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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Erzeugung einer nicht zylindrischen Innenfläche einer Bohrung durch Honen oder Feinbohren.
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Da Honen ist ein bekanntes Bearbeitungsverfahren, bei dem ein Werkzeug in eine Bohrung eintaucht und gleichzeitig sowohl eine Drehbewegung als auch eine Auf- und Abbewegung ausführt. Dabei werden Schneidmittel, z. B. mit einem Schneidbelag versehene Honleisten, radial an die Innenfläche der Bohrung angedrückt. Dabei wird ein Materialabtrag erzeugt. Dadurch wird die Maßgenauigkeit der Bohrung verbessert. Außerdem wird dabei eine sogenannte Kreuzriefenstruktur erzeugt, die in vielen Anwendungsfällen, zum Beispiel bei den Laufflächen von Zylinderbohrungen von Verbrennungsmotoren, durch Aufnahme von Schmiermittel in den Riefen verbesserte tribologische Eigenschaften mit sich bringt (siehe zum Beispiel G. Flures, Grundlagen und Anwendungen des Honens, Vulkan Verlag Essen (1992), S. 1 bis 58). Ähnliche Ergebnisse kann man mit dem Feinbohren erzielen (zum Feinbohren grundsätzlich: vgl. G. Spur, Th. Stöferle [Hrsg.], Handbuch der Fertigungstechnik, Band 3/1 Spanen, Carl Hanser Verlag, München Wien, 1979, S. 356 und 406–417).
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Die Erzeugung nicht zylindrischer Innenflächen in einer an sich idealerweise zylindrischen Bohrung ist dann vorteilhaft, wenn sich die an sich zylindrische Bohrung unter Betriebsbedingungen infolge der mechanischen und thermischen Belastungen verformt. Das ist unerwünscht und wird dadurch kompensiert, dass von vorneherein eine von der ideal zylindrischen Form abweichende nicht zylindrische Innenfläche erzeugt wird, die sich dann unter Betriebsbedingungen zu einer exakt zylindrischen Form verformt. Diese Form hat gegenüber einer unter Betriebsbedingungen verformten Innenfläche den Vorteil höherer Dichtheit und geringerer Reibung der Kolbenringe. Daraus ergibt sich ein geringerer Verbrauch und ein geringerer CO2-Ausstoß.
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Ein bekanntes Verfahren zur Herstellung nicht zylindrischer Innenflächen von Bohrungen besteht darin, dass man während des Honens den Anpressdruck der Honleisten jeweils für bestimmte Hub- und/oder Drehstellungen der Honleisten entsprechend dem dort gewünschten Abtrag verändert (
WO 2009/018949 ). Es ist ferner bekannt, die Schneidstoffkörper während der Bearbeitung in eine Schwingungsbewegung zu versetzen, um lokal einen bestimmten Materialabtrag zu erzielen (
EP 1 815 943 A1 ). Diese Verfahren setzen besondere konstruktive und steuerungstechnische Maßnahmen voraus, um den Anpressdruck an jedem Punkt der Innenfläche mit der erforderlichen Präzision genau steuern zu können.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zu Grunde, ein Verfahren zur Erzeugung nichtzylindrischer Innenflächen von Bohrungen bereitzustellen, mit dem eine einfachere Verfahrensführung erreicht werden kann. Außerdem ist es Aufgabe der Erfindung dabei ein einfacheres Werkzeug verwenden zu können.
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Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren nach Anspruch 1, ein Bauteil nach Anspruch 6 und eine Vorrichtung nach Anspruch 7 gelöst. Dabei werden im Prinzip periodische, also wellenähnliche Formen dadurch erreicht, dass bestimmte Bereiche der Innenfläche regelmäßig und gezielt häufiger überfahren werden als andere. Diese Bereiche befinden sich während einer längeren Zeit (Kontaktzeit) in Kontakt mit dem überfahrenden Werkzeug als andere, so dass auch bei im Wesentlichen gleichbleibendem Anpressdruck an diesen Bereichen ein größerer Materialabtrag und somit auch eine stärkere Einbuchtung der Innenfläche der zu bearbeitenden Bohrung entsteht.
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Die Vereinfachung gegenüber dem Stand der Technik bei der Erzeugung nicht zylindrischer Innenflächen von Bohrungen besteht darin, dass mit relativ einfachen Werkzeugen das Ergebnis vorwiegend oder gar allein durch eine gezielte Einstellung von Drehzahl, Hublänge und Hubgeschwindigkeit erreicht werden kann. Selbstverständlich kann man das erfindungsgemäße Verfahren jedoch auch mit anderen Verfahren kombinieren, zum Beispiel mit solchen, bei denen der Anpressdruck veränderbar ist.
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Die Erfindung und ihre vorteilhaften Weiterbildungen werden im Folgenden anhand der beigefügten Zeichnungen näher beschrieben. Es stellen dar:
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1 schematisch die Abwicklung der Innenfläche einer Bohrung in einer Ebene entlang eines Drehwinkels von 0° bis 360° nach Bearbeitung der Innenfläche bei einem halben Doppelhub, das heißt einem Hub vom unteren Totpunkt zum oberen Totpunkt bei einer Drehung von 0° bis 360° der Honleiste während dieses halben Doppelhubs;
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2 schematisch die ebene Abwicklung der Innenfläche einer Bohrung – analog zur 1 – entlang eines Drehwinkels von 0° bis 360° nach zwei halben Doppelhüben, also einem Doppelhub, gemäß der erfindungsgemäßen Bearbeitung, und zwar zunächst – wie in 1 vom unteren Totpunkt 1-1 bis zum oberen Totpunkt 1-2 und dann zurück zum unteren Totpunkt 1-1;
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3a, 3b, 3c schematisch die durch die Bearbeitung entstandenen Profile der Innenfläche einer Bohrung gemäß 2, und zwar entlang der Pfeile IIIa-IIIa, IIIb-IIIb beziehungsweise IIIc-IIIc in 2;
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4 schematisch einen Ausschnitt einer Innenfläche einer Bohrung gemäß 2, in räumlicher Darstellung, jedoch quasi als Negativ, d. h. vom Materialinneren her gesehen;
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5 in realitätsnaher Darstellung die Innenfläche einer Bohrung gemäß 2 perspektivisch von vorne schräg oben;
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6 die Abwicklung einer gemäß der Erfindung bearbeiteten Innenfläche einer Bohrung als erster Schritt einer Bearbeitung, die zu einer Innenfläche nach 8 führt;
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7 die Abwicklung einer in bekannter Weise durch lokal variiernden Andruck der Honleisten erzeugte Innenfläche einer Bohrung, wie sie als zweiten Schritt einer Bearbeitung erfolgt, die zu einer Innenfläche nach 8 führt;
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8 eine durch Überlagerung der Bearbeitung nach 6 und 7 erzeugte Innenfläche einer Bohrung.
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1 zeigt schematisch die von der Honleiste 1 eines Honwerkzeugs erzeugten Riefen (Bearbeitungsspuren) 10 der Schneidkörner des Schneidbelags der Honleiste 1 in der Abwicklung in einer Ebene während einer Drehung, also im Bereich eines Drehwinkels von 0° bis 360°, während eines halben Doppelhubes, das heißt während die Honleiste sich von ihrer Stellung 1-1 im unteren Totpunkt bis zu ihrer Stellung 1-2 im oberen Totpunkt bewegt. Die Riefen 10 verlaufen dementsprechend von unten nach oben. Ein erster Bereich 15 wird von den Honleisten einmal überfahren. Das ist eine einfache Überdeckung. Oberhalb und unterhalb des Bereiches 15 ergeben sich Bereiche 11, die von der Honleiste 1 nicht überfahren werden (keine Überdeckung), in dem also bei der Bearbeitung keine Riefen und damit kein Materialabtrag erzeugt werden.
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Der gezeigte Verlauf der Riefen 10 ergibt sich daraus, dass ein Schneidkörper mit einer Honleiste 1 während einer vollen (360°) Umdrehung des Werkzeugs genau einmal einen Weg zurücklegt, der gleich dem Umfang der bearbeiteten Innenfläche ist und dass während dieser Zeit die Innenfläche auch genau einmal in axialer Richtung überfahren wird. Das heißt, dass die Hublänge dividiert durch die Hubgeschwindigkeit, gleich der Dauer einer Umdrehung ist.
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Gemäß 2 ergeben sich nach einer weiteren Umdrehung des Werkzeugs mit der Honleiste und einem weiteren halben Doppelhub, diesmal von oben nach unten, drei unterschiedlich überfahrene Bereiche, nämlich Bereiche 11 ohne Überdeckung, Bereiche 15 mit nur einer Überdeckung und Bereiche 20 mit doppelter Überdeckung. Entsprechend ergibt sich, da jedes Überfahren, also jede einfache Überdeckung, eine Bearbeitung ist und einen bestimmten Materialabtrag bewirkt, ein unterschiedlicher Materialabtrag in die zylindrische Innenfläche der Bohrung hinein. Die Bereiche 11 bleiben ohne Bearbeitung. Die ”einfache” oder ”doppelte” Überdeckung bzw. das einfache oder doppelte Überfahren (einfache oder doppelte Kontaktzeit) ergeben sich gemäß 2 für einen Doppelhub (also eine ganze Hin- und Herbewegung) und zwei Umdrehungen des Werkzeugs. Insgesamt vervielfacht sich bei dieser Abstimmung von Hubgeschwindigkeit und Umdrehungsgeschwindigkeit die Überdeckung entsprechend der Gesamtzahl der Umdrehungen. Es lässt sich also eine Abstimmung von Hubgeschwindigkeit, wiederum abhängig von der Drehzahl, Umfangsgeschwindigkeit und Hublänge erreichen, dass entlang des Umfangs und in axialer Richtung periodisch Bereiche unterschiedlichen Materialabtrags bzw. unterschiedlicher Kontaktzeit von Werkzeug und Bohrung entstehen. Diese Bereiche entstehen periodisch entlang einer Verlaufslinie, so dass ein sich in radialer und in axialer Richtung änderndes Profil entsteht, das durch gezielt erzeugte Bereiche unterschiedlicher Überdeckung der Riefen gekennzeichnet ist. Diese Bereiche kann man auch dadurch charakterisieren, dass sich die Kontaktzeit Werkstück/Werkzeug durch Abstimmung der Hubgeschwindigkeit mit der Drehzahl bestimmen lässt. Diese Kontaktzeiten kann man somit im Hinblick auf die zu erzeugende von der idealen zylindrischen abweichenden Form der Innenfläche einer Bohrung im Sinne einer möglichst genauen Bearbeitung optimieren.
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Die entstehenden Auswölbungen der Innenfläche kann man ferner auch durch eine Phasenverschiebung des periodischen Bearbeitungsrhythmus beeinflussen.
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Sind Hubgeschwindigkeit und Umfangsgeschwindigkeit so abgestimmt, dass bei jeder Umdrehung dieselben Bereiche überfahren werden, das heißt, dass die Bereiche einer Überdeckung bei jedem Hub dieselben sind, so erhält man an bestimmten Bereichen einen gezielt stärkeren Abtrag, also eine stärkere Formausprägung. Die Profile entlang der Mantellinien der Bohrung sind dementsprechend unterschiedlich, wie in 3a (entsprechend den Linien IIIa-IIIa in 2), 3b (IIIb-IIIb in 2) und 3c (IIIc-IIIc in 2) gezeigt. Diese Figuren zeigen auch die Abweichungen ΔR15 und ΔR20 des Radius der bearbeiteten Innenfläche gegenüber der Innenfläche an den Bereiche 15 und 20 in unbearbeitetem Zustand.
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4 zeigt perspektivisch vergrößert einen Ausschnitt einer Innenfläche einer Bohrung, in der die Bereiche 11, 15, 20 durch Überschneidung (Überdeckung) der Riefen räumlich dargestellt sind. Um die Zeichnung zu interpretieren, muss man sich allerdings vergegenwärtigen, dass die Erhebungen also 15, 20 in das Material hineinragen, also Bereiche verstärkter Abarbeitung des Materials zeigen. Es ist quasi das Negativ des vom Inneren des Materials her gesehenen Abbildes der bearbeiteten Fläche.
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5 zeigt in realitätsnaher Darstellung die Innenfläche 3 einer Bohrung 1 perspektivisch von vorne schräg oben in die Bohrung hinein. Es ist damit veranschaulicht, dass die Bereiche 20 der Innenfläche der Bohrung stärker in das Material hinein ausgeprägt sind als die Bereiche 11 und 15. In diesen Bereichen 20 kreuzen sich die Riefenscharen 15-1 und 15-2. Dies sind auch die als Vertiefungen, in die jedoch der Einfachheit halber der realitätsnaher Darstellung nach 4 zeichnerisch nicht dargestellt sind. Sie liegen z. B. in der Größenordnung von 10–30 μ.
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Man erkennt in 4 die an einer Wellenform angenäherte Ausbildung durch die Periodizität des Auftretens der doppelt überdeckten Bereiche 20 (doppelte Kontaktzeit im Vergleich mit den Bereichen 15-1, 15-2) in Hub- und in Achsrichtung der Bohrung. Ebenso wird die Periodizität der Ausprägungen deutlich. Die Übergänge der Bereiche sind in der Praxis fließend. Das ergibt dann die angenähert wellenartige Oberfläche.
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Voraussetzung ist, wie bereits erwähnt, eine Abstimmung der Hubgeschwindigkeit (V
H), der Hublänge (L
H) mit der Drehzahl (n). Vorteilhaft ist folgende Beziehung:
bzw.
k·VH = LH·n (2)
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Man kann es auch so ausdrücken, dass die Hublänge LH, multipliziert mit der Drehzahl n, gleich einem Vielfachen der Hubgeschwindigkeit VH sein sollte.
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k ist ein Faktor, der durch die Periodizität der Bereiche 20 definiert wird. Er ergibt sich aus einer bestimmten Zahl der Umdrehungen (z. B. 3 Umdrehungen), dividiert durch die Zahl der Hübe (z. B. 2 Hübe) während dieser Umdrehungen (also bei 3 Umdrehungen während 2 Hüben k = 3:2 = 1,5). k ist also vorteilhafterweise das Verhältnis zweier ganzer Zahlen.
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Die Parameter eines Bearbeitungsbeispiels nach
5 mit einer (Zahlwort) Honleiste sind z. B. folgende:
Durchmesser r | 110 mm |
Bohrungslänge | 225 mm |
Honleistenlänge | 30 mm |
Honleistenbreite | 4 mm |
Anzahl der Honleisten | 2 |
Drehzahl n | 106 1/min,
0,56 s/Umdrehung |
Anzahl der Doppelhübe (DH) je Umdrehung | 1 DH bei 3 Umdrehungen |
Hublänge LH | 225 mm |
Zeit T pro 1 Hub | 0,85 s |
Zeit pro Doppelhub (= 2 Hübe) | 1,7 s |
Zeit pro 1 Umdrehung | 0,566 s |
Zeit pro 3 Umdrehungen | 1,698 s |
k = 3 [Hübe]:2 [Umdrehungen/pro 3 Hübe] | 1,5 |
Hubgeschwindigkeit VH = LH:T | 265 mm/s |
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Die
6,
7 und
8 zeigen die Bearbeitungsschritte bei einer Überlagerung verschiedener Bearbeitungsschritte. Dabei ist
6 – schematisch vereinfacht – die Abwicklung einer Bearbeitung nach
2–
5.
7 eine Bearbeitung durch ein anderes Verfahren, so durch lokal wechselnden Anpressdruck (zum Beispiel gemäß
WO 2009/018949 A2 ) mit abwechselnden Segmenten
20' starken Abtrags und Segmenten
20'' weniger starken Abtrags.
8 zeigt eine Form, die durch Überlagerung des erfindungsgemäß erzeugten Profils und eines mit dem bekannten Verfahren erzeugbaren Profils entsteht.
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Die dadurch gegebenen Periodizität kann man auch abschnittsweise oder kontinuierlich ändern, um ein bestimmtes Profil zu erzeugen. Hierzu ist die Ansteuerung von Hubgeschwindigkeit und Drehzahl durch einen oberflächenspezifischen Algorithmus erforderlich.
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Als Anwendungen kommen neben Bohrungen in den Zylinderblöcken von Verbrennungsmotoren auch Bohrungen in Pumpen, Getriebeteilen oder Ventilen in Frage.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Honleisten
- 1-1, 1-2
- Stellungen von 1
- 2
- unbearbeitete Innenfläche
- 3
- bearbeitete Innenfläche
- 5
- Bohrung
- 6
- Innenfläche von 5
- 10
- Riefen
- 11
- Bereiche ohne Riefen
- 15
- Bereiche mit einfacher Überdeckung der Riefen
- 15-1, 15-2
- Riefenscharen
- 20
- Bereiche mit doppelter Überdeckung der Riefen
- 20'
- Segmente starken Abtrags
- 20''
- Segmente weniger starkem Abtrags
- ΔR15
- Abweichung von 3 gegenüber 2 in 15
- ΔR20
- Abweichung von 3 gegenüber 2 in 20
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- WO 2009/018949 [0004]
- EP 1815943 A1 [0004]
- WO 2009/018949 A2 [0029]
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- G. Flures, Grundlagen und Anwendungen des Honens, Vulkan Verlag Essen (1992), S. 1 bis 58 [0002]
- G. Spur, Th. Stöferle [Hrsg.], Handbuch der Fertigungstechnik, Band 3/1 Spanen, Carl Hanser Verlag, München Wien, 1979, S. 356 und 406–417 [0002]