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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Bestimmung der Fahrspuranzahl für ein Fahrzeug mit einem Umgebungserfassungssensor. Das Verfahren ist insbesondere für Radarsensorsysteme geeignet. In Kraftfahrzeugen werden Sensoren zur Erfassung der Fahrzeugumgebung eingesetzt. Die Information über Umgebungsobjekte wird z. B. in Fahrerassistenzsystemen verwendet, die den Fahrer entlasten. Zu den Fahrerassistenzsystemen zählt u. a. ACC (Adaptive Cruise Control). Das Fahrverhalten ist z. B. davon abhängig, ob nur eine oder mehrere Fahrspuren für die jeweilige Fahrtrichtung zur Verfügung stehen. Demnach ist zur optimalen Unterstützung des Fahrers die Kenntnis der Anzahl der Fahrspuren vorteilhaft.
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Die Fahrspuren für die unterschiedlichen Fahrtrichtungen können durch besondere Markierungen bzw. Vorrichtungen voneinander getrennt sein, dies ist i. d. R. bei einer Autobahn der Fall. Es kann aber auch nur eine einfache Strichmarkierung vorgesehen sein, die entweder Spuren mit verschiedenen Fahrtrichtungen oder Spuren mit gleicher Fahrtrichtung voneinander trennt. Zudem werden Fahrspurmarkierungen je nach Sensortyp mehr oder weniger gut erkannt. Für ein optisches Sensorsystem (Lidar, Kamera) sind weiße Fahrspurmarkierungen sehr gut zu erkennen, für ein Radarsystem hingegen nicht.
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Die
DE 10 2005 039 103 A1 offenbart ein Verfahren zur Erfassung eines Verkehrsraums mit einem fahrzeuggebundenen Sensorsystem. Aus erfassten Betriebsgrößen von Objekten wird ein Verlauf von Fahrspuren abgeleitet.
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Die
DE 103 45 802 A1 offenbart ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Fahrspurerkennung. Es wird aus einer Relativgeschwindigkeit und einem Versatz detektierter Objekte die Anzahl vorhandener Fahrspuren ermittelt.
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Die
DE 101 60 189 A1 offenbart eine Vorrichtung zur Erfassung von vor einem Fahrzeug befindlichen Hindernissen.
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Die
DE 101 15 551 A1 offenbart ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Fahrspurzuordnung von aufeinanderfolgenden Fahrzeugen, wobei die Fahrspurzuordnung modellgestützt über eine Häufigkeitsverteilung der Querversätze von erfassten Radarobjekten erfolgt.
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Die
DE 10 2007 001 117 A1 offenbart ein Verfahren für die Steuerung eines Fahrerassistenzsystems, wobei ein Vorhandensein und eine Anzahl von benachbarten Fahrspuren in einem Verkehrsraum erfasst werden.
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Ferner ist aus der US 2005 / 0 190 975 A1 ein Verfahren bekannt, bei dem Verkehrsereignisse in einem komprimierten Video detektiert werden. Dabei werden Merkmalsvektoren aus dem komprimierten Video extrahiert, die dann einem versteckten Gauß'schen Markov-Modell zugeführt werden. Danach wird eine maximale Wahrscheinlichkeit des versteckten Gauß'schen Markov-Modells bestimmt, um die Vielzahl der Merkmalsvektoren als Verkehrsereignisse zu klassifizieren.
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Es ist daher eine Aufgabe der hier vorliegenden Erfindung, ein Verfahren zur Bestimmung der Fahrspuranzahl für ein Fahrzeug mit einem Umgebungserfassungssensor vorzustellen.
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Diese Aufgabe ist erfindungsgemäß gelöst durch ein Verfahren mit den in Anspruch 1 beschriebenen Merkmalen. Vorteilhafte Weiterbildungen sind den Unteransprüchen zu entnehmen.
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Erfindungsgemäß wird ein Verfahren zur Bestimmung der Fahrspuranzahl für ein Fahrzeug mit einem Umgebungserfassungssensor angegeben. Ein kennzeichnendes Merkmal des Verfahrens ist, dass eine Mehrzahl von Objekten in der Fahrzeugumgebung automatisch erfasst und klassifiziert werden, und daraus auf die Fahrspuranzahl geschlossen wird. Insbesondere wird die Häufigkeit und / oder Position, z. B. auf welcher Fahrspur befindet sich das Objekt relativ zum Fahrzeug bzw. befindet sich das Objekt am Straßenrand, der klassifizierten Objekte aufgenommen.
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Dazu ist ein stochastisches Verfahren vorgesehen. Das Modell sieht eine Anzahl von Modell-Zuständen vor, wobei die Modell-Zustände eine Fahrspur ohne Nebenspur und eine Fahrspur mit einer oder mehreren Nebenspur(en) umfassen. Insbesondere basiert das stochastische Verfahren auf Markov-Ketten.
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In einer vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung wird für vorgegebene Modell-Zustände aus der Beobachtung von Umgebungsobjekten eine Wahrscheinlichkeit berechnet. Es wird also z. B. für den Modellzustand „Fahrspur ohne Nebenspur“ anhand der Beobachtung der Umgebungsobjekte bestimmt, mit welcher Wahrscheinlichkeit dieser Modellzustand zutrifft. Ebenso wird z. B. für den Modell-Zustand „Fahrspur mit einer Nebenspur“ eine Wahrscheinlichkeit berechnet, ob diese Aussage zutrifft. Der Modell-Zustand mit der größten Wahrscheinlichkeit wird als der tatsächliche Straßentyp bestimmt.
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Ferner ist eine Anzahl Objektklassen vorgesehen. Die Objektklassen umfassen zumindest Objekte auf der Fahrbahn und Objekte am Straßenrand. Objekte am Straßenrand sind insbesondere Reflektoren zur Fahrbahnbegrenzung, Leitplanken, Grünstreifen (Gras, Büsche etc.)...
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In einer weiteren Ausgestaltung der Erfindung sind für Objekte auf der Fahrbahn zumindest die Objektklassen gleiche oder entgegen gesetzte Bewegungsrichtung bezüglich der Eigenbewegung des Fahrzeugs vorgesehen. Es wird also zwischen überholten bzw. überholenden Objekten und entgegenkommenden Objekten unterschieden.
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In einer vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung wird die Wahrscheinlichkeit eines Modellzustands in Abhängigkeit von der Zustandswahrscheinlichkeit für zumindest eine Objektklasse berechnet. Die Zustandswahrscheinlichkeit ist von der Objektklasse abhängig. Wird z. B. die Objektklasse Objekte am Fahrbahnrand betrachtet, so ist die erwartete Position dieser Objekte in der Fahrzeugumgebung eine völlig andere als z. B. die Position von überholenden Objekten, die sich auf der Fahrbahn befinden. Die Zustandswahrscheinlichkeit ist z. B. auch von der eigenen Fahrspur abhängig. Befindet sich das Fahrzeug auf der rechten Fahrspur, werden rechts nur Objekte am Fahrbahnrand und links i. d. R. Objekte auf der Fahrbahn und Objekte am Fahrbahnrand detektiert. Befindet sich das Fahrzeug auf einer Fahrbahn mit mehr als zwei Fahrspuren auf einer mittleren Fahrspur, so ist der Fahrbahnrand rechts weiter entfernt und es können rechts auch Objekte auf der Fahrspur erkannt werden. Jedes dieser Szenarien weist also eine eigene Zustandswahrscheinlichkeit in Abhängigkeit von der Objektklasse auf.
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In einer vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung ist die Wahrscheinlichkeit des Modell-Zustands von der Wahrscheinlichkeit eines Zustandsübergangs des eigenen Fahrzeugs in Form eines Spurwechsels abhängig. Die Wahrscheinlichkeit für einen Spurwechsel ist insbesondere abhängig vom Modell-Zustand. Ist der Modellzustand z. B. Fahrspur mit einer Nebenspur, so wird die Spurwechselwahrscheinlichkeit als höher angenommen, als wenn es sich um eine Fahrspur ohne Nebenspur handelt. In einer weiteren Ausführungsform hängt die Wahrscheinlichkeit des Zustandsübergangs von der Übergangszeit, also der Eigengeschwindigkeit des Fahrzeugs und ggf. der Fahrspurbreite, ab.
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Es wird ein Kraftfahrzeug mit Umgebungserfassungssensorsystem und Auswerteeinheit beansprucht, wobei in der Auswerteeinheit ein Verfahren nach einem der vorherigen Ansprüche hinterlegt ist.
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Die Erfindung wird anhand von fünf Figuren und Ausführungsbeispielen näher beschrieben.
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Es zeigt
- 1: Stochastisches Modell mit drei Modell-Zuständen und Übergangswahrscheinlichkeiten.
- 2: Zustandswahrscheinlichkeit für Straßenrandobjekte P(i=0) über dem Fahrspurabstand zum Straßenrand d (angegeben in Fahrspurbreite) beispielhaft für drei Fahrspuren.
- 3: Zustandswahrscheinlichkeit P für Überholende und Überholte P(i=1) über dem Fahrspurabstand zum Überholenden/ Überholten d (angegeben in Fahrspurbreite) beispielhaft für drei Fahrspuren.
- 4: Zustandswahrscheinlichkeit für Entgegenkommende P(i=2) über dem Fahrspurabstand zum Entgegenkommenden d (angegeben in Fahrspurbreite) beispielhaft für drei Fahrspuren.
- 5: Eine Fahrszene einer Fahrzeugumgebung beispielhaft mit Straßenrandobjekten und Überholenden sowie Überholten.
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In einem Ausführungsbeispiel wird ein Markov-Modell für die Bestimmung der Fahrspuranzahl verwendet. Für jede Seite des Fahrzeugs (links und rechts) ist ein Markov-Modell zu definieren. Ein Markov Modell ist eine Markov Kette, in der jeder Zustand eine Beobachtung erzeugt. In der vorliegenden Situation ist der Zustand, die Anzahl der Fahrspuren unbekannt. Es werden Umgebungsobjekte beobachtet und daraus wird der Zustand gefolgert.
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Das Verfahren basiert auf einem Markov Modell, das die Objektverteilung bewertet und die Spurzahl in der Fahrzeugumgebung auf beiden Seiten bestimmt. Hierbei wird die Straßentype (Straße ohne Nebenspur, Straße mit einer Nebenspur, Straße mit zwei Nebenspuren, etc.) als Markov-Modell-Zustand betrachtet, und die Verteilung von Umgebungsobjekten (Straßenrand-Objekte, Gegenverkehr-Objekte, Überhol-Objekte) entspricht der Markov-Modell-Beobachtung. Die 1 zeigt ein Markov Modell mit den Modell-Zuständen Z0, Z1 und Z2 mit den jeweiligen Wahrscheinlichkeiten des Zustandübergangs a.
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Im Folgenden wird ein Modellzustand mit j bzw. k bezeichnet. Für jeden Modell-Zustand j (j = 0······M - 1) berechnet man die Wahrscheinlichkeit aus der Markov-Modell-Beobachtung
O(i,j|t) (i = 0······N - 1) wie folgend:
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Hierbei ist p(O(i, k|t) die Zustandswahrscheinlichkeit für Objekte der Objektklasse i und des Modell-Zustandes k. Es sind verschiedene Objektklassen vorgesehen. So bezeichnet z. B. i = 0 Straßenrandobjekte, i = 1 Überholer, i = 2 Entgegenkommer ... Die Wahrscheinlichkeit des Zustandsübergangs ist mit ai(j,k) gekennzeichnet, wobei j den neuen und k den alten Zustand kennzeichnet. Die Wahrscheinlichkeit des Zustandsübergangs hängt also von der Objektklasse i, den Modell-Zuständen j und k ab, die die Anzahl der Fahrspuren angeben.
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Hier sind λj,βj konstante Parameter, die vom Modell-Zustand j abhängen. Zudem geht mit d0 die Fahrspurbreite, die z. B. vorgegeben ist oder aus den Sensordaten ermittelt wird, und der Fahrzeuggeschwindigkeit V die Übergangszeit für einen Spurwechsel ein.
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Die Wahrscheinlichkeit des Zustandes j unter Berücksichtigung der Zustandbeobachtungen berechnet sich zu
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Es berechnet sich die tatsächliche Straßentype j
0 als der Modell-Zustand j mit maximaler Wahrscheinlichkeit p(O(j|t))) zu:
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Dadurch wird die Spurzahl (entsprechend des Zustands j0) bestimmt.
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Beispielsweise ist für ein Markov Modell für die rechte Seite mit drei Modell-Zuständen die Zustandswahrscheinlichkeit für Straßenrandobjekten p(O(i,k|t) über dem Fahrspurabstand zum Straßenrand in 2 angegeben. Die Kurve für k = 0 befindet sich ganz links im Bild. Die Kurve für k = 0 zeigt die Zustandswahrscheinlichkeit für Straßenrandobjekte, wenn sich das Fahrzeug auf der rechtesten Spur befindet und den Bereich rechts vor dem Fahrzeug betrachtet. Die mittlere bzw. rechte Kurve zeigt analog die Zustandswahrscheinlichkeit für Straßenrandobjekte für den Fall, dass sich das Fahrzeug auf der zweiten bzw. dritten Spur von rechts befindet.
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3 zeigt eine Zustandswahrscheinlichkeit für Überholer über dem Fahrspurabstand zum Überholer für ein Beispiel mit drei Modellzuständen (Fahrspuren) für die rechte Seite. Als Überholer werden Objekte gezählt, die das hier beanspruchte Fahrzeug überholen beziehungsweise von dem hier beanspruchten Fahrzeug überholt werden. Die Kurve für k = 0 befindet sich ganz links im Bild und zeigt die Zustandswahrscheinlichkeit für den Fall, dass sich das Fahrzeug auf der rechten Spur befindet. Die mittlere bzw. rechte Kurve zeigt analog die Zustandswahrscheinlichkeit für Überholer, wenn sich das Fahrzeug auf der zweiten bzw. dritten Spur von rechts befindet.
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Ganz analog ist in 4 wieder für ein Markov Modell mit drei Modellzuständen für die rechte Seite eine Zustandswahrscheinlichkeit für Entgegenkommer angegeben, wobei die linke (rechte Spur), mittlere (mittlere Spur) und rechte (linke Spur) Kurve die Postion des hier beanspruchten Fahrzeugs angeben.
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Es ist für einen Fachmann ersichtlich, dass das hier beanspruchte Verfahren ebenso für die linke Seite durchgeführt werden kann. Dann würde der Modellzustand k=0 die linke, k=1 die mittlere, und k=2 die rechte Fahrspur bezeichnen.