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Die
Erfindung betrifft eine Vorrichtung zum Beschleunigen von Neutronen
oder Atomen gemäß dem Oberbegriff
des Patentanspruchs 1.
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Neutronen,
die in einem moderierenden System erzeugt werden, besitzen eine
Phasenraumdichte, die von der Moderatortemperatur abhängt. Ähnlich ist
es bei Atomen deren Phasenraumdichte durch die Temperatur des Quellofens
gegeben ist. Die Phasenraumdichte gibt dabei an wie viele Neutronen oder
Atome in einem gewissen Raum- und Geschwindigkeitsbereich vorhanden
sind. Gemäß dem Liouville
Theorem ist es in einem konservativen System nicht möglich, die
Phasenraumdichte zu ändern. Jedoch
ist es möglich,
mittels konservativer Kräfte, der
Form und der Lage eines Phasenraumelements die Phasenraumdichte
zu verändern.
Das Konzept der Phasenraumtransformation wurde bereits in Rückstreuspektrometern
eingesetzt. Dabei wird das Phasenraumelement derart gedreht, dass
sich mehr Neutronen im Rückstreuenergiebereich
befinden. Dies führt
zwar zu einer linearen Beschleunigung der Neutronen, aber mit einer
sehr hohen meist unerwünschten
Aufweitung des Strahls, d. h. mit größerer Strahldivergenz.
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Bei
einer neueren Art der Phasenraumtransformation wird die Lage des
Phasenraumelements verändert,
um einen gerichteten, monochromatischen Neutronenstrahl zu erzeugen.
Dies geschieht durch Streuung eines Gases ultrakalter Neutronen oder
Atome an einem bewegten Kristall oder einer künstlichen Gitterstruktur. Da
ultrakalte Neutronen, welche unter Zuhilfenahme von Kühlmethoden
erzeugt worden sind, eine höhere
Phasenraumdichte besitzen, kann man somit diese hohe Dichte in den Bereich
von kalten und thermischen Neutronen transformieren. Dadurch kann ein
Neutronenstrahl erzeugt werden, dessen Strahldivergenz geringer
ist, als der von einem kalten oder thermischen Moderator erzeugte
Neutronenstrahl. Um eine derartigen Phasenraumtransformation an
Neutronen durchführen zu
können,
müssen
die Neutronen an sehr schnell (ν > 200m/s) bewegten Einkristallen
gestreut werden. Bisher wurde dies dadurch erreicht, dass die Kristalle am
Umfang einer sehr schnell rotierenden Scheibe als Phasenraumtransformationselement
angebracht wurden. Bei einer derartigen Phasenraumtransformation
mittels einer einfachen Kreisbewegung zur Veränderung der Lage des Phasenraumelements war
nachteilig, dass die Geschwindigkeit am Umfang einer rotierenden
Scheibe eine Funktion des Radius darstellt. Ein radial auf der Scheibe
angeordneter Kristall besitzt deshalb über seine Breite nie die gleiche
Geschwindigkeit, da die Punkte am Kristall unterschiedlich weit
vom Rotationszentrum entfernt sind. Dadurch bewegen sich die außen liegenden
Bereiche des Kristalls schneller als die weiter innen liegenden
Bereiche. Da die Gitterkonstante des Kristalls auf die Geschwindigkeit
abgestimmt sein muss, müsste um
den Geschwindigkeitsgradienten entgegen zu wirken, der Kristall
einen entsprechenden Gradienten der Gitterkonstante besitzen. Da
die Gitterkonstante eine Materialeigenschaft des Kristalls ist,
kann diese nicht einfach geändert
werden, so dass eine derartige Phasenraumtransformation nicht effizient
ist. Zusätzlich
besteht das Problem, dass der Kristall durch die Drehbewegung ständig seine
Ausrichtung verändert.
Dadurch verändert
sich auch ständig
der Winkel, den die Kristalloberfläche mit einer raumfesten Tangente
bildet, was wiederum zu einer ungünstigen Auffächerung
des Neutronenstrahls führt.
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Der
Erfindung lag deshalb die Aufgabe zugrunde, eine derartige Vorrichtung
zur Beschleunigung von Neutronen und Atomen zu schaffen, dessen
Strahl nur eine sehr geringe Auffächerung aufweist.
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Diese
Aufgabe wird durch die in Patentanspruch 1 angegebene Erfindung
gelöst.
Weiterbildungen und vorteilhafte Ausführungsbeispiele der Erfindung
sind in den Unteransprüchen
angegeben.
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Die
Erfindung hat den Vorteil, dass durch den Doppellenkeraufbau die
Kristalle während
der Rotation in einem gewissen Bereich stets die gleiche Winkelausrichtung
im Raum beibehalten, so dass die Neutronen stets auf Kristallbereiche
mit gleicher Geschwindigkeit und quasi linearer Richtung auftreffen. Dadurch
entsteht ein gerichteter monochromatischer Neutronenstrahl, der
tief in Materie eindringen kann und daher für die unterschiedlichsten Forschungsvorhaben,
insbesondere zur Untersuchung der Struktur und Dynamik vorteilhaft
genutzt werden kann. Diese Technik ist intensitätsbegrenzt und jede Erhöhung der
Intensität
ist gleichbedeutend mit einer Erhöhung der Leistung eines Forschungsreaktors.
Bei Atomen handelt es sich meistens um Oberflächenuntersuchungen und die
Quellen sind Gasöfen
bei verschiedenen Temperaturen.
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Durch
den rotatorisch angetriebenen Doppellenker mit der gleich bleibenden
Winkelausrichtung der Kristallflächen,
an dem am Umfang angeordneten Lenkerplatten ist vorzugsweise eine
schnelle Linearbewegung von > 200
m/s mit einer hohen Wiederholrate von f > 100 Hz möglich. Da dieser Doppellenker
die Linearbewegung durch zwei miteinander gekoppelte Kreisbahnen
ausführt,
ist eine kompakte Bauweise in einem verhältnismäßig kleinen und gut vakuumisolierbaren
Rundbehälter
möglich,
wodurch auf einfache Art eine Beschleunigung der Neutronen beziehungsweise
der Atome durchführbar
ist.
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Die
Erfindung hat weiterhin den Vorteil, dass ein derartiger Doppellenker
auf einfache Weise in einem herkömmlichen
Schleuderstand einsetzbar ist, der bereits einen rotatorischen Drehantrieb
mit hohen Drehzahlwerten aufweist, vakuumisolierbar ist und durch
seinen kompakten Aufbau portabel und deshalb nach Bedarf auch bei
verschiedenen Forschungszentren einsetzbar ist.
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Die
Erfindung wird anhand eines Ausführungsbeispiels,
das in der Zeichnung dargestellt ist, näher erläutert. Es zeigen:
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1 einen
Doppellenker zur Beschleunigung von Neutronen oder Atomen, und
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2 einen
modifizierten Schleuderstand, in dem ein Doppellenker antreibbar
angeordnet ist.
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In 1 der
Zeichnung ist ein Phasenraumtransformationselement dargestellt,
das als Doppellenker 1 ausgebildet ist und das zwei vertikal übereinander
angeordnete Lenkerarme 2, 3 enthält, deren Rotationsachsen 6, 7 horizontal
seitlich gegeneinander versetzt und axial miteinander verbunden
sind, wobei die beiden Lenkerarmenden 4 durch zwei gelenkig
angeordnete Lenkerplatten 5 gekoppelt sind.
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Der
Doppellenker 1 wird in der Regel horizontal in einem vakuumisolierbaren
Aufnahmebehälter
eingebaut. Deshalb besitzt er an seinem Fuß einen Befestigungsteller 8,
der durch vorzugsweise acht Befestigungsschrauben 9 am
Boden des umgebenden Aufnahmebehälters
angeschraubt ist. Der obere Lenkerarm 2 ist horizontal
und parallel zu dem unteren Lenkerarm 3 ausgerichtet und
vorzugsweise aus zwei verjüngenden
Flachstahlformteilen zusammengeschweißt, die horizontal und vertikal
rechtwinklig aufeinander stehen. Die Flachstahlformteile sind symmetrisch
um ein oberes Drehlagerelement 10 angeordnet, das nach
oben einen Hohlraum 24 aufweist. Am Umfang des Hohlraummantels
sind innen Mitnahmeelemente vorgesehen, die beispielsweise als Längsschlitze
ausgebildet sind, in die eine mit Mitnahmezapfen versehene Antriebswelle
einsteckbar ist. Diese Antriebswelle ist dafür vorgesehen, den Doppellenker 1 von
oben anzutreiben. Die beiden Lenkerarmhälften des oberen Lenkerarms 2 laufen
schräg
verjüngend
auf deren abgerundetes Lenkerarmende 4 zu und weisen vorzugsweise
jeweils eine Länge
von ca. 300 mm auf. An den Endbereichen 4 des oberen Lenkerarms 2 sind
senkrecht nach unten gerichtete dünne Lagerzapfen 11 angebracht,
die in eine der beiden Lagerhülsen 12 der
beiden Lagerplatten 5 passgenau eingreifen.
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Parallel
unterhalb des oberen Lenkerarms 2 ist in umgekehrter axialer
Ausrichtung ein unterer Lagerarm 3 angebracht, der etwa
gleichartig wie der obere Lagerarm ausgebildet ist und die gleichen
Abmessungen aufweist. Beide Lenkerarme 2, 3 sind vertikal
etwa 50 mm voneinander beabstandet. Zwischen diesen beiden Lenkerarmen 2, 3 ist
im Zentrum ein feststehendes Kurbelelement 13 angeordnet,
das im Grunde aus zwei seitlich vertikal abstehenden Drehlagerzapfen 15, 16 besteht,
die mittig durch ein seitlich versetztes Verbindungsstück 14 verdrehfest
gekoppelt sind. Dabei sind die Drehlagerzapfen 15, 16 in
den beiden Drehlagern 10, 16 der Lenkerarme 2, 3 vorzugsweise
durch hochwertige Kugellager ortsfest gelagert. Durch den seitlich
horizontalen Versatz der Drehlagerzapfen 15, 16 sind
die beiden Drehachsen 6, 7 der Lenkerarme 2, 3 gegeneinander
vorzugsweise ca. 70 mm versetzt. Dabei ist der untere Lenkerarm 3 durch
den unteren Drehlagerzapfen 16 auf den Befestigungsteller 8 drehbar
gelagert, wobei dieser feststehende untere Drehlagerzapfen 16 gegenüber der
zentralen Drehachse 6 des oberen Lenkerarms 2 um
ca. 70 mm gegenüber
der zentralen Mittelachse des Befestigungstellers 8 versetzt
angeordnet ist.
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Zur
weiteren Ankopplung sind an den Endbereichen 4 der Lenkerarme 2, 3 die
beiden gleichartigen Lenkerplatten 5 drehbar angeordnet.
Die beiden Lenkerplatten 5 enthalten einen flachen vertikal
angeordneten Zwischenteil 25, an dessen Enden zwei Lagerhülsen 12 angeformt
sind. In diese Lagerhülsen 12 greifen
die gegeneinander gerichteten dünnen Lagerzapfen 11 drehbar
ein. Dadurch wird bei einem rotatorischen Antrieb des oberen Lenkerarms 2 der unteren
Lenkerarm 3 ebenfalls rotatorisch mitgenommen. Durch den
seitlichen Versatz der beiden Drehachsen 6, 7 und
die Kopplung durch die Lenkerplatten 5 beschreibt jeder
Lenkerarm während
der Rotation eine Kreisbahn um seine Rotationsachse 6, 7, die
sich an zwei 180° gegenüber liegenden
Punkten miteinander schneiden. Da die Lagerabstände der Drehlenkerzapfen 15, 16 mit
70 mm gleich dem Abstand der beiden Drehachsen der Lenkerplatten 5 sind,
behalten die Lenkerplatten 5 stets die gleiche Winkelstellung
im Raum. Dadurch besitzt jeder Punkt auf den Lenkerplatten 5 zu
einem gemeinsamen Zeitpunkt stets die gleiche Umfangsgeschwindigkeit. Diese
variiert zwar zwischen einem Minimalwert beim Schneiden der beiden
Rotationskreisbahnen und einem Maximalwert bei 90° zwischen
diesen Punkten. Die winkelgleiche Stellung der Lenkerplatten 5 im Raum
wird dabei ausgenutzt, um Neutronen bzw. Atome im Raum mit gleicher
Geschwindigkeit und stets gleicher Richtung während der Umlaufbahn zu beschleunigen.
Dazu wird an den Lenkerplatten 5 mittels einer flachen
Kassette 17 eine Fläche
von vorzugsweise 50 × 50
mm vorgesehen, an denen spezielle Kristalle befestigt sind, die
die Neutronen (Atome) durch ihre Gitterstruktur reflektieren. Werden nun
bei einem mit vorzugsweise 6000 U/min rotierenden Doppellenker 1 z.
B. von einem Forschungsreaktor ein Gas mit ultrakalten Neutronen
in den Rotationsbereich der Lenkerplatten 5 eingeleitet,
so treffen diese Neutronen auf die mit den Kristall versehenen Flächen auf
der Lenkerplatte 5 auf.
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Eine
Anordnung der in einem Aufnahmebehälter befestigten Doppellenkervorrichtung 1 zur
Beschleunigung von z. B. ultrakalten Neutronen oder Atomen ist in 2 der
Zeichnung näher
dargestellt. Diese Anordnung besteht im Wesentlichen aus einem herkömmlichen
etwas modifizierten Schleuderstand 18, auf dessen Bodenfläche die
Doppellenkervorrichtung 1 zentral befestigt ist. Bei dem
Schleuderstand 18 handelt es sich um einen herkömmlichen Schleuderstand,
der aus einem runden Schleuderbehälter 18, mit einer
durchschlagsstarken Auenwandung 26 von vorzugsweise 710
mm Durchmesser besteht, der durch einen darüber höhenverstellbar angeordneten
Deckel 20 luftdicht verschließbar ist. Bei geschlossenem
Deckel 20 ist der Schleuderstand 18 durch eine
angeschlossene Absaugvorrichtung vakuumisolierbar. Im Zentrum des
Deckels 20 ist eine Antriebswelle 21 nach innen
in den Schleuderbehälter 18 geführt, mit
der die darin angeordneten Rotoren 1 bis zu Drehzahlen
von maximal 200000 U/min antreibbar sind. Derartige Schleuderständer 18 wurden bisher
zur Überprüfung der
drehzahlabhängigen
Festigkeit von Rotoren bis zu dessen Berstdrehzahl eingesetzt.
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Zur
Beschleunigung von Neutronen oder Atome vorzugsweise ultrakalten
Partikel wird der Doppellenker 1 zentral am Boden des Schleuderstandes 18 so
montiert, dass bei geschlossenem Deckel 20 die Antriebswelle 21 kraft-
und formschlüssig in
das obere Drehlagerelement 10 als Antriebslager des oberen
Lenkerarms 2 eingreift. Dabei wird parallel zur Beschleunigung
der ultrakalten Neutronen oder Atome im Schleuderbehälter 19 ein
hohes Vakuum erzeugt und eine bestimmte Betriebstemperatur eingestellt.
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Durch
eine speziell vorgesehene Einlassöffnung für die Teilchen 22 an
der Außenwand 26 etwa in
Höhe der
Lenkerplatten 5 wird von einem externen Forschungsreaktor
oder Atomofen, wie sie bei verschiedenen Forschungszentren vorhanden
sind, ein Gas mit ultrakalten Neutronen oder Atomen an eine bestimmte
Stelle der vorbei-rotierenden Lenkerplatten 5 eingeleitet.
Dabei wird vorzugsweise der Bereich vorgesehen, an den die mit den
Kristallen bestückte
Lenkerplatte 5 die größte Umfangsgeschwindigkeit
aufweist. Treffen nun die in den Rotationsraum eingebrachten ultrakalten
Neutronen oder Atome mit der rotierenden Kristallfläche in der
Kassette 17 zusammen, so werden die Neutronen durch Bragg-Beugung
in eine quasi lineare Richtung beschleunigt. Diese Richtung ist
festlegbar und stellt meist eine tangentiale Richtung dar, die senkrecht zur
Ausrichtung der Lenkerplatte 5 und tangential zur Drehrichtung
im Punkt der höchsten
Umlaufgeschwindigkeit verläuft.
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Zur
Ausleitung dieses beschleunigten Strahls ist ebenfalls am Umfang
der Außenwand 26 eine
Auslassöffnung 23 vorzugsweise
mit einem Durchmesser von 50 mm vorgesehen. Die Neutronen- bzw. Atom- Ein- 22 und
Auslassöffnung 23 sind mechanisch
nicht offen, sondern für
die entsprechende Strahlungsart durchlässig. Da sich der Doppellenker 1 mit
einer Umfangsgeschwindigkeit an dem bestimmten Umlaufpunkt mit der
vorzugsweise höchsten
Umfangsgeschwindigkeit von vorzugsweise mindestens 250 m/s umläuft, werden
die Neutronen bzw. Atome mit einer Wiederholungsrate von beispielsweise
fmax = 130 Hz beschleunigt. Dadurch wird
an dem Einlassbereich 22 der Neutronen oder Atome an der Stelle
mit der vorgesehenen bestimmten gleichen Umfangsgeschwindigkeit
von beispielsweise νmax = 250 m/s eine quasi lineare Bewegung
der Kristalle durch den vorgegebenen fixen Raumwinkel erzeugt. Dabei
wird durch die hohe Wiederholfrequenz während der schnellen Umläufe an dieser
Stelle ein scharfer, wenig aufgefächerter Neutronenstrahl (Atomstrahl)
erzeugt, der durch die Auslassöffnung 23 zum
Versuchsort austritt.
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Derartige
Schleuderkammern 18 bestehen in der Regel aus einer hochfesten
Stahllegierung, durch die die ultrakalten Neutronen (Atome) austreten
können.
Deshalb ist der Schleuderbehälter 19 bis
auf die Ein- 22 und Auslassöffnungen 23 innen
noch zusätzlich
mit einem Material ausgekleidet, dass die ultrakalten Neutronen
reflektiert und vorzugsweise aus einem Kupfermaterial besteht. Für Atome
ist das nicht speziell erforderlich. Der vakuumisolierbare Schleuderbehälter 18 als
Aufnahmebehälter
für die
Doppellenkervorrichtung 1 muss kein Schleuderbehälter 19 eines
herkömmlichen
Schleuderstandes 18 sein, sondern auch vergleichbare Funktionselemente
aufweisen. Durch die gefundene schnelle wiederkehrende quasi lineare
Kristallbewegung im Vakuum, können
auch andere Teilchenstrahlen, wie z. B. Moleküle sowohl beschleunigt und
auch verzögert
werden.