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Die
Erfindung betrifft ein Verfahren zum Auslegen eines elektrischen
Bahnsystems.
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Ein
Verfahren zur Auslegung eines Teils eines Bahnsystems ist aus dem
Beitrag von Kusagawa et al., der bei der Konferenz MAGLEV
International Conference an Magnetically Levitated Systems and Linear
Drives unter dem Titel „Design of EMS-Magnetically Levitated
System based an Genetic Algorithm" erschienen
ist, bekannt. Das dort beschriebene Verfahren wendet einen genetischen
Algorithmus für die optimale Auslegung von Tragmagneten
einer Magnetschwebebahn an. Dabei werden sowohl dynamische Eigenschaften
als auch der Aufbau des Tragmagneten optimiert. Bei dem soeben beschriebenen
Anwendungsfall wurden lediglich Teilsysteme und Komponenten eines
Bahnsystems betrachtet. Bei dieser Herangehensweise kann jedoch
die Vielzahl von Wechselwirkungen zwischen den Teilsystemen nur
unzureichend berücksichtigt werden.
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In
dem Beitrag „Optimization of an MRT Train Schedule:
Reducing maximum traction power by using genetic algorithms" erschienen
in IEEE Transactions an Power Systems, Band 20, Nr. 3, August 2005
von Jiann-Fuh Chen et al. wird ein Bahnsystem mit Hilfe
eines genetischen Algorithmus hinsichtlich des Bedarfs an elektrischer
Spitzenleistung optimiert. Hierbei wird bei einem bestehenden Bahnsystem ausschließlich
der betriebliche Parameter „Abfahrtzeiten an den Haltestellen” unter
Berücksichtigung der Fahrplanreserven festgelegt, so dass
durch ein über die Zeit gleichmäßig verteiltes
Anfahren der Züge hohe Spitzenbelastungen des elektrischen
Versorgungsnetzes vermieden sind. Hier wird ein monokriterielles
Optimierungs problem gelöst, das ausschließlich
einen betrieblichen Parameter berücksichtigt.
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Aufgabe
der Erfindung ist es, ein Verfahren der eingangs genannten Art bereitzustellen,
mit dem nicht nur Teilbereiche des elektrischen Bahnsystems beschrieben
werden, sondern das Bahnsystem in seiner Gesamtheit optimiert wird.
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Die
Erfindung löst diese Aufgabe durch ein Verfahren zum Auslegen
eines elektrischen Bahnsystems, bei dem das Bahnsystem in eine Optimierungsaufgabe
mit wenigstens einem Bewertungskriterium und einem das Bahnsystem
beschreibenden Parametersatz überführt wird, das
Verhalten des Bahnsystems mittels eines Simulationsverfahrens, das
mit den Parametern des Parametersatzes als Eingabedaten versorgt
wird, unter Gewinnung von Simulationsergebnissen simuliert wird,
die Optimierungsaufgabe mit einem Optimierungsverfahren gelöst
wird, das auf der Grundlage der Simulationsergebnisse so lange durchgeführt
wird, bis ein Abbruchkriterium erfüllt ist, wobei der Parametersatz Konstruktionsparameter,
die den Aufbau und Konfiguration der Energieversorgung, des Fahrwegs
und des Fahrzeugs des elektrischen Bahnsystems beschreiben, und
betriebliche Parameter umfasst, welche Kenngrößen
des Betriebs des Bahnsystems sind, und wobei die Konstruktionsparameter
und die betrieblichen Parameter während des Optimierungsverfahrens
innerhalb von Randbedingungen variiert werden.
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Wesentlich
für die Erfindung ist die Formulierung der Optimierungsaufgabe,
die den Parametersatz, einzuhaltende Randbedingungen und die Bewertungskriterien
umfasst. Die Parameter des Parametersatzes sind von Optimierungsschritt
zu Optimierungsschritt variierbar. Dabei beschreiben die Konstruktionsparameter
den Aufbau und die Konfiguration des Bahnsystems, wobei das Bahnsystem
in seiner Gesamtheit beschrieben wird, so dass sowohl die Energieversorgung,
der Fahrweg und die Anzahl und Auslegung der Fahrzeuge berücksichtigt
sind. Parameter der Energieversorgung sind beispielsweise die Anzahl
und Auslegung der Unterwerke, in denen beispielsweise eine mehrphasige
50 Hz-Wechselspannung eines Energieversorgungsnetzes in eine einphasige
Versorgungsspannung mit abweichender Frequenz und Betriebsspannung
umgewandelt wird. Zu den Konstruktionsparametern zählen weiterhin
Nennfrequenz und Nennspannung des Energieversorgungsnetzes. Fahrzeugparameter
sind alle Parameter, welche den Aufbau des Fahrzeugs näher
beschreiben. Hier sind beispielsweise das Gewicht und die Maximalleistung
der Fahrzeuge und die Anzahl der Wagen zu nennen. Betriebliche Parameter
sind beispielsweise ein Wert für die Beschleunigung der
Züge bei Anfahrt, für die Maximalgeschwindigkeit,
die Zugfolgezeit und dergleichen.
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Die
Optimierungsaufgabe umfasst neben den Parametern auch Randbedingungen.
Innerhalb der Randbedingungen können die Konstruktionsparameter
und die betrieblichen Parameter während der Optimierung
variiert werden.
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Auf
Grundlage der auf diese Weise formulierten Optimierungsaufgabe findet
die Optimierung des Bahnsystems mit Hilfe eines grundsätzlich
beliebigen Optimierungsverfahrens statt.
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Zweckmäßigerweise
basiert das Optimierungsverfahren jedoch auf einem genetischen Algorithmus.
Genetische Algorithmen sind bereits seit Langem bekannt. Nur beispielhaft
sei der Beitrag von David E. Goldberg „Genetic
Algorithms in Search, Optimization and Machine Learning" von
Eddison Wesley, 1989, ISBN 0-201-15767-5 genannt.
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Genetische
Algorithmen sind Algorithmen, die auch nicht analytisch lösbare
Probleme lasen können. Als Losungsvorschläge werden
Individuen, hier Parametersätze, generiert, die einer Auslese
unterzogen werden, wobei die Auslese gemäß der
Erfüllung der Bewertungskriterien erfolgt. Die ausgewählten
Individuen werden miteinander kombiniert und anschließend
erneut bewertet, bis sich schließlich optimale Individuen
heraus kristallisieren und die Rechnung beendet wird. Für
die Optimierung von Bahnsystemen sind genetische Algorithmen besonders
vorteilhaft, da mit ihrer Hilfe die Ergebnisse von Modellierungsverfahren,
beispielsweise Programme der Zugfahrt- und Netzsimulation, interpretiert
also bewertet werden können. Der genetische Algorithmus
fußt dann auf dieser Bewertung.
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Gemäß einer
bevorzugten Ausgestaltung erfolgt die Auswahl der besten Parametersätze
jedoch mit Hilfe von mehreren Bewertungskriterien, wobei die Bewertungskriterien
gleichberechtigt nebeneinander stehen und gleichzeitig bei der Auswahl
oder Auslese berücksichtigt werden. Ein solches Optimierungsverfahren
wird auch als Pareto-Optimierung bezeichnet. Hierbei kommt es nicht
zu einer einzigen Lösung, die aus dem Optimierungsverfahren
hervorgeht. Vielmehr wird eine Gruppe von Lösungen bereitgestellt.
Diese Gruppe von Lösungen, die auch als Pareto-Front bezeichnet
wird, kann dann vom Nutznießer des erfindungsgemäßen
Verfahrens bewertet werden.
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Insbesondere
sind mehrkritielle genetische Algorithmen (Multi-Objective Evolutionary
Algorithms, MOEA) in der Lage, Optimierungsaufgaben mit mehreren
konkurrierenden Bewertungskriterien zu lösen, die bei der
Auslegung elektrischer Bahnsysteme häufig zu finden sind.
Solche Bewertungskriterien sind beispielsweise kurze Beförderungszeiten,
eine hohe Zuverlässigkeit, ein hoher Fahrkomfort bei möglichst
geringem Energiebedarf, niedrige Anschaffungskosten und dergleichen.
Mehrkriterielle genetische Algorithmen suchen nach einer Men ge von
optimalen Lösungen, die für verschiedene gleichzeitig
angewandte Bewertungskriterien Kompromisse bereitstellen. Dabei
können die Bewertungskriterien auch unterschiedlich gewichtet
werden. Solche Lösungen werden als pareto-optimal bezeichnet.
Mehrkriterielle genetische Algorithmen arbeiten nach dem Prinzip
der Pareto-Optimierung bei der Bewertung der Fitness und der anschließenden Auswahl
der besten Parametersätze. Das Ergebnis dieser Optimierung
ist nicht ein einzelner Parametersatz, sondern eine Gruppe von pareto-optimalen
Parametersätzen.
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Das
erfindungsgemäße Verfahren besteht bevorzugt aus
einer Kopplung eines solchen mehrkriteriellen genetischen Algorithmus
mit den am Markt erhältlichen Instrumenten zur Simulation
elektrischer Bahnsysteme.
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Vorteilhafterweise
beschreiben die Konstruktionsparameter die Konfiguration des Gesamtsystems
und die elektrotechnischen und mechanischen Größen
des elektrischen Bahnsystems, wobei die betrieblichen Parameter
die operativen Kenngrößen eines elektrischen Bahnsystems
widerspiegeln.
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Weitere
zweckmäßige Ausgestaltungen und Vorteile der Erfindung
sind Gegenstand der nachfolgenden Beschreibung von Ausführungsbeispielen der
Erfindung unter Bezug auf die Figuren der Zeichnung, wobei gleiche
Bezugszeichen auf gleich wirkende Bauteile verweisen und wobei
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1 ein
Ausführungsbeispiel des erfindungsgemäßen
Verfahren schematisch verdeutlicht,
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2 das
Ergebnis eines komplexen Ausführungsbeispiels des erfindungsgemäßen
Verfahrens.
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1 verdeutlicht
schematisch ein Ausführungsbeispiel des erfindungsgemäßen
Verfahrens. Zunächst wird die Optimierungsaufgabe (1)
festgelegt, indem die für den jeweiligen Anwendungsfall gültigen
Variablen, Nebenbedingungen und Bewertungskriterien ausgewählt
werden. Die Bezeichnung Variablen dient hier als Sammelbegriff sowohl
für die Konstruktionsparameter als auch für die
betrieblichen Parameter. Die Variablen/Parameter sind in einem Parametersatz
zusammengefasst. Die Nebenbedingungen der Optimierungsaufgabe (1)
definieren die Grenzen, in denen die Parameter der Parametersätze
variiert werden können und weitere einzuhaltende Grenzen,
die etwa aus Normen oder Richtlinien resultieren. Optimierungskriterien
sind beispielsweise ein minimaler Energieverbrauch, kurze Fahrzeiten,
geringe Anschaffungskosten oder dergleichen.
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Nach
der Eingabe der Optimierungsaufgabe 1 kommt es zu einer
zufälligen Generation von verschiedenen Parametersätzen
durch den mehrkriteriellen Genetischen Algorithmus (2).
Bei der Erzeugung und anschließend bei der Variation sind
die Randbedingungen der Optimierungsaufgabe berücksichtigt.
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Im
nächsten Schritt werden die Parameter der Parametersätze
nacheinander als Eingabedaten der Simulation bereitgestellt, und
die Simulation des Betriebsverhaltens des Bahnsystems mit Hilfe
von Zugfahrsimulations- und Netzberechnungsprogrammen durchgeführt
(3). Jedes so erstellte Modell wird anhand der Bewertungskriterien,
wie beispielsweise einem möglichst geringen Energiebedarf
oder kurzen Beförderungszeiten bewertet, indem die Simulationsergebnisse
von (3) automatisch ausgewertet werden. Ist die Prüfung
des Abbruchkriteriums (4) negativ, wird eine Gruppe von
Parametersätzen, welche die Bewertungskriterien am besten
erfüllen, als Elternparametersätze ausgewählt.
Aus den Elternparametersätzen wird eine neue Ge neration
von Parametersätzen erstellt (5). Dabei werden
beispielsweise die Parameter zweier Elternparametersätzen
paarweise miteinander verglichen, wobei unterschiedliche Parameter
zwischen den Elternparametersätzen ausgetauscht werden.
Die so erzeugten Kinderparametersätze gehen als neue Parametersätze
wieder in die erneute Simulation ein. Die Schritte (3)
bis (5) werden so oft wiederholt, bis die Prüfung
des Abbruchkriteriums (4) ein positives Ergebnis liefert.
Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn sich auch nach mehreren
aufeinander folgenden Durchläufen von (3) bis (5)
keine Verbesserung im Sinne der Optimierungskriterien einstellt.
Ist das Abbruchkriterium erfüllt, wird das erfindungsgemäße
Verfahren beendet und die pareto-optimalen Parametersätze
dargestellt (6).
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2 zeigt
beispielhaft ein mit dem erfindungsgemäßen Verfahren
ermitteltes Ergebnis. Die Konstruktionsparameter Wagenzahl, Fahrzeugtyp, Fahrzeugleistung
und Fahrzeuggewicht sowie die betrieblichen Parameter Maximalgeschwindigkeit, Zugfolgezeit
und Länge der Ausrollphase wurden in zweckmäßigen
Grenzen variiert mit dem Ziel, die Bewertungskriterien Systemenergiebedarf
und mittlere Fahrzeit zwischen den Halten des Bahnsystems gleichzeitig
zu minimieren. Hinter jedem pareto-optimalen Punkt steht ein unterschiedlicher
Parametersatz. Die Grafik kann dem Auftraggeber, beispielsweise
dem Betreiber des Bahnsystems, vorgelegt werden um zu verdeutlichen,
welche Fahrzeit mit welchem Energieaufwand zu erreichen ist. Auf
dieser Grundlage kann dieser entscheiden, welcher pareto-optimale
Parametersatz den für ihn besten Kompromiss zwischen beiden
Kriterien darstellt.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- - Kusagawa et
al., der bei der Konferenz MAGLEV International Conference an Magnetically
Levitated Systems and Linear Drives unter dem Titel „Design
of EMS-Magnetically Levitated System based an Genetic Algorithm” [0002]
- - „Optimization of an MRT Train Schedule: Reducing
maximum traction power by using genetic algorithms” erschienen
in IEEE Transactions an Power Systems, Band 20, Nr. 3, August 2005
von Jiann-Fuh Chen et al. [0003]
- - David E. Goldberg „Genetic Algorithms in Search,
Optimization and Machine Learning” von Eddison Wesley,
1989, ISBN 0-201-15767-5 [0009]