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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Analyse eines Rohrnetzes einer Heizungsanlage gemäß dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1.
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Ein Verfahren der eingangs genannten Art zur Analyse eines mehrere Heizkörper aufweisenden Rohrnetzes ist nach der
DE 35 29 257 A1 bekannt. Bei diesem Verfahren sind die Heizkörper jeweils über ein Ventil vom Rohrleitungsnetz abtrennbar, wobei am Rohrleitungsnetz Mittel zur Volumenstrom- und Druckverlusterfassung vorgesehen sind und wobei sich ein Gesamtströmungswiderstand des Rohrleitungsnetzes aus einer Reihe von Einzelströmungswiderständen zusammensetzt. Das Rohrleitungsnetz ist als so genanntes Zweirohrheizungssystem ausgebildet, bei dem die Heizkörper parallel zueinander geschaltet sind (ein so genanntes Einrohrheizungssystem läge vor, wenn der Rücklauf eines Heizkörpers mit dem Vorlauf des nächsten Heizkörpers verbunden wäre – solche System interessieren an dieser Stelle aber nicht).
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Gemäß Anspruch 1 und Spalte 5, Zeile 34 f. der
DE 35 29 257 A1 erfolgt die Analyse auf Basis einer an sich bekannten Netzstruktur, d. h. die so genannten Strukturdaten des Netzes müssen dem Programm zu Beginn der Analyse mitgeteilt werden.
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Dieses bereits aus dem Jahr 1985 stammende Verfahren eignet sich somit immer dann, wenn die Netzstruktur an sich bekannt ist. Ist sie dagegen unbekannt, kann das Verfahren nicht angewendet werden.
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Der Erfindung liegt dementsprechend insbesondere die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren der eingangs genannten Art auch dann zur Anwendung bringen zu können, wenn die Netzstruktur an sich unbekannt ist, wie es zum Beispiel bei älteren Häusern der Fall ist, bei denen nach Einbau eines neuen Heizkessels ein so genannter hydraulischer Abgleich (Einstellung der Heizungsanlage derart, dass alle Heizkörper möglichst gleichmäßig mit Wärmeträgermedium versorgt werden) durchgeführt werden soll.
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Diese Aufgabe ist durch die in Patentanspruch 1 aufgeführten Merkmale gelöst.
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Nach der Erfindung ist also vorgesehen, dass
- a) in einem ersten Schritt zwei Heizkörper als erstes Heizkörperpaar definiert werden, wobei einerseits zunächst ausschließlich das Ventil des einen Heizkörpers des Heizkörperpaares geöffnet und der sich im Rohrleitungsnetz einstellende Druckverlust bei gleichzeitiger Erfassung des Volumenstroms ermittelt wird, wobei danach ausschließlich das Ventil des anderen Heizkörpers des Heizkörperpaares geöffnet und der sich im Rohrleitungsnetz einstellende Druckverlust bei gleichzeitiger Erfassung des Volumenstrom ermittelt wird, und wobei andererseits (vorher oder anschließend) beide Ventile des Heizkörperpaares geöffnet werden und der sich im Rohrleitungsnetz einstellende Druckverlust bei gleichzeitiger Erfassung des Volumenstroms ermittelt wird,
- b) in nächsten Schritten der erste Schritt soweit erforderlich für weitere mögliche Heizkörperpaare des Rohrleitungsnetzes wiederholt wird,
- c) im letzten Schritt die paarweise ermittelten Druckverluste und Volumenströme zur (iterativen) Berechnung der Einzelströmungswiderstände verwendet werden.
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Mit anderen Worten ausgedrückt, können durch die paarweise Ermittlung der Volumenströme und Druckverluste nach und nach alle Einzelströmungswiderstände ermittelt werden. Auf deren Basis kann dann, was noch genauer erläutert wird, eine Rekonstruktion der an sich unbekannten Netzstruktur und schließlich der bereits erwähnte hydraulische Abgleich vorgenommen werden.
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Bezüglich der oben genannten Maßgabe, dass ”ein” Ventil des Heizkörpers geschlossen wird, ist anzumerken, dass Heizkörper heutzutage typischerweise zwei Ventile aufweisen, nämlich ein Thermostatventil und eine Rücklaufverschraubung. Das Thermostatventil dient während der Benutzung des Heizkörpers zur Einstellung der tatsächlich gewünschten Temperatur.
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Bei älteren Heizungsanlagen werden bzw. wurden die bodenseitig angeordneten Rücklaufverschraubungen mit Einstellmöglichkeit verwendet, um den Durchströmquerschnitt und damit letztlich einen bestimmten Volumenstrom bei entsprechendem Druckverlust einstellen zu können. Letztlich hat sich aber herausgestellt, dass diese Rücklaufverschraubungen mit Einstellmöglichkeit nicht ausreichend genau einstellbar sind bzw. waren, d. h. heutzutage werden die Rücklaufverschraubungen eigentlich nur noch zur prinzipiellen Absperrung des Heizkörpers vom Heizkreis (zum Beispiel beim Entleeren eines Heizkörpers) verwendet. Zur eigentlichen Voreinstellung wird stattdessen ein Thermostatventil mit integrierter Voreinstellfunktion eingesetzt, wobei die Voreinstellung des Durchströmquerschnitts im Rahmen des hydraulischen Abgleichs erfolgt und das Thermostatventil dann, wie oben erwähnt, zur Einstellung der gewünschten Temperatur dient.
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Die Maßgabe ”ein” Ventil bringt somit letztlich einfach zum Ausdruck, dass der Heizkörper vom Rohrleitungsnetz abgekoppelt wird, und zwar unabhängig davon, ob nun per Thermostat-, Drossel-, sonstigem Ventil oder Rücklaufverschraubung.
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Werden beim erfindungsgemäßen Mess-Verfahren Thermostatventile eingesetzt, um die Heizkörper vom Heizkreis zu trennen, werden die so genannten Thermostatköpfe wegen ihrer Temperaturempfindlichkeit demontiert. Auf die verbleibenden Ventilsockel können dann so genannte Bauschutzkappen oder auch per Funk oder dergleichen ansteuerbare Ventilantriebe aufgesetzt werden.
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Das erfindungsgemäße Verfahren wird nachfolgend anhand der zeichnerischen Darstellung zweier Ausführungsbeispiele näher erläutert.
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Es zeigt
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1 schematisch das Schaltbild eines Rohrleitungsnetzes mit zwei Heizkörpern;
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2 im Schnitt ein Haus mit fünf Heizkörpern;
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3 einen Schaltplan des Hauses gemäß 2; und
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4 den Schaltplan gemäß 3 als Netzwerk in Form von Strömungswiderständen.
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Anhand von 1 soll zunächst an einem möglichst einfachen Beispiel das erfindungsgemäße Verfahren erläutert werden: 1 zeigt ein Rohrleitungsnetz 1, wobei R1 den Strömungswiderstand eines ersten Heizkörpers, R2 den Strömungswiderstand eines zweiten Heizkörpers und Rg den gemeinsamen Strömungswiderstand darstellt. DV1 und DV2 sind entsprechende Drosselventile an den Heizkörpern.
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Bei geschlossenem Drosselventil DV2 und geöffnetem Drosselventil DV1 strömt kein Wasser durch den zweiten Heizkörper, d. h. der Volumenstrom durch den ersten Heizkörper ist so groß wie durch das gesamte Rohrleitungsnetz 1. Auf Basis der Messung des Volumenstroms V (mit den Mitteln zur Volumenstromerfassung 4) und des Differenzdruckes Δp (mit den Mitteln zur Druckverlusterfassung 5) erhält man folgenden Zusammenhang: Δp1 = (Rg + R1)·V 2 / 1 (1)
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Analog ergibt sich bei geschlossenem Drosselventil DV1 und bei geöffnetem Drosselventil DV2 folgende Gleichung: Δp2 = (Rg + R2)·V 2 / 2 (2)
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Werden nun beiden Drosselventile DV1 und DV2 geöffnet, gilt folgender Zusammenhang:
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Durch die Messung sind alle oben genannten Differenzdrücke und Volumenströme bekannt. Es verbleiben die drei unbekannten Strömungswiderstände, die sich aber mit Hilfe der Gleichungen (1) bis (3) iterativ berechnen lassen.
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Normalerweise besteht ein Rohrleitungsnetz einer Heizungsanlage aber nicht nur aus zwei, sondern aus einer Vielzahl von Heizkörpern. Existieren zum Beispiel in einem kleinen Einfamilienhaus fünf Heizkörper, so werden im Sinne des Patentanspruchs 1 folgende paarweise Messungen durchgeführt, wobei HK für Heizkörper steht:
HK1 & HK2, HK1 & HK3, HK1 & HK4, HK1 & HK5
HK2 & HK3, HK2 & HK4, HK2 & HK5,
HK3 & HK4, HK3 & HK5
HK4 & HK5
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Auf diese Weise lassen sich alle Strömungswiderstände berechnen, was die Voraussetzung für die Rekonstruktion und den hydraulischen Abgleich ist.
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Wie bereits oben erwähnt, ergeben sich bei zwei Heizkörpern insgesamt drei Gleichungen zur Bestimmung der Strömungswiderstände. Bei der obigen Variante mit fünf Heizkörpern ergeben sich zunächst prinzipiell betrachtet insgesamt 30 Gleichungen. In Tabellenform gebracht, gilt Folgendes:
Anzahl der Heizkörper | Anzahl der Gleichungen |
2 | 3 |
3 | 9 |
4 | 18 |
5 | 30 |
6 | 45 |
7 | 63 |
8 | 84 |
9 | 118 |
10 | 135 |
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In Bezug auf die tatsächliche Anzahl an durchzuführenden Messungen ist folgende, für drei Heizkörper beispielhaft aufgeführte Tabelle aufschlussreich:
Messung | HK1 | HK2 | HK3 | Kombination |
1 | 1 | 0 | 0 | HK1 & HK2 |
2 | 0 | 1 | 0 |
3 | 1 | 1 | 0 |
4 | 1 | 0 | 0 | HK1 & HK3 |
5 | 0 | 0 | 1 |
6 | 1 | 0 | 1 |
7 | 0 | 1 | 0 | HK2 & HK3 |
8 | 0 | 0 | 1 |
9 | 0 | 1 | 1 |
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Es fällt auf, dass die Messungen 1 und 4, 2 und 7 sowie 5 und 8 identisch sind. Es ist daher weiterhin erfindungsgemäß vorgesehen, dass Messungen während des ersten Schritts und der nächsten Schritte, bei denen lediglich ein Ventil 3 eines Heizkörpers 2 geöffnet ist, zur Vermeidung von Doppelmessungen insgesamt nur einmal durchgeführt werden. Bezogen auf obiges Beispiel würde also konkret auf die 4., 7. und 8. Messung verzichtet werden (Anmerkung: Messungen an Heizkörperpaaren, bei denen zwei Ventile geöffnet sind, treten prinzipiell nur einmal auf).
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Bei prinzipiell gleichbleibender Anzahl an zu lösenden Gleichungen reduziert sich die Anzahl der Messungen somit auf:
Anzahl der Heizkörper | Anzahl der Messungen |
2 | 3 |
3 | 6 |
4 | 10 |
5 | 15 |
6 | 21 |
7 | 28 |
8 | 36 |
9 | 45 |
10 | 55 |
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Oder als Formel: Die Anzahl der Messungen beträgt bei k Heizkörpern k·(k + 1)/2.
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Nach einer besonders bevorzugten Ausführungsform der Erfindung ist mit Blick auf die Vielzahl an Messungen bei vielen Heizkörpern vorgesehen, alle Heizkörper 2 mit motorisch angetriebenen Ventilen 3 zu versehen, wobei dann die Regelung der Heizungsanlage vorzugsweise über Funk entsprechende Öffnungs- und Schließbefehle an die Ventile 3 sendet, um das gesamte Messprogramm (Druckverlust, Volumenstrom) zu automatisieren. Der Aufwand für den Anlagenbauer (und an diesen richtet sich das erfindungsgemäße Verfahren vornehmlich, aber nicht ausschließlich) reduziert sich somit auf ein Minimum:
- a) Abnehmen der Köpfe von den Ventilen (vorzugsweise Thermostatventilen);
- b) Aufsetzen der Motoren auf die Ventile;
- c) Warten bis die Regelung alle Möglichkeiten ”durchgespielt” hat und ein entsprechendes Signal gibt;
- d) Motoren wieder abnehmen und die von der Regelung errechneten Voreinstellungen an den Ventilen durchführen.
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Durch die Erfindung lassen sich somit die Strömungswiderstände berechnen und bestehende Rohrnetze rekonstruieren, die für den hydraulischen Abgleich und die Festlegung der Restförderhöhe der Umwälzpumpe dienen. Der Algorithmus wird vorzugsweise in die Regelung des Heizkessels 7 integriert, wobei sich das Verfahren sogar auf Rohrnetze von luftechnischen Anlagen (Klimaanlagen) erweitern lässt.
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Anhand der 2 bis 4 wird nachfolgend die Rekonstruktion eines Rohrleitungsnetz erläutert:
2 zeigt im Schnitt ein vereinfachtes Haus mit insgesamt fünf Heizkörpern 2. Es gibt zwei Stränge, einen für das Erdgeschoss und einen zweiten für das Ober- und Dachgeschoss. Der Verteiler sowie der Heizkessel 7 befinden sich im Keller. 3 zeigt das gleiche Rohrleitungsnetz abstrahiert, wobei sich aus diesem im Sinne von 4 ein Netzwerk in Form von einzelnen Strömungswiderständen herleiten lässt.
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Da am Rohrleitungsnetz 1 fünf Heizkörper 2 vorgesehen sind, gibt es zur Ermittlung der einzelnen Strömungswiderstände (wie oben erläutert) 10 Messkombinationen (HK1 & HK2, HK1 & HK3 etc.) und insgesamt 30 zu lösende Gleichungen.
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Die Kombination HK1 & HK3 hat den gemeinsamen Widerstand RKA. Dieser Widerstand gilt aber auch als der gemeinsame Widerstand der Kombinationen HK1 & HK4, HK1 & HK5, HK2 & HK3, HK2 & HK4 und HK2 & HK5.
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Weiterhin hat die Kombination HK1 & HK2 den gemeinsamen Widerstand RKA + RAB.
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Die Kombinationen HK3 & HK5 und HK4 & HK5 haben den gemeinsamen Widerstand RKA + RAC.
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Die Kombination HK3 & HK4 hat den gemeinsamen Widerstand RKA + RAC + RCD.
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Anhand der Einzelwiderstände und der gemeinsamen Widerstände ist es möglich, die Heizkörper im Rohrnetz zu ”sortieren”, und zwar insbesondere danach, wie entfernt die Heizkörper zur Pumpe und auch welche Heizkörper an einem gemeinsamen Strang angeordnet sind. Für diese Analyse ist im Rahmen der Erfindung ein entsprechender Algorithmus (Computerprogramm) entwickelt worden.
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Bezogen auf 2 bis 4 lässt sich mit dieser Software (hilfsweise auch durch entsprechende gedankliche Analyse) insbesondere anhand der gemeinsamen Widerstände ermitteln, dass HK1 und HK2 an einem und HK3, HK4 und HK5 an einem anderen Strang angeschlossen sind. Außerdem sind HK3 und HK4 zueinander parallel geschaltet, wobei außerdem HK5 parallel zu HK3 und HK4 ist. Damit lässt sich die gesamte Netzstruktur anhand der gemeinsamen Widerstände rekonstruieren.
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Wenn der gemeinsame Widerstand RKA + RAC viel größer als RKA + RAB ist, kann außerdem geschlossen werden, dass HK1 und HK2 überversorgt und HK3, HK4 und HK5 unterversorgt sind. In diesem Fall ist erfindungsgemäß vorgesehen, ein Strangregulierungsventil 6 am Strang für HK1 und HK2 einzubauen (siehe 3). Über dieses Ventil kann ein Druckabfall realisiert werden, wobei dessen Höhe von den Korrelationen im gesamten hydraulischen Netz abhängig gemacht wird. Unter Korrelationen ist dabei zum Beispiel zu verstehen: Wie groß ist die Differenz zwischen RKA + RAC und RKA + RAB? Welche Volumenströme liegen im Auslegungsfall für die einzelnen Heizkörper HK1 bis HK5 vor?
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Rohrleitungsnetz
- 2
- Heizkörper (auch HK genannt)
- 3
- Ventil
- 4
- Mittel zur Volumenstromerfassung
- 5
- Mittel zur Druckverlusterfassung
- 6
- Strangregulierungsventil
- 7
- Heizkessel
- R1
- Strömungswiderstand eines ersten Heizkörpers
- R2
- Strömungswiderstand eines zweiten Heizkörpers
- Rg
- gemeinsamer Strömungswiderstand
- DV1
- erstes Drosselventil
- DV2
- zweites Drosselventil