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Stand der Technik
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Die gegenständliche Erfindung befasst sich im weitesten Sinne mit der Regelung der Funktion bzw. der Linearisierung des Verhaltens dynamischer Lautsprecher. Hierzu werden bevorzugt nichtlineare Filter oder nichtlineare Zustandsregler eingesetzt. Für den Stand der Technik nichtlinearer Filterung wird auf [6] verwiesen. Eine weitere Verbesserung kann durch Adaption der Filterparameter an Veränderungen des physikalischen Systems erreicht [3] werden. Nichtlineare Zustandsregler basieren meistens auf einem Entwurfsverfahren, das in [16] beschrieben wurde.
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In [6] argumentiert Klippel, der Einsatz nichtlinearer Filter sei dem Einsatz von Reglern vorzuziehen, da keine geeignete kostengünstige Sensorik zur Messung für eine Regelung unabdingbar notwendiger Ausgangs- und/oder Zustandsgrößen verfügbar sei. Unbestrittener Vorteil einer Regelung ist es, dass diese, im Vergleich mit einem Filter, unempfindlich gegenüber alterungsbedingter Änderung der Systemparameter ist. Durch eine permanente Adaption der Filterparameter kann dieser Nachteil reduziert werden, jedoch ist die adaptive Schätzung der Filterparameter im Allgemeinen ungenauer als die Messung der tatsächlichen Systemparameter.
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Falls es gelingt, kostengünstig und genau entweder
den Membranenhub x,
oder die Membranengeschwindigkeit v
oder die Membranenbeschleunigung a
zu messen, kann also eine Regelung mit den bereits geschilderten Vorteilen eingesetzt werden. Zur Regelung eines spannungsgesteuerten Lautsprechers ist zusätzlich die Kenntnis des Schwingspulenstroms, der leicht gemessen werden kann, erforderlich.
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Der Membranenhub kann mit einem zusätzlichen Sensor, wie in [2] beschrieben, gemessen werden. Sensoren zur Messung der Membranenbeschleunigung sind in [12, 1, 4, 5, 14] beschrieben. Weiter ist die Messung der Membranengeschwindigkeit mit Hilfe eines induktiven Geschwindigkeitssensors mit eigenem Magnetsystem, vgl. [10, 8], möglich. In [8] wird zur Messung eine zusätzliche Spule mit eigenem Magnetsystem koaxial vor dem Antriebssystem des Lautsprechers beschrieben. Bei dieser räumlichen Anordnung von Mess- und Antriebsspule kann ein Übersprechen von der Antriebsspule und damit eine Verfälschung nicht ausgeschlossen werden. Um diesen Fehler zu vermeiden, wird in [10] vorgeschlagen, die Messung mittels zweier gegensinnig gewickelter Messspulen mit jeweils zugeordnetem Luftspalt vorzunehmen. Es wird gezeigt, dass hierzu nur ein zusätzliches Magnetsystem benötigt wird.
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Nachteil aller beschriebenen zusätzlichen Sensoren ist, dass die Kosten des Gesamtsystems erhöht werden. Diese Zusatzkosten können durch die Bestimmung der Membranengeschwindigkeit aus der an der Schwingspule des Antriebssystems gemessenen Spannung, vgl. [7, 9, 13], weitgehend vermieden werden. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass diese Bestimmung aufgrund des hubabhängigen Kraftfaktors Bl und des vom Antriebsstrom an der Schwingspule hervorgerufenen Spannungsabfalls fehlerbehaftet ist. Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass die Induktivität der Schwingspule hubabhängig ist. In [10] ist ein Verfahren zur Bestimmung der Schwingspulengeschwindigkeit beschrieben, das die Hubabhängigkeit des Kraftfaktors Bl berücksichtigt.
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Aufgabe
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Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, kostengünstig und genau die Membranengeschwindigkeit eines dynamischen Lautsprechers zu bestimmen.
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Lösung
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Diese Aufgabe wird durch den Gegenstand eines der Patentansprüche 1 oder 3 gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen sind in den Unteransprüchen angegeben.
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Durch die Erfindung erreichte Vorteile
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Durch die erfindungsgemäße Messung der Membranengeschwindigkeit ergeben sich wesentlich niedrigere Systemkosten als bei Einsatz eines zusätzlichen Beschleunigungs- oder Hubsensors oder eines induktiven Geschwindigkeitssensors mit eigenem Magnetsystem. Da die Fehler der Messung korrigiert werden, kann die Membranengeschwindigkeit sehr genau bestimmt werden.
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Ausführungsbeispiel
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Zunächst soll davon ausgegangen werden, dass zur Messung der Membranengeschwindigkeit eine Messspule benutzt wird, die sich gemeinsam mit der Schwingspule – im folgenden als Antriebsspule bezeichnet im Luftspalt des Magnetsystems eines dynamischen Lautsprechers befindet. In diesem Fall ist die an der Messspule gemessene Spannung die Summe folgender Teilspannungen:
der geschwindigkeitsproportionalen Generatorspannung UGen = Bl·v,
der durch die Kopplung zwischen Antriebs- und Messspule induzierten Spannung UTr.
und der am Gleichstromwiderstand der Messspule abfallenden Spannung UR.
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Wird die Messspule hochohmig abgeschlossen, so ist die Spannung UR so gering, dass sie vernachlässigt werden kann. Die Messspule sowie deren Kopplung zur Antriebsspule kann also durch das in 1 dargestellte Ersatzschaltbild dargestellt werden.
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Zur weiteren Analyse ersetzt man in diesem Ersatzschaltbild den Transformator durch dessen in der Übertragungstechnik übliches T-Ersatzschaltbild (
2). Hier symbolisieren die Induktivitäten L
S die Streuung und die Induktivität
die Kopplung im Transformator. Der Widerstand R steht für die Wirbelstromverluste im Transformator. Bei niedrigen Frequenzen können die Streuinduktivitäten vernachlässigt werden. Laut [17] wird die Induktivität der Schwingspule eines dynamischen Lautsprechers durch Wirbelstromverluste stark beeinflusst. Dort wird gezeigt, dass die Induktivität der Schwingspule durch Hintereinanderschaltung mehrerer Parallelschaltungen aus Induktivitäten und Widerständen hinreichend genau nachgebildet werden kann. Ersetzt man die Koppelinduktivität M im T-Ersatzschaltbild durch das in [17] vorgeschlagene Netzwerk und vernachlässigt die Streuinduktivitäten L
S, so folgt das in
3 dargestellte lineare Modell von Antriebs- und Messspule. Aus diesem Modell ergibt sich, dass die Klemmenspannung U
Klem der Messspule wie folgt berechnet werden kann:
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Da der Strom durch die Antriebsspule bekannt ist, kann aus der Klemmenspannung die Generatorspannung berechnet werden [11]. Aus dieser lässt sich wiederum die Membranengeschwindigkeit v bestimmen. Bisher wurde hierbei allerdings ignoriert, dass die relevanten Elemente L1, L2, R1 und R2 und der Kraftfaktor Bl eine Funktion des Membranenhubs x sind. Diese Effekte können keinesfalls vernachlässigt werden. In 4 ist die Grenzfrequenz des aus L1 und R1 gebildeten Hochpasses für einen typischen Tieftonlautsprecher aufgetragen. Die durch die Nichtlinearität der Elemente verursachten Frequenzgangveränderungen sind offensichtlich.
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Gemäß der gegenständlichen Erfindung können die aufgezeigten Fehler mit Hilfe eines Signalprozessors kompensiert werden. Hierzu werden folgende Werte benötigt:
der Augenblickswert des Antriebsspulenstroms i,
die Spannung an der Messspule UKlem,
der Membranenhub x und
die Hubabhängkeit von L1, L2, R1, R2 sowie von Bl.
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Die hubabhängigen Elemente können wie z. B. in [15] beschrieben bestimmt werden. Wenn diese Werte in Tabellen im Signalprozessor hinterlegt sind, kann der hubabhängige Wert der von der Antriebsspule in die Messspule transformierten Fehlerspannung folgendermaßen berechnet werden:
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Indem diese Fehlerspannung vom gemessenen Wert subtrahiert wird, ergibt sich ein korrigierter Wert für die Generatorspannung. Wird dieser durch den hubabhängigen Kraftfaktor Bl dividiert, so erhält man schließlich den korrekten Wert der Membranengeschwindigkeit. In 6 ist das Vorgehen schematisch dargestellt.
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Der für die Korrektur benötigte Membranenhub kann entweder durch Integration der Membranengeschwindigkeit oder mittels eines unvollständigen Beobachters oder mittels eines unvollständigen Modells bestimmt werden.
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Wird darauf verzichtet, eine zweite Schwingspule zur Erleichterung der Messung anzubringen, so kann die Erfindung ebenfalls angewendet werden. In diesem Fall kann der Spannungsabfall am Gleichstromwiderstand R jedoch nicht mehr vernachlässigt werden. Für die Schwingspule ergibt sich das in 5 dargestellte lineare Modell der Schwingspule (Antriebsspule). Aus dem Vergleich dieses Modells mit dem linearen Modell von Antriebs- und Messspule (3) folgt, dass die frequenz- und hubabhängigen Fehler wie bereits beschrieben korrigiert werden können. Bei der Korrektur des durch den Gleichstromwiderstand der Schwingspule verursachten Fehlers muss berücksichtigt werden, dass dieser zwar nicht hubabhängig, aber dennoch nicht konstant ist.
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Da von dynamischen Lautsprechern ein Großteil der eingebrachten elektrischen Energie in der Schwingspule in Wärme umgewandelt wird, sind die Temperatur der Schwingspule und damit deren Gleichstromwiderstand R vom wiedergegebenen Audioprogramm abhängig. Um diese Zeitabhängigkeit des Gleichstromwiderstandes bei der Korrektur der gemessenen Klemmenspannung berücksichtigen zu können, empfiehlt es sich, den zeitabhängigen Gleichstromwiderstand wie in [3] beschrieben mit einem adaptiven Filter zu schätzen. Aus dem so geschätzen Gleichstromwiderstand und dem Augenblickwert des Antriebsstroms ergibt sich der benötigte Korrekturwert. Somit sind alle zur Korrektur des Messwertes erforderlichen Werte bekannt. In 7 ist das Vorgehen schematisch dargestellt.
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Literatur
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- [1] K. E. Bakgaard: Loudspeaker Motional Feedback System. US Patent 4.180.706 , 1979.
- [2] D. Birt: Displacement Transducer for Use with Electrodynamic Loudspeakers. Britisches Patent 2.207.323A , 1987.
- [3] A. Bright: Active Control of Loudspeakers: An Investigation of Practical Applications. Dissertation, Dänische Technische Universität, 2002.
- [4] D. S. Hall: Loudspeaker with High Frequency Motional Feedback. US Patent 4.573.189 , 1986.
- [5] D. S. Hall: Loudspeaker with Motional Feedback. US Patent 4.727.584 , 1988.
- [6] W. Klippel: The Mirror Filter – A New Basis for Reducing Nonlinear Distortion and Equalizing Response in Woofer Systems. JAES 40, 675–691, 1992.
- [7] T. Korn: Motional Feedback Amplifier. US Patent 3.647.969 , 1972.
- [8] S. T. Meyers: Sound Reproducing System Utilizing Motional Feedback. US Patent 3.798.374 , 1974.
- [9] F. A. Miller und S. D. Heidorn: Audio Amplifier Circuit and Method of Operation. US Patent 5.245.296 , 1993.
- [10] W. Miller: Loudspeaker with Motional Feedback. US Patent 4.609.784 , 1986.
- [11] P. G. L. Mills und M. O. J. Hawskford: Distortion Reduction in Moving Coil Loudspeaker Systems Using Current-drive Technology. JAES 37, 129–148 und 809–822, 1989.
- [12] J. H. Mullins: Sound Reproduction System with Driven and Undriven Speakers and Motional Feedback. US Patent 3.821.473 , 1974.
- [13] M. Reiffin: Smart Amplifier for Loudspeaker Motional Feedback Derived from Linearization of a Nonlinear Motion Responsive Signal. US Patent 5.542.001 , 1996.
- [14] D. J. Schrader: Servo-controlled Amplifier and Method for Compensating for Transducer Nonlinearities. US Patent 4.868.870 , 1989.
- [15] J. Scott, J. Kelly und G. Leembruggen: New Method of Characterizing Driver Linearity. JAES 44, 258–265, 1996.
- [16] J. Suykens und J. Vandewalle: Feedback Linerarization of Nonlinear Distortion in Electrodynamic Loudspeakers. JAES 43, 690–694, 1995.
- [17] J. Vanderkooy: A Model of Loudspeaker Driver Impedance Incorporating Eddy Currents in the Pole Structure. JAES 37, 119–128, 1989.