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Die
vorliegende Erfindung betrifft ein synthetisches Polymermaterial,
welches Aminosäuren bzw. Peptide als Antioxidantien enthält,
ein Verfahren zu seiner Herstellung sowie die Verwendung des synthetischen
Polymermaterials zur Herstellung eines medizintechnischen Gegenstandes.
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Ultra-hochmolekulares
Polyethylen (UHMWPE, Ultra-High Molecular Weight Polyethylene) wird in
großem Maße in der orthopädischen Industrie
für die Herstellung von orthopädischen Implantaten
verwendet. So besitzen beispielsweise ca. 70% aller weltweit eingesetzten
Hüft- und Knieendoprothesen Gleitflächen aus UHMWPE.
Obwohl sich diese nunmehr seit mehr als 30 Jahren erfolgreich im
klinischen Einsatz befinden, ist ihre Lebensdauer zumeist auf 10
bis 15 Jahre begrenzt. Grund für diese Lebensdauerbegrenzung
sind oxidative Schädigungsmechanismen des UHMWPE im menschlichen Körper,
wodurch der Abrieb des Polymermaterials dramatisch zunehmen kann
und es zu Entzündungen in der Umgebung des Implantats kommen
kann. In vielen Fällen werden dadurch aufwendige Revisionsoperationen
erforderlich.
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In
den letzten Jahren ist mit strahlenvernetztem UHMWPE eine weitere
Spezifikation von standardisiertem UHMWPE für Implantate
in Erscheinung getreten. Durch die Behandlung mit hochenergetischer
Strahlung kann das Abriebverhalten von UHMWPE deutlich verbessert
werden. Entsprechende Verfahren sind beispielsweise aus der
EP 1 086 709 B1 und
der
EP 0 923 945 A2 bekannt.
Eine wesentliche Voraussetzung für den Einsatz von derartig hergestelltem
hochvernetzten Polyethylen ist allerdings, dass die durch Bestrahlung
erzeugten Radikale im fertigen Produkt, d. h. vor der Verwendung
als Implantat, vollständig bzw. im Wesentlichen vollständig
abgebaut sind, da sie ansonsten zu unspezifischen Gewebeschädigungen
führen können.
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Die
vollständige Beseitigung der Radikale erweist sich jedoch
in den meisten Fällen als äußerst problematisch.
So wird die Stabilität und damit auch die Lebensdauer von
Radikalen allgemein durch unterschiedliche kinetische und/oder thermodynamische
Effekte begünstigt. Im Falle von vernetztem UHMWPE üben
die vorhandenen Alkylgruppen einen grundsätzlich stabilisierenden
Einfluss auf im Polymer vorhandene Radikale aus. Durch die Stabilisierung
der Radikale verringert sich jedoch deren Tendenz zur Rekombination
untereinander (langlebige bzw. persistente Radikale). Hinzu kommen
oft sterische Hinderungen durch sperrige Substituenten und eine
mangelhafte Beweglichkeit der Radikale, so dass die Radikale häufig
kaum Gelegenheit zur Rekombination haben und daher mehr oder weniger
separiert voneinander im Polymer verbleiben. Dadurch besteht jedoch
ein erhöhtes Risiko, dass die Radikale aus dem Polymer
in das umliegende Gewebe gelangen und dort eine Gewebe zerstörende
Wirkung entfalten können.
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Deswegen
schließt sich in vielen Fällen nach der Bestrahlung
des UHMWPE ein spezieller Temperschritt an, um den im Polymer verbliebenen
Radikalen auf diese Weise eine erhöhte Mobilität
zu verschaffen und ihre Rekombination zu ermöglichen. Entsprechende
Verfahren sind beispielsweise aus der
US
6,017,975 ,
US 5,414,049 sowie
der
EP 0 722 973 A1 bekannt.
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Zur
Verminderung des Radikalanteils in Polyolefinen werden seit geraumer
Zeit auch diverse Antioxidantien, vor allem Vitamin E und Vitamin
C, eingesetzt. Entsprechend stabilisierte, d. h. mit Antioxidantien
dotierte, Polymere bzw. Verfahren zu deren Herstellung sind aus
den Druckschriften
WO 2005/074619
A2 ,
EP 1 161
489 B1 ,
WO
2005/110276 A1 ,
WO 2008/006890 A2 ,
US 6,448,315 B1 und der
EP 1 624 905 B1 bekannt.
Nachteilig hierbei ist jedoch, dass sich die aus dem Stand der Technik
bekannten Antioxidantien häufig nur mit Hilfe von aufwendigen
und insbesondere kostenintensiven Verfahren in das Polymer einbauen
lassen. So wird beispielsweise das Vitamin E als viskose Flüssigkeit
mittels überkritischem Kohlenstoffdioxid in ultrahochmolekulares
Polyethylen eingebracht. Zudem sind die aus dem Stand der Technik
bekannten Antioxidantien entweder erheblich teuer. Dies gilt beispielsweise
für α-Tocopherol und Ubichinol. Oder sie zeigen
eine lediglich begrenzte antioxidative Wirksamkeit, wie beispielsweise
im Falle von Vitamin C.
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Die
Erfindung stellt sich daher die Aufgabe, ein mit Antioxidantien
versehenes synthetisches Polymermaterial bereitzustellen, welches
eine gegenüber den aus dem Stand der Technik bekannten
Polymermaterialien verbesserte Alterungsdiagnostik aufweist. Darüber
hinaus soll das synthetische Polymermaterial möglichst
einfach und kostengünstig in seiner Herstellung sein.
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Diese
Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch
ein synthetisches Polymermaterial mit den Merkmalen des unabhängigen
Anspruchs 1. Bevorzugte Ausführungsformen des synthetischen
Polymermaterials sind Gegenstand der abhängigen Ansprüche
2 bis 10. Ein weiterer Aspekt der vorliegenden Erfindung betrifft
einen medizintechnischen Gegenstand mit den Merkmalen des unabhängigen
Anspruchs 11. Bevorzugte Ausführungsformen des medizintechnischen
Gegenstands sind in den abhängigen Ansprüchen
12 und 13 aufgeführt. Des Weiteren umfasst die vorliegende
Erfindung ein Verfahren zur Herstellung eines synthetischen Polymermaterials mit
antioxidativen Eigenschaften mit den Merkmalen des unabhängigen
Anspruchs 14. Bevorzugte Ausführungsformen des Herstellungsverfahrens
sind Gegenstand der abhängigen Ansprüche 15 bis
22. Schließlich betrifft die vorliegende Erfindung auch
die Verwendung eines synthetischen Polymermaterials gemäß unabhängigem
Anspruch 23. Der Wortlaut sämtlicher Ansprüche
wird hiermit durch Bezugnahme zum Inhalt dieser Beschreibung gemacht.
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Bei
dem erfindungsgemäßen Polymermaterial handelt
es sich um ein synthetisches Polymermaterial, insbesondere zur Herstellung
von medizintechnischen Gegenständen, wobei das synthetische
Polymermaterial antioxidativ wirksame Aminosäuren und/oder
antioxidativ wirksame Peptide enthält bzw. umfasst. Mit
anderen Worten betrifft die vorliegende Erfindung ein synthetisches
Polymermaterial bzw. ein Kunststoffmaterial, welches Aminosäuren und/oder
Peptide als Antioxidantien, d. h. antioxidativ wirkende Aminosäuren
und/oder antioxidativ wirkende Peptide, enthält bzw. umfasst.
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Peptide
im Sinne der vorliegenden Erfindung sind im Wesentlichen aus Aminosäuren,
insbesondere alpha-Aminocarbonsäuren, aufgebaut. Der Ausdruck „im
Wesentlichen” bedeutet hierbei, dass die Peptide gegebenenfalls
modifiziert sein können, insbesondere N- und/oder C-terminale
Modifikationen aufweisen können.
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Der
Ausdruck „Aminosäuren” im Sinne der vorliegenden
Erfindung soll als Synonym für den Ausdruck „Aminosäurereste” verstanden
werden.
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Überraschenderweise
konnte festgestellt werden, dass beim Versehen, insbesondere Dotieren,
von synthetischen Polymermaterialien mit antioxidativ wirksamen
Aminosäuren bzw. Peptiden hinsichtlich der Alterung stabilisierte
Polymermaterialien erhalten werden können. Die im Rahmen
der vorliegenden Erfindung verwendbaren Aminosäuren bzw. Peptide
besitzen gegenüber den aus dem Stand der Technik bekannten
Antioxidantien den Vorteil, dass sie gegenüber Luftsauerstoff
im Wesentlichen stabil sind. Deswegen zeigt das erfindungsgemäße
Polymermaterial in vorteilhafter Weise ein gegenüber den bekannten
stabilisierten Polymermaterialien verbessertes Alterungsverhalten.
Darüber hinaus haben die gemäß der Erfindung
einsetzbaren Aminosäuren bzw. Peptide den Vorteil, dass
sie eine hohe Reaktivität gegenüber gewebeschädigenden
und insbesondere auf Sauerstoff basierenden Radikalen aufweisen.
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In
einer bevorzugten Ausführungsform handelt es sich bei den
Aminosäuren um natürlich vorkommende, insbesondere
proteinogene, Aminosäuren und/oder um Derivate davon. Aromatische und/oder
schwefelhaltige Aminosäuren bzw. deren Derivate sind bevorzugt.
So können die Aminosäuren insbesondere aus der
Gruppe Tryptophan, Tyrosin, Cystein, Methionin und Derivate davon
ausgewählt sein. Besonders bevorzugt handelt es sich bei
den Aminosäuren um aromatische Aminosäuren, vorzugsweise
aus der Gruppe Tryptophan, Tyrosin und Derivate davon. Aromatische
Aminosäuren sind besonders bevorzugt, da sie aufgrund ihrer
aromatischen Ringsysteme stabile Radikale auszubilden vermögen.
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Bei
den im vorherigen Abschnitt genannten Derivaten der antioxidativ
wirksamen Aminosäuren handelt es sich in der Regel um synthetisch hergestellte
Aminosäureverbindungen. Bevorzugt leiten sich die Derivate
von Tryptophan und/oder Tyrosin ab. Geeignete Derivate können
beispielweise einen Phenolring, vorzugsweise einen alkoxy-substituierten
Phenolring (Phenolring mit einer Alkoxy-Gruppe als Substituent),
insbesondere einen methoxy-substituierten Phenolring (Phenolring
mit einer Methoxygruppe als Substituent), aufweisen. Alternativ
oder in Kombination dazu können geeignete Derivate auch einen
Indolring, vorzugsweise einen alkoxy-substituierten Indolring (Indolring
mit einer Alkoxy-Gruppe als Substituent), insbesondere einen methoxy-substituierten
Indol-Ring (Indolring mit einer Methoxygruppe als Substituent),
aufweisen.
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Die
Aminosäuren können in einer weiteren Ausführungsform
in Form von Aminosäurekonjugaten vorliegen. Als mögliche
Konjugationspartner können beispielsweise antimikrobielle,
desinfizierende, entzündungshemmende und/oder geruchshemmende
Verbindungen in Frage kommen. Durch Verwendung derartiger Aminsäureverbindungen
können dem synthetischen Polymermaterial neben einem verbesserten
Alterungsverhalten zusätzliche vorteilhafte Eigenschaften
verliehen werden, insbesondere im Hinblick auf bevorzugte Verwendung
des Polymermaterials als Werkstoff für die Medizintechnik.
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In
einer bevorzugten Ausführungsform weisen die Peptide eine
Peptidlänge zwischen 2 und 15 Aminosäuren, bevorzugt
2 und 10 Aminosäuren, besonders bevorzugt 2 und 7 Aminosäuren,
aufweisen. Die Peptide können insbesondere zumindest zwei antioxidativ
wirksame Aminosäuren, vorzugsweise aus der Gruppe Tyrosin,
Tryptophan und Derivate davon, aufweisen. Die Peptide weisen in
einer weitergehenden Ausführungsform zumindest einen Tryptophanrest
und zumindest einen Tyrosinrest, auf. So können die im
Rahmen der vorliegenden Erfindung verwendbaren Peptide zumindest
einen Tryptophanrest und zumindest zwei Tyrosinreste oder umgekehrt aufweisen.
Eine räumliche Nachbarschaft der antioxidativ wirksamen
Aminosäuren in den Peptiden kann hierbei von Vorteil sein.
So ist es erfindungsgemäß bevorzugt, dass die
antioxidativ wirksamen Aminosäuren höchstens durch
zwei dazwischen liegende, nicht antioxidativ wirksame Aminosäurereste, vorzugsweise
einen dazwischen liegenden, nicht antioxidativ wirksamen Aminosäurerest,
voneinander getrennt in den Peptiden vorliegen. Besonders bevorzugt
sind die antioxidativ wirksamen bzw. wirkenden Aminosäuren
direkt miteinander verbunden, d. h. über eine Peptidbindung
miteinander kovalent verknüpft.
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Bei
den gemäß der vorliegenden Erfindung in Frage
kommenden Peptiden kann es sich um Oligo- und/oder Polypeptide handeln.
Oligopeptide sind bevorzugt. Oligopeptide haben gegenüber
Polypeptiden den Vorteil, dass sie leichter und insbesondere homogener
in ein synthetisches Polymermaterial eingebracht werden können.
Erfindungsgemäß bevorzugt sind synthetische Peptide.
Allerdings können auch natürliche Peptide, beispielsweise
Glutathion, verwendet werden. Darüber hinaus kommen auch Peptide
in Betracht, die sowohl proteinogene als auch synthetische Aminosäuren
aufweisen.
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Bevorzugt
handelt es sich bei den Peptiden gemäß der vorliegenden
Erfindung um niedermolekulare Peptide. Die Peptide weisen daher
in einer weiteren Ausführungsform ein Molekulargewicht
bis zu 2.500 Da (Dalton) auf. Besonders bevorzugt handelt es sich
bei den Peptiden um niedermolekulare Peptide mit amphiphilen Eigenschaften.
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In
einer weiteren Ausführungsform weisen die Peptide Modifikationen
auf. Bei den Modifikationen kann es sich insbesondere um N-terminale und/oder
C-terminale Modifikationen handeln. Im Falle einer N-terminalen
Modifikation kann es sich beispielsweise um eine N-terminale Acylierung
handeln. Bezüglich in Frage kommender C-terminaler Modifikationen
sind C-terminale Veresterungen, C-terminale Amidierungen und/oder
C-terminale cyclische Strukturen zu erwähnen.
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Grundsätzlich
können die im Rahmen der Erfindung verwendbaren Aminosäuren
und/oder Peptide in der L- und/oder D-Konformation vorliegen. Bevorzugt
liegen die Aminosäuren und/oder Peptide in der L-Konformation
vor.
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Zweckmäßigerweise
enthält das synthetische Polymermaterial eine oxidativ
wirksame Menge der Aminosäuren und/oder Peptide. Bevorzugt
weisen die Aminosäuren und/oder die Peptide einen Anteil
zwischen 0,005 und 10 Gew.-%, bevorzugt 0,05 und 5,0 Gew.-%, besonders
bevorzugt 0,05 und 1,0 Gew.-%, auf, bezogen auf das Gesamtgewicht
des synthetischen Polymermaterials.
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Als
synthetisches Polymermaterial kommen grundsätzlich alle
synthetischen Polymere bzw. Kunststoffe in Betracht, die als Werkstoffe
in der Medizintechnik, insbesondere zur Herstellung von Implantaten,
Epithesen und/oder Orthesen, zum Einsatz kommen. So kann das synthetische
Polymermaterial aus der Gruppe Polyolefine, Polyester, Polyamide, Polyurethane
und Polyketone, insbesondere Polyetherketone, ausgewählt
sein. Erfindungsgemäß ist es bevorzugt, dass es
sich bei dem synthetischen Polymermaterial um ein Polyolefin, insbesondere
Olefinhomo- oder Olefincopolymer, handelt. In einer weitergehenden
Ausführungsform ist das synthetische Polymermaterial ein
Polyolefin mit hohen Molekulargewichten. Unter Polyolefinen mit
hohen Molekulargewichten werden Polyolefine verstanden, welche eine Molekulargewichtsverteilung
zwischen 103 und 109, insbesondere
103 und 104–106, aufweisen. Bei dem synthetischen Polymermaterial
handelt es sich vorzugsweise um ein Polyolefin aus der Gruppe Polyethylen,
Polypropylen und Copolymere davon.
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Das
synthetische Polymermaterial ist bei einer weiteren Ausführungsform
aus der Gruppe Polyethylen hoher Dichte (HDPE), Polyethylen niedriger Dichte
(LDPE) und hochmolekulares Polyethylen (HMWPE), vorzugsweise ultra-hochmolekulares
Polyethylen (UHMWPE), ausgewählt. Das hochmolekulare Polyethylen
kann dabei ein Molekulargewicht zwischen 105 und
106 g/mol aufweisen. Besonders bevorzugt
handelt es sich bei dem synthetischen Polymermaterial um ultrahochmolekulares
Polyethylen, insbesondere mit einem Molekulargewicht zwischen 104 und 107 g/mol.
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In
einer weiteren Ausführungsform ist das synthetische Polymermaterial
vernetzt. Das Polymermaterial kann chemisch oder physikalisch vernetzt vorliegen.
Die physikalische Vernetzung des Polymermaterials erfolgt vorzugsweise
durch eine Bestrahlung, insbesondere durch eine ionisierende Bestrahlung.
Beispielsweise kann die Vernetzung des Polymermaterials durch Bestrahlen
mit γ-Strahlen, β-Strahlen, Röntgenstrahlen,
Ultraviolettstrahlen, Neutronenstrahlen, Protonenstrahlen oder Elektronenstrahlen
erfolgen. Bevorzugt ist das synthetische Polymermaterial durch β-
oder γ-Strahlung vernetzt. Besonders bevorzugt ist synthetisches
Polymermaterial, bei welchem es sich um vernetztes ultrahochmolekulares
Polyethylen handelt.
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Das
erfindungsgemäße Polymermaterial kann weiterhin
als Pulver, Granulat, Pellet oder Formkörper, beispielsweise
als Rohling bzw. Halbzeug oder fertiges Produkt, vorliegen. Beispielsweise
kann das Polymermaterial in kompaktierter, vorzugsweise gepresster,
Form, insbesondere in Form von Platten, vorliegen.
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Die
vorliegende Erfindung betrifft weiterhin einen medizintechnischen
Gegenstand, der das erfindungsgemäße Polymermaterial
aufweist. Grundsätzlich kann der medizintechnische Gegenstand
als Implantat, Epithese oder Orthese ausgebildet sein. So kann der
medizintechnische Gegenstand aus der Gruppe Katheter, Trokar, chirurgisches
Nahtmaterial, Herniennetz, Prolapsnetz bzw. Prolapsband, Harninkontinenzband
oder Prothese ausgewählt sein. Bevorzugt ist der medizintechnische Gegenstand
ein Implantat, insbesondere eine Endoprothese. Als Endoprothesen
kommen grundsätzlich Stents, Gefäßprothesen,
Knie- und Hüftendoprothesen in Betracht. Knie- bzw. Hüftendoprothesen
sind dabei besonders bevorzugt. So können insbesondere
die Gleitflächen der Knie- bzw. Hüftendoprothesen
aus dem erfindungsgemäßen Polymermaterial gebildet
sein.
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Weiterhin
betrifft die vorliegende Erfindung ein Verfahren zur Herstellung
eines synthetischen Polymermaterials mit antioxidativen Eigenschaften, wobei
ein synthetisches Ausgangspolymermaterial mit antioxidativ wirksamen
Aminosäuren und/oder mit antioxidativ wirksamen Peptiden
unter Ausbildung des synthetischen Polymermaterials versehen, insbesondere
dotiert, wird. Die antioxidativ wirksamen Aminosäuren und/oder
antioxidativ wirksamen Peptide werden im Rahmen des erfindungsgemäßen Verfahrens
vorzugsweise in das synthetische Ausgangspolymermaterial eingebaut.
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In
einer bevorzugten Ausführungsform wird das synthetische
Ausgangspolymermaterial vor dem Versehen mit den antioxidativ wirksamen
Aminosäuren und/oder antioxidativ wirksamen Peptiden getempert,
d. h. einer sogenannten Vortemperung unterworfen. Dies ist besonders
vorteilhaft, da durch eine derartige Vortemperung die Aufnahmekapazität des
Ausgangspolymermaterials für die antioxidativ wirksamen
Aminosäuren bzw. Peptide erhöht wird. Bezüglich
der Temperungsbedingungen wird auf die im Folgenden hierzu gemachten
Ausführungen verwiesen.
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In
einer bevorzugten Ausführungsform werden das Ausgangspolymermaterial
und die Aminosäuren und/oder Peptide miteinander gemischt,
wobei sowohl das Ausgangspolymermaterial als auch die Aminosäuren
und/oder Peptide als Feststoffe vorliegen, und das resultierende
Gemisch wird anschließend kompaktiert, vorzugsweise gepresst.
Hierbei kann das erhaltene Feststoffgemisch aus Ausgangspolymermaterial
und Aminosäuren und/oder Peptiden, beispielsweise zu Platten
kompaktiert, vorzugsweise gepresst, werden. Das Mischen wird zweckmäßigerweise
bei einer Temperatur unterhalb des Schmelzpunktes des Ausgangspolymermaterials vorgenommen,
bevorzugt in einem Temperaturbereich zwischen 50 und 110°C,
insbesondere 90 und 100°C.
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In
einer alternativen Ausführungsform werden das Ausgangspolymermaterial
und eine Lösung oder Suspension, umfassend die Aminosäuren und/oder
Peptide und ein organisches Lösungsmittel oder organisches
Lösungsmittelgemisch, gemischt und das resultierende Gemisch
wird anschließend unter Entfernung des Lösungsmittels
bzw. Lösungsmittelgemisches getrocknet. Als organische
Lösungsmittel können grundsätzlich Lösungsmittel
aus der Gruppe Dimethylformamid (DMF), Dimethylsulfoxid (DMSO),
Toluol, Aceton, Ether und Kohlenwasserstoffe verwendet werden. Als
Ether können beispielsweise Diethylether, Tetrahydrofuran
und/oder Dioxan verwendet werden. Als Kohlenwasserstoffe kommen
vor allem niedere n-Alkane, beispielsweise Pentan und/oder Hexan,
und/oder chlorierte Kohlenwasserstoffe, zum Beispiel Dichlormethan
und/oder Chloroform, in Frage. Bevorzugt wird eine Lösung bzw.
Suspension verwendet, die einen Anteil an antioxidativ wirksamen
Aminosäuren und/oder antioxidativ wirksamen Peptiden zwischen
0,005 und 99,9 Gew.-%, insbesondere 5 und 25 Gew.-%, bezogen auf
das Gesamtgewicht der Lösung bzw. Suspension, aufweist.
Abhängig von den Eigenschaften des Ausgangspolymermaterials
kann ein entsprechender Verdünnungsfaktor gewählt
werden. Das Gemisch wird in einer weiteren Ausführungsform
im Hochvakuum, vorzugsweise bei Raumtemperatur, getrocknet. Alternativ
oder in Kombination dazu kann das Gemisch durch Zufuhr von Wärme,
insbesondere in einem Temperaturbereich zwischen 40 und 110°C, getrocknet
werden. In diesem Fall sollte der Siedepunkt des Lösungsmittels
bzw. Lösungsmittelgemisches sinnvollerweise niedriger sein
als der Schmelzpunkt des Ausgangspolymermaterials.
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Grundsätzlich
können einzelne Schritte, insbesondere alle Schritte, des
erfindungsgemäßen Verfahrens unter einer Inertgasatmosphäre,
beispielsweise Argon- oder Stickstoffatmosphäre, durchgeführt
werden.
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In
einer weiteren Ausführungsform wird das synthetische Polymermaterial
vernetzt. Die Vernetzung des Polymermaterials kann vor oder nach
dem Versehen des Ausgangspolymermaterials mit den Aminosäuren
und/oder Peptiden erfolgen. Bevorzugt wird eine Strahlenvernetzung,
insbesondere durch Bestrahlung mit ionisierenden Strahlen, durchgeführt.
Beispielsweise kann das synthetische Polymermaterial durch die Verwendung
von β- oder γ-Strahlung vernetzt werden. Dabei
können Strahlendosen zwischen 25 und 100 kGray (kGy), insbesondere
50 und 75 kGray (kGy), zum Einsatz kommen.
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Obwohl
die mit Hilfe des erfindungsgemäßen Verfahrens
in das synthetische Polymermaterial eingeführten Aminosäuren
bzw. Peptide an sich ausreichend sind, um dem synthetischen Polymermaterial insgesamt
antioxidative Eigenschaften zu verleihen, kann es grundsätzlich
vorgesehen sein, dass das Polymermaterial getempert wird, d. h.
einer Temperung unterworfen wird. Die Temperung dient zum Einem dem
Abbau von Spannungen im Polymermaterial. Dies gilt insbesondere
im Hinblick auf UHMWPE. Zum anderen erfüllt die Temperung
in vorteilhafter Weise den Zweck, dass Radikale abgefangen werden,
die durch die antioxidativ wirksamen Aminosäuren und/oder
Peptide nicht abgefangen wurden. Die Temperung kann, beispielsweise
während eines Zeitraums zwischen 1 Stunde und mehreren
Tagen durchgeführt werden. Die bei der Temperung anzuwendende
Temperatur ist abhängig von dem Polymermaterial. Im Falle
eines niedrig schmelzenden Polymermaterials erfolgt die Temperung
vorzugsweise bei einer Temperatur zwischen 90 und 110°C,
insbesondere 100 und 110°C. Die Temperung im Falle eines
hoch schmelzenden Polymermaterials wird bevorzugt in einem Tempe raturbereich
zwischen 145 und 180°C, insbesondere 150 und 160°C,
durchgeführt. In der Regel wird die Temperung unter einer Schutzgas-
bzw. Inertgasatmosphäre, beispielsweise unter einer Argon-
oder Stickstoffatmosphäre, durchgeführt. Erfindungsgemäß kann
es vorgesehen sein, dass die Temperung während eines Vernetzungsschrittes
vorgenommen wird. Durch die Temperung kann die Mobilität
von im Polymermaterial vorhandenen Radikalen erhöht werden,
wodurch die Wahrscheinlichkeit der Rekombination der Radikale untereinander
sowie ihrer Absättigung durch die antioxidativ wirksamen
Aminosäuren bzw. Peptide erhöht wird. Alternativ
oder in Kombination dazu kann das synthetische Polymermaterial mit
Mikro- oder Ultraschallwellen behandelt werden. Diese bewirken ebenfalls
eine erhöhte Radikalabsättigung.
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Die
vorliegende Erfindung betrifft schließlich auch die Verwendung
des synthetischen Polymermaterials in der Medizintechnik, vorzugsweise
zur Herstellung eines medizintechnischen Gegenstandes. Bezüglich
weiterer Einzelheiten und Merkmale wird auf die bisherige Beschreibung
Bezug genommen.
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Weitere
Einzelheiten und Merkmale der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden
Beschreibung bevorzugter Ausführungsformen in Form von
Beispielen in Kombination mit den Unteransprüchen. In diesen
Ausführungsformen können einzelne Merkmale der
Erfindung allein oder in Kombination mit anderen Merkmalen verwirklicht
sein. Die beschriebenen bevorzugten Ausführungsformen sind lediglich
als beschreibende, keineswegs als in irgendeiner Weise limitierende
Offenbarung zu verstehen.
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Beispiel 1:
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Herstellung einer mit Tryptophan dotierten
UHMWPE-Probe durch ein Feststoff-Feststoff-Mischungsverfahren
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In
eine Mischtrommel wurden ca. 5 g UHMWPE und ca. 0.05 g Tryptophan
gegeben. Anschließend wurden die Feststoffe in der Mischtrommel
bei Raumtemperatur und einer Temperatur von ca. 25°C während
24 Stunden gerührt. Auf diese Weise wurde ein Feststoffgemisch
erhalten, das anschließend zu Platten verpresst wurde,
wodurch eine homogene Verteilung von Tryptophan innerhalb der UHMWPE-Probe
erzielt werden konnte.
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Beispiel 2:
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Herstellung einer mit Tryptophan dotierten
UHMWPE-Probe durch ein Feststoff-Flüssigkeits-Mischverfahren
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Es
wurden ca. 15 g Tryptophan in 50 ml THF vorab gelöst. Die
erhaltene Lösung sowie festes UHMWPE wurden anschließend
gemischt. Eine ausreichende Durchmischung wurde hierbei nach 24 Stunden
angenommen. Danach wurde das Lösungsmittel im Hochvakuum
bei Raumtemperatur entfernt. Auf diese Weise konnte mit Tryptophan
dotiertes UHMWPE erhalten werden.
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Allgemein
konnte die Anwesenheit von Tryptophan im UHMWPE durch dynamische
Differenzkalorimetriemessungen (DSC, Differential Scanning Calorimetry)
und Infrarotspektroskopiemessungen nachgewiesen werden. Hierbei
konnte der Anteil von Tryptophan im UHMWPE zu 0,05 Gew.-%, bezogen auf
das Gesamtgewicht des dotierten UHMWPE, bestimmt werden.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- - EP 1086709
B1 [0003]
- - EP 0923945 A2 [0003]
- - US 6017975 [0005]
- - US 5414049 [0005]
- - EP 0722973 A1 [0005]
- - WO 2005/074619 A2 [0006]
- - EP 1161489 B1 [0006]
- - WO 2005/110276 A1 [0006]
- - WO 2008/006890 A2 [0006]
- - US 6448315 B1 [0006]
- - EP 1624905 B1 [0006]