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Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur Bestimmung einer inneren Struktur einer Probe, wobei mittels optischer Weglängen erfassender Abbildungen Schnittbilder in mindestens einer, in die Probe hineinverlaufenden Ebene erzeugt werden.
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Für die berührungslose und zerstörungsfreie Analyse der inneren Struktur einer Probe stehen tomographische Verfahren zur Verfügung. Konfokale Mikroskopie ist z. B. in der
US 6658142 B1 beschrieben. Die dem Fachmann bekannte konfokale Raster-Scanning-Mikroskopie (in Anlehnung an deren lasergestützte Variante auch LSM abgekürzt) erlaubt eine dreidimensionale Abbildung der Probe. Exemplarisch sei hier auf die Veröffentlichung Sharpe et al. (2001), ”3D confocal reconstruction of gene expression in mouse”, Mech. Dev. 100, 59–63, verwiesen. Aber auch andere optische Verfahren werden verwendet, wie beispielsweise die optische Kohärenztomographie, die z. B. in D. Huang et al. (1991), ”Optical Coherence Tomography”, Science, 1178–81, beschrieben ist. Optische Kohärenztomographie (OCT) und Raster-Scanning-Mikroskopie (LSM) liefern ein hochaufgelöstes dreidimensionales Bild oder Schnittbildern einer Probe. Nachteilig bei diesen Verfahren ist die brechzahlabhängige Verzerrung der Meßdaten in der Tiefe der Probe, die darauf beruht, daß diese Verfahren immer optische Weglängen messen, welche das Produkt aus geometrischem Weg und Brechzahl des, Mediums sind.
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Am längsten etabliert ist zur Strukturaufklärung die Verwendung von Röntgenstrahlung, wie sie beispielsweise in der Computertomographie erfolgt und beschrieben ist in Flannery B. P. et al. (1987), ”Three-dimensional x-ray microtomography”, Science 237, 1439–44. Analog zur röntgenstrahlbasierten Computertomographie können auch optische Verfahren aus Projektionen unter verschiedenen Blickwinkeln ein dreidimensionales Probenbild erzeugen. Dabei kommt, wie bei der Röntgenstrahlcomputertomographie auch, die inverse Radontransformation zur rechnerischen Bilderzeugung aus den verschiedenen Projektionen zur Anwendung. Ein Beispiel für eine optische Projektionstomographie findet sich in der
EP 1410090 81 oder der
WO 02/095476 A2 . Eine weitere Möglichkeit für eine solche projektionsbasierte Bildgewinnung findet sich in der Tomographic Phase Microscopy (z. B. W. Choi et al. (2007), ”Tomographic Phase microscopy”, Nat. Methods 4, 717–719). Dieses Verfahren überlagert Projektionsbilder des Phasenversatzes von dünnen Proben, die unter verschiedenen Blickwinkeln gewonnen werden. Auch A. M. Zysk et al. (2003), „Projected index computed tomography”, Opt. Lett. 28, 701–703, schildert ein projektionsbasiertes Bildgebungsverfahren, die Projected Index Computed Tomography. Dort wird eine dreidimensionale Brechzahlverteilung aus der Projektion der mittleren Brechzahl der Probe erzeugt.
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Nachteilig bei allen Projektionsverfahren sind eingeschränkte Ortsauflösungen.
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Für die optische Kohärenztomographie ist eine Dispersionsentzerrung in F. Büchinger, „Dispersionsentzerrung in der optischen Kohärenztomographie”, Diplomarbeit TU Wien, Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik, 2006, bekannt. Dort wird die Dispersion 1. Ordnung in OCT-Daten korrigiert, wobei eine räumliche konstante Dispersion vorausgesetzt wird. Es werden Eigenschaften der optischen Kohärenztomographie im Zusammenhang mit der Wellenlängenabhängigkeit der Brechzahl ausgenutzt, um ein OCT-Bild durch geeignete Filterung zu verbessern.
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Die Diplomarbeit A. Dölemeyer, „Modellbasierte dreidimensionale Fundusrekonstruktion: Ein genereller Ansatz zur Integration multi-modaler Daten des menschlichen Augenhintergrundes”, Diplomarbeit RWTH Aachen, Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik, Aachen 2005, beschreibt, wie Daten aus verschiedenen Meßverfahren lagerichtig am Auge zusammengeführt werden können. Dabei wird ein dreidimensionales Modell des Auges verwendet und Überlappstellen aus verschiedenen Messungen dienen dazu, die entsprechenden abgebildeten Teilbereiche des Auges an der richtigen Stelle eines Gesamtbildes einzugliedern. Es geht darum, verschieden liegende Bildfelder am Augenhintergrund an der richtigen Stelle bezogen auf den Fundus in das Bild einzufügen. Eine Korrektur von Bildfehlern findet nicht statt.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, die genannten Nachteile des Standes der Technik zu beheben und das eingangs genannte Verfahren als hochauflösendes, nicht von der Brechzahlverteilung der Probe beeinflußtes Bildgebungsverfahren weiterzubilden.
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Dieser Aufgabe wird mit einem Verfahren zur Bestimmung der inneren Struktur einer Probe, wobei mittels optischer Weglängen erfassender Abbildungen Schnittbilder in mindestens einer ersten, in die Probe hinein verlaufenden Ebene erzeugt werden, gelöst, wobei längs einer ersten Abbildungsrichtung ein erstes Schnittbild der c Probe das in der in die Probe hineinverlaufenden Ebene liegt, erzeugt wird, längs einer zweiten Abbildungsrichtung ein zweites Schnittbild der Probe, das ebenfalls in der in die Probe hineinverlaufenden Ebene liegt, erzeugt wird, erste optische Koordinaten mindestens eines Strukturelementes oder Punktes im ersten Schnittbild und zweite optische Koordinaten desselben Strukturelementes oder Punktes im zweiten Schnittbild ermittelt werden, und aus ersten und zweiten Koordinaten die bei den Abbildungen wirksame Brechzahl ermittelt und damit brechzahlbeeinflussungskorrigierte physikalische Koordinaten des mindestens einen Strukturelementes oder Punktes bestimmt werden.
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Die Erfindung kompensiert brechzahlverteilungsbedingte Fehler also durch die Auswertung mindestens zweier Schnittbilder, die dieselbe Ebene in der Probe aus verschiedenen Abbildungsrichtungen erfassen. Dabei beruht die Erfindung auf der Erkenntnis, daß Schnittbilder aus optischen Weglängen erfassende Abbildungsverfahren, z. B. OCT- oder LSM-Datensätze, in den beiden kartesischen Achsen senkrecht zur Abbildungsrichtung durch die Brechzahlverteilung in der Probe nicht beeinflußt werden, ein brechzahlverteilungsbedingter Fehler also im wesentlichen längs der Abbildungsrichtung auftritt. Ein optische Weglängen erfassendes Abbildungsverfahren im Sinne der hier beschriebenen Erfindung ist also ein Verfahren, das längs der Abbildungsrichtung Brechzahleinflüssen unterliegt, quer zur Abbildungsrichtung hingegen nicht, solange keine Brechungseffekte auftreten. Orientiert man die optische Achse der Abbildung (wie üblich) längs einer z-Achse eines kartesischen Koordinatensystems, so beeinflußt die Brechzahl dann (nur) die z-Koordinate und nicht die x- und y-Koordinaten einer Messung. Eine Verzeichnung durch Brechung an Brechzahlgrenzflächen, die nicht senkrecht durchlaufen werden, kann eine optische Weglängenmessung ebenfalls stören.
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Die Lage jedes Meßpunktes muß deshalb mit dem Brechzahlverlauf zwischen dem Eindringpunkt der Beleuchtungsstrahlung in die Probe und der Position des Meßobjektes auf der optischen Achse (z-Achse) gewichtet werden. Die hinsichtlich der Brechzahlbeeinflussung entzerrte z-Achse z' läßt sich berechnen aus
wobei n(z) der Brechzahlverlauf entlang der z-Achse ist. Ersichtlicherweise benötigt man für diese Art der Korrektur den Brechzahlverlauf längs der z-Achse. Er ist jedoch in der Regel nicht bekannt.
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Die Erfindung setzt deshalb mehrere Schnittbilder in derselben Ebene ein, wobei die Schnittbilder aus unterschiedlichen Abbildungsrichtungen gewonnen sind. Die Erfindung dreht die z-Achse in der ausgewählten Ebene, so daß eine Korrektur aufgrund der nicht durch die Brechzahlbeeinflussung verzerrten anderen Koordinatenachsen erfolgen kann.
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Aufgrund der brechzahlabhängigen optischen Weglänge können sich deshalb z. B. bei OCT oder LSM die optischen Koordinaten, die aus dem optisch gewonnenen Schnittbild abgelesen werden können, von den physikalischen, d. h. tatsächlich in der Probe vorliegenden, unterscheiden. Soweit in dieser Beschreibung brechzahlverteilungsbeeinflußte Koordinaten von tatsächlichen Koordinaten unterschieden werden sollen, wird von optischen Koordinaten bzw. physikalischen Koordinaten gesprochen.
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Die Brechzahl der Probe wirkt sich auf den Eintritt von Beleuchtungsstrahlung dann aus, wenn dieser nicht rechtwinklig zur Probenoberfläche verläuft. Bei schrägem Einfall auf die Probenoberfläche erfolgt eine Ablenkung des einfallenden Beleuchtungsstrahlbündels. Um hierdurch entstehenden Korrekturaufwand zu vermeiden, ist es zu bevorzugen, die zwei Abbildungsrichtungen so zu wählen, daß sie zueinander senkrecht und auch senkrecht zur Probenoberfläche bei den jeweiligen Abbildungen liegen. Dies ist ein Anwendungsfall der Erfindung, bei dem Koordinatenangaben aus den beiden Schnittbildern lediglich kombiniert werden müssen, um brechzahlbedingte Fehler zu mindern oder korrigieren. Bei der Kombination werden aus den Schnittbildern diejenigen Koordinatenangaben kombiniert, die keiner oder einer, verglichen mit dem jeweiligen anderen Schnittbild, geringeren Brechzahlbeeinflussung unterliegen. Die stärker verfälschten Koordinaten(achsen) eines Schnittbildes werden also durch geringer verfälschte Koordinaten(achsen) aus dem anderen Schnittbild ersetzt. Das wird durch die unterschiedlichen Abbildungsrichtungen möglich.
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Die Erfindung ist aber auch auf Fälle anwendbar, bei denen eine solche Wahl der Abbildungsrichtung nicht möglich ist, beispielsweise wegen mangelnder Zugänglichkeit der Probe oder aufgrund der Struktur der Probenoberfläche. Für solche Fälle ist eine Weiterbildung bevorzugt, bei der für beide Schnittbilder der Verlauf einer Grenzfläche der Probe, insbesondere der Probenoberfläche bestimmt wird. Weiter wird für jedes Schnittbild der Eintrittspunkt bestimmt, an dem während der jeweiligen Abbildung die Beleuchtungsstrahlung durch die Grenzfläche trat. Aus dem Eintrittspunkt, dem Verlauf der Grenzfläche und der optischen Weglänge der Beleuchtungsstrahlung bis zum Strukturelement bzw. fraglichen Punkt, können die physikalischen Koordinaten des Strukturelementes/Punktes ebenfalls brechzahlbeeinflussungskorrigiert bestimmt werden.
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Diese Ausgestaltung macht sich also zu Nutze, daß aus dem Eintrittspunkt und dem Verlauf der Grenzfläche der Eintrittswinkel der Beleuchtungsstrahlung in die Probe ermittelt werden kann. Somit können die Brechungseffekte, die an der Oberfläche auftreten auf einfache Weise ermittelt und berücksichtigt werden, und zusammen mit der optischen Weglänge der Beleuchtungsstrahlung werden die physikalischen Koordinaten des Strukturelementes erhalten.
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Mit diesem Verfahren kann iterativ auch die Form und die Lage weiterer, tiefer liegender Strukturelemente oder Brechzahl-Grenzflächen ermittelt werden, so daß beliebige Proben mit beliebigen Brechzahlverteilungen auf ihre physikalischen Abmessungen hin vermessen werden können.
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Das erfindungsgemäße Konzept läßt sich auch auf die dreidimensionale Strukturbestimmung erweitern, wenn mindestens eine zweite, in die Probe hinein verlaufende Ebene für Schnittbilder ausgewählt wird, die die mindestens eine erste Ebene schneidet. Eine weitere Ergänzung des erfindungsgemäßen Verfahrens ergibt sich dadurch, daß mehrere, parallel zueinander liegende erste und gegebenenfalls auch zweite Ebenen verwendet werden, so daß durch eine Vielzahl von Schnitten eine tomographische Aufklärung der Probenstruktur unter Bereinigung der Brechzahleinflüsse erreicht wird.
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Die Einstellung der Abbildungsrichtung kann besonders einfach durch Drehen der Probe erhalten werden.
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Es versteht sich, daß die vorstehend genannten und die nachstehend noch zu erläuternden Merkmale nicht nur in den angegebenen Kombinationen, sondern auch in anderen Kombinationen oder in Alleinstellung einsetzbar sind, ohne den Rahmen der vorliegenden Erfindung zu verlassen.
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Nachfolgend wird die Erfindung beispielsweise anhand der beigefügten Zeichnungen, die auch erfindungswesentliche Merkmale offenbaren, noch näher erläutert. Es zeigen:
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1 zeigt schematisch einen Schnitt durch eine Probe mit vier eingebetteten Partikeln,
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2 eine Schnittdarstellung der Probe der 1, wie sie sich mittels optischer Kohärenztomographie aus einer ersten Abbildungsrichtung ergibt,
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3 eine weitere Abbildung ähnlich der 2, jedoch aus einer anderen Abbildungsrichtung,
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4 eine Schemadarstellung der Probe der 1 zur Verdeutlichung eines brechzahlverteilungsbedingten Fehlers und dessen Korrektur,
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5 eine weitere Darstellung ähnlich der 4 für eine Probe mit nicht gerader Oberfläche und
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6 eine Schemadarstellung einer Vorrichtung zur Durchführung der Messungen für das anhand der 1 bis 5 geschilderte Korrekturverfahren.
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1 zeigt schematisch einen Schnitt durch eine Probe P, die zu Erläuterungszwecken Partikel a, b, c und d enthält. Die Probe P hat eine optische Brechzahl n, die über die Probe hinweg nicht konstant ist. Zur Vereinfachung der Erläuterung ist hier ein zweidimensionaler Schnitt in einer z/x-Ebene eingezeichnet. In diesem Schnitt haben die Partikel entsprechende Koordinaten (xi, zi), welche die physikalische Lage der Partikel angeben. Für das Partikel a sind exemplarisch die Koordinaten (xa, za) eingezeichnet.
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Bildet man die Probe mit einem optischen Verfahren ab, bewirkt die Brechzahl der Probe P eine Verzerrung entlang der Abbildungsachse. Dieser Sachverhalt ist in 2 dargestellt, die schematisch die Abbildung der Probe P mittels optischer Kohärenztomographie (OCT) zeigt. Der in 1 dargestellte Schnitt ist dann längs der z-Achse aufgrund der Brechzahlverteilung n(z) der Probe P verzerrt. Dies führt dazu, daß anstelle der Koordinate z die Koordinate z' tritt. Kennt man die Brechzahlverteilung, läßt sich die entzerrte z-Achse aus den optischen Werten längs der verzerrten z'-Achse durch die eingangs genannte Gleichung einfach berechnen. Die Gleichung zeigt auch, daß bei konstantem Brechzahlverlauf n(z) = n0, automatisch folgt z = z'/n0. Liegt jedoch ein nicht-konstanter Verlauf der Brechzahl n vor, was gemeinhin der Fall ist, muß für jede Meßlinie längs der z-Achse das Integral der genannten Gleichung ausgewertet werden, um die z-Koordinaten für die Partikel a, b, c, d zu entzerren.
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Da jedoch der Brechzahlverlauf längs der z-Achse üblicherweise nicht bekannt ist, wird eine zweite OCT-Messung längs der anderen Koordinate des Schnittes, nämlich der x-Achse in 1 und 2 ausgeführt. Dann stellen sich die in 3 schematisch dargestellten Verhältnisse ein. Aufgrund der um 90° Grad verdreht gegenüber der 2 liegenden Abbildungsrichtung der zweiten OCT-Abbildung, die in 3 durch den Doppelpfeil mit der Bezeichnung OCT2 verdeutlicht ist, ist nun die z-Achse unverzerrt, da sie senkrecht zur Aufnahmerichtung OCT2 liegt. Verzerrt ist hingegen die x-Achse.
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Aus dem ersten Schnittbild, das längs der Abbildungsrichtung OCT1 abgebildet wurde, läßt sich nun die x-Koordinate der einzelnen Partikel a, b, c, d bestimmen. Aus der zweiten, rechtwinklig dazu erfolgten Abbildung ergibt sich die z-Koordinate der Partikel. Im Ergebnis sind nun aus zwei optischen Schnittbildern die physikalischen, d. h. die brechzahlbeeinflussungsfreien Koordinaten der Partikel a, b, c, d ermittelt. Der Bezug auf Partikel ist natürlich beispielhaft zu verstehen für die Korrektur von Koordinaten.
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Voraussetzung für dieses Vorgehen ist, daß zum einen die Abbildungsrichtungen der zwei optischen Abbildungen zur Erzeugung der Schnittbilder parallel zu den Hauptachsen des gewählten Koordinatensystems liegen. Handelt es sich um ein kartesisches Koordinatensystem wie in den 2 und 3, müssen die Abbildungsrichtungen senkrecht zueinander liegen. Zum anderen ist es anzustreben, daß die beiden Abbildungsrichtungen senkrecht zur Oberfläche der Probe P liegen, um Beugungseffekte aufgrund des Brechzahlsprunges beim Eintritt in die Probe zu vermeiden. Das geschilderte Verfahren setzt also entsprechend geformte oder präparierte Proben P voraus. Dabei ist natürlich eine senkrechte Lage der Probe P in dem Bereich, in dem die OCT-Abbildung erfolgt, ausreichend.
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4 zeigt eine Korrektur für den Fall, daß nur eine der beiden Abbildungsrichtungen senkrecht zur Probenoberfläche verlaufen kann. In der Darstellung der 4 handelt es sich dabei um die Abbildungsrichtung OCT1. Die Abbildungsrichtung OCT2 liegt hingegen in einem Winkel α zum Lot L auf die Oberfläche der Probe P.
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Bei der Abbildung längs der Abbildungsrichtung OCT1 ist die x-Koordinate (das Koordinatensystem ist wie in 2 gewählt) von Einflüssen durch die Brechzahlverteilung frei, wie bereits zuvor erläutert. Problematisch ist hingegen die Tiefenlage eines Partikels bei der Abbildungsrichtung OCT1. Es ist deshalb in 4 zur Übersichtlichkeit lediglich das Partikel a eingezeichnet. Dabei bezeichnet a das Partikel an seiner physikalisch richtigen Lage, a1 die optische Position des Teilchens unter Betrachtung aus der Abbildungsrichtung OCT1, a2 die optische Position des Teilchens unter Betrachtung aus der Abbildungsrichtung OCT2 bei Berücksichtigung der Brechzahl des Mediums und a3 die optische Position des Teilchens unter Betrachtung aus Abbildungsrichtung OCT3 unter Berücksichtigung der Brechzahl der Probe P und der Schnell'schen Brechung in die Probe mit der Brechzahl n. Weiter steht die Abkürzung OPD für den optischen Weglängenunterschied (Optical Path Difference) und die Abkürzung PPD für die geometrische Länge (Physical Path Difference).
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Durch die Abbildung des Schnittbildes aus zwei Raumrichtungen, wobei nur eine senkrecht zur Oberfläche der Probe ausgerichtet sein muß, läßt sich nun sowohl die physikalische Morphologie (also die innere Struktur) als auch die Brechzahl der Probe bestimmen.
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Aus der ersten Messung längs der Abbildungsrichtung OCT1 ist die x-Koordinate des Teilchens a sicher bestimmt. Die z-Koordinate z1 ist um den Faktor der Brechzahl verzerrt, da diese nicht bekannt ist, kann die genaue Position des Teilchens a in der z-Koordinate aus der Schnittabbildung längs der Abbildungsrichtung OCT1 nicht bestimmt werden.
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Bei der zweiten Messung werden aus dem Einfallswinkel α die Koordinaten (x2 , z2) bestimmt. Beide Koordinaten sind optische Koordinaten und geben nicht die physikalische Lage des Teilchens a wieder, da aufgrund der Brechung der optischen Grenzfläche der Probe P die Lichtstrahlen bei der Abbildung längs der Abbildungsrichtung OCT2 abgelenkt werden. Zusätzlich wird die optische Weglänge im Material durch die effektive Brechzahl des Medium um den effektiven Brechzahlfaktor n erhöht.
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Der Auftreffpunkt der Strahlung längs der Abbildungsrichtung OCT2 an der Oberfläche kann in x-Richtung durch x20 = x2/cosα direkt aus dem Meßwert x2 und dem (bekannten) Einfallswinkel zum Lot der Oberfläche (Winkel α) berechnet werden. Die physikalische Weglänge PPD = p2 = (z2 a + (xa – x20)0.5 ist um den Faktor n der gemessenen optischen Weglänge OPD verzerrt. Da xa = x1 aus der Abbildung längs der Abbildungsrichtung OCT1 bekannt ist, folgt z2 = OPD = PPD·n = n·p2. Da aus der ersten Messung za = z1/n und xa = x1 bekannt ist, kann die Brechzahl durch n2 = (z2 2 – z1 2)/(x1 – x20)2 bestimmt werden. Ist die Brechzahl somit bekannt, können aus den optischen Weglängen z1 und x1 direkt die physikalischen Koordinaten (x, z) des Strukturelementes a bestimmt werden.
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Natürlich gilt dieser Ansatz nicht nur für ein bestimmtes Strukturelement a, sondern für jeden Punkt in der Probe P. Weiter ist die in obigem Ansatz geschilderte Brechzahl n die effektive Brechzahl längs der Strahlungsausbreitung, berücksichtigt also auch eine variierende Brechzahl in der Probe P.
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Der Ansatz der 4 geht davon aus, daß die Oberfläche in dem Bereich, in dem die Strahlung der Abbildungsrichtung OCT1 und die Strahlung der Abbildungsrichtung OCT2 einfällt, hinreichend eben ist und senkrecht zur Abbildungsrichtung OCT1 liegt. Bei einem beliebigem Oberflächenverlauf ist dies oftmals nicht der Fall. Um die Lage eines Partikels (oder Punktes) bestimmen zu können, ohne die Randbedingung, daß die Probe eine bestimmte Ausrichtung und Oberfläche zur Abbildung hin aufweist, kann der in 5 schematisch dargestellte Ansatz verwendet werden. In 5 sind drei Abbildungsrichtungen OCT1, OCT2 und OCT3 eingezeichnet, was bei der Vermessung dreidimensional strukturierter Proben erforderlich sein kann. Zur Vereinfachung sei das Prinzip jedoch hier für zwei Dimensionen beschrieben, wodurch die Messung OCT3 nicht erforderlich ist.
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In 5, die hinsichtlich des Koordinatensystems der Konvention der 1 bis 4 folgt, bezeichnen die Punkte S1 und S2 (sowie S3) die Eintrittspunkte der für die Abbildung verwendeten Strahlung OCT1, OCT2 (und OCT3) an der Oberfläche der Probe P, für die in 3 der Einfachheit halber die Grenzfläche zwischen zwei Brechzahlbereichen, nämlich Brechzahl n und Brechzahl n', eingetragen ist, die Lage der Eintrittspunkte Si kann ohne brechzahlbedingte Beeinflussung aus jedem Schnittbild bezogen werden. Ist die Brechzahl n, d. h. die Brechzahl aus der die Strahlung längs der Abbildungsrichtungen OCT1-3 einfällt, bekannt, kann durch Translation der Probe P die Form und Lage der Grenzfläche (z. B. der Oberfläche beim Eintritt in die Probe) bestimmt werden. Daraus folgen automatisch die Winkel (φ1, φ2 (und φ3), welche den Winkel zwischen der Oberflächennormale am Eintrittspunkt S1, S2 (und S3) und der z-Raumachse bezeichnen. Bezeichnet man die Strecken Si – a als Vektoren pi, folgen die Vektorbeziehungen (xa, ya, za) = Si + pi (mit i = 1, 2 oder 3), wobei (xa, ya, za) die physikalischen Koordinaten des Punktes a im dreidimensionalen Raum beschreiben. Im zweidimensionalen Fall der nachfolgend exemplarische erläutert wird, fällt die y-Koordinate weg.
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Die Winkel α1, α2 und α3 repräsentieren die Einfallswinkel zum Lot auf die Probenoberfläche am jeweiligen Eintrittspunkt. Die Winkel α'1, α'2 und α'3 bezeichnen die aufgrund der Brechung folgenden Winkel im Medium mit der Brechzahl n', also in der Probe P. Die in der Zeichnung verwendete Vorzeichenkonvektion der Winkel ist auf die z-Achse bezogen mit im Uhrzeigersinn positiven Vorzeichen.
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Folglich gelten folgende Beziehungen:
- 1. (xa, za) = S1 + p1
- 2. (xa, za) = S2 + p2
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Die Vektoren p1-2 = |pi|·(sin(φi + α'i), cos(φi + α'i) = |zi/n'|·(sin(φi + α'1-2), cos(φi + α'i)) lassen sich aus den Winkeln des Meßstrahls bzgl. der z-Achse im Medium der Brechzahl n' und dem Maß der optischen Weglänge zi aus dem Schnittbild bestimmen (mit i = 1, 2). Die Winkel α'i können nach dem Snell'schen Gesetz n' sin α' = n sin α und den Additionstheoremen sin(φ + α') = sin(φ)cos(α') + sin(α')cos(φ) cos(φ + α') = sin(φ)sin(α') – cos(φ)cos(α') durch den Einfallswinkel α und der Brechzahl n beschreiben werden. Die beiden Gleichungen zusammengefaßt ergeben:
- 1. (xa, za) = (Sx1, Sz1) + |z1/n'|·(sin(φ1 + α'1),cos(φ1 + α'1)
- 2. (xa, za) = (Sx2, Sz2) + |z2/n'|·(sin(φ2 + α'2),cos(φ2 + α'2)
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Die in diesem Gleichungssystem existierenden 3 Unbekannten xa, za und n' können somit sicher aus den 4 Gleichungen bestimmt werden.
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Folglich wird aus einem Medium 1 kommend mit bekannter Brechzahl n, die Form und die Lage einer optischen Grenzfläche zum Medium 2 der Brechzahl n' genau bestimmt werden. Mit dem oben beschriebenen Verfahren wird die Lage von Partikeln (oder Koordinatenkorrektur) im Medium 2 sowie die Brechzahl n' genau bestimmt. Folglich wird auch die Form und die Lage einer weiteren optischen Grenzfläche zu einem Medium 3 mit der Brechzahl n'' bestimmt, da n' bekannt ist. Durch diese Strahlverfolgung können beliebige Proben mit Brechzahlverteilungen auf ihre physikalischen Abmaße vermessen werden.
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Vorgehend wurde die Erfindung unter Bezugnahme auf optische Kohärenztomographie beschrieben. Ein Beispiel für einen dafür tauglichen Aufbau zeigt als Schema die 6. Mit einem dem Fachmann für die optische Kohärenztomographie bekannten Michelson-Interferometer-Aufbau wird unter Verwendung eines Detektors 1, der ein Meßsignal erfaßt und einer Strahlungsquelle 2, welche beispielsweise kurzkohärente Strahlung abgibt, ein Tiefenprofil der Probe (üblicherweise auch als A-Scan bezeichnet) gewonnen. Der Michelson-Interferometer-Aufbau verfügt dabei über einen Strahlteiler 4 sowie einen Referenzstrahlengang 6. Von der Strahlungsquelle 3 kommende Strahlung wird vom. Strahlteiler 4 in den Referenzstrahlengang zum Reflektor 6 und in eine Detektionsstrahlengang zur Probe P hin aufgeteilt. Aus dem Referenzstrahlengang, d. h. vom Reflektor 6 zurückkehrende Referenzstrahlung und von der Probe P zurückreflektierte oder gestreute Meßstrahlung wird am Strahlteiler 4 überlagert und zum Detektor 1 geleitet. Ist die optische Weglänge für einen Reflex bzw. eine Rückstreuung innerhalb der optischen Kohärenzlänge der Strahlung der Strahlungsquelle 3 nach Durchlauf zwischen Referenzstrahlengang und Meßstrahlengang gleich, tritt am Detektor Interferenz auf. Das Meßprinzip der optischen Kohärenztomographie ist dem Fachmann bekannt, beispielsweise aus einer der eingangs genannten Publikationen.
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Um die verschiedenen Abbildungsrichtungen zu realisieren, kann eine Relativdrehung zwischen Probe P und Meßstrahlengang ausgeführt werden. Dies ist durch einen entsprechenden Pfeil in der 6 veranschaulicht. Optional kann auch eine Relativverschiebung zwischen Probe P und Meßstrahlengang ausgeführt werden, beispielsweise um einen Oberflächenbereich an der Probe P als Einfallsbereich für die Meßstrahlung einzustellen, der den oben genannten Bedingungen genügt.
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Das erfindungsgemäße Verfahren ist jedoch nicht auf die optische Kohärenztomographie als Abbildung eingeschränkt. Es ist auch für andere Abbildungsverfahren geeignet, die in Tiefenrichtung einer Brechzahlbeeinflussung in der Abbildung unterliegen, in den senkrecht dazu liegenden Raumrichtungen jedoch nicht. Ein Beispiel für ein solches Abbildungsverfahren ist beispielsweise die schon eingangs genannte Raster-Scanning-Mikroskopie, die deshalb gleichermaßen als Abbildungsverfahren zur Erzeugung der Schnittbilder in Frage kommt.