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Stand der Technik
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An
Bord von Schiffen werden Kältemaschinen
zur Ladungskühlung
(Kühlschiffe,
Kühlcontainerschiffe)
zur Klimatisierung der Wohn- und Arbeitsbereiche im Deckshaus (Frachtschiffe)
und zur Kühlung des
Proviants (alle Schiffe) eingesetzt. Auf Passagierschiffen (Kreuzfahrt-,
Fährschiffe)
und Marineschiffen erfolgt ein extrem hoher Aufwand für die Klimatisierung,
da hier fast alle Schiffsbereiche klimatisiert sind.
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Die
wichtigsten Verfahren zur Kälteerzeugung
und Klimatisierung sind seit über
100 Jahren bekannt und in der Schifffahrt wird das Kompressionsverfahren
mit mechanischen Verdichtern angewendet [1,2]. In Landanlagen wird
zur Klimatisierung auch das Absorptionsverfahren eingesetzt.
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Kompressionskälte
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Beim
Kompressionsverfahren erfolgt durch den in der Regel elektrisch
angetriebenen Verdichter eine Druckerhöhung des gasförmigen Kältemittels mit
anschließender
Kondensation bei Umgebungstemperaturen. Dabei wird die Kondensationswärme auf
Schiffen an das Seewasser abgeführt.
Anschließend
wird der Druck im Drosselventil abgebaut und das Kältemittel
siedet bei niedrigen Temperaturen im Verdampfer. Die dazu notwendige
Verdampfungsenthalpie wird der Umgebung (Kühlraum) entzogen. Das verdampfte
und leicht überhitzte
Kältemittel
wird anschließend
vom Verdichter angesaugt, womit der Kreislauf geschlossen ist. Dieses
Prinzip wird auf Schiffen für
alle o. a. Anwendungen eingesetzt, benötigt zum Antrieb elektrische
Energie, die von Dieselgeneratoren bereitgestellt wird.
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Absorptionskälte
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Ein
anderes Verfahren ist die Absorptionskälte, die für Landanlagen auf geringe elektrischen Energieverbrauch
mit wenig bewegten Teilen optimiert ist und dadurch bedingt lageempfindlich
ist. Ein Stoffpaar wie z. B. Ammoniak-Wasser, wird im Austreiber
bei erhöhtem
Druck unter Wärmezufuhr
getrennt, wobei das ausgetriebene dampfförmige Ammoniak anschließend im
Kondensator verflüssigt wird.
Das flüssige
Ammoniak wird danach im Drosselventil entspannt (Druckabsenkung)
und anschließend
im Verdampfer unter Wärmezugabe
verdampft. Vom anschließenden
Absorber, der dem Verfahren den Namen gab, wird das Ammoniak bei
niedrigem Druck angesaugt. Das Wasser im Absorber saugt Ammoniak
auf und bildet eine gemeinsame Lösung. Diese
Lösung
wird von der Lösungspumpe
wieder in den Austreiber befördert,
dabei erfolgt die Druckerhöhung
und der Kreislauf ist geschlossen.
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Ammoniak
ist das Kältemittel
und das Wasser dient zum Kältemitteltransport
vom niedrigen Druck (Absorber) zum hohen Druck (Austreiber). Dieses
Verfahren mit dem Stoffpaar Wasser-Ammoniak wird im Bereich niedriger
Temperaturen (unter 0°C) eingesetzt.
Für den
Temperaturbereich über
0°C wird das
Stoffpaar Wasser-Lithiumbromid verwendet. Jetzt ist Wasser das Kältemittel
und Lithiumbromid dient zum Kältemitteltransport
vom Absorber zum Austreiber. Dieser Temperaturbereich über 0°C ist ideal
für die
Wohnraumklimatisierung. Das Absorptionsverfahren wird in Landanlagen
häufig
eingesetzt, wenn viel Abwärme
zur Verfügung
steht. Dies ist z. B. der Fall, wenn eine dezentrale elektrische
Energieerzeugung erfolgt, da dann etwa 50 % der zugeführten Brennstoffenergie
als Abwärme
anfällt.
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Die
bisherigen Absorptionsanlagen mit sehr geringem elektrischen Energieverbrauch
finden wegen der Lageempfindlichkeit auf Schiffen keine Anwendung,
da Schiffe sich im Seegang bewegen. Daher sind geänderte Anlagen
für den
Schiffsbetrieb notwendig. Der Vorteil der Absorptionstechnologie
ist der geringe mechanische Leistungsaufwand. Dagegen wird viel
Wärme zur
Kälteerzeugung
benötigt,
die auf Schiffen als Abwärme
in Form von heißem
Kühlwasser
und Abgas grundsätzlich
zur Verfügung
steht, bisher jedoch nicht optimal genutzt werden. Bisher wurde
die Absorptionstechnologie auf Schiffen nicht bzw. vor sehr langer
Zeit [2] eingesetzt. Die Marine hat in den letzten Jahren Versuche
mit modifizierten Anlagen durchgeführt, um die Probleme der Schiffsbewegungen
zu lösen.
Die Ergebnisse waren positiv und eröffnen den zukünftigen
Schiffseinsatz.
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Es
ist bekannt, dass die Schiffe die Abgase der Hauptdieselmotoren
in einem Abgaskessel nutzen, um Dampf vorzugsweise für Vorwärmzwecke
zu erzeugen [3]. Das Trinkwasser auf Schiffen wird weitgehend durch
Verdampfung von Seewasser und anschließender Kondensation und Aufbereitung
erzeugt (Seewasserverdampfer). Als Wärmequelle zur Verdampfung wird
die Abwärme
des Motorkühlwasser
genutzt [4, 5], dazu wird der Druck im Seewasserverdampfer auf Werte
deutlich unter 1 bar (z. B. 0,1 bar) gesenkt um niedrige Verdampfungstemperaturen
zu ermöglichen.
In der Klimaanlage wird Dampf z. B. zur Befeuchtung und Aufwärmung der
Luft benutzt [6].
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Aufgabe der Erfindung
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Aufgabe
der Erfindung ist, die Abwärme
auf Schiffen zur Kälteerzeugung
einzusetzen, um den eingesetzten Brennstoff (Primärenergie)
auf Schiffen optimal zu nutzen und Kosten zu reduzieren. Ein guter
Nebeneffekt ist die Reduzierung des Kohlendioxyd-, Schwefeldioxid-
und Stickoxydausstoßes
der Schiffe.
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Auf
Schiffen wird etwa 50 % der zugeführten Brennstoffenergie in
Verbrennungskraftmaschinen (vorwiegend Dieselmotoren) in mechanische
Energie gewandelt und zum Antrieb und elektrischen Energieversorgung
genutzt. Die restlichen 50% gehen als Abwärme an die Umgebung in Form
von Kühlwasser, Abgasen
und Strahlungswärme
verloren. Schiffe haben den Vorteil, dass die Leitungswege vom Dieselmotor
(1) zur Kälteanlage
(4) sehr kurz sind und Seewasser für die Rückkühlung des Kältemittels im Kondensator der
Absorptionsanlage ausreichend zur Verfügung steht.
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Besonders
lukrativ ist der Einsatz auf Kühl-, Kühlcontainer-
und Passagierschiffen, da hier sehr viel elektrische Energie zur
Kälteerzeugung
aufgewendet wird. Bisher wird das gesamte Potential der Abwärme nicht
ausgeschöpft.
Derzeit wird Abwärme auf
Schiffen zur Heizung (3) diverser Systeme verwendet, u.
a. auch für
die Klimaanlage (5), Treibstoffaufbereitung (3)
und außerdem
zur Trinkwassererzeugung (3). Die Dieselmotoren der Schiffe
verwenden als Treibstoff Schweröl,
welches mit aufwändigen
Verfahren auf den Schiffen gereinigt und bis auf 120–140°C vorgewärmt wird,
um die notwendige Sauberkeit (Filter, Separatoren) und Einspritzviskosität (Vorwärmer) zu
erreichen. Dafür
wird Dampf aus Dampfkesseln genutzt, die im Seebetrieb im Abgaskessel
(2) aus der Abgasenergie gewonnen wird. Im Revier- und
Hafenbetrieb werden so genannte „Hilfskessel" zugeschaltet, in
denen zur Beheizung Treibstoff verbrannt wird [3].
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Durch
diese Dampfverbraucher (3) (Brennstoffvorwärmung, Heizung,
Trinkwassererzeuger) steht bisher nicht genug oder besser zeitweise
nicht genug Abwärme
zur Verfügung,
da die bisherigen Systeme die Gesamtnutzung nicht erlauben. Dies
ist der Fall, wenn kein Wärmerückgewinnungskreislauf installiert
wird und wenn die Wärme
aus den Rauchgasen nicht optimal genutzt wird.
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Daher
wird erfindungsgemäß ein Abwärmemanagement
vorgeschlagen, um die Abwärme
optimal zur Brennstoffvorwärmung,
Trinkwassergewinnung und Kälteerzeugung
zu nutzen. Dies wird am Beispiel von Kreuzfahrtschiffen deutlich,
die vorwiegend über
Nacht fahren und tagsüber
im Hafen oder auf Reede liegen. In der Nacht wird zum Vortrieb viel Antriebsleistung
benötigt,
dabei fällt
viel Abwärme an,
die als Dampf aus dem Abgaskessel (2) zur Brennstoffaufbereitung
und -vorwärmung
genutzt wird. Mit dem Kühlwasser
wird viel Trinkwasser (je nach Schiffsgröße 500–1000 t in 12 Stunden) in Entspannungsverdampfern
erzeugt [5], obwohl der Trinkwasserverbrauch nachts niedrig ist.
Der zeitversetzte Verbrauch und die Erzeugung werden mit Speicher-
bzw. Trinkwassertanks ausgeglichen.
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Am
Tag wird deutlich weniger Energie benötigt, das Schiff liegt auf
Reede oder im Hafen und der „Hafenbetrieb" benötigt etwa
15–25
% der Energie, wenn der gesamte Energiebedarf im Seebetrieb zu 100
% gesetzt wird. Da im Hafen oder auf Reede das Seewasser zur Trinkwassererzeugung
ungeeignet ist, sind die Seewasserverdampfer außer Betrieb. Hier steht also
zeitlich begrenzt Abwärmeenergie
zur Verfügung.
Andererseits sind die Dieselmotoren der Kreuzfahrtschiffe mit Abgaskesseln
ausgestattet, die nur einen Teil der nutzbaren Abwärmeenergie
der Abgase gewinnen.
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Lösung
der Aufgabe
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Es
wird erfindungsgemäß ein Verfahren
vorgeschlagen, um die Abwärme
auf Schiffen zur Kälteerzeugung
zu nutzen. Dieses Verfahren wird als Abwärmemanagement bezeichnet. Es
beginnt bei der Planung des Schiffes, um mit ausreichender Dimensionierung
der Abgaskessel und Kühlwassersysteme
eine optimale Nutzung unter Berücksichtigung der
Investitions- und Brennstoffkosten zu sichern. Es dient im späteren Betrieb
dazu, Brennstoff einzusparen. Dies wird als Beispiel zur Klimatisierung
in 1 dargestellt. Dabei kommt auch ein Kältespeicher
(6) zur Anwendung, um den Zeitversatz zwischen Kälteerzeugung
und Kältebedarf
zu überbrücken. Der
Kältespeicher
ist beim Einsatz von Ammoniak als Kältemittel als Eisspeicher besonders
sinnvoll, da dann die Schmelzenthalpie genutzt wird.
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Als
zweites Beispiel ist in 2 eine mögliche Schaltung zum Einsatz
auf Kühl- und Containerschiffen
schematisch dargestellt, daraus wird ersichtlich, dass auch die Hilfsdiesel
(7) in das Abwärmemanagement
einbezogen sind. Hier ergeben sich neben der hier nicht dargestellten
Wohnraumklimatisierung durch die Laderaumkühlung große energetische Vorteile.
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Auf
Containerschiffen wird mit einer Laderaumkühlung bestehend aus dem Kaltwassersystem mit
Umwälzpumpe
(8) den Laderaumlüftern
(10) und Luftkühlern
(11) die Laderaumluft für
Integralkühlcontainer
im Temperaturniveau deutlich abgesenkt, mit dem Vorteil, dass die
Laderaumlüfter
deutlich weniger elektrische Energie benötigen. Die im Laderaum (9)
stehenden elektrisch betriebenen Integralcontainer verbrauchen dadurch
ebenfalls weniger elektrische Energie, da die Temperaturdifferenz
(Laderaumlufttemperatur – Kühlcontainerinnenraumtemperatur)
erheblich niedriger ist. Ein dritter Vorteil ergibt sich bei der
für Fruchtladung
notwendigen Frischluftzufuhr aus dem Laderaum in den Integralkühlcontainer,
da die Laderaumluft kälter
ist und im Kühlcontainer
nicht so stark heruntergekühlt
werden muss. Für
diese Anwendung in Laderäumen
von Containerschiffen kann das Stoffpaar Wasser-Lithiumbromid eingesetzt
werden.
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Auf
Kühlschiffen
wird das Stoffpaar Ammoniak-Wasser und statt des Kaltwassersystems
ein Solesystem benötigt,
da hier die Kühlgüter direkt
im Laderaum gekühlt
werden und die Laderaumluft je nach Ladung auf Minustemperaturen
bis –30
Grad Celsius (z. B. Fisch) gekühlt
wird.
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In
diesen als Beispiele dargestellten Anwendungen ist der Einsatz von
schiffstauglichen Absorptionskälteanlagen
erforderlich. Dazu ist es notwendig, die entsprechende Abwärme mit
ihren entsprechenden Nutzen zu organisieren. Für das entsprechende Schiff
ist vorab eine Nutzungsstudie mit Bewertung zu erstellen, um die
Nutzung der verschiedenen Medien (Dampf, heißes Kühlwasser) den Aufgaben (Schiffsbetrieb,
Klimatisierung, Kühlung,
Trinkwassererzeugung oder -bunkerung) und Nutzen entsprechend festzulegen.
So kann z. B. die Absorptionsanlage mit heißem Kühlwasser und/oder Dampf beheizt
werden.
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Der
Vorteil der Erfindung liegt neben der Einsparung von Brennstoff
auch in einer Reduzierung von Kohlendioxid, Schwefel und Stickoxiden,
die sowohl von der Europäischen
Union als auch der International Maritime Organisation (IMO) gefordert
werden.
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Literatur:
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- [1] Hochhaus, K.-H.: Kälteanwendung auf Schiffen,
in Lehrbuch der Kältetechnik,
Band 2, C. F. Müller,
Heidelberg, 1997
- [2] Hochhaus, K.-H.: Deutsche Kühlschifffahrt (1902–1995),
Verlag H. M. Hausschild GmbH, Bremen 1996, ISBN Nr.: 3-931785114
- [3] Hochhaus, K.-H.: Dynamisches Verhalten von Hilfsdampfanlagen
im Schiffsbetrieb Dissertation TU Hamburg-Harburg, VDI-Verlag, Reihe
12, Nr. 75
- [4] Jung, J.: Ausnutzung von Wärme und Abgasen und Kühlwasser
bei Dieselanlagen STG-Jahrbuch 53 (1959), S.284–296
- [5] Hesse, T.; Hochhaus, K.-H.; Mehrkens, J. D.: Trinkwassersysteme
auf Schiffen, Handbuch der Werften, Band 25, Schiffahrtsverlag Hansa,
2000, Hamburg
- [6] Behrens, V.; Hochhaus, K.-H.; Wild, Y.: Schiffsbelüftung und
Klimaanlagen (S. 49–114),
im Handbuch der Werften, Band 25, Schiffahrtsverlag Hansa, Hamburg