissoziationskonstanten (Kd-Werte) erfolgten mittels Filterbindungsstudien. Dazu wurde eine konstante Menge (< 0,2 nM) an radioaktiv markierter DNA (die Markierung erfolgte durch Einbau von γ-[32P]-ATP (0,1 μCi/μl; 100 nM) mittels der T4 Polynukleotid-Kinase) mit steigenden Konzentrationen (bis 1000 nM) an Protein für 45 min bei 37°C inkubiert. Als Puffer diente dabei, soweit nicht anders erwähnt, der 1 × Selektionspuffer B (1 × PBS (0,137 M NaCl, 2,7 mM KCl, 6,5 mM Na2HPO4, 15 mM KH2PO4); 3 mM MgCl2; pH 7,4). Eine Nitrozellulosemembran wurde zur Reduktion unspezifischer DNA-Bindung 15 min mit KOH vorbehandelt, in eine 96-Napf-Dot-Blot-Apparatur (Schleicher&Schüll) eingespannt und unter Vakuum zweimal mit 200 μl 1 × Selektionspuffer B gewaschen.
-
Die Reaktionsansätze wurden über die Nitrozellulosemembran filtriert. An das Protein bindende DNA-Moleküle wurden auf der Membran zurück gehalten. Nicht-bindende DNA-Moleküle wurden durch viermaliges Waschen mit 1 × Selektionspuffer B entfernt. Die Nitrozellulosemembran wurde getrocknet und die auf der Membran verbliebenen Mengen an radioaktiv markierten Substanzen mit Hilfe eines Phosphorimagers (BioRad) quantifiziert. Die Auswertung der erhaltenen Daten erfolgte unter Verwendung der Software Quantity One
® (BioRad). Zur graphischen Darstellung von Bindungskurven wurde das Programm GraphPad Prism
® (GraphPad Software, Inc., USA) genutzt. Die Bestimmung der Dissoziationskonstanten (K
d) erfolgte nach einem ”One-Site-Binding”-Modell auf Grundlage der folgenden Gleichung:
wobei B
max den maximal möglichen Anteil gebundener DNA darstellt.
-
Für die fünf Aptamere 13-5, 13-11, 13-15, 13-27 und 13-32 (SEQ ID NO: 13–17) wurde die Bindung an den sIL-6R analysiert (s. 1). Die auf der Nitrozellulosemembran verbleibende Menge an radioaktiv markierten Nukleinsäuren wurde wie oben beschrieben quantifiziert und zur Bestimmung der Dissoziationskonstanten herangezogen.
-
Anhand der Filterbindungsstudien konnte gezeigt werden, dass alle untersuchten DNA-Aptamere ihr Zielmolekül in Lösung binden konnten und ähnliche Bindungseigenschaften aufwiesen. Die ermittelten zugehörigen Dissoziationskonstanten lagen in etwa im Bereich einer Größenordnung (s. Tabelle 1). Tabelle 1: Bindungseigenschaften der Aptamere 13-5, 13-11, 13-15, 13-27 und 13-32. Wiedergegeben sind die Dissoziationskonstanten (K
d) und der Anteil an maximal gebundener DNA, ermittelt in jeweils drei unabhängigen Filterbindungsstudien.
Aptamer | SEQ ID NO: | Anteil maximaler Bindung [%] | Kd [nM] | Anzahl Studien |
13-5 | 13 | 73,5 | 1163 | 3 |
13-11 | 14 | 88,5 | 507 | 3 |
13-15 | 15 | 100 | 434 | 3 |
13-27 | 16 | 69,5 | 284 | 3 |
13-32 | 17 | 100 | 472 | 3 |
-
Die Aptamere 13-15 (SEQ ID NO: 15) und 13-27 (SEQ ID NO: 16) wurden im Folgenden einer noch genaueren Untersuchung unterzogen. Hierzu wurden Filterbindungsstudien durchgeführt, wobei erneut die Bindung an sIL-6R, aber auch die Bindung an Hyper-IL6 untersucht wurde.
-
Hyper-IL-6 ist ein bioaktives Fusionsprotein aus IL-6 und sIL-6R, wobei beide Interaktionspartner über einen flexiblen Polypeptidlinker miteinander verbunden sind. Dieser Linker setzt sich aus den 16 N-terminalen nicht-helikalen Aminosäuren des IL-6 und dreizehn weiteren Aminosäuren, vorwiegend Glycin und Serin, zusammen. Um die Größe dieses Fusionsproteins so gering wie möglich zu halten, wurde auf die N-terminale Immunglobulinähnliche Domäne D1 und den C-Terminus des sIL-6R verzichtet, da beide nicht für die Bioaktivität des IL 6/sIL-6R-Komplexes benötigt werden (Fischer, M., et al., I. A bioactive designer cytokine for human hematopoietic progenitor cell expansion. Nat Biotechnol, 1997. 15(2): S. 142–5), so dass nur die Aminosäuren 113–323 des sIL-6 in dem Fusionsprotein verwendet wurden. Es resultiert ein 408 Aminosäuren großes Fusionsprotein mit einem Molekulargewicht von etwa 57 kDa (s. 2).
-
Sieben unabhängige Filterbindungsstudien zur Bindung von Aptamer 13-15 an sIL-6R ergaben einen durchschnittlichen Anteil maximaler Bindung (BMAX) von 76,4% und eine durchschnittliche Dissoziationskonstante Kd von 381 nM. Bei sechs unabhängigen Filterbindungsstudien zur Bindung von Aptamer 13-15 an Hyper-IL6 ergab sich ein durchschnittlicher Anteil maximaler Bindung (BMAX) von 35,8% und eine durchschnittliche Dissoziationskonstante Kd von 167 nM. Im Falle des Aptamers 13-27 ergaben sich für die Bindung an sIL-6R Werte für BMAX von 100 % und für Kd von 331 nM (7 Parallelen), für die Bindung an Hyper-IL6 Werte für BMAX von 22,6% und für Kd von 388 nM (3 Parallelen)
-
Zur Untersuchung der Spezifität der Aptamer-Protein-Wechselwirkung wurden die Aptamere 13-15, 13-27 und 13-32 Filterbindungsstudien mit zwei Kontrollproteinen, IL6 und CEACAM1, einem Zelladhäsionsmolekül, das analog zum sIL-6R einen C-terminalen His-Tag trägt, unterzogen. Es konnte keine Bindung des Aptamers an IL-6 oder CEACAM1 detektiert werden (s. 3). Im Gegensatz dazu war eine deutlich konzentrationsabhängige Bindung der Aptamere an den sIL-6R festzustellen (s. 3B, oben).
-
Weitere Filterbindungsstudien wurden an Fragmenten der isolierten DNA-Aptamere durchgeführt. Hierzu wurden exemplarisch die Aptamere 13-15 (SEQ ID NO: 15) und 13-27 (SEQ ID NO: 16) herangezogen. Folgende Fragmente wurden auf ihre Bindungseigenschaften untersucht:
-
Die Sequenz des Fragments 13-27_SeqD entspricht dem bekannten DNA-Aptamer (G3T)4.
-
Die Ergebnisse der Filterbindungsstudien sind in Tabelle 2 wiedergegeben: Tabelle 2 Bindungseigenschaften von Fragmenten der Aptamere 13-15 und 13-27. Wiedergegeben sind die Dissoziationskonstanten (K
d) und der Anteil an maximal gebundener DNA (BMAX), ermittelt in der angegebenen Anzahl unabhängiger Filterbindungsstudien. Zielprotein war Hyper-IL6.
Aptamerfragment | SEQ ID NO: | BMAX [%] | Kd [nM] | Anzahl Studien |
13-15_SeqA | 10 | 35,5 | 343 | 4 |
13-15_SeqB | 18 | 61 | 1310 | 4 |
13-15_SeqC | 19 | 26,7 | 252 | 4 |
13-15_SeqD | 20 | 55,3 | 1639 | 3 |
13-15_SeqD1 | 21 | 93,7 | 418 | 8 |
13-27_SeqA | 11 | 30,4 | 848 | 3 |
13-27_SeqB | 22 | 97,8 | 1100 | 3 |
13-27_SeqC | 23 | 100 | 5553 | 3 |
13-27_SeqD | 6 | 31,9 | 221 | 5 |
13-5/32_SeqD | 5 | 27,4 | 204 | 4 |
13-11_SeqD | 24 | 32,9 | 458 | 4 |
-
Noch weitere Filterbindungsstudien wurden mit modifizierten DNA-Aptamer-Fragmenten durchgeführt. Hierzu wurden die folgenden Fragment-Varianten des DNA-Aptamers 13-27 eingesetzt:
-
Bei den Varianten 13-27_Seq-T4A, 13-27_SeqD-T8A, 13-27_SeqD-T12A, 13-27_SeqD-T16A und 13-27_SeqD-A wurden Thyminbasen durch Adeninbasen ersetzt, wobei bei den Varianten 13-27_SeqD-T4A, 13-27_SeqD-T8A, 13-27_SeqD-T12A und 13-27_SeqD-T16A jeweils ein einzelner T-A-Austausch an verschiedenen Stellen, d. h. an den Positionen 4, 8, 12 bzw. 16, vorgenommen wurde, während bei der Variante 13-27_SeqD-A alle Thymidin-Nukleotide gegen Adenin-Nukleotide ausgetauscht wurden.
-
Die Ergebnisse der Filterbindungsstudien sind in Tabelle 3 wiedergegeben: Tabelle 3 Bindungseigenschaften von modifizierten Fragmenten des Aptamers 13-27. Wiedergegeben sind die Dissoziationskonstanten (K
d) und der Anteil an maximal gebundener DNA (BMAX), ermittelt in der angegebenen Anzahl unabhängiger Filterbindungsstudien. Zielprotein war Hyper-IL6.
Aptamerfragment | SEQ ID NO: | BMAX [%] | Kd [nM] | Anzahl Studien |
13-27_SeqD+T1 | 25 | 42,6 | 1969 | 4 |
13-27_SeqD+T1T16 | 26 | - | - | 5 |
13-27_SeqD-T | 27 | 48,7 | 146 | 3 |
13-27_SeqD-T4A | 28 | 17 | 504 | 3 |
13-27_SeqD-T8A | 29 | 55,4 | 285 | 3 |
13-27_SeqD-T12A | 30 | 36,1 | 191 | 3 |
13-27_SeqD-T16A | 31 | 33,6 | 914 | 3 |
13-27_SeqD-A | 32 | 76,7 | 2604 | 3 |
-
Die Ergebnisse zeigen, dass die Fragmente bzw. Fragmentvarianten den sIL-6R ebenfalls spezifisch binden. Das Fragment 13-27_SeqD-A, bei dem an den Positionen 4, 8, 12 und 16 jeweils Adenin- statt Thymin-Nukleotide vorgesehen waren, wies eine vergleichsweise schlechte Bindung auf. Das Fragment 13-27_SeqD+T1T16 band ebenfalls schlecht. Verlässliche Werte für BMAX und Kd ließen sich nicht ermitteln.
-
2.2 Analyse von Aptamer-Protein-Interaktionen mittels Gel-Shift
-
Zur weiteren Analyse der spezifischen Aptamer-sIL-6R-Interaktion wurden Gel-Shift-Experimente exemplarisch mit dem Aptamer 13-15 (SEQ ID NO: 15) sowie dem Fragment 13-15_SeqD1 (SEQ ID NO: 21) durchgeführt. Dazu wurde das radioaktiv markierte Aptamer 13-15 bzw. 13-15_SeqD1 mit steigenden Mengen Hyper-IL6 in 1 × Selektionspuffer B (1 × PBS (0,137 M NaCl, 2,7 mM KCl, 6,5 mM Na2HPO4, 15 mM KH2PO4); 3 mM MgCl2; pH 7,4) inkubiert. Die Trennung der Aptamer-Protein-Gemische erfolgte über ein 5%iges natives Polyacrylamid(PAA)-Gel mittels Polyacrylamid-Gelelektrophorese (PAGE). Unter nativen Bedingungen gebildete Aptamer-Protein-Komplexe weisen aufgrund ihrer Größe ein verzögertes Migrationsverhalten im Gel auf. Die Komplexe wandern daher langsamer als die entsprechenden freien DNA-Moleküle und werden dadurch als so genannter „Shift” im Gel detektierbar.
-
Gleiche Mengen [32P]-radiomarkierter DNA wurden mit steigenden Proteinmengen (0–1000 nM Hyper-IL6) in 1 × Selektionspuffer B (s. o.) für 45 min bei 37°C inkubiert. Die Proben wurden mit 6 × DNA-Probenpuffer (50% (w/v) Saccharose; 1% (w/v) SDS; 0,1% (w/v) Orange G) versetzt und mittels nativer PAGE unter Verwendung eines 5%igen PAA-Gels (1 × TBE (89 mM Tris-HCl, 89 mM Borsäure, 2 mM EDTA); Acrylamid:Bisacrylamid 37,5:1 5% (w/v); TEMED (N,N,N',N'-Tetramethyl-ethylendiamin) 0,1% (v/v); APS (Ammoniumpersulfat) 0,1% (w/v)) analysiert. Die elektrophoretische Trennung erfolgte bei 80 V und 4°C in 1 × TBE. Nach beendeter Elektrophorese wurde das Gel unter Anlegen von Vakuum getrocknet. Die radioaktiven Banden wurden mittels Autoradiographie detektiert.
-
Die spezifische Bindung der DNA an das Targetmolekül (Hyper-IL6) verlangsamte das Laufverhalten im Vergleich zum Aptamer allein durch Formation der Aptamer-Protein-Komplexe. Diese Komplexe wurden im Gel als so genannter „Shift” deutlich. Mittels Autoradiographie konnten die resultierenden Banden visualisiert werden. Das Aptamer 13-15 und das Aptamerfragment 13-15_SeqD1 zeigten dabei deutlich eine Interaktion mit Hyper-IL6, wobei ein konzentrationsabhängiges Signal zu beobachten war (nicht dargestellt).
-
2.3 Kompetitionsstudien
-
In In-vitro-Kompetitionsstudien wurde die Wechselwirkung zwischen ausgewählten DNA-Aptameren und dem sIL-6R in Anwesenheit seiner natürlichen Liganden IL-6 und gp130 sowie von Hyper-IL-6 untersucht. Verwendet wurden hierzu die radiomarkierten ”Volllängen”-DNA-Aptamere 13-15 (SEQ ID NO: 15) und 13-27 (SEQ ID NO: 16) sowie die Fragmente 13-15_SeqD1 (SEQ ID NO: 21) und 13-27_SeqD (SEQ ID NO: 6). Es zeigte sich, dass keines der getesteten Aptamere mit IL-6 um die Bindung an den Rezeptor kompetiert.
-
Sequenzprotokoll – freier Text und Übersetzung englischer Ausdrücke
-
- Artificial Sequence = Künstliche Sequenz
- consensus sequence = Konsensussequenz
- misc_feature = sonstiges Merkmal
- Common sequence motif of DNA aptamers 13-5 and 13-32 = Gemeinsames Sequenzmotiv der
- DNA-Aptamere 13-5 und 13-32
- Fragment of DNA aptamer = Fragment des DNA-Aptamers
- Variant of a fragment of DNA aptamer 13-27 = Variante eines Fragments des DNA-Aptamers 13-27
- h is a, c or t = h ist a, c oder t
- n is a, t, tt or ttt = n ist a, t, tt oder ttt
- v is a, g or c = v ist a, g oder c
- w is a or t = w ist a oder t
- DNA aptamer = DNA-Aptamer
- randomised region = randomisierter Bereich
- 3' primer region = 3'-Primer-Bereich
- 5' primer region = 5'-Primer-Bereich
- randomised region plus 5' and 3' primer regions = randomisierter Bereich plus 5'- und 3'-Primerbereiche
-
Es folgt ein Sequenzprotokoll nach WIPO St. 25.
Dieses kann von der amtlichen Veröffentlichungsplattform des DPMA heruntergeladen werden.
-
-
ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
-
Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
-
Zitierte Patentliteratur
-
-
Zitierte Nicht-Patentliteratur
-
- Tags, T. et al. (1989), Cell, 58, 573–581 [0003]
- Mackiewicz, A. et al. (1992) J. Immunol., 149, 2021–2027 [0003]
- Scheller und Rose-John, Med. Microbiol. Immunol. (2006), 195, 173–183 [0003]
- Rose-John et al., (2006), J. J. Leukocyte Biol. 80, 227–235 [0003]
- Jones et al. (2001), The FASER Journal 15, 43–57 [0003]
- Saito, M. et al. (1992 J. Immunol., 148, 4066–4071) [0003]
- Hirota, H. et al., (1995) Proc. Natl. Acad. Sci. U.S.A, 92, 4862–4866 [0003]
- Osborne et al. (1997), Curr. Opin. Chem. Biol. 1, 5–9 [0006]
- Ellington und Szostak (1990), Nature 346, 818–822 [0006]
- Gopinath (2007), Anal. Bioanal. Chem. 387, 171–182 [0006]
- Ellington und Szostak (1990), Nature 346, 818–822 [0032]
- Gopinath (2007), Anal. Bioanal. Chem. 387, 171–182 [0032]
- Fischer, M., et al., I. A bioactive designer cytokine for human hematopoietic progenitor cell expansion. Nat Biotechnol, 1997. 15(2): S. 142–5 [0045]