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Stand der Technik
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Die
Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betätigen einer elektromechanischen
Parkbremse eines Fahrzeugs, insbesondere Kraftfahrzeugs, mit einem
hydraulischen Bremskolben, der sowohl von einem Parkbremssystem
der Parkbremse als auch von einem hydraulischen Betriebsbremssystem
einer hydraulischen Betriebsbremse des Fahrzeugs beaufschlagbar
ist.
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Ein
Verfahren zum Betätigen
einer elektromechanischen Parkbremse der eingangs genannten Art
ist bekannt. Die Applikationszeit, also die Zeit vom Auslösen eines
Bremsbefehls zum Verriegeln der Parkbremse bis zum tatsächlichen
Verriegeln ist häufig
relativ lang. Ferner können
bei dem bekannten Verfahren relativ hohe mechanische Belastungen von
beteiligten Komponenten sowohl von dem Parkbremssystem als auch
von dem Betriebsbremssystem auftreten.
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Offenbarung der Erfindung
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Bei
dem erfindungsgemäßen Verfahren
zum Betätigen
einer elektromechanischen Parkbremse eines Fahrzeugs, insbesondere
Kraftfahrzeugs, mit einem hydraulischen Bremskolben, der sowohl
von einem Parkbremssystem der Parkbremse als auch von einem hydraulischen
Betriebsbremssystem einer hydraulischen Betriebsbremse des Fahrzeugs
beaufschlagbar ist, ist vorgesehen, dass in Abhängigkeit eines Drucks, insbesondere
Vordrucks, im Betriebsbremssystem der Betriebsbremse Zustände/Änderungen
im Systemverhalten des Parkbremssystems beim Verriegelungsvorgang
der Parkbremse erfasst werden und dass in Abhängigkeit der erfassten Zustände/Änderungen
der Verriegelungs- und/oder Lösevorgang
der Parkbremse beeinflusst wird. Durch den eingespeisten hydraulischen
Druck/Vordruck ergeben sich Änderungen
im Systemverhalten während
des Verriegelungsvorgangs der Parkbremse, die erfindungsgemäß erfasst
werden, wobei die Verriegelungs- und/oder Lösestrategie der Parkbremse daran
angepasst wird. Wird vom Fahrer des Fahrzeugs beispielsweise über die
Fußbremse
ein Vordruck im Betriebsbremssystem erzeugt, so führt dies zu
einer entsprechenden Verlagerung des hydraulischen Bremskolbens.
Auf denselben Bremskolben wirkt auch die elektromechanische Parkbremse,
beispielsweise in Form einer Spindel, die von einem Elektromotor
beim Betätigen
der Parkbremse angetrieben wird. Wenn nun durch den Vordruck bereits eine
Bremskolbenverlagerung stattgefunden hat, die Parkbremse jedoch
noch nicht betätigt
wurde, so ändert
sich die sogenannte Lüftspieleinstellung,
d.h., der Abstand der Spindel vom Bremskolben. Dieser beträgt zum Beispiel
ohne Druck oder Vordruck 0,4 mm. Mit Vordruck kann das Luftspiel
beispielsweise 1,4 mm betragen. Da in bisherigen Systemen die mögliche Wegänderung
nicht erfasst wird, muss dies pauschal mit einer entsprechenden
Sicherheit vorgehalten werden, was zu einer Verlängerung des notwendigen Weges
führt.
Wird der beschriebene Zustand erfindungsgemäß erfasst und beim Verriegelungsvorgang
der Parkbremse mitberücksichtigt,
so lassen sich gewünscht
kurze Applikationszeiten realisieren. Ferner ist beispielsweise
eine zu hohe Belastung der beteiligten Komponenten der beiden erwähnten Bremsanlagen
dadurch verhindert, dass eine Erfassung des Drucks, insbesondere
Vordrucks, im Betriebsbremssystem erfolgt. Ein Vordruck führt bereits
zu einer entsprechenden Bremskraft. Es ist daher erfindungsgemäß vorgesehen,
dass der von dem Parkbremssystem aufzubringende Druck nicht unabhängig zum
Betriebsbremsendruck erzeugt wird, sondern letzteren berücksichtigt.
Auch durch dieses erfindungsgemäße Vorgehen
ergeben sich entscheidende Vorteile, insbesondere werden Komponenten
der Bremsanlagen nicht mehr unnötig
mit Kraft beaufschlagt.
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Nach
einer Weiterbildung der Erfindung ist vorgesehen, dass als Zustände/Änderungen
im Systemverhalten folgendes erfasst wird: Ein Spindelweg L und/oder
eine Änderung
eines Spindelwegs L einer der Parkbremse angehörenden Spindel zum Beaufschlagen
des Bremskolbens. Hierauf wurde vorstehend bereits eingegangen.
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Ferner
ist es vorteilhaft, wenn als Zustände/Änderungen erfasst wird, ob
- a) der Spindelweg L > s_3 ist oder
- b) s_2 < L < = s_3 ist oder
- c) s_1 < L < = s_2 ist oder
- d) L < s_1
ist, wobei
s_3 ein maximal erlaubter Spindelweg unter Berücksichtigung
eines maximal erlaubten Drucks, insbesondere Vordrucks, ist,
s_2
ein maximal erlaubter Spindelweg für ein weiches Parkbremssystem
ist und
s_1 ein minimal erlaubter Spindelweg für ein steifes
Parkbremssystem ist,
und wobei ein weiches Parkbremssystem
beispielhaft neue oder neuwertige Bremsbeläge aufweist und
ein steifes
Parkbremssystem durch Gebrauch versteifte Bremsbeläge aufweist.
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Mithin
wird der tatsächliche
Spindelweg L verglichen mit Vorgabewerten s_3, s_2 und s_1. Je nach
sich ergebender Situation erfolgt ein angepasstes Vorgehen beim
Lösen der
Parkbremse. Berücksichtigt
werden dabei ein weiches oder ein steifes Parkbremssystem. Ein weiches
Parkbremssystem ergibt sich bei neuen oder neuwertigen Bremsbelägen. Sind
die Bremsbeläge
hinreichend lange in Gebrauch, so verfestigen sie sich, wodurch
sich die Eigenschaften des Parkbremssystems entsprechend verändern. Diese
Veränderung
wird erfindungsgemäß berücksichtigt.
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Es
ist vorgesehen, dass im Falle des Vorliegens der Zustände/Änderungen
gemäß
- a) der Löseweg
X = M ist, wobei M der maximale Spindellängenweg ist,
- b) der Löseweg
X = L – s_4
ist, wobei s_4 eine Wegstrecke, insbesondere Verschleißwegstrecke,
ist,
- c) der Löseweg
X = L ist,
- d) der Löseweg
X = s_2 ist.
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Je
nach erfasstem Zustand beim Verriegeln der Parkbremse wird entsprechend
beim Lösen
der Parkbremse vorgegangen, wobei mit X der Löseweg der Parkbremse, also
der Spindelweg, bezeichnet ist.
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s_4
bezeichnet eine Wegstrecke, die insbesondere im Bereich von 1 bis
4 μm, insbesondere
bei 2,8 μm
liegen kann. Hierbei handelt es sich um eine Verschleißwegstrecke
der Bremsbeläge,
die Berücksichtigung
findet.
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Ferner
ist es vorteilhaft, wenn als Zustände/Änderungen im Systemverhalten
ein elektrischer Strom I eines die Spindel betätigenden Elektromotors, eine Änderung
des Stromes I, der Druck und/oder Vordruck des hydraulischen Betriebsbremssystems
und/oder eine Änderung
des Drucks und/oder Vordrucks des hydraulischen Betriebsbremssystems
erfasst wird/werden.
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Durch
die Stromerfassung kann festgestellt werden, wann der Leerweg L1
durchlaufen ist, d.h., wann die Spindel auf den Bremskolben aufsetzt,
sodass dann ein Klemmkraftaufbau stattfindet. Dieser Leerweg setzt
sich zusammen aus einem druckunabhängigen Anteil für das erwähnte Luftspiel,
nämlich den
Wegabschnitt so und einem druckabhängigen Teil s1,
der sich durch die Verschiebung des Bremskolbens, der Aufweitung
einer Zange der Bremse und der Kompression der Komponenten im Kraftfluss
ergibt. Der druckabhängige
Teil s, ist vom Druck p im Betriebsbremssystem abhängig.
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Als
Zustände/Änderungen
wird nach einer weiteren, insbesondere alternativen erfindungsgemäßen Vorgehensweise
erfasst, ob
- e) Δ s1 (p) < 0 ist oder
- f) 0 < Δ s1 (p) < X
(p) ist, wobei X (p) den Arbeitsbereich angibt, in dem noch keine
Korrektur wegen Bremsbelagverschleißes notwendig ist, oder
- g) 0 < Δ s1 (p) < Y
(p) ist, wobei Y (p) den maximal erlaubten Weg druckabhängig limitiert,
oder
- h) Δ s1 (p) > Y
(p) ist.
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Insbesondere
ist vorgesehen, dass im Falle des Vorliegens der Zustände/Änderungen
gemäß
- e) Δ s1 (p) auf den Wert Null gesetzt wird,
- f) das Parkbremssystem ordnungsgemäß arbeitet und kein Verschleiß der Bremsbeläge vorliegt,
- g) Δ s1 (p) auf Δ s1 (p) – s_4
gesetzt wird,
- h) ein Verriegelungsabbruch der Parkbremse erfolgt.
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Kurze Beschreibung der Zeichnungen
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Die
Zeichnungen veranschaulichen die Erfindung anhand von Ausführungsbeispielen
und zwar zeigt
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1 ein
Blockdiagramm nach einem ersten Ausführungsbeispiel des erfindungsgemäßen Verfahrens,
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2 ein
Blockdiagramm nach einem weiteren Ausführungsbeispiel des erfindungsgemäßen Verfahrens,
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3 ein
Blockdiagramm, welches einen Schutzalgorithmus für das Motorabgabemoment eines
Elektromotors einer Parkbremse und damit auch der eingestellten
Klemmkraft beschreibt, wobei temperaturabhängig der Wirkungsgrad berücksichtigt
ist,
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4 ein
Diagramm zum Verhalten einer Weg-Kraft-Abhängigkeit gemäß 1 und
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5 ein
Diagramm zum Verhalten einer Weg-Kraft-Abhängigkeit gemäß 2.
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Ausführungsform(en)
der Erfindung
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Nachstehend
werden Ausführungsbeispiele der
Erfindung erläutert.
Alle dort angegebenen Werte sind als Anhaltswerte zu verstehen.
Eine elektromechanische Parkbremse eines Fahrzeugs wirkt auf einen
hydraulischen Bremskolben, auf den ebenfalls ein hydraulisches Bremssystem
einer hydraulischen Betriebsbremse des Kraftfahrzeugs wirkt. Als
Bezug wird von einer Gesamtbelagstärke des Bremsbelags von 2·14 mm
= 28 mm ausgegangen. Des weiteren wird davon ausgegangen, dass die
Beläge 10 mal über das
Fahrzeugleben getauscht werden, d.h., im Schnitt alle 10.000 Feststellbremsapplikationen.
Beide nachstehend erläuterten
erfindungsgemäßen Vorschläge (1 und 2)
benutzen eine Momentenabschätzung
(mte) eines Elektromotors des Parkbremssystems, der über eine
Spindel auf den hydraulischen Bremskolben wirkt. Dem Elektromotor
ist ein Untersetzungsgetriebe nachgeschaltet, wie dies beispielsweise
aus der 3 hervorgeht.
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Beim
ersten Ausführungsbeispiel
wird gemäß der 1 und 4 davon
ausgegangen, dass keine Druckinformationen im Betriebsbremssystem erfasst
werden. Des weiteren kann der elektrische Strom I des Elektromotors
des Parkbremssystems gemessen werden, jedoch wird eine Steigerungsänderung
des Stromes I über
die Zeit hin nicht ausgewertet.
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Der
Ablauf des erfindungsgemäßen Verfahrens
ergibt sich gemäß 1 wie
folgt: Mit Schritt 1 ist der Start einer Verriegelungssequenz
der elektromechanischen Parkbremse eines Fahrzeugs angegeben. Es
wird gemäß Schritt 2 der
Gesamtweg L der Bewegung einer Spindel gemessen, bis ein Abschaltkriterium
vorliegt. Die Spindel wird von einem Elektromotor angetrieben. Als
Abschaltkriterium kann insbesondere ein definierter Wert eines Stromes
I des Elektromotors oder ein hinreichendes Motorabgabemoment des
Elektromotors erfasst werden. Alle vorstehend genannten Teile gehören dem
Parkbremssystem der elektromechanischen Parkbremse an. Der ermittelte
Gesamtweg L der Spindelbewegung wird für das weitere Vorgehen verwendet.
Die erfassten Zustände/Veränderungen,
die beim Verriegelungsvorgang der Parkbremse erfasst werden, dienen
anschließend
als Kriterien für
das Lösen
der Parkbremse beim Lösevorgang.
Im Schritt 3 erfolgt eine Abschätzung der Klemmkraft der Parkbremse. Dies
erfolgt vorzugsweise über
eine Momentenschätzung
mte des Elektromotors, der die Spindel betätigt. Ist – gemäß Schritt 4 – eine Klemmkraft
aufgebracht oder der Gesamtweg der Spindel L größer als ein Weg s_3, so geht
es gemäß y = Ja
(Yes) zum Schritt 5; andernfalls zurück an den Start gemäß Zweig
n = Nein (No). In Abhängigkeit
von den auftretenden Zuständen
beim Feststellen der Parkbremse, wird beim Lösen der Parkbremse entsprechend
vorgegangen. Im Schritt 5 erfolgt die Prüfung, ob
der Gesamtweg L der Spindel größer als
der Weg s_3 ist, wobei s_3 ein maximal erlaubter Spindelweg unter
Berücksichtigung
eines maximal erlaubten Drucks, insbesondere Vordrucks, im Betriebsbremssystem
ist. Ist die Bedingung zu bejahen (y) so wird beim Lösen der
Spindel, also beim Lösen
der Parkbremse, ein Löseweg
X gefahren, der gemäß Schritt 6 der
maximalen Spindelweglänge
M entspricht. Wird der Weg S3 überschritten,
so ist davon auszugehen, dass ein Defekt vorliegt. Mögliche Gründe können sein:
Fehler in der Motor-Getriebe-Übertragungseinrichtung
der Parkbremse, fehlende Bremsbeläge oder fehlende Bremsscheibe,
ein viel zu hoher Applikationsdruck während des Verriegelns und damit
Aufweitung der Zange der Bremse, ein Defekt der Bremszange und damit
ein zu weiches System und so weiter. In all diesen Fällen wird
die Spindel beim nachfolgenden Entriegeln komplett bis zum Endanschlag
geöffnet.
Damit ist sichergestellt, dass kein Restbremsmoment anliegt und
dass es nicht zu einer thermischen Überlastung der Bremsanlage
kommen kann. Außerdem kann
schon beim Verriegeln eine Fahrerwarnung aktiviert werden.
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Ist
die Bedingung im Schritt 5 nicht erfüllt, so geht es zum Schritt 7.
Hier erfolgt die Prüfung,
ob s_2 < L < = s_3 ist. Ist
dies der Fall, so erfolgt beim Lösen gemäß Schritt 8 die
Einstellung eines Löseweg
X = L – s_4,
wobei s_4 = 2,8 μm
ist. Bei s_4 handelt es sich um eine Wegstrecke, insbesondere um
eine Verschleißwegstrecke.
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Ist
beim Verriegeln die Bedingung gemäß Schritt 7 erfüllt, so
befindet sich das Bremssystem in einem erweiterten Betriebsbereich.
Dies ist dann der Fall, wenn zum Beispiel ein hoher, aber erlaubter
Vordruck, beispielsweise durch Bremspedalbetätigung durch den Fahrer, im
Betriebsbremssystem anliegt (zum Beispiel bis 150 bar) und/oder
ein relativ weiches Bremssystem vorhanden ist, d.h., die Bremsbeläge sind
sehr weich, beispielsweise neu. Hierbei handelt es sich jedoch um
eine Weichheit, die innerhalb des Spezifikation liegt. Zusätzlich oder
alternativ kann der Fall vorliegen, dass der Bremsbelag einen entsprechenden
Verschleißzustand
seit der letzten Parkbremsapplikation erreicht hat. Dies ist zum
Beispiel der Fall, wenn die Feststellbremse nur sehr sporadisch
betätigt
wird und/oder aufgrund eines normalen Verschleißes der Bremsbelag einen vorgegebenen
Schwellenwert bei der aktuellen Feststellbremsapplikation überschritten
hat. Stets wird gemäß Schritt 8 beim
Lösen der
Spindel geringfügig
weniger zurückgedreht,
als dies beim Verriegeln der Fall war. Ein möglicher Belagsverschleiß wird somit
sukzessive über
die Lebensdauer der Bremsbeläge
hinweg ausgeglichen. Liegt gemäß Schritt 9 die
Bedingung vor, dass der Fall s_1 < L < = s_2 ist, so wird
dies daran liegen, das der Applikationsweg der Parkbremse durch
Nachstellen diesen Wert erreicht hat. Dies ist der gewünschte Arbeitsbereich
der Spindel, sodass optimale Verriegelungs- und Lösezeiten
vorliegen und ein sicheres Verhindern eines Restbremsmomentes erfolgt.
In diesem Bereich findet keine weitere Nachstellung statt.
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Abschließend ist
noch der Fall L < =
s_1 zu betrachten, was auf ein zu steifes Bremssystem hindeutet.
Es können
folgende Ursachen vorliegen: Die hinterlegten Parameter für das Bremssystem
sind falsch gewählt
und/oder durch den fortgeschrittenen Belagverschleiß verschwindet
zunehmend der elastische Anteil der Beläge und das System wird steifer. Dies
kann zu einer indirekten Anzeige führen, dass die Beläge verschließen sind.
Zusätzlich
oder alternativ kann auch ein nicht ordnungsgemäßes Tauschen der Beläge oder
der Bremsscheibe vorliegen. Um diesem Verhalten entgegenzuwirken,
wird beim nächsten
Lösen der
Feststellbremse ein mögliches Restbremsmoment
dadurch sicher vermieden, dass mindestens der Weg s_2 zurückgelegt
wird.
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Beim
Lösen wird
grundsätzlich
der zuvor berechnete Weg zurückgelegt.
Ein Abbruch des Lösevorgangs
erfolgt nur dann, wenn der aktuelle Wert des Stromes I zu hoch ist.
Insbesondere erfolgt dann eine Fahrerwarnung.
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Im
Schritt 9' wird
der Löseweg
gemessen. Ist er größer als
der gewünschte
Löseweg
oder ist der Strom des Elektromotors zu groß (Schritt 10), so
wird der Lösevorgang
beendet und kann durch eine neue Applikation bei Schritt 1 gestartet
werden.
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Der
Ablauf eines alternativen erfindungsgemäßen Verfahrens ist in den 2 und 5 aufgezeigt.
Bei diesem Verfahren wird davon ausgegangen, dass eine Druckinformation über den
hydraulischen Druck im Betriebsbremssystem des Fahrzeugs vorliegt.
Sofern dieses Drucksignal nicht redundant vorliegt oder abgesichert
ist, kann dies beim Verfahren Berücksichtigung finden. Weiterhin
wird davon ausgegangen, dass der Verlauf des Stromes I des spindelbetätigenden
Elektromotors während
des Verriegelungsvorgangs beobachtet wird. Durch ein Abgleich des
Stromverhaltens, des eingespeisten Drucks (insbesondere Vordrucks)
und dem zurückgelegten
Verriegelungsweg ist eine sehr gute Systeminterpretation möglich, die
es erfindungsgemäß erlaubt,
eine optimale Strategie für
das Verriegeln und/oder Lösen
der Parkbremse zu definieren.
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Gemäß 2 ergibt
sich folgender Ablauf: Nach dem Start gemäß Schritt 11 erfolgt
gleichzeitig eine Messung des Spindelwegs L1 (Schritt 12)
sowie des eingespeisten Drucks p (Schritt 13) und eine Messung
des aktuellen Stromes I des Elektromotors (Schritt 14).
Durch die Stromerfassung kann festgestellt werden, wann der Leerweg
L1 durch aufen ist und ein Klemmkraftaufbau der Parkbremse stattfindet.
Der Leerweg L1 setzt sich zusammen aus einem druckunabhängigen Anteil
für die
Lüftspieleinstellung.
Dieser Anteil wird mit s0 bezeichnet. Ferner
ist ein druckabhängiger
Anteil vorhanden, der sich durch die Verschiebung des Bremskolbens,
der Aufweitung der Bremszange und der Kompression der Komponenten
im Kraftfluss ergibt. Da die p/V-Kennlinie der Bremszange bekannt
ist, wobei p den Druck oder Vordruck kennzeichnet und V das Volumen
der hydraulischen Bremsflüssigkeit,
wird überprüft, ob der
gemessene Weg (druckabhängig)
mit dem Anstieg der Stromkurve plausibel ist. Dies erfolgt im Schritt 15.
Für den
druckabhängigen
Weg ergibt sich Δs1 (p) = L1 (p) – s0.
Ist insoweit alles plausibel, kann der Druckwert auch für den weiteren
Verriegelungsvorgang als Basis herangezogen werden. Im Schritt 16 kann
noch die Prüfung
erfolgen, ob sich die Neigung der Fahrbahn verändert hat, da eine stärkere Neigung
eine höhere
Parkbremskraft erforderlich macht.
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Ist
nun gemäß Schritt 16 die
Bedingung Δs1 (p) < 0
erfüllt,
so ist dies eigentlich nicht erlaubt, da hier ein negativer Druck
vorhanden sein müsste.
Tritt dieser Fall dennoch auf, so ist davon auszugehen, dass sich
Längenabmessungen
geändert
haben, beispielsweise bei einem unsachgemäßen Bremsbelagtausch. Der Wert Δs1 (p) wird dann auf 0 gesetzt, um beim nächsten Lösen der
Parkbremse eine entsprechende Korrektur zu haben.
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Liegt
gemäß Schritt 17 der
Zustand vor 0 < Δs1 (p) < X
(p), so ist keine Korrektur des Belagverschleißes notwendig. Das System verhält sich
entsprechend den Erwartungen ohne Verschleiß der Beläge. Mit X (p) wird der entsprechende
Arbeitsbereich ohne eine Korrektur des Belagverschleißes bezeichnet.
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Liegt
gemäß Schritt 18 der
Zustand vor: 0 < Δs1 (p) < Y
(p), wobei Y (p) ein limitierter, maximal erlaubter, druckabhängiger Weg
ist. Dieser Weg wird durchschritten, wenn zum Beispiel ein Belagverschleiß zwischen
der letzten und der aktuellen Feststellbremsenbetätigung vorliegt.
Entsprechend werden hier Korrekturmaßnahmen eingeleitet, nämlich Δs1 (p) = Δs1 (p) – 2,8 μm. Damit
wird die Spindel beim nächsten
Lösen minimal
weniger zurückgedreht.
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Ist
der Zustand Δs1 (p) > Y
(p) gegeben, so muss die Verriegelung abgebrochen werden, da ein Maximalweg
nicht überschritten
werden darf. Es erfolgt vorzugsweise eine Fahrerwarnung.
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Liegt
ein unplausibles Verhalten der Weg-Druckkennlinie vor, so ist der
Ablauf gemäß 1 auch
weiterhin möglich.
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Bei
einem Anstieg des Stromes des Elektromotors wird über das
Motormodell mte das notwendige Abgabemoment für die Verriegelung berechnet. Dieses
Abgabemoment, welches letztendlich in einer Anpresskraft endet,
wird nach unten korrigiert, da der Druckanteil nicht zusätzlich durch
den Motor aufgebracht werden muss. Der gesamte zurückgelegte Weg
für das
Verriegeln wird abgespeichert. Dieser enthält bereits die Korrektur für den Löseweg. Beim Lösen wird
grundsätzlich
der zuvor berechnete Weg zurückgelegt.
Ein vorzeitiger Abbruch des Lösevorgangs
erfolgt nur dann, wenn der aktuelle Stromwert zu hoch ist. Es erfolgt
vorzugsweise eine Fahrerwarnung.
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Insgesamt
ist in dieser Ausführungsform
erreicht, dass der Belagverschleiß sukzessive nachgestellt wird,
dass ein Restbremsmoment verhindert wird, da immer ein Mindestweg
beim Lösen
sichergestellt ist, dass der Mindestweg nicht unnötig lang
ist, dass die Klemmkraft nicht unnötig hoch ist und/oder dass
der Zeitbedarf für
das Verriegeln und Lösen
der Parkbremse immer im optimalen Bereich ist, da keine unnötigen Wege
durchfahren werden müssen.
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Insbesondere ist für unterschiedliche Fahrzeugtypen, zum
Beispiel Fahrzeugen mit Antiblockiersystem ABS oder mit ESP (Elektronischem
Stabilitäts-Programm)
folgendermaßen
vorzugehen:
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ABS-Fahrzeug:
Verfahren nach 1, wobei der Lösevorgang
immer bei Zündung „Ein" erfolgt, womit sichergestellt
ist, dass entsprechende Weg- und Stromwerte vorliegen. Der Verriegelungsvorgang
ist unabhängig
vom Status der Zündung. Dass
Steuergerät
muss gegebenenfalls geweckt werden, um eine Klemmkraft aufzubauen.
Damit liegen die notwendigen Mess- und Speichergrößen vor.
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Grundsätzlich gilt
bei einem Verfahren nach 2 für ein ESP-Fahrzeug folgendes:
Der Lösevorgang
erfolgt immer bei Zündung „Ein", womit sichergestellt
ist, dass entsprechende Weg- und Stromwerte vorliegen. Für den Verriegelungsvorgang
gilt bei Zündung „Ein", das wie aus der 2 ersichtlich.
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Für Zündung „Aus" gilt, dass das Steuergerät der Parkbremse
sich noch im Nachlauf befindet und das ESP-Steuergerät aktiv
hält. Somit
liegt weiterhin eine Druckinformation vor. Damit ist der Zyklus
analog 2 möglich.
Alternativ ist vorgesehen, dass das Steuergerät der Parkbremse noch im Nachlauf arbeitet
und dass ESP-Steuergerät
aktiviert (wake up). Nach erfolgtem Wake up ist eine Druckinformation
vorhanden und ein Zyklus analog 2 ist möglich. Alternativ
kann auch vorgesehen sein, dass sich das Steuergerät der Parkbremse
nicht mehr im Nachlauf befindet, jedoch durch Betätigung eines
Kontrollelements geweckt wird und dadurch das ESP-Steuergerät aktiviert
(wake up). Nach erfolgtem wake up ist eine Druckinformation vorhanden
und ein Zyklus analog 2 ist möglich. Alternativ kann auch
vorgesehen sein, dass sich das ESP-Steuergerät noch im Nachlauf befindet.
Bei Aktivierung der Parkbremse ist die Druckinformation vorhanden,
sodass ein Zyklus analog 2 durchgeführt werden kann. Schließlich ist
es alternativ auch noch möglich,
dass keine Druckinformation vorliegt (zum Beispiel ESP ist nicht
mehr im Nachlauf und es besteht keine Möglichkeit, dass ESP-Steuergerät durch
das Steuergerät der
Parkbremse zu wecken). In diesem Falle ist ein Zyklus analog 1 jedoch
noch möglich.
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Gemäß 3 ist
folgender Ablauf für
die Motormomentenschätzung
mte gegeben. Die Motormomentenschätzung mte des Elektromotors
der Parkbremse ist ein Unterprogramm, welches während der Applikation jedes
Mal ebenfalls durchlaufen wird. In Schritt 30 wird das
mte-Unterprogramm gestartet. Während
sich der Elektromotor dreht (bestromt ist), werden der aktuelle
Strom I 31 sowie die Motorumdrehung 32 erfasst.
Die Motorumdrehung 32 muss noch in eine Motorgeschwindigkeit 33 überführt werden.
Mit den Eingangsgrößen 31, 33 und
so weiter kann nun mittels elektrischer Motordifferentialgleichung 34 die
Motorkonstante K errechnet werden. Die Motorkonstante K ist für jeden
Motor typisch und von der Temperatur abhängig. Ist diese Abhängigkeit K-T 35 zum
Beispiel im Steuergerät
hinterlegt, kann damit die Motortemperatur indirekt ermittelt werden. Das
Abgabemoment ML des Motors wird mittels
mechanischer Motorgleichung 36 sowie den Werten 37, 38 errechnet.
Die Werte 37 und 38 sind bekannt und ebenfalls
im Steuergerät
abgelegt. Die Klemmkraft Ec 41 kann
nun mittels Getriebeuntersetzung 40 sowie einem temperaturabhängigen Wirkungsgrad ŋ 39 berechnet
werden. Mit diesem Wert wird das Unterprogramm in 42 wieder
verlassen.
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Die 4 zeigt
den typischen erlaubten Arbeitsbereich einer Bremszange (schraffiertes
Feld). Abhängig
vom zurückgelegten
Weg wird sich eine entsprechende Klemmkraft F einstellen. Beispielhaft ist
eine Verriegelung eines weichen Systems mit Vordruck im plausiblem
Arbeitsbereich gezeigt (Pfeile). Zunächst wird ein Weg durchlaufen,
der zu keinem Kraftanstieg führt.
Dieser Weg setzt sich zusammen aus einem Leerweg, der immer > 0 sein muss (Bereich
links vom steifen System). Anschließend wird der Bereich der Kolbenverschiebung
durchlaufen (entlang schraffierter Fläche). Auch hier findet noch kein
Kraftaufbau statt. Im Anschluss ist hier noch eine druckabhängige Wegstrecke
zurückzulegen,
bevor ein Kraftanstieg erfolgen kann. Die druckabhängige Wegstrecke
kommt durch die Zangenaufweitung bei Druckbeaufschlagung zustande.
Sind diese Wege alle durchlaufen, wird das Spindel-Muttersystem kraftschlüssig und
eine entsprechende Klemmkraft wird bis zum Abschaltkriterium aufgebaut.
Da der zurückgelegte
Weg L > s_2 ist, wird
beim anschließenden
Lösen „etwas
weniger" Weg zurückgelegt,
als bei der Verriegelung. Dies führt
damit zu einer Belagverschleißnachstellung.
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Die 5 zeigt
ein Vorgehen, ähnlich
wie unter 4 bereits gezeigt. Da hier aber
eine Druckinformation (Absolutwert) vorliegt, kann dies entsprechend
genau auch berücksichtigt
werden. Die „Wegreserven" (Leerweg), die hier
als Sicherheit vorgehalten werden müssen, sind somit deutlich geringer
als in 4 gezeigt. Des weiteren lässt dieses Vorgehen zu, dass
damit indirekt die gesamte Bremszange als auch die Druckmessung
auf Plausibilität überprüft werden.
Die Druckmessung ist in der Regel nicht redundant und somit unbekannt
wie groß ein
eventuell vorhandener Messfehler der Druckmessung sein könnte. Heutige
Druckmesssysteme können
nur daraufhin überprüft werden,
ob generell das Verhalten in einen definierten Bereich ist, die
Fehlergröße kann nicht
ermittelt werden.