DE102006053728A1 - Bestimmung von Schwellenwerten für RR-Schlagfilter - Google Patents

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Abstract

Die Erfindung betrifft die Auswertung von EKG-Aufzeichnungen, insbesondere die Erfassung von vorzeitigen Extrasystolen (PVCs). Ausgehend von aufgezeichneten RR-Zeitreihen eines Patienten wird dazu aus einer Häufigkeitsverteilung (Histogramm) der zeitlich unterschiedlichen RR-Intervallschwankungen (DeltaRR) ein individueller zeitlicher Schwellenwert bestimmt, so dass davon abweichende Intervallschwankungen als irregulär (vorzeitige Extrasystolen) erkannt werden können. Zur Festlegung des geeigneten Schwellenwerts werden Shannon-Entropien von schrittweise reduzierten Ausschnitten der Häufigkeitsverteilung der DeltaRR bestimmt. Die Shannon-Entropie ist genau dann maximal, wenn sie lediglich über den vollständigen Teilbereich des Histogramms berechnet wird, der im Wesentlichen die irregulären DeltaRR-Werte enthält. Damit führt die Bestimmung des gesuchten Schwellenwertes auf die Bestimmung des Teilbereichs im DeltaRR-Histogramm, der maximale Entropie aufweist.

Description

  • Die vorliegende Erfindung liegt auf dem Gebiet medizinischer Messtechnik. Insbesondere betrifft die Erfindung Verfahren und Vorrichtungen zur Erfassung und Charakterisierung von kardiologischen Daten.
  • Der Abstand zwischen zwei auf einander folgenden Herzschlägen wird allgemein über das so genannte RR-Intervall definiert. Dieses ergibt sich als zeitliche Distanz zwischen zwei signifikanten Ausschlägen (sog. R-Spitzen) im Oberflächen-Elektrokardiogramm (EKG) oder im intrakardialen Elektrogramm (IEGM), das mittels Elektroden durch ein Implantat gemessen wird. Diese charakteristischen Signale repräsentieren die Kontraktion des Herzmuskels im Ablauf des Schlagzyklus. 1 zeigt einen Ausschnitt aus einem typischen Signalverlauf bei einem Oberflächen-EKG mit einem markierten RR-Intervall. 2 zeigt den typischen Verlauf mehrerer R-Spitzen im IEGM.
  • Eine kontinuierliche Messung von R-Spitzen über einen längeren Zeitraum liefert eine Abfolge von RR-Intervallen, die als Zeitreihe bezeichnet wird. Eine solche Zeitreihe ist in 3 dargestellt. Sie zeigt im Ruhezustand keine äquidistante Folge von R-Spitzen, d.h. die Intervall-Längen variieren um einen Mittelwert. Diese Schwankungen tragen Informationen über die Regulationsmechanismen des Herz-Kreislaufsystems [1] und es wird allgemein davon ausgegangen, dass sie beispielsweise herangezogen werden können, um Unterschiede zwischen physiologischem Verhalten und pathologischen Veränderungen zu detektieren.
  • Zusätzlich zu den beobachtbaren kleinen Fluktuationen der RR-Intervall-Längen können in einem EKG auch zufällige Ereignisse auftreten, die eine Auswertung der Schwankungen der regulären RR-Intervalle stören können. Nicht alle R-Spitzen in einer Langzeitmessung repräsentieren normale Herzmuskelkontraktionen, also solche, bei denen die Erregung im Sinus-Knoten ausgelöst wird und sich von dort über den Herzmuskel (myocardium) verbreitet. Bei Herzpatienten wird im EKG häufig eine mehr oder weniger große Anzahl von so genannten Extrasystolen (ES) gefunden. Unter Extrasystolen versteht man unregelmäßige Kontraktionen des Herzmuskels, die irregulären Ursprungs sind, d.h. sie wurden entweder durch eine Erregung außerhalb des Sinus-Knotens ausgelöst, oder sie treten – bezogen auf die zeitliche Normalabfolge von Herzschlägen – verfrüht auf. Beide Kriterien lassen sich nicht immer scharf gegeneinander abgrenzen. Die letztgenannte Form einer Extrasystole wird üblicherweise mit VES (ventrikuläre Extrasystole) oder auch als PVC (premature ventricular contraction) bezeichnet. Beide Typen von Extrasystolen bewirken starke Abweichungen des RR-Intervalls vom normalen Mittelwert. Diese RR-Intervalle fallen daher signifikant aus dem regulären Fluktuationsbereich heraus. Treten derartige Extrasystolen mit einer Häufigkeit von ca. 5 Prozent und mehr auf, so werden Zeitreihenanalysen bereits signifikant verfälscht.
  • In 3 sind diese Verhältnisse wiedergegeben. Dargestellt sind die relativ kleinen Spontanfluktuationen der Schlagfolge mit Abweichungen von unter einer Zehntelsekunde um eine mittlere zeitliche Schlagperiode von etwa 1,1 Sekunden und zwei irreguläre Herzschläge (PVC) mit starker Intervallverkürzung auf weniger als 0,9 Sekunden und nachfolgender kompensatorischer Pause mit entsprechender Intervallverlängerung auf bis über 1,3 Sekunden.
  • Eine möglichst sichere Erkennung von Extrasystolen, insbesondere der ventrikulären vorzeitigen Schläge (PVC bzw. VES) ist für eine Signalanalyse in verschiedener Hinsicht wichtig. Zum einen ist die Anzahl der vorzeitigen Herzschläge selbst ein diagnostischer Marker, der in gewissem Rahmen bei einer deutlichen Zunahme von Extrasystolen auf eine Verschlechterung des pathophysiologischen Zustands hinweisen kann. Zum anderen stören Extrasystolen andere Auswertungen, da sie quantitative Größen zur Charakterisierung der Herzschlag-Regulationsmechanismen beeinflussen, z.B. indem sie einerseits signifikante Abweichungen vortäuschen oder aber tatsächliche Veränderungen maskieren können. Drittens trägt die Systemantwort auf die Extrasystole, die z.B. im Rahmen der Datenanalyse zur Herzratenturbulenz (HRT) ausgewertet wird, selbst Information bezüglich eigenständiger Marker, wie z.B. „Slope" oder „Onset". – Eine möglichst sichere Erkennung von PVCs ist daher essentiell für fortschrittliche Methoden der Biosignalanalyse in der Kardiologie.
  • Ein erfahrener Arzt identifiziert Extrasystolen bei der Auswertung von EKG-Protokollen anhand der speziellen Morphologie der ES-Signale und kann so RR-Intervalle als regulär oder irregulär klassifizieren. Moderne externe kardiologische Auswertungssysteme umfassen entsprechend Mustererkennungsverfahren, die in der Lage sind Morphologieunterschiede zwischen Extrasystolen und Normalschlägen zu erkennen und auf diesem Wege die Schläge und Intervalle zu klassifizieren. In Implantaten und bei weniger komplexen externen Geräten, z.B. vom Patienten mitgeführte transportable EKG-Messeinrichtungen, die gezwungenermaßen geringere Datenmengen als das vollständige EKG-Signal verarbeiten können, ist dagegen die automatische Erkennung von Extrasystolen aufgrund ihrer Ektopie aus drei Gründen schwierig. Erstens ist eine sichere Unterscheidung durch Analyse der verschiedenen Formen von R-Spitzen aufwändig und ist durch ein Implantat bisher nicht gewährleistet. Zweitens unterscheiden sich die Morphologien von ektopen und normalen Schlägen häufig wenig, insbesondere je höher im Herzen (nahe Sinus-Knoten) der Ursprungsort der ES angesiedelt ist. Drittens stehen in diesen Geräten bei großen Mengen von RR-Intervallen im Rahmen üblicher ressourcensparender Zeitreihen-Speicherung für eine nachträgliche Auswertung die Morphologien der einzelnen Schläge nicht mehr zur Verfügung, sondern nur die Information über die RR-Intervalle (vergl. 3). Bei Einkammergeräten, wo zusätzlich auch der atriale Kanal entfällt, ist die Datenlage noch ungünstiger. Aus diesen Erwägungen heraus ist eine Erkennung von Extrasystolen allein anhand des Vorzeitigkeitskriteriums wünschenswert, was zudem auch dadurch gerechtfertigt ist, dass insbesondere der Grad der Vorzeitigkeit und weniger die Morphologie einer Extrasystole wesentliche medizinische Informationen beinhaltet.
  • Eine bekannte implantatgerechte Methode zur Klassifizierung eines Schlages als vorzeitige ES ist das so genannte „Schlagfilter". Dabei wird zunächst jeweils von einem ,regulären' RR-Intervall ausgegangen, d.h. einem „Standard"-RR-Intervall, das den Schlagabstand zwischen zwei normalen Herzschlägen repräsentieren soll. Weicht das durch einen neuen Schlag erzeugte aktuelle RR-Intervall vom vorhergehenden, als regulär eingestuften Intervall zeitlich um mehr als einen gewissen Schwellenwert ab, so ist der hinzu gekommene Schlag als vorzeitig einzustufen und das aktuelle Intervall als irregulär zu verwerfen, da es sich dabei mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht um eine kleine Regelfluktuation sondern um eine ausgeprägte Störgröße handelt. So wird der Reihe nach verfahren, wobei weitere Schläge jeweils auf das letzte gültige Intervall bezogen werden. Bei dieser Auswertung sind demnach immer jeweils drei aufeinander folgende Herzschläge an einer Änderung der RR-Intervalle beteiligt. Der einzige freie Parameter in diesem Filterverfahren ist der Schwellenwert zeitlicher Abweichung, der z.B. auf 50 ms, 100 ms oder 150 ms festgelegt wird. Da das Kopplungsintervall der Extrasystolen bei verschiedenen Patienten sehr unterschiedlich sein kann, lässt sich keine allgemeingültige Regel für den Schwellenwert angeben. Eine Festlegung z.B. auf die o.g. Werte ist daher generell willkürlich, subjektiv und nicht auf verschiedene Patienten übertragbar. Beobachtungen an typischen Datensätzen von RR-Intervallen zeigen, dass eine solche mehr oder weniger geschätzte Festlegung der Schwellwerte nicht zu reproduzierbaren Ergebnissen führt und häufig eine schwerwiegende Fehleinschätzung der Extrasystolenzahl insgesamt, wie auch eine mangelhafte Klassifikation der Einzelschläge zur Folge hat, die zudem unentdeckt bleibt, bzw. aufgrund ihrer Zufälligkeit nicht systematisch erklär- und abschätzbar ist. Insgesamt führen näherungsweise Festlegungen der zeitlichen Schwellwerte zur Abgrenzung der RR-Intervalle stets zu niedrigen Sensitivitäten und uneinheitlichen Aussagegehalten.
  • Die Erfindung geht aus von dem beschriebenen Stand der Technik. Ihr liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren und zugeordnetes System zur Klassifizierung von Extrasystolen zu entwickeln, das eine automatische Bestimmung der geeigneten zeitlichen Schwellenwerte aus den zeitlichen Änderungen erfasster RR-Intervalle ermöglicht und das auch für den Einsatz in Implantaten oder in transportablen Auswertegeräten geeignet ist.
  • Diese Aufgabe wird bei einem Verfahren gemäß Oberbegriff des Anspruchs 1 erfüllt durch die charakterisierenden Merkmale des Anspruchs 1. Weitere Vorzüge und spezielle Ausgestaltungen des erfindungsgemäßen Verfahrens sind Gegenstand der Unteransprüche. Die erfindungsgemäße Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens in transportablen bzw. implantierten Geräten ist Gegenstand des Anspruchs 6. Die Erfindung wird im Folgenden anhand bevorzugter Ausführungsbeispiele unter Bezug auf die Zeichnungen und die darin verwendeten Symbole und Bezugszeichen näher erläutert.
  • Es zeigt:
  • 1 Definition des RR-Intervalls bei EKG-Aufzeichnungen
  • 2 Intrakardiales Elektrogramm mit morphologisch nicht unterscheidbarer vorzeitiger Extrasystole
  • 3 Fluktuationen der RR-Intervalle einer Zeitreihe mit zwei Extrasystolen
  • 4 Schema Idealverteilung auftretender RR-Intervall-Änderungen (ΔRR)
  • 5 Festlegung des optimalen Schwellwerts durch Bestimmung des Entropie-Maximums Smax
  • 6 Verlauf der Entropiewerte S mit ermitteltem Maximalwert Smax aus einem Datensatz gemessener ΔRR-Schwankungen
  • 7 Ablaufschema des erfindungsgemäßen Verfahrens zur Schwellenwertbestimmung mittels Entropiemaximierung
  • 8 Ablaufschema Detektion von PVCs mittels Schwellenwert aus Entropiemaximierung
  • 9 ΔRR-Verlauf aus Originaldaten mit zahlreichen Extrasystolen und erfolgreiche Identifizierung der PVCs mittels Entropie-Schwellwertkriterium
  • Grundlage der Erfindung ist die Annahme, dass die Änderungen (ΔRR) zwischen aufeinander folgenden RR-Intervallen einer gewissen Wahrscheinlichkeitsverteilung derart gehorchen, dass RR-Intervalle unterhalb eines (zunächst unbekannten) Schwellenwerts überwiegend Änderungen zwischen regulären RR-Intervallen sind, und die Schwankungen ΔRR oberhalb dieses Schwellenwerts unter Beteiligung vorzeitiger Schläge zustande kommen. Damit gibt es voneinander durch den ,optimalen' Schwellenwert unterscheidbare zwei Typen von Änderungen ΔRR: Zum einen kleine Fluktuationen zwischen RR-Intervallen, die beide aus Normalschlägen gebildet werden, und zum anderen größere Schwankungen, bei denen mindestens eine Extrasystole beteiligt ist. Trägt man die Häufigkeiten verschieden langer RR-Intervalländerungen (ΔRR) als Wahrscheinlichkeitsverteilung in einem Diagram auf, so zerfällt im Idealfall die ΔRR-Verteilung in zwei Teilbereiche „regulär" und „ektopisch", die mehr oder weniger stark überlappen, wobei ausschließlich zwischen Normalschlägen eine geringere Schwankung auftritt, als unter Beteiligung von Extrasystolen. Diese Modellannahme ist in 4 dargestellt. Die Grenze zwischen den beiden Teilbereichen entspricht dem optimalen Schwellenwert, um ES-ausgelöste Intervallschwankungen (rechte Teilgruppe in 4) von Fluktuationen regulärer Intervalle (linke Teilgruppe in 4) zu unterscheiden.
  • In der Realität entspricht das Histogramm der auftretenden Intervalländerungen niemals exakt der Modellvorstellung nach 4. Dabei können sogar erhebliche Abweichungen auftreten: Die Verteilung kann z.B. bimodal sein, ausgeprägte Peaks aufweisen, oder es kann auch eine Lücke zwischen den beiden Teilverteilungen vorliegen. Eine Festlegung des Schwellenwertes durch eine Analyse des geometrischen Verlaufs der Verteilungsfunktion ist dadurch sehr fehlerbehaftet, da sich kaum alle denkbaren Besonderheiten der bei verschiedenen Patienten auftretenden ΔRR-Wahrscheinlichkeiten durch einfache Approximation erfassen lassen.
  • Die Erfindung verwendet daher Entropiebetrachtungen als Ansatz. Die Entropie ist ein Maß für die Unordnung eines Systems, d.h. sie kann als Größe zur Erfassung der Geometrie, Komplexität oder Heterogenität von Verteilungen herangezogen werden. Eine Sonderform der Entropie stellt die so genannte „Shannon-Entropie" dar. Diese ist ein informationstheoretisches Maß und ist einer Wahrscheinlichkeitsverteilung über verschiedene Messwerte zugeordnet gemäß
    Figure 00070001
    wobei die pi die Wahrscheinlichkeiten sind, einen diskreten Messwert mit dem Index i zu messen und k die Anzahl der zur Entropiebestimmung herangezogenen Messwerte darstellt. Die Shannon-Entropie ist maximal bei einer Gleichverteilung der Messwerte. Liegt eine solche Gleichverteilung vor, so vermindert sich die Shannon-Entropie mit der Anzahl k der Messwerte.
  • Für das erfindungsgemäße Verfahren zur Schwellenwertbestimmung entsprechen die pi in obiger Entropieberechnung den auftretenden Häufigkeiten unterschiedlicher RR-Intervalländerungen ΔRR. Die möglichen zeitlichen Abweichungen (z.B. zwischen 0 bis 1000 Millisekunden) werden durch ein vorgegebenes Inkrement (z.B. 5 Millisekunden) in n Abschnitte aufgeteilt, so dass ein Histogramm entsprechend 4 dargestellt werden kann.
  • Unter der Modellannahme gemäß 4, also mit einem linken Teilbereich regulärer Intervalle ΔRR und einem davon deutlich abgegrenzten rechten Teilbereich PVC-ausgelöster irregulärer Intervalle, ist die Shannon-Entropie genau dann maximal, wenn sie lediglich über den rechten Teilbereich des Histogramms berechnet wird, der die PVC-bedingten ΔRR-Werte enthält. Damit führt die Bestimmung des gesuchten Schwellenwertes auf die Bestimmung des rechten Teilbereichs irregulärer ΔRR, der maximale Entropie aufweist.
  • Um dieses Maximum rechnerisch zu finden, wird zunächst als Startwert die Entropie der vollständigen Verteilung aller auftretenden RR-Intervalländerungen ΔRR bestimmt (Summenbildung über das ganze Histogramm, k = n). Im weiteren Ablauf werden nun Shannon-Entropien über schrittweise reduzierte Teilbereiche der Wahrscheinlichkeitsverteilung berechnet. Dies erfolgt vorzugsweise durch Verschieben der linken Grenze des in die Berechnung mit einbezogenen Histogramm-Bereichs nach rechts. Es vermindert sich also stufenweise die Anzahl k der in die Entropieberechnung eingehenden pi-Werte. Erreicht die linke Grenze des für die aktuelle Entropiebestimmung verwendeten Teilbereichs den Übergang regulär/irregulär so ist der Entropiewert maximal (Gleichverteilung der irregulären ΔRR bei hierfür maximaler möglicher Wertemenge k), eine weitere Verschiebung der Grenze nach rechts reduziert wegen Abnahme von k den Entropiewert wieder. Damit ist die optimale Lage des Schwellenwerts zur Abgrenzung regulärer/irregulärer ΔRR gefunden.
  • 5 zeigt schematisch die Verhältnisse bei einer idealisierten ΔRR Häufigkeitsverteilung entsprechend 4. Die durchgezogene Linie markiert den optimalen Schwellenwert, der mit dem erfindungsgemäßen Verfahren bei einem maximalen Wert der Shannon-Entropie gefunden wird. Die gestrichelten Linien entsprechen suboptimalen Schwellenwerten, d.h. Entropieberechnungen mit diesen Werten als angenommener Grenze des rechten Teilbereichs irregulärer ΔRR führen auf geringere Werte als Smax. Die linke gestrichelte Linie entspricht einer sehr inhomogenen Verteilung, entsprechend also geringerer Entropie. Die rechte gestrichelte Linie entspricht zwar einer ebenso homogenen Verteilung wie bei dem optimalen Schwellenwert, die Entropie ist jedoch geringer, da die Verteilung weniger breit ist (kleinere Wert für k) und damit ersichtlich weniger Unordnung aufweisen kann, als eine breitere Verteilung.
  • In 6 sind die errechneten Entropiewerte S wiedergegeben, wie sie sich nach dem erfindungsgemäßen Verfahren bei einer gemessenen RR-Zeitreihe für schrittweise veränderte Teilbereiche des ΔRR-Histogramms ergeben. Es ergibt sich ein deutliches Entropiemaximum, wenn nur die Entropie des Teilbereichs im Histogramm aller aufgetretenen ΔRR-Änderungen berechnet wird, der oberhalb Θ = 62,5 Millisekunden liegt. Damit ist dies der optimale Schwellenwert zur Abgrenzung der irregulären RR-Intervalle. Die Figur zeigt, dass Nebenmaxima der Entropie nicht ausgeschlossen sind, diese lassen sich jedoch problemlos aufgrund ihrer Lage (hier z.B. bei ca. 400 ms) und geringeren Höhe als unbeachtlich identifizieren.
  • Die erfindungsgemäße Bestimmung des Schwellenwerts erfolgt im Gegensatz zu bekannten Verfahren der Entropiemaximierung nicht durch Optimierung der Verteilungsfunktion Pi selbst, sondern es werden optimale Grenzen einer Teilverteilung innerhalb der vorgegebenen Verteilung bestimmt. Dazu wird die Teilverteilung irregulärer ΔRR mit maximaler Entropie gesucht, die einerseits möglichst gleichförmig ist und andererseits eine möglichst große Werteanzahl k umfasst. Das erfindungsgemäße Verfahren umfasst also zwei Kriterien, die insgesamt den gesuchten Schwellenwert festlegen. Damit erweitert das Entropieverfahren den Einsatzbereich auf ein breites Spektrum realer Verteilungen, die von der idealisierten Verteilung in 4 erheblich abweichen dürfen, ohne das Verfahren zu beeinträchtigen. Ein schematisches Ablaufdiagram ist in 7 wiedergegeben.
  • Das erfindungsgemäße Verfahren kann für Schlagfilter mit einer automatischen Schwellenwert-Bestimmung eingesetzt werden. 8 zeigt ein mögliches Ablaufschema eines solchen Schlagfilters. Der darin zur Filterung herangezogene Schwellenwert ist hier durch automatische Schwellenwertbestimmung entsprechend 7 ermittelt worden. Dabei fließen keine willkürlich vorgegebenen Parameter ein, so dass ein objektives Kriterium zur Auswertung generiert wird. Da keine manuelle Eingabe von Schwellenwerten erfolgt, sind Eingabefehler ausgeschlossen. Zudem ist der automatisch ermittelte Schwellenwert unabhängig von physiologischen oder pathophysiologischen Gegebenheiten und stellt sich selbstständig auf Grundlage der jeweils aufgenommenen Zeitreihe individuell auf den Patienten ein. Damit ist für verschiedene Patienten und Krankheitsbilder eine erhöhte Sensitivität bei EKG-Auswertungen gewährleistet.
  • In 9 ist die Filterwirkung bei einem realen Datensatz ΔRR aus einer Zeitreihe von 10.000 Herzschlägen wiedergegeben. Nahezu alle PVC-Ereignisse wurden mit dem aus Entropiemaximierung festgelegten Schwellenwert identifiziert.
  • Da die Bestimmung des Schwellenwertes als Datenmaterial nur eine Häufigkeitsverteilung von aufgezeichneten ΔRR-Schwankungen benötigt, lassen sich diese im Vergleich zur vollständigen EKG-Protokollierung sehr stark reduzierten Daten auch in kleineren Speichern ablegen. So lässt sich beispielsweise eine erfindungsgemäße Vorrichtung zur EKG-Auswertung dergestalt realisieren, dass ein vom Patienten mitgeführtes Gerät oder auch ein Implantat einen Zwischenspeicher enthält, in dem die aufgenommene RR-Zeitreihe nur als Histogramm aufgetretener ΔRR-Häufigkeiten abgelegt wird. Dieses Histogramm kann dann zur erfindungsgemäßen Schwellenwert-Bestimmung und auch für weitere Auswertungen als relativ kleiner Datensatz an externe Einheiten übertragen werden. Mit einer Umsetzung des erfindungsgemäßen Verfahrens der Entropiemaximierung als Algorithmus auf entsprechend miniaturisierte DV-Hardware (ASIC, μP) kann die Schwellenwertbestimmung auch bereits im transportablen EKG-Gerät oder auch sogar im Implantat selbst erfolgen. Eine solche Vorrichtung kann dann auch unmittelbar die PVC-Klassifizierung vornehmen und so auch statistische Informationen, z.B. über PVC-Anzahl, zeitliche Verteilung usw. bereitstellen.
  • In einer erweiterten Aufführungsform können auch mittels entsprechender Speicher die PVC-Morphologien für eine spätere Auswertung mit abgelegt werden, d.h. es wird nicht der vollständige EKG-Verlauf (entsprechend 2) gespeichert (hohes Datenvolumen), sondern nur die Ausschnitte, die als irregulär, z.B. als PVC-Ereignisse, identifiziert wurden.
  • Der mit dem erfindungsgemäßen Verfahren und einem entsprechend ausgestattetem System bestimmte Schwellenwert kann Patientenindividuell zur Identifizierung von Extrasystolen herangezogen werden, ohne dass irgendwelche zusätzlichen heuristischen Anpassungen vorgenommen werden müssen. Die einzigen Annahmen sind, dass überhaupt irreguläre Ereignisse vorkommen, die mit Veränderungen des RR-Intervalls einhergehen, und dass diese Ereignisse seltener sind, als reguläre RR-Intervalle auftreten. Sind diese Vorgaben erfüllt, so lässt sich eine Teilverteilung von RR-Intervallen mit vorzeitigen Schlägen festlegen. – Diese Situation ist unter praktisch allen denkbaren Bedingungen erfüllt, unter denen sich Extrasystolen allein aufgrund des Vorzeitigkeitskriteriums überhaupt von Normalschlägen unterscheiden lassen.

Claims (8)

  1. Verfahren zur Auswertung von EKG-Signalen, wobei mittels Elektroden Herzschläge als Abfolge von R-Spitzen erfasst und z.B. als RR-Zeitreihe aufgezeichnet werden, dadurch gekennzeichnet, dass die in der Abfolge der R-Spitzen auftretenden RR-Intervalle nach ihrer zeitlichen Differenz ΔRR sortiert werden und mit der jeweils aufgetretenen Häufigkeit als ΔRR-Verteilungsfunktion, vorzugsweise als Histogramm, in Form eines Datensatzes abgespeichert werden und in einem weiteren Schritt Shannon-Entropien verschiedener Teilbereiche der ΔRR-Verteilungsfunktion in der Weise bestimmt werden, dass ausgehend von der Shannon-Entropie der gesamten Verteilungsfunktion schrittweise der zur Entropieberechnung herangezogene ΔRR-Bereich zu größeren zeitlichen Differenzwerten reduziert wird, und wobei in einem weiteren Schritt der dem auf diese Weise ermittelten maximalen Entropiewert entsprechende Teilabschnitt der ΔRR als Bereich irregulärer RR-Intervalle festgelegt wird.
  2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass mittels des durch Bestimmung des Entropiemaximums ermittelten Bereichs irregulärer RR-Intervalle der kleinste zeitliche Differenzwert ΔRR dieses Bereichs als Schwellenwert zur Klassifizierung von Extrasystolen festgelegt wird.
  3. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass Extrasystolen mittels des festgelegten Schwellenwerts als vorzeitige ventrikuläre Extrasystolen (PVC) identifiziert werten.
  4. Verfahren nach Anspruch 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, dass RR-Intervalle, die Extrasystolen zuzuordnen sind, aus RR-Zeitreihen entfernt werden.
  5. Verfahren nach Anspruch 1, 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, dass irreguläre RR-Intervalle separat mit Verlauf der zugeordneten R-Spitzen gespeichert werden.
  6. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 5, wobei die Vorrichtung als tragbares EKG-Gerät oder als Implantat ausgeführt ist, dadurch gekennzeichnet, dass Mittel zur Erfassung von Herzschlägen als Abfolge von R-Spitzen vorhanden sind, Mittel zur Erstellung einer ΔRR-Verteilungsfunktion sowie Mittel zur Übertragung oder Speicherung eines entsprechenden Datensatzes.
  7. Vorrichtung nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass Mittel zur (ASIC, μP) zur Bestimmung des Entropiemaximums aus Teilbereichen der ΔRR-Verteilungsfunktion vorhanden sind.
  8. Vorrichtung nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass Mittel zur separaten Speicherung des Verlaufs detektierter irregulärer RR-Intervalle vorhanden sind.
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