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Die
Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Erzeugung
einer apedalen translatorischen Bewegung mit einem elektromagnetisch
angetriebenen nachgiebigen Lokomotionssystem für den Einsatz in der Robotik,
vorzugsweise für
die Inspektions- und Medizintechnik.
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Es
besteht zunehmender Bedarf an miniaturisierbaren Lokomotionssystemen
einfachen Aufbaus mit großer
Anpassungsfähigkeit
an die Umgebungsbedingungen. In letzter Zeit werden in vielen Anwendungsfällen zunehmend
bein- und radlose Fortbewegungsstrategien technischer Lokomotionssysteme,
wie z.B. das Kriechen, favorisiert. Die Anpassungsfähigkeit
dieser Systeme beruht hauptsächlich
auf ihrer Beweglichkeit, die in den meisten bekannten technischen
Systemen durch konventionelle gelenkige Verbindungen gewährleistet
ist. Viele der daraus resultierenden Nachteile, wie beispielsweise Verschleiß, können durch
den Einsatz von nachgiebigen, hochelastischen Elementen überwunden
werden. Ein Vorteil dieser nachgiebigen Elemente besteht darin,
dass sie gleichzeitig mit ihrer Verbindungsfunktion auch als Antrieb
für das
Lokomotionssystem fungieren. So gewährleisten beispielsweise in
DE 28 27 473 C2 ,
WO 98/11816 A1,
DE
100 27 447 A1 und
DE
198 33 340 A1 elastische Hohlkörper die Beweglichkeit des
Systems durch ihre Nachgiebigkeit. Gleichzeitig werden sie aber
auch als Antrieb für
das Lokomotionssystem verwendet. Durch die Formänderung der Hohlkörper infolge
variierender Innendruckbelastung wird eine Fortbewegung dieser Systeme
realisiert. Die Druckquelle und das Lokomotionssystem sind miteinander
durch Schläuche
verbunden. Dadurch ist jedoch die Autonomie dieser Bewegungssysteme
beschränkt
und ihre Miniaturisierung mit großem Aufwand verbunden.
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Daher
besteht ein Bedarf an einfach miniaturisierbaren Lokomotionssystemen,
bei denen die Energiequelle für
den Antrieb des Lokomotionssystems entweder nicht unmittelbar, oder
nur durch elektrische Zuleitungen mit diesem verbunden wird.
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Aufgabe
der vorliegenden Erfindung ist es deshalb, ein Verfahren und eine
Vorrichtung zur Erzeugung einer apedalen translatorischen (kriechenden)
Bewegung anzugeben, mit denen die beschriebenen Nachteile (z.B.
Vermeidung von Zuleitungen) überwunden
werden und auf einfache und kostengünstige Weise eine translatorische
Bewegung auch in schwer zugänglichen
Bereichen realisiert werden kann.
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Die
Lösung
dieser Aufgabe gelingt mit den Merkmalen der Patentansprüche 1 und
4.
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Vorteilhafte
Ausgestaltungen des erfindungsgemäßen Verfahrens und der dazugehörigen Vorrichtung
sind in den Unteransprüchen
angegeben.
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Erfindungsgemäß wird die
kriechende Bewegung durch die Verformung eines oder mehrerer nachgiebiger
Strukturteile der Vorrichtung und durch nichtsymmetrische Reibung
zwischen der Vorrichtung und dem umgebenden Medium realisiert. Die nachgiebigen
Strukturteile werden aus magnetisierbarem Werkstoff, wie beispielsweise
Ferrofluid in einer reversibel verformbaren hochelastischen Hülle, Ferrogel,
magnetisches Elastomer, magnetorheologisches Elastomer oder einer
Kombination dieser gebildet. Die Verformung der nachgiebigen Strukturteile ist
durch Krümmungsänderung
und/oder Dehnung gekennzeichnet und wird erfindungsgemäß durch
ein sich zeitlich und/oder örtlich änderndes,
homogenes oder inhomogenes elektromagnetisches Feld ausgelöst. Die
das elektromagnetische Feld erzeugenden Bauteile werden entweder
in die Vorrichtung integriert oder außerhalb von dieser angeordnet.
Die für eine
Bewegung erforderliche nichtsymmetrische Reibung wird entweder durch
die Art des Kontaktes zwischen der Vorrichtung bzw. den Teilen der
Vorrichtung und dem umgebenden Medium oder durch entsprechende elektromagnetische
Erregung realisiert. Im letzteren Fall ist die Anpassungsfähigkeit
der Vorrichtung zum umgebenden Medium größer.
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Weitere
Einzelheiten und Vorteile der Erfindung sind dem nachfolgenden Beschreibungsteil
zu entnehmen, in dem die Erfindung unter Bezugnahme auf die beigefügten Zeichnungen
näher erläutert wird.
Es zeigt:
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1 – den prinzipiellen
Aufbau eines ersten Ausführungsbeispiels
und dessen Bewegung für
eine elektromagnetische Erregungssequenz (I–IX)
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2 – den prinzipiellen
Aufbau eines zweiten Ausführungsbeispiels
und dessen Bewegung für eine
elektromagnetische Erregungssequenz (I–IX)
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3 – drei
Varianten (A, B, C) eines dritten Ausführungsbeispiels und deren jeweilige
Bewegung für
eine elektromagnetische Erregungssequenz (I–III)
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4 – vier
Varianten (A, B, C, D) eines vierten Ausführungsbeispiels und deren jeweilige
Bewegung für
eine elektromagnetische Erregungssequenz (I–III)
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5 – zwei
Varianten (A, B) eines fünften Ausführungsbeispiels
und deren jeweilige Bewegung für
eine elektromagnetische Erregungssequenz (I–III) Ein erstes Ausführungsbeispiel
der erfindungsgemäßen Vorrichtung
ist in 1-I dargestellt. Die Vorrichtung (1)
besteht aus einem oder mehreren nachgiebigen Strukturteilen aus
einem hochelastischen magnetisierbaren Werkstoff und/oder aus einem
hochelastischem Hohlkörper
mit Ferrofluidfüllung
im Inneren. Die kriechende Bewegung dieser Vorrichtung in einem
Kanal (5) wird durch deren sich örtlich und zeitlich ändernde
Krümmung
infolge eines sich örtlich und
zeitlich ändernden
elektromagnetischen Feldes realisiert. Wenn an den gegenüberliegenden
Kanalwänden
(5-1, 5-2) zueinander versetzt lokale Magnetfelder
erzeugt werden (siehe Pfeile (6)), erfolgt eine magnetfeldproportionale
Krümmung
und dadurch eine Verkürzung
der Vorrichtung (L1 < L0)
in der Bewegungsrichtung (hier positive x-Richtung), wenn der Abstand
der Versetzung(en) des Magnetfeldes kleiner als die Länge der
Vorrichtung ist. Diese nichtsymmetrische Erregungsform wird schrittweise versetzt,
gespiegelt und ohne zeitliche Unterbrechung so oft wiederholt, bis
diese sich von der Vorrichtung entfernt. Es ergibt sich das in den 1-II bis 1-IX
dargestellte Bewegungsmuster der Vorrichtung für eine Erregungssequenz. Infolge
der örtlichen
Krümmungsänderung
und der daraus folgenden Verkürzung verschiebt
sich die Vorrichtung bei einer Erregungssequenz um die Strecke (s).
Mit wiederholten Erregungssequenzen kann die Fortbewegung der Vorrichtung
erreicht werden. Die Größe der zurückgelegten
Strecke (s) pro Erregungssequenz wird im quasistatischen Fall hauptsächlich durch
die geometrischen Gegebenheiten, wie beispielsweise die Proportionen
Kanalbreite (b) zur Vorrichtungslänge (L0) bzw. Kanalbreite (b)
zur Vorrichtungsbreite (B), durch die Erregungsform und -größe bzw.
durch die mechanischen Eigenschaften des die Vorrichtung umgebenden
Mediums definiert. Im dynamischen Fall hängt (s) zusätzlich von der Elektrodynamik
der Erregung und den zeitabhängigen
mechanischen Werkstoffeigenschaften der Vorrichtung bzw. des umgebenden
Mediums ab.
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Ein
zweites Ausführungsbeispiel
der erfindungsgemäßen Vorrichtung
ist in 2-I im Längsschnitt
dargestellt. Eine kriechende Bewegung dieser Vorrichtungsvariante
(1) in einem Kanal (5) wird nach dem „Inch-Worm-Prinzip" realisiert. Demnach
erfolgt eine periodische Verstreckung/Verkürzung der einzelnen nachgiebigen
Vorrichtungssegmente (7) in der Längsrichtung und eine damit
verbundene Breitenänderung
in der darauf senkrechten Richtung, die zur Fortbewegung der Vorrichtung
führen
(siehe die 2-II bis 2-IX für eine Bewegungssequenz der
Vorrichtung). Der Unterschied dieser Variante der erfindungsgemäßen Lösung im
Vergleich zu bekannten Lokomotionssystemen liegt in der Art des
Antriebs. Die Segmente (7) dieser Vorrichtung bestehen aus
einem hochelastischem magnetisierbarem Werkstoff und/oder aus einer
mit Ferrofluid gefüllten hochelastischen
Hülle und
werden durch ein elektromagnetisches Feld verformt. Dabei können die
das elektromagnetische Feld erzeugenden Bauteile sowohl im Inneren
der Segmente integriert als auch außerhalb der Vorrichtung an
den Kanalwänden
angeordnet werden. Bei letzterer Ausführungsvariante ist die Art
der elektromagnetischen Erregung (siehe Pfeile (6)) ähnlich dem
Prinzip, wie es für
das erste Ausführungsbeispiel
beschrieben wurde. Im Unterschied zu diesem ist in diesem Fall die
elektromagnetische Erregung bezogen auf die Bewegungsachse symmetrisch.
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3/A-I zeigt ein drittes Ausführungsbeispiel der erfindungsgemäßen Vorrichtung
(1), bestehend aus einem oder mehreren nachgiebigen Strukturteilen
aus einem hochelastischen magnetisierbaren Werkstoff und/oder aus
einer mit Ferrofluid gefüllten
hochelastischen Hülle.
Aufgrund des gekrümmten
Aufbaus und der Nachgiebigkeit dieser Vorrichtungsvariante erfolgt
deren Längenänderung
(|L1 – L0|
= s) beim Vorhandensein eines entsprechend orientierten, vorzugsweise
homogenen, elektromagnetischen Feldes (siehe Pfeile (6))
in der x-Richtung (3/A-II). Resultierend aus der
nichtsymmetrischen Reibung zwischen Vorrichtung und Untergrund,
die beispielsweise durch auf die Vorrichtung angebrachte Borsten
(4) erreicht wird, erfolgt eine Verschiebung der Vorrichtung
in die positive x-Richtung, die der Bewegungsrichtung entspricht.
Nach dem Abschalten des elektromagnetischen Feldes (3/A-III) kommt es zu einer Rückverformung der Vorrichtung
in die Ausgangsform mit der gleichen Längenänderung (|L0 – L1|) aus
der gespeicherten elastischen Formänderungsenergie. Während der Rückverformung
verschiebt sich die Vorrichtung (1) in die positive x-Richtung aufgrund
der nichtsymmetrischen Reibung. Aus der elektromagnetischen Erregung
resultiert am Ende der Bewegungssequenz eine Verschiebung der Vorrichtung
um die Länge
(s). Folglich kann mit einer zyklischen elektromagnetischen Erregung
eine einachsige Fortbewegung der Vorrichtung erreicht werden.
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Weitere
Varianten dieses Ausführungsbeispiels
mit der gleichen Funktionsweise sind in 3/B und 3/C dargestellt. Unter der Bezeichnung (I) ist
jeweils der Ausgangszustand, unter (II) der verformte Zustand bei
elektromagnetischer Erregung (siehe Pfeile (6)) und unter
(III) die Lage der Vorrichtung nach einer Bewegungssequenz veranschaulicht.
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Bei
der in 3/B dargestellten Anordnung ist
die nichtsymmetrische Reibung zwischen Untergrund und Vorrichtung
durch den auf den Untergrund angebrachten Borsten gewährleistet.
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Die
Form der in 3/C gezeigten Variante ist mehrfach
gekrümmt,
damit die Werkstoffbeanspruchung der nachgiebigen Strukturteile
während der
Verformung minimiert wird.
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Die
in 4/A, 4/B, 4/C und 4/D dargestellten
Vorrichtungsvarianten eines vierten Ausführungsbeispiels (auch hier
bedeutet (I): Ausgangszustand vor der Erregung, (II): verformter Zustand
beim Vorhandensein einer, mit den Pfeilen (6) bezeichneten,
elektromagnetischen Erregung, (III): Zustand nach der Erregung)
sind in ihrem Bewegungsprinzip mit den in 3 dargestellten
Vorrichtungsvarianten gleich. Der Unterschied liegt darin, dass
in den Varianten dieses Ausführungsbeispiels die
das elektromagnetische Feld erzeugenden Bauteile (Spule (2)
und Eisenkern (3)) integriert sind.
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Die
in 4/C dargestellte Variante weist eine Mehrfachkrümmung auf.
Mit dieser Variante kann die Lageänderung (s) pro elektromagnetische Erregungssequenz
vergrößert werden.
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Mit
der geometrischen Gestaltung der nachgiebigen Strukturteile und
der Positionierung der das elektromagnetische Feld erzeugenden Bauteile
kann das Bewegungsverhalten dieser Vorrichtungsvarianten bestimmt
werden.
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Die
in 4/A, 4/B und 4/C dargestellten Vorrichtungsvarianten verkürzen sich
beim Vorhandensein des elektromagnetischen Feldes (L1 < L0). Im Gegensatz
dazu wird bei der in 4/D dargestellten Vorrichtungsvariante
zunächst
eine Verlängerung
(L1 > L0) und anschließend eine
Verkürzung
(L2 < L0) bei elektromagnetischer
Erregung erreicht.
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In 5 sind zwei Varianten eines fünften Ausführungsbeispiels
dargestellt. Diese Vorrichtungsvarianten bestehen aus mehreren starren,
mit Borsten versehenen Segmenten (8), die miteinander mit
nachgiebigen Strukturteilen (7) aus einem hochelastischen
magnetisierbaren Werkstoff und/oder aus einer mit Ferrofluid gefüllten hochelastischen
Hülle, verbunden
werden. Durch die in den starren Segmenten (8) eingebetteten
Spulen (2) wird ein elektromagnetisches Feld erzeugt, woraus
die Verformung der nachgiebigen Strukturteile (7) und die
Verschiebung der starren Strukturteile (8) zueinander resultiert.
Infolge der nichtsymmetrischen Reibung erfolgt beim zyklischen Anlegen
eine Magnetfeldes das Fortbewegen der Vorrichtung.
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Die
vorliegende Erfindung zeichnet sich durch eine Reihe von Vorteilen
aus. Diese resultieren einerseits aus der Art der Antriebsquelle
und andererseits aus dem geometrischen und werkstoffseitigen Aufbau
der Vorrichtung.
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Wichtigste
Vorteile der erfindungsgemäßen Vorrichtung
sind ihre hohe Beweglichkeit aufgrund der nachgiebigen Strukturteile
und der Tatsache, dass zwischen den bewegten Teilen nur eine innere Reibung
auftritt, wodurch der Verschleiß und
der Wartungsaufwand minimiert wird.
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Eine
weitere vorteilhafte Eigenschaft besteht darin, dass zur Rückverformung
der nachgiebigen Strukturteile in die Ausgangslage keine Energiezufuhr
notwendig ist. Dies erfolgt durch die in den Strukturteilen gespeicherte
elastische Formänderungsenergie.
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Ausführungsvarianten
der erfindungsgemäßen Vorrichtung,
bei denen die das elektromagnetische Feld erzeugenden Bauteile nicht
in der Vorrichtung integriert sind, können je nach Werkstoffwahl monolithisch
aufgebaut sein, wodurch ihr Herstellungsprozess einfach und kostengünstig ist
sowie ihre Miniaturisierung erleichtert wird. Diese Ausführungsvarianten
zeichnen sich weiterhin durch eine äußerst hohe Beweglichkeit aus,
weil die Nachgiebigkeit in der gesamten Vorrichtung kontinuierlich
gegeben ist und somit beliebige Teile des Systems durch entsprechend
angepasste elektromagnetische Erregung von außen verformt werden können. Dadurch
kann eine translatorische Bewegung dieser Ausführungsvarianten auch in schwer
zugänglicher Umgebung,
beispielsweise in stark gekrümmten mehrfach
gewundenen Kanälen,
realisiert werden.
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- 1
- nachgiebiges
apedales Lokomotionssystem
- 2
- Spule
- 3
- Eisenkern
- 4
- Borsten
- 5
- Kanal
- 5-1,
5-2
- Kanalwand
- 6
- Wirkrichtung
des elektromagnetischen Feldes
- 7
- nachgiebige
Segmente
- 8
- starre
Segmente