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Die
Erfindung betrifft die Bereitstellung eines Arzneimittels zur Behandlung
neuronaler Erkrankungen, insbesondere des Schlaganfalls.
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Schlaganfall
ist eine Volkskrankheit mit hoher Morbidität und Letalität.
Allein in Deutschland treten jährlich 200.000 Neuerkrankungen
auf, was den Schlaganfall zur häufigsten Ursache für
Behinderungen und zur dritthäufigsten Todesursache in modernen
Zivilgesellschaften macht. Die Gesamtkosten der Erkrankung werden
allein in Deutschland auf etwa 10 Milliarden Euro geschätzt.
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Ursache
des Schlaganfalls ist zu etwa 90% ein sog. ischämischer
Hirninfarkt, der durch einen akuten Gefäßverschluss
im Gehirn verursacht wird. Zur kausalen Behandlung des Schlaganfalls
ist derzeit lediglich die Thrombolyse mit rekombinantem Gewebe Plasminogen
Aktivator (rt-PA) zugelassen. Diese Therapie ist jedoch auf ein
therapeutisches Fenster von drei Stunden nach Beginn des Einsetzens
der Schlaganfallsymptome beschränkt. Deutschlandweit kommen
daher nur weit weniger als 5% aller Schlaganfallpatienten in den
Genuss dieser Behandlung. Andere kausale Behandlungsmöglichkeiten,
insbesondere Substanzen, die entweder akut oder chronisch gegeben
werden, um die neurologischen Schäden zu verringern, sind
derzeit trotz umfangreicher jahrzehntelanger Forschungsaktivitäten bislang
in der Klinik nicht verfügbar.
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Als
Folge eines ischämischen Ereignisses kommt es zu einem
Zelluntergang von Neuronen und anderen Zelltypen im _Gehirn.. Dies
gilt selbst dann, wenn es sich nur um eine transiente Ischämie
handelt und/oder die vollständige Erholung der lokalen Blutversorgung
einen normalen Energiestoffwechsel und eine normale neuronale Aktivität
wieder erlauben würde. Die zum Zelltod führenden
pathologischen Veränderungen von Nervenzellen, die insbesondere in
vulnerablen Regionen auftreten, wie z. B. dem Hippocampus, Basalganglien,
oder der Großhirnrinde, manifestieren sich teilweise erst
einige Tage nach der Ischämie und werden deshalb auch verzögerter
neuronaler Zelltod genannt. Der neuronale Zelltod kann auch Hirnregionen
betreffen, in denen der Blutstrom nicht vollständig unterbrochen
war.
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Die
Wissenschaft und Forschung setzt bei der Behandlung von Schlaganfall
daher einerseits an einer möglichst schnellen und effektiven
Thrombolyse zur Wiederherstellung der Blutzufuhr, anderseits aber
auch an der Verhinderung des neuronalen Zelltods an. Als Begriff
für die Verhinderung des neuronalen Zelltods hat sich der
Terminus „Neuroprotektion" durchgesetzt. Die Neuroprotektion
betrifft somit in erster Linie die Behandlung oder Vermeidung von Sekundärerscheinungen
eines ischämischen Ereignisses, die sich dem Ereignis – vor
allem im Laufe der darauf folgenden Stunden und Tage – anschließen.
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Der
neuronale Zelltod kann nach neuerem Verständnis durch eine
komplexe Kaskade einer Vielzahl einzelner Reaktionsschritte ausgelöst
werden (u. a. Exzitotoxizität, Inflammation, _Apoptose
sowie weitere Schadensmechanismen). Die initiale Exzitotoxizität
wird dadurch ausgelöst, dass die unter Sauerstoffmangel
leidenden ischämischen Neuronen schnell ATP verlieren und
depolarisieren. Dies führt zu einer verstärkten
postsynaptischen Abgabe des Neurotransmitters Glutamat, der seinerseits
membrangebundene Glutamat-Rezeptoren aktiviert, die ihrerseits Kationen-Kanäle
regulieren. Als Folge der überhöhten Glutamatausschüttung
werden die Glutamat-Rezeptoren jedoch überaktiviert. Die
von den Glutamat-Rezeptoren regulierten spannungsabhängigen
Kationen-Kanäle werden durch die Bindung von Glutamat an
den Rezeptor geöffnet. Damit setzt ein Na+ und
ein Ca2+ Strom in die Zelle ein, der zu
einer massiven Störung des Ca2+ abhängigen
zellulären Stoffwechsels – einschließlich
des Energiestoffwechsels – führt. Für
den nachfolgend eintretenden Zelltod könnte dabei insbesondere
die Aktivierung Ca2+ abhängiger
kataboler Enzyme verantwortlich sein.
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Selbst
wenn der Mechanismus dieser durch Glutamat vermittelten Neurotoxizität
derzeit noch nicht im Detail abschließend verstanden ist,
scheint dennoch in der Fachwelt Einigkeit darüber zu bestehen,
dass diese Phänomen in einem erheblichen Umfang zu dem
frühen neuronalen Zelltod nach einer Ischämie
beiträgt.
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In
den letzten Jahrzehnten wurde eine Vielzahl verschiedener Strategien
entwickelt, um dem neuronalen Zelltod klinisch zu begegnen. Frühe
Ansätze stellten auf die Unterdrückung des neuronalen Metabolismus
und die Blockade des Calciumeinstroms ab (siehe beispielsweise
EP 0 781 766 B1 ). Ein
Großteil neuerer Strategien setzt dagegen an der Verwendung
von Inhibitoren exzitatorischer Aminosäuren an. Dieser
Ansatz basiert auf der Vorstellung, den ischämischen Zelltod
durch die Hemmung der oben geschilderten Überanregung zu
verhindern. Als Inhibitoren exzitatorischer Aminosäuren
sind vor allem Glutamat-Antagonisten bekannt, die spezifisch die
Rezeptoren dieser Aminosäure blockieren, sowie Verbindungen,
die die Glutamatfreisetzung hemmen. Als Inhibitor des NMDA Glutamat-Rezeptors
ist beispielsweise das MK-801 bekannt. Als Inhibitoren der Glutamatfreisetzung
sind 2,4-Diamino-5-(2,3,5-trichlorphenyl)pyrimidin oder 2,4-Diamino-5-(2-chlorphenyl)pyrimidin
bekannt (
EP 0 459 830
A1 ).
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In
der Vergangenheit wurden insgesamt mehr als 50 mögliche
neuroprotektive Substanzen in klinischen Versuchen zum akuten ischämischen Schlaganfall
untersucht. Bislang hat sich jedoch keine der zunächst
positiv in präktinischen Untersuchungen getesteten Substanzen
in der klinischen Praxis als wirksam erwiesen. Demnach fehlt es
derzeit immer noch an wirksamen Neuroprotektiva, die eine erfolgreiche
Verhinderung oder zumindest Linderung des neuronalen Zelltods nach
einem ischämischen Ereignis ermöglichen.
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Nach
der Reperfusion (Rekanalisation) der Blutgefäße
und der möglichen Neuroprotektion – sowie der
begleitenden Stabilisation des Allgemeinzustands des Patienten – noch
während der Akutphase oder frühen postakuten Phase
des Schlaganfallereignisses ist der behandelnde Arzt bestrebt, möglichst frühzeitig
eine Rehabilitation des Patienten einzuleiten. Diese frühe
Rehabilitationsbehandlung setzt üblicherweise einige Tage
nach dem Schlaganfallereignis ein; und ist somit für die
postakute oder chronische Phase der Behandlung typisch. Sie kann
aber bestenfalls auch noch am selben Tag nach der Stabilisierung
des Patienten beginnen. Eine klare zeitliche Differenzierung zwischen
den einzelnen Behandlungsphasen ist daher nicht ohne weiteres möglich.
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Die
Rehabilitation ist in diesem Kontext definiert als eine Maßnahme,
die das Gehirn unterstützt, sich durch Umorganisation oder
eventuell auch Neubildung veränderten Bedingungen anzupassen,
und so zunächst verlorene oder geschwächte Funktionen oder
Strukturen wiederzuerlangen oder zu ersetzen. Auf der zellulären
Ebene versteht der Fachmann darunter vor allem die sog. neuronale
Plastizität, bei der es sich um die funktionale und/oder
morphologische Anpassung reifer neuronaler Zellen auf veränderte interne
oder externe Einflüsse handelt, insbesondere nach einem
neuronalen Verlust oder einer Schädigung wie beispielsweise
nach einem Schlaganfall. Die positive Wirkung einer Maßnahme
auf die Rehabilitation oder Plastizität neuronaler Strukturen
wird im vorliegenden Zusammenhang als „neuroregenerative"
oder „neuroplastische" Wirkung oder als „Neuroregeneration"
definiert.
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Die
derzeit gängigen Maßnahmen zur Rehabilitation
umfassen beispielsweise ergotherapeutische, logopädische
oder physiotherapeutische Behandlungen. Eine medikamentöse
rehabilitative Therapie ist nicht etabliert. Letztlich versuchweise
wurden stimulierende Medikamente wie Piracetam oder Amphetamine
eingesetzt. Bereits unmittelbar nach der Akutphase setzt jedoch
die Sekundärprävention zur Vermeidung weiterer
vaskulärer Ereignisse (Schlaganfallung, Herzinfarkt etc
ein). Dies geschieht z. B. mit Thrombozytenfunktionshemmern (z.
B. Aspirin), Antikoagulantien (z. B. Warfarin), Cholesterinsynthesehemmern
oder Blutdruckmedikamenten. Diese werden dem Patienten meist chronisch
verabreicht, d. h. über Monate und Jahre.
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Trotz
des großen Bedarf an Maßnahmen zur Behandlung
neuronaler Erkrankungen wie beispielsweise des Schlaganfalls sowohl
in der akuten als auch in der postakuten oder chronischen Phase
des Krankheits- oder Schadensverlaufs, haben die bisherigen Anstrengungen
der Arzneimittelforschung noch nicht zu ausreichend befriedigenden
Ergebnissen geführt. Der Bedarf an weiteren oder alternativen
Medikamenten zur Behandlung neuronaler Schäden besteht
somit trotz jahrzehntelangen Bemühungen der Wissenschaft
und Forschung fort. Dies gilt insbesondere für den Bereich
der postakuten und chronischen Behandlung des Schlaganfalls.
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Es
ist daher Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Arzneimittel bereitzustellen,
das hier Abhilfe schafft und die Möglichkeit eröffnet,
die Behandlung neuronaler Erkrankungen, insbesondere des Schlaganfalls,
zu verbessern.
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Es
hat sich nun überraschend gezeigt, dass die Behandlung
geschädigten neuronalen Gewebes mit einem selektiven Serotonin-Wiederaufnahme-Inhibitor
(SSRI) zu einer deutlichen Verbesserung oder Erholung der betroffenen
Bereiche der Schädigung führt. Dies gilt insbesondere
für Schäden, die auf ein ischämisches
Ereignis zurückgehen. Es ist dabei besonders überraschend,
dass diese Verbesserung selbst dann eintritt, wenn die SSRI Gabe
außerhalb der akuten Phase des ischämischen Ereignisses, nämlich
z. B. postakut oder chronisch erfolgt.
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Die
Erfindung betrifft somit die Behandlung neuronaler Erkrankungen
mit SSRI zu Zwecken der Neuroprotektion oder der Neuroregeneration.
Beide Vorgänge spielen unter anderem bei der Behandlung des
Schlaganfalls eine entscheidende Rolle, so dass die Erfindung insbesondere
die Verwendung von SSRI als Neuroprotektivum oder als Maßnahme
zur Rehabilitation oder Neuroregeneration bei Schlaganfallpatienten
umfaßt. Die Behandlung ist dabei auch postakut oder sogar
chronisch möglich. Ebenso ist die Behandlung neurodegenerativer
Zustände durch die Verabreichung der neuroregenerativ wirkenden SSRI
Gegenstand der Erfindung. Dazu ist eine chronische Gabe der SSRI
vorteilhaft.
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Die
erfindungsgemäße Verwendung von SSRI ist insbesondere
zur Behandlung von Patienten geeignet, die unter einer fokalen cerebralen
Ischämie leiden.
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Bei
den SSRI handelt es sich um eine Gruppe von Substanzen, die übereinstimmend
am Serotonin-Transporter (5-HT Transporter) eine präferentielle
Hemmwirkung entfalten, jedoch nicht notwendigerweise zu einer einheitlichen
chemischen Klasse gehören. Mögliche weitere Wirkungen
dieser Verbindungen an anderen Rezeptoren treten gegenüber der
Wirkung am 5-HT Transporter deutlich in den Hintergrund. Da sie
die Wiederaufnahme des Neurotransmitters Serotonin in die Präsynapse
hemmen, erhöhen sie die Serotonin-Konzentration im synaptischen
Spalt. Einige der SSRI hemmen jedoch auch schwach die postsynaptischen
Rezeptoren. Das Maß der postsynaptischen Hemmung ist jedoch
klinisch in der Regel nicht relevant.
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Es
ist eine Vielzahl von SSRI bekannt, die zum Teil auch bereits in
der klinischen Praxis zur Behandlung von Depressionen eingesetzt
werden. Dabei handelt es sich beispielsweise um das Fluvoxamin (Fevarin®), Fluoxetin (N-Methyl-3-phenyl-3-[4-(trifluoromethyl)phenoxy]-propan-1-amin; Fluctin®)) Paroxetin (3S-trans)-3-((1,3-Benzodioxol-5-yloxy)methyl)-4-(4-fluorophenyl)-piperidin,
Paroxetin; Paxil®, Seroxat®, Sertralin, (1S,4S)-4-(3,4-Dichlorphenyl)-1,2,3,4-tetrahydro-N-methyl-1-naphthylamin,
Zoloft®, Gladem®)
Citalopram, 1-[3-(Dimethylamino)propyl]-1-(4-fluorphenyl)-1,3-dihydroisobenzofuran-5-carbonitril]
(Cipramil®, Sepram®),
sowie dessen S-Enantiomer (Cipralex®).
Diese Substanzen sind erfindungsgemäß einsetzbar.
Citalopram und Escitalopram sind besonders bevorzugt. Die Herstellung
dieser Verbindungen ist dem zuständigen Fachmann geläufig.
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Zu
Zwecken der vorliegenden Erfindung werden unter „neuronalen
Erkrankungen" bzw. „neuronalen Krankheiten" alle diejenigen
Zustände zusammengefasst, die bezüglich der Funktionalität
oder Morphologie neuronaler Gewebe, Organe oder Strukturen gegenüber
einem gesunden Menschen aus medizinischer Sicht eine Veränderung
darstellen. Die Ursachen der Schädigung können
dabei beliebigen Ursprung sein, so z. B. genetisch bedingt oder aber
auch durch ein Trauma (z. B. spirale oder cerebrale Traumata) ausgelöst
sein. Diese Definition umfasst demnach auch neurodegenerative oder
cerebrovaskuläre Erkrankungen. Vornehmlich psychiatrische
Erkrankungen wie Depressionen sind von der vorliegenden Definition
allerdings nicht erfaßt.
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Als
neurodegenerative Erkrankungen wird eine Gruppe von meist langsam
fortschreitenden, erblichen oder sporadisch auftretenden Erkrankungen des
Nervensystems verstanden. Hauptmerkmal ist der fortschreitende Verlust
von Nervenzellen, der zu verschiedenen neurologischen Symptomen – darunter
häufig zu Demenz und Bewegungsstörungen – führt.
Die Erkrankungen können in unterschiedlichen Lebensaltern
auftreten, verlaufen diffus oder generalisiert und rufen charakteristische
histologische Schädigungsmuster hervor. Beispiele für
diese Erkrankungen sind Morbus Alzheimer, Morbus Parkinson, Morbus
Huntington oder die Amytrophische Lateralsklerose.
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Als
cerebrovaskuläre Erkrankungen werden im Kontext der vorliegenden
Erfindung krankhafte Zustände bezeichnet, die auf einer
Veränderung oder Schädigung der Blutgefäße
des Zentralnervensystems beruhen, insbesondere der zuführenden
Gefäße zum Gehirn. Der Schlaganfall gehört
zu dieser Gruppe von Erkrankungen und wird in diesem Zusammenhang
näher definiert als eine plötzlich oder innerhalb
kurzer Zeit auftretende Erkrankung des Gehirns, die zu einem anhaltenden
oder aber zumindest vorübergehenden Ausfall von Funktionen
des Zentralen Nervensystems führt und durch kritische Störungen
der Blutversorgung des Gehirns verursacht wird. Bei der ursächlichen
Durchblutungsstörung kann es sich um eine plötzlich
eintretende Minderdurchblutung (z. B. Ischämie) oder aber
auch um eine Blutung (z. B. hämorrhagischer Schlaganfall) handeln.
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Im
Kontext der vorliegenden Erfindung bezeichnet der Begriff „fokale
Ischämie" bzw. „fokale cerebrale Ischämie"
eine Schädigung des neuronalen Gewebes, die durch einen
Verschluß oder eine Verengung einer zerebralen Arterie
bedingt ist und somit zu einer lokal begrenzten Minderversorgung
mit Sauerstoff und Nährstoffen führt.. Sie grenzt
sich insoweit von der sog. globalen Ischämie oder der globalen
cerebralen Ischämie ab, bei der ein ganzes Organ von der
Sauerstoffzufuhr durch das Blut zumindest vorübergehend
getrennt ist
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Wie
bereits ausgeführt, werden SSRI vor allem als Antidepressiva
eingesetzt. Mittlerweile ist aber darüber hinaus bekannt,
dass SSRI ebenso als Ergänzung eines auf einer Psychotherapie
basierenden Gesamtkonzepts, beispielsweise zur Behandlung der Zwangsstörung
von Angstzuständen (soziale Phobie, Panikstörung,
generalisierte Angststörung) oder von Essstörungen
eingesetzt werden können. Ein möglicher weiterer
Anwendungsbereich ist die Verminderung von Stottern. Ebenso liegen
Erfahrungen im Bereich der therapeutischen Behandlung bei krankhaftem Übergewicht
vor.
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In
der
EP 0474 580 B1 wird
die protektive Wirkung von SSRI auf Bewusstseinsstörungen
oder Amnesie beansprucht, die im Zusammenhang mit Demenz oder cerebrovaskulären
Störungen auftreten können. Um diese Schutzwirkung
zu erfassen, wurde den Versuchstieren zunächst der SSRI
Citalopram verabreicht, und anschließend durch den beidseitigen
Verschluß der Carotiden der Tiere eine vorübergehende
Unterbrechung der Blutversorgung im Gehirn erzeugt. Danach wurde
unter anderem das durch die vorübergehende Ischämie
erzeugte Läsionsvolumen im Gehirn oder das Verhalten der
Tiere in einem Standard-Verhaltenstest untersucht. Aus den Ergebnissen
aus diesem Tiermodell zur Simulation von durch einen Herzkreislaufstillstand
erzeugten Schäden im Gehirn sowie an entsprechenden positiven
klinischen Ergebnissen an Depressionskranken mit begleitenden Demenzerscheinungen
wird die oben genannte Schutzwirkung der SSRI im Hinblick auf Bewusstseinsstörungen
abgeleitet.
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Darüber
hinaus sind verschiedene Kombinationstherapien bekannt, in denen
SSRI gemeinsam mit anderen therapeutisch aktiven Substanzen eingesetzt
werden, so z. B. mit dem für die Epilepsie Behandlung zugelassenem
Zonisamid zur Behandlung von Hörstörungen (siehe
US 2007/021352 A1 )
oder in Kombination mit einem Phosphodiesterase 5 Inhibitor zur
Behandlung cardiovaskulärer Erkrankungen. Die letzt genannte Kombinationstherapie
ist u. a. Gegenstand der US Patentanmeldung US2006/0106039 A1. Allerdings
offenbart diese Druckschrift weder die Behandlung des Schlaganfalls
mit SSRI als Monotherapie, noch die nun erfindungsgemäß aufgefundene
neuroprotektive oder neuroregenerative Wirkung von SSRI.
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Keine
dieser Druckschriften gibt demnach aus der Sicht des Fachmanns einen überzeugenden Hinweis
darauf, dass – wie es Gegendstand der vorliegenden Erfindung
ist – SSRI klinisch zur Neuroprotektion nach einem fokalen
Schlaganfall oder aber zur Neuroregeneration bei neuronalen Krankheiten erfolgreich
einsetzbar sind.
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In
einer besonders vorteilhaften Ausführungsform der vorliegenden
Erfindung werden SSRI nach Ablauf der akuten Phase des ischämischen
Ereignisses, also in der postakuten bzw. chronischen Phase der Erkrankung
verabreicht. Erfolgt die SSRI Gabe insbesondere auch zu Zwecken
der Neurogeneration kann sie – wie bereits oben ausgeführt – auch •chronisch
erfolgen. Dies gilt beispielsweise bei der erfindungsgemäßen
Behandlung des Morbus Alzheimer oder des Morbus Parkinson.
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Dabei
wird vorliegend unter der Begrifflichkeit „außerhalb
der akuten" Phase derjenige Zeitraum verstanden, der sich dem Erhalt
der wesentlichen Lebensfunktionen und der Stabilisierung eines Patienten
nach dem ischämischen Ereignis anschließt. Diese
Phase ist vor allem dadurch charakterisiert, dass sich der behandelnde
Arzt der Behandlung der Folgen des ischämischen Ereignisses
und der weitgehenden Regeneration der geschädigten Funktionen
und Strukturen widmet. Außerhalb der akuten Phase liegt
die postakute sowie die chronische Phase. Die „postakute"
Phase beginnt im Sinne der vorliegenden Erfindung dann, wenn die
primären Schadensereignisse und Schadenskaskaden im betroffenen
Gewebe abgeschlossen sind. In der Regel ist davon auszugehen, dass
die akute Phase frühestens nach etwa nach 6 bis 12 Stunden
abgeschlossen ist und dann die postakute Phase beginnt.
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In
einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung erfolgt
die Gabe des SSRI demnach frühestens 6, 12 oder 24 h nach
Beginn des ischämischen Ereignisses, oder aber erst sogar
einige Tagen nach Beginn des Ereignisses. Dies gilt insbesondere für
die Behandlung des Schlaganfalls. Sie konnten die Erfinder zeigen,
dass sogar bei einer Gabe eines SSRI beginnend am 7. Tag nach dem
Schlaganfallereignis eine signifikante Verbesserung erreicht werden
konnte.
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Die
SSR können erfindungsgemäß auch chronisch
verabreicht werden. Dabei bedeutet die chronische Gabe, dass der
SSRI über einen Zeitraum von einigen Tagen bis hin zu Wochen
und Monaten verabreicht werden. Besonders vorteilhaft ist die tägliche
Verabreichung eines SSRI über einen kontinuierlichen Zeitraum
von mehreren Tagen oder Wochen, beispielsweise über 2 Tage
bis 60 Tage, vorteilhafterweise 2 bis 30 oder 5 bis 20 Tage. Sie kann
jedoch auch über einen Zeitraum von mehreren Monaten bis
Jahren verabreicht werden.
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Beispiele
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Die
erfindungsgemäßen neuroprotektiven und neuroregenerativen/neuroplastischen
Effekte der SSRI auf neuronale Krankheiten wurde anhand eines anerkannten
Tiermodells zur fokalen Ischämie in Mäusen untersucht.
Dazu wurde der SSRI Citalopram den Versuchstieren in einer täglichen
Dosis von 13 mg/kg Körpergewicht kontinuierlich bis zum
Versuchsende verabreicht, wobei die Verabreichung am 7. Tag nach
der Induktion der Ischämie einsetzte.
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Anschließend
wurden die SRRI Effekte auf das Volumen der ischämischen
Läsionen ausgewertet. Ferner wurden die Tiere Standard-Verhaltenstests
unterzogen. Zudem wurden die Konzentrationen ausgewählter
Neurotransmitter erfaßt.
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Material und Methoden
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Tierversuch
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Ischämiemodell
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Die
Tierversuche wurden nach den Maßgaben des Tierschutzgesetzes
in Übereinstimmung mit institutionellen und internationalen
Richtlinien durchgeführt. Männliche 129S6/SvEv-Mäuse
(18–20 g, Bundesamt für Gesundheitsschutz Berlin)
wurden in Gruppen von 4–5 Mäusen pro Käfig
in Standardlaborkäfigen bei einer Umgebungstemperatur von 20–21°C
bei einem 12 h-Licht-Dunkel-Rhythmus (8.00 Uhr/20.00 Uhr) mit freiem
Zugang zu Futter und Wasser gehalten. Die Narkose der Mäuse
erfolgte mit 1% Isofluran in 69% N2O und
30% O2 mit einem Narkoseverdampfer. Die
Tiere wurden einer 30 min Fliamentokklusion der Arteria cerebri
media (MCAo) unterworfen, wobei die Körpertemperatur und
der regionale cerebrale Blutfluss wie beschrieben gemessen wurden
(Endres et al., 1998). Im Rahmen einer „sham"-Operation
(Scheinoperation) wurde das Filament lediglich für 30 Minuten
in die linke oder rechte Arteria carotis interna eingebracht, jedoch
nicht weiter vorgeschoben. Pro Versuchsgruppe wurden jeweils 10
Versuchstiere untersucht. Ein Versuchstier aus der IMCAo-(linksseitige
MCAo) Gruppe verstarb nach der Operation.
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Untersuchung mittels Magnetresonanztomographie (MRT)
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Die
MRT-Untersuchungen wurden mit einem 7 T Bruker Scanner (Pharmascan
70/16 AS, Bruker Biosein, Ettlingen, Germany) mit einem 16 cm horizontalen
Bohrlochmagnet und einem 9 cm abgeschirmten Gradienten (innerer
Durchmesser) mit einer maximalen Feldstärke von 300 mT/m
durchgeführt. Während der Bildgebung wurde die
Maus unter Inhalationsnarkose auf einem Mausbett in die Mitte einer
38 mm RF-Spule gelegt. Die Respiration wurde mit Hilfe der Überwachungseinheit
Model 1025 (SA Instruments, Inc.) überwacht. Das Ischämieareal wurde
mit einer T2-gewichteten, fettsupprimierten 2D Turbo Spin-Echosequenz
(TR 2937 ms; TE 36.5 ms, 12 × gemittelt) erfasst. Zwanzig
aufeinander folgende axiale Schnitte mit einer Schnittdicke von
0.4 mm wurden so durch das Gehirn gelegt, dass Bulbus olfactorius
sowie Kleinhirn nicht erfasst wurden. Das sogenannte „field
of view" betrug 2 × 2 cm, die Matrix war 128×128,
woraus sich eine Auflösung innerhalb einer Ebene von 156 μm
ergab. Das Läsionsvolumen wurde mit der Auswertungssoftware
Analyze 5.0. (AnalyzeDirect, Inc.; Lenexa, USA)
bestimmt. Dabei wurden die hyperintensen Ischämieareale
auf den T2-gewichteten Bildern manuell bestimmt und dann das Läsionsvolumen
automatisch berechnet.
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Psychopharmakologische Behandlung
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Die
tägliche intraperitoneale Behandlung mit Citalopram (13
mg/kg KG) wurde 7 Tage nach MCAo/Reperfusion begonnen und bis Versuchsende fortgeführt.
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Neurologisches Defizit
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Unmittelbar
nach Induktion der Ischämie und zusätzlich 1 Tag
vor Tötung wurden die Tiere entsprechend des Bederson Scores
hinsichtlich des neurologischen Defizits „geratet"(Bederson
et al., 1986).
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Verhaltensphänotypisierung
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Ab
zwölf Wochen nach MCAo/Reperfusion wurden die Tiere in
Folge einer Reihe von Verhaltenstests unterworfen: spontane lokomotorische
Aktivität, „elevated plus maze", modifizierter
Porsolt Schwimmtest, „light/dark box", „latency
to feed" sowie Konsum von Zuckerwasser. Die Verhaltenstests wurden
während der Dunkelperiode (d. h. während der Aktivitätsphase
der Tiere) durchgeführt. Vor Untersuchungsbeginn hatten
die Tiere jeweils mindestens eine Viertelstunde Zeit, sich an den
Untersuchungsraum zu gewöhnen. Die Reihenfolge der Verhaltensuntersuchungen
entsprach dabei früheren Empfehlungen, diese in einer Graduierung
nach dem Ausmaß der Stressbelastung mit Beginn mit den
am wenigsten belastenden Tests durchzuführen (van Gaalen
und Steckler, 2000; Mcllwain et al., 2001). Der Untersucher
war während der Durchführung der Experimente hinsichtlich
der Versuchsgruppen verblindet. Die Tiere wurden 2 Tage nach dem
Abschluss der Verhaltenstestung geopfert und die Gehirne für
die weitere Aufarbeitung asserviert (Bestimmung von Monoaminen,
Aminosäuren, Neurotrophinkonzentrationen). Separate Versuchsgruppen wurden
für die Immunhistochemie, Bestimmung der cerebralen Läsionsgrößen,
Immunoblots und RT-PCR angesetzt (siehe unten).
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Video Tracking
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Bei
allen Tests wurde ein automatisches Videotracking eingesetzt (TSE
Videohot 2 System, Technical & Scientifical
Equipment GmBH, Bad Homburg, Deutschland) mit einer räumlichen
Auflösung von 640×480 Pixel und einer zeitlichen
Auflösung von 1 Hz (spontane lokomotorische Aktivität)
bzw. 12.5 Hz („elevated plus maze").
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Spontane lokomotorische Aktivität
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Die
Tiere wurden in Einzelkästen gesetzt (30 × 20 × 15
cm). Zeit, Geschwindigkeit und Distanz für spontane lokomotorische
Aktivität wurde über eine Zeitspanne von 8 Stunden über
Nacht automatisch mittels Videohot aufgezeichnet und ausgewertet.
Der Test fand unter gedimmter indirekter Beleuchtung in einer neutralen
schallgeschützten Umgebung statt.
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Elevated Plus Maze
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Das
sogenannte „elevated plus maze" ist weithin als Test zur
Bestimmung von Ängstlichkeit bei Nagern etabliert. Die
Untersuchung wurde nach publizierten Protokollen durchgeführt
(Lister et al., 1987; Rodgers et al., 2002). Das „Maze” ist
aus schwarzem Plexiglass gefertig und besteht aus zwei sich gegenüberstehenden
offenen Armen (30 × 5 × 0.25 cm) sowie zwei sich
gegenüberstehenden geschlossenen Armen (30 × 5 × 15
cm). Die Arme gehen von einer gemeinsamen Plattform aus (5 × 5
cm), die auf einem Ständer 50 cm oberhalb des Bodens befestigt
ist. Das Plus Maze wird für das Experiment in eine schallgeschützte
und neutrale Umgebung mit indirekter Beleuchtung gebracht. Die Tiere
werden zu Beginn des Test in das Zentrum des „Maze" gesetzt, wobei
der Kopf in die Richtung eines geschlossenen Arms positioniert wird.
Die (i) Gesamtzeit, die das Tier in den offenen Armen verbringt,
sowie (ii) die Anzahl der Besuche in den offenen Armen („open
arm visits") wurden über einen Zeitraum von 5 min aufgezeichnet.
Die Zeit in den offenen Armen ist als aussagekräftiger
Index für Ängstlichkeit etabliert.
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„Tail Suspension Test"
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Das
Versuchstier wird etwa 1 cm vom Schwanzende mit Klebestreifen (3M
Durapore) an einer Metallstange 80 cm über dem Boden befestigt. Die
Zeitdauer, in der das Tier immobil war, wurde durch einen verblindeten
Beobachter aufgezeichnet.” Immobilität war dabei
definiert als Abwesenheit von Bewegungen unter Nichtberücksichtigung
der Atembewegungen. Wenn eine Maus an ihrem Schwanz nach oben kletterte,
wurde sie sanft wieder nach unten gezogen und die Testung anschließend
fortgesetzt. Mäuse, die auch weiterhin an ihrem Schwanz nach
oben kletterten, wurden von der Auswertung ausgeschlossen.
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Modifizierter Porsolt Schwimmtest
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Der
modifizierte Porsolt Schwimmtest stellt ein Screeningverfahren für
Depressivität und für die Wirksamkeit von Antidepressiva
dar. Die Testung wurde im wesentlichen wie beschrieben durchgeführt (Cryan
et al., 2002; Lucki et al., 1997). Die Tiere wurden einzeln
für 5 min in ein gläsernes Gefäß gegeben (15 × 21
cm), das mit 22°C warmen Wasser gefüllt war (8.5
cm Tiefe). Über diesen Zeitraum von 300 sec wurden dann
die Verhaltensweisen „Schwimmen", „Climbing" (Klettern)
sowie „Floating" (Treiben) gemonitort. „Schwimmen"
war definiert als Bewegung (gewöhnlich horizontal) durch
das Gefäß. Immobilität war definiert
als Bewegungslosigkeit unter Nichtberücksichtigung solcher
Bewegungen, die das Tier daran hindern unterzugehen. „Climbing"
(Klettern) bestand in nach oben gerichteten Bewegungen der Vorderpfoten
des Tieres am Gefäßrand. Es wurden Zeit und Latenz
der drei Verhaltensweisen. verglichen und wie publiziert ausgewertet
(Cryan et al., 2002; Bale und Vale, 2003; Montkowski et
al., 1997; Lucki et al., 1997).
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Die
MCAo Tiere zeigen im sog. „Schwimmtest" (forced swim test)
nach Porsolt kürzere Latenzen bis zum ersten Treibenlassen
(latency to flogt) im Vergleich zu Sham Tieren. Dieser „depressive"
Phänotyp wird durch die Behandlung mit dem SSRI Citalopram
gänzlich verhindert. Darüberhinaus zeigen MCAo
Tiere, nicht aber Citalopambehandelte MCAo Tiere, signifikant niedrigere
Gewebsspiegel von Dopamin im ischämischen Striatum. Hierbei
korreliert der Dopamingehalt mit dem Verhalten im „Forced swim
test" (Pearson Correlation) (2).
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„Light-dark" Box
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Die
Light/Dark-Box (LD Box) bestand aus einem Plexiglassapparat (TSE
shuttle box System) mit den Maßen 30 cm × 17 cm × 17
cm (Länge × Breite × Höhe) und
war in zwei Kompartimente eingeteilt (abgedunkeltes bzw. voll mit
einer 20 W Glühbirne ausgeleuchtetes Kompartiment). Die
Tiere wurden über 5 Minuten in der LD Box getestet. Eine
kleine Öffnung innerhalb der Trennwand zwischen den beiden
Räumen (4 × 4 cm) erlaubte den Tieren einen freien
Wechsel hin und her zwischen den beiden Kompartimenten. Die Tiere
wurden für einen Zeitraum von 5 Minuten in den LD Box.
untersucht. Die Tiere wurden zu Untersuchungsbeginn in den abgedunkelten
Raum gesetzt. Danach wurden gemessen (i) Anzahl von Wechseln in
das ausgeleuchtete Kompartiment, (ii) Gesamtzeit, welche die Tiere
im abgedunkelten Kompartiment verbrachten, (iii) Gesamtzahl der
Wechsel zwischen den beiden Kompartimenten, (iv) Lokomotion. Alle
Maße wurden durch die Lichtsensoren des Verhaltensapparates
erfasst und von der Software des Systems ausgewertet (System Shuttle
ver.02.10)
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„Novelty-suppressed feeding test"
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Die
Experimente wurden in einem schallgeschützten, hell ausgeleuchteten
(1500 lx) Beobachtungsraum zwischen 11.00 und 12.00 Uhr in einem hölzernen
weißen „open field" (120 cm × 120 cm × 40 cm)
durchgeführt. Beginnend 48 Stunden vor Testung wurde den
Tieren Futter vorenthalten. Bereits eine Stunde vor der Testung
wurden die Tiere in den Beobachtungsraum gebracht. Eine Petrischale (Durchmesser
8 cm) wurde mit Standardmäusepellets gefüllt und
in die Mitte des „open field" gestellt. Jedes Tier wurde
mit Blick auf das Futter einzeln in eine Ecke des unbekannten „open
field" gesetzt. Das Verhalten der Tiere wurde aufgezeichnet und
hinsichtlich der Dauer bis zum Beginn der Nahrungsaufnahme ausgewertet.
Tiere, die sich nicht bewegten bzw. die während des Untersuchungszeitraums
von 300 s nichts fraßen wurden von der Auswertung ausgeschlossen.
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Sucrose Consumption Test (Zuckerpräferenz)
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Hierbei
handelt es sich auch um einen sehr einfachen, nichtinvasiven Test,
bei dem nach einem etablierten Verfahren getestet wird, ob Mäuse
eine 1%ige Sucrose-Lösung Leitungswasser vorziehen (Strekalova
et.al., 2004). Für einen Zeitraum von 24 h wurde
den Tieren innerhalb ihres gewohnten Käfigs die freie Auswahl
zwischen einer Zuckerlösung und Wasser mittels zweier sonst
identischer Wasserflaschen gegeben. Hierbei wurden die Flaschen
jeweils vor und am Ende des Versuchsprotokolls gewogen. Hieraus
lässt sich dann leicht die Sucrosezufuhr in mg/g Körpergewicht
errechnen.
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Viele
Wochen nach einem 30 min Verschluß der linken A. cerebri
media (MCAo) mit nachfolgender Perfusion nehmen 129/SV Wildtyp Mäuse
im „Sucrose consumption test" weniger gesüßtes
Wasser im Vergleich zu Schein (sham)-operierten Mäusen
zu sich. Dieser anhedone Phänotyp wird durch die Behandlung
mit dem SSRI Citalopram vollständig verhindert (1).
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Motorik
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Die
motorische Koordination wurde mit Hilfe eines sich beschleunigenden
Tretrades (Rota Rod Treadmill for mice; Durchmesser der sich beschleunigenden
Stange 3 cm; TSE Systems, Bad Homburg, Deutschland) einen Tag nach
Durchführung der Morris-Wasserlabyrinthexperimente getestet.
Nachdem die Tiere sich zunächst an einem Tag vorab bei
einer konstanten Geschwindigkeit von 4 Umdrehungen pro Minute an
das „rota rod" gewöhnen konnten (3 Durchgänge
von jeweils 120 s mit einer zwischenzeitlichen Pause von 2 h) wurde
am nächsten Tag der eigentliche Test durchgeführt.
Die Mäuse wurden bei einer Anfangsgeschwindigkeit von 4
Umdrehungen pro Minute auf die rotierende Stange gesetzt. Die Höchstgeschwindigkeit
von 40 Umdrehungen pro Minute wurde nach 245 s erreicht, die maximale
Untersuchungszeit betrug 300 s. Gemessen wurde die Zeit, bis die
Maus sich nicht mehr auf der rotierenden Stange halten konnte und
herunterfiel.
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Neurochemische Auswertung
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Aufarbeitung des Gewebes
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Bei
Versuchsende wurden die Tiere dekapitiert und die Hirne rasch entnommen.
Gewebeproben aus beiden Hemisphären wurden schnell aus
Cortex (fronto-parietal), Striatum (Nucl. Caudatus/Putamen), Septum
und Hippokampus (insgesamt acht Gewebeproben je Gehirn) genommen,
in flüssigem Stickstoff schockgefroren und bis zur weiteren
Untersuchung bei –80°C aufbewahrt. Für
die neurochemischen Analysen wurden die gefrorenen Gewebeproben
gewogen und mit Ultraschall in 10–20 vol deionisiertem Wasser
bei 4°C homogenisiert. Für die Bestimmung von
Monoaminen wurde ein Aliquot des Homogenats sofort zu demselben
Volumen 0.2 N Perchlorsäure gegeben und bei 25000 g für
10 min bei 4°C zentrifugiert. Der Überstand wurde
für die Messung von Monoaminen und ihren Abbauprodukten
verwendet. Für die Bestimmung von Aminosäuren
wurden 30 μl wässrigen Homogenats zu 120 μl
Methanol gegeben und für 10 Minuten bei einer Temperatur
von 4°C mit 25000 g zentrifugiert, um präzipitiertes
Protein zu entfernen. Das zurückbleibende wässrige
Homogenat wurde verwendet zur Bestimmung der Cholinacetyltransferase
(ChAT)-aktivität.
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Neurochemie
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Die
Konzentrationen von Monoaminen (Noradrenalin, NA; Dopamin, DA; 5-Hydroxytryptamin, 5-HT
und ihrer Metaboliten 3,4-Dihydroxyphenylessigsäure, DOPAC;
Homovanillinsäure, HVA; 5-Hydroxyindolessigsäure,
5-HIAA) wurden entsprechend früher beschriebenen Methoden
mittels HPLC mit elektrochemischer Detektion bestimmt (Felice
et al., 1978; Sperk et al, 1981, 1982). Glutamat, Gammaaminobuttersäure
(GABA) und Taurin wurden wie publiziert gemessen (Piepponen
und Skujins, 2001). Die Aktivität der ChAT wurde
entsprechend der Arbeit von Fonnum (1975) mit unwesentlichen Modifikationen
bestimmt. Die Aktivität der ChAT wird angegeben als Mikroeinheiten
(μU; Picomol Acetylcholinbildung pro Minute) je Milligramm
Gewebe (Feuchtgewicht).
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Die
MCAo Tiere zeigen einen signifikant erniedrigten Gewebespiegel von
Dopamin im ischämischen Striatum. Dabei korreliert der
Dopamingehalt mit dem Verhalten im Schwimmtest nach Porsolt (2).
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Neurotrophinbestimmungen
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Gewebeproben
wurden durch Ultraschallbehandlung in 10–20 vol Lysispuffer
(0.1 M Tris-HCl, pH 7.0, 0.4 M NaCl, 0.1% NaN3, und einer Reihe
von Proteaseinhibitoren) homogenisiert. Die Konzentration von BDNF
und NGF auf Proteinebene wurde mittels eines kommerziellen ELISAs
bestimmt (Promega). Die Nachweisgrenze des Tests lag bei 1 pg/ml bzw.
0.25 pg/ml. NGF und BDNF-Konzentrationen wurden mittels eines fluoreszenzbasierten
ELISA wie publiziert beschrieben (Hellweg et al., 2003).
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Immunhistochemie
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Nach
tiefer Narkose wurden die Tiere transkardial mit 4% Paraformaldehyd
in 0.1 M Phosphatpuffer getötet. Koronare 40 μm
Schnitte wurden an einem Schlittenmikrotom (Leica, Bensheim, Deutschland)
gewonnen. Die Schnitte wurden frei flottierend gefärbt.
Die Schnitte wurden für die lichtmikroskopische Auswertung
nach der ABC-Methode (Vectastain Elite Kit, Vector Laborstories)
gefärbt und mit Diaminobenzidin als Chromogen entwickelt.
(3, 4 und 5).
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129/SV
Wildtypmäuse wurden einer 30 min MCAo mit nachfolgender
Reperfusion ausgesetzt. Mäuse, die eine chronische Behandlung
mit dem SSRI Citalopram (Dosis und Protokoll siehe Methoden) erhalten
haben, wiesen nach 3 Monaten signifikant kleinere Läsionen
auf (bestimmt mittels immunhistochemischer Färbung mit
dem neuronalen Marker NeuN), weiterhin einen signifikant geringeren Verlust
des Volumens (geringere Atrophie) des ipsilateralen Striatum. Außerdem
wiesen sie einen signifikant geringen Verlust von Mittelhirnneuronen
(in der Substantia nigra sowie weiteren Kerngebieten) als MCAo Mäuse
auf, die mit der Kontrollsubstanz behandelt wurden.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
-
- - EP 0781766
B1 [0008]
- - EP 0459830 A1 [0008]
- - EP 0474580 B1 [0025]
- - US 2007/021352 A1 [0026]
-
Zitierte Nicht-Patentliteratur
-
- - Endres et
al., 1998 [0034]
- - AnalyzeDirect, Inc.; Lenexa, USA [0035]
- - Bederson et al., 1986 [0037]
- - van Gaalen und Steckler, 2000; Mcllwain et al., 2001 [0038]
- - Lister et al., 1987; Rodgers et al., 2002 [0041]
- - Cryan et al., 2002; Lucki et al., 1997 [0043]
- - Cryan et al., 2002; Bale und Vale, 2003; Montkowski et al.,
1997; Lucki et al., 1997 [0043]
- - Strekalova et.al., 2004 [0047]
- - Felice et al., 1978; Sperk et al, 1981, 1982 [0051]
- - Piepponen und Skujins, 2001 [0051]
- - Hellweg et al., 2003 [0053]