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Die
Erfindung betrifft ein modulares System mit immobilisierten Nukleinsäuren und/oder
Nukleinsäurederivaten
an metallischen Oberflächen
und ein Verfahren zu dessen Herstellung.
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Potenzielle
Anwendungsgebiete von Systemen nach dem Oberbegriff der Erfindung
sind z. B. die Funktionalisierung von Implantatoberflächen mit
biologisch aktiven Substanzen und die Herstellung von DNA-Chips.
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In
der
DE 102 32 139
A1 wird ein gattungsgemäßes Immobilisierungsverfahren
beschrieben. Zunächst wird
ein metallischer Gegenstand bei einem leicht sauren pH-Wert, z.
B. zwischen 3,5 und 5,0, mit Nukleinsäuren und/oder Nukleinsäurederivaten,
die an einem Terminus mit anionischen Gruppen (bevorzugt Phosphat, aber
beispielsweise auch Phosphonat, Sulfat, Sulfonat u. a.) modifiziert
sind, in Kontakt gebracht. Dabei sind diese terminalen Gruppen negativ
geladen, wogegen die Metall-Metalloxidschicht positiv geladen ist
oder zumindest lokal positive Ladungszentren aufweist. Auf diese
Weise wird erreicht, dass die modifizierten terminalen Bereiche
der Nukleinsäuren
und/oder Nukleinsäurederivate
durch elektrostatische Interaktion auf der Metalloxidschicht adsorbieren.
Entweder gleichzeitig damit oder anschließend an diesen Prozess erfolgt
mittels anodischer Polarisation ein Wachstum der Oxidschicht. Somit
gelingt ein orientierter terminaler Einbau der Nukleinsäuren und/oder
Nukleinsäurederivate
in die Metalloxidschicht.
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Die
auf diese Weise fixierten Stränge
werden als so genannte Ankerstränge
benutzt. Für
die Anwendung bei Implantatoberflächen erfolgt die eigentliche
Funktionalisierung durch die Hybridisierung an dem in der Lösung frei zugänglichen
Sequenzbereich des Ankerstrangs mit komplementären Nukleinsäuresträngen, wobei
dieser Sequenzbereich im Folgenden als Funktionalisierungsbereich
bezeichnet wird. An die durch Hybridisierung gebundenen Gegenstränge sind
die eigentlichen Wirkstoffe gekoppelt.
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Als
Nachteil dieses Verfahrens ist allerdings die Tatsache anzusehen,
dass in Abhängigkeit
von Sequenz und Länge
des Ankerstrangs die gewünschte
ausschließlich
terminale Adsorption und Fixierung nicht hinreichend gesichert ist.
Besonders bei längeren
Ankersträngen
kann infolge der relativ freien Beweglichkeit der Einzelstränge die
Adsorption, statt wie gewünscht
ausschließlich über die
terminalen anionischen Gruppen, zusätzlich über das Zucker-Phosphat-Rückgrat und/oder über die
Basen erfolgen.
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Steel,
A. B. u. a.: Immobilization of nucleic acids at solid surfaces:
Effect of oligonucleotide length an layer assembly, Biophysical
Journal, Volume 79, August 2000, Seiten 975 bis 981, stellten fest,
dass terminal an Oberflächen
gebundene einzelsträngige
Oligonukleotide bis zu einer maximalen Kettenlänge von 25 Nukleotiden nahezu
linear strukturiert, nur wenig gewunden und damit weitgehend senkrecht
zur Oberfläche
ausgerichtet sind. Demgegenüber
sind Stränge
mit größeren Kettenlängen räumlich komplex
strukturiert (Loops, Windungen) und können dadurch mitunter an mehreren
Stellen an die Oberfläche
adsorbieren.
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Ein
weiterer Nachteil besteht darin, dass durch die freie Beweglichkeit
der einzelnen Ankerstränge
aufgrund einer unspezifischen Adsorption an der Metall-/Metalloxid-Oberfläche, die über die
Basen bzw. das Zucker-Phosphat-Rückgrat erfolgen
kann, die Hybridisierung nach der Immobilisierung erschwert wird.
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Zusätzlich kann
es in Abhängigkeit
von den elektrochemischen Parametern bei der Verdickung der Metalloxidschicht
oberflächennah
zu einer deutlichen pH-Absenkung
kommen. Wird als Metall beispielsweise Titan verwendet, wie in der
DE 102 32 139 A1 beschrieben,
käme es
infolge der Absenkung des pH-Werts zu einer erhöhten Löslichkeit von Titanyl-Ionen
(TiO
2+) in wässriger Lösung. Diese können von
den funktionellen Gruppen (z. B. Hydroxylgruppen der Zucker, Aminogruppen
der Basen u. a.) der adsorbierten bzw. immobilisierten Ankerstränge komplexiert
werden. Die resultierende koordinative Blockierung der funktionellen
Gruppen kann die gewünschte
nachfolgende Hybridisierung mit Gegensträngen stark einschränken.
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Ebenfalls
zu einer Einschränkung
der Hybridisierung mit Gegensträngen
kann es durch das Auftreten von reaktiven Radikalen kommen. Diese
werden während
der elektrochemischen Polarisation infolge von Reaktionen, die parallel
zur Oxidverdickung ablaufen, gebildet. Die reaktiven Radikale können mit
adsorbierten Ankersträngen
derart reagieren, dass Strangbrüche
auftreten. Dadurch wird die Zahl intakter Ankerstränge reduziert,
die für
eine Hybridisierung mit Gegensträngen
verfügbar
sind.
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Aus
der Publikation von Lemeshko S. V. u. a.: Oligonucleotides form
a duplex with non-helical properties an a positively charged surface.
Nucleic Acids Res. (2001) 29 (14) 3051–8. geht hervor, dass Duplexe
unter bestimmten Bedingungen nichthelikal auf einer positiven Oberfläche vorliegen.
Das in dieser Publikation beschriebene Verfahren beruht auf der
elektrostatischen Anziehung zwischen dem gesamten Zucker-Phosphat-Rückgrat einerseits, welches
unter den gewählten
biochemischen Standardbedingungen, das heißt bei einem pH-Wert von ca.
pH 7,5, negativ geladen ist, und einer Oberfläche mit kationischen, also
positiven Gruppen, andererseits, was zu einer effektiven adsorptiven
Bindung führt.
Der Nachteil besteht darin, dass in diesem Fall die Bindung an die
Oberfläche
global über
das Zucker-Phosphat-Rückgrat
des gesamten Moleküls erfolgt,
so dass auch bei der Hybridisierung das Oligonukleotid als Ganzes
an die Oberfläche
gebunden ist.
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In
der
US 2005/0112605
A1 ist/sind eine wiederverwendbare bioelektronische DNA
beziehungsweise andere Oligonukleotidsequenzsensoren offenbart.
Der Sensor umfasst eine oligomere Sonde, die mit einer redoxaktiven,
redoxfähigen
Komponente versehen ist und selbstorganisierend auf oder nahe einer
Elektrode angeordnet ist. Dabei erfolgt die Fixierung der Sensoren über Einzelstränge. Diese
oberflächenbegrenzte
Oligonukleotidsondenstruktur durchläuft in Anwesenheit der Zielnukleotidsequenz
eine durch Hybridisierung induzierte Konformationsänderung,
welche den Elektron-Transfer-Abstand zwischen der redoxfähigen Komponente
und der Elektrode ändert,
wobei die Elektrode dabei eine detektierbare Signaländerung
hervorbringt. Der Gegenstand der
US 2005/0112605 A1 dient vor allem der schnellen
und günstigen
Detektion und Authentifizierung. Zwar ist die Anwendung des Gegenstandes
der
US 2005/0112605
A1 auch in der Medizin denkbar. Dies betrifft aber vor
allem mögliche
Anwendungen im analytischen Bereich.
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In
der Publikation Moiseev L. u. a.: DNA conformation an surfaces measured
by fluorescence self-interference. Proc Natl. Acad. Sci. USA (21.
Februar 2006) 103(8): 2623–8
wird die Untersuchung der Konformation von DNA-Molekülen an einer
Oberfläche
mittels SSFM (spectral self interference fluorescence microscopy)
beschrieben. Bei dieser Untersuchung wurde der Zustand an der Oberfläche analysiert
und festgestellt, dass immobilisierte Einzelstrang-DNA durch ihre
große
intramolekulare Beweglichkeit geringere Schichtdicken ausbildet
als die relativ starre Doppelstrang-DNA. Die Immobilisierung selbst
erfolgte sowohl bei den Einzelsträngen als auch bei den Doppelsträngen ausschließlich über Einzelstränge.
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Die
US 2006/0068392 A1 beschreibt
eine Immobilisierung von Nukleinsäuren auf Metallträgern, wobei die
Metalle aus den Gruppen I, II, III, IV, V, VI und VII der zweiten
bis zur siebenten Periode und den Übergangselementen im Periodensystem
der Elemente ausgewählt
werden. Dazu werden Oligonukleotide in einer Pufferlösung gelöst, die
unter anderem EDTA oder Citrat als Puffer enthalten kann. Die Nukleinsäure wird
auf dem Träger aufgetragen
und zur Immobilisierung der Träger
mit ultravioletter Strahlung behandelt. Diese Methode dient insbesondere
Analyseverfahren für
Nukleinsäuren
auf der Grundlage einer Hybridisierung.
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Es
ist Aufgabe der Erfindung, ein System mit immobilisierten Nukleinsäuren und
Nukleinsäurederivaten
auf metallischen Oberflächen
bereitzustellen, das in seiner Anwendung sicher zu handhaben und
effektiv gestaltet ist, sowie ein entsprechendes Verfahren zur Herstellung
von auf diese Weise verbesserten Systemen anzugeben.
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Die
Aufgabe der Erfindung wird durch ein modulares System mit immobilisierten
Nukleinsäuren und/oder
Nukleinsäurederivaten
an metallischen Oberflächen
gelöst,
wobei die metallische Oberfläche
mit einer dünnen
Metalloxidschicht versehen ist. In diese Metalloxidschicht sind
die Nukleinsäuren
und/oder Nukleinsäurederivate
mit ihren terminalen Molekülbereichen
eingebaut, wobei die Nukleinsäuren
und/oder Nukleinsäurederivate
an ihrem 5'- oder
3'-Terminus anionische
Gruppen tragen. Diese anionische Gruppen tragenden terminalen Bereiche
der Nukleinsäuren
und/oder Nukleinsäurederivate
befinden sich fest fixiert innerhalb der Metalloxidschicht, wodurch
die Nukleinsäuren
und/oder Nukleinsäurederivate
stabil gebunden sind und als sogenannte Ankerstränge für eine Hybridisierung mit komplementären Strängen zur
Verfügung
stehen.
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Erfindungsgemäß ist das
Ankerstrang-System an dem Nukleinsäure-Bereich, dessen terminale
Nukleotide in der Oxidschicht eingebaut sind, doppelsträngig ausgebildet.
An jedem Ankerstrang ist im Stabilisationsbereich ein komplementärer Stabilisationsstrang
durch Hybridisierung gebunden, so dass der Ankerstrang mit dem Stabilisationsstrang
als Doppelstrangbereich in der Metalloxidschicht fixiert ist, wobei
der auf der Metalloberfläche
fixierte Terminus bereits ein doppelsträngiges Hybrid darstellt, während der
der Metalloxidschicht abgewandte Funktionalisierungsbereich des
Ankerstrangs einzelsträngig
ausgebildet ist.
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In
einer vorteilhaften Weiterbildung der Erfindung wird die Stabilität dieses
doppelsträngigen
Ankerstrang-Systems durch eine chemisch-kovalente Verknüpfung der
Einzelstränge
verstärkt.
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Die
Doppelhelixstruktur weist im Vergleich zu Einzelsträngen eine
wesentlich geringere molekular-dynamische Flexibilität auf. Infolge
dessen wird die Beweglichkeit des Ankerstranges eingeschränkt, so
dass durch sterische Hinderung auch das Eingehen unspezifischer
Bindungen des einzelsträngigen,
in die Lösung ragenden
verbliebenen Funktionalisierungsbereichs des Ankerstranges mit der
Metalloxidschicht minimiert wird.
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Ein
weiterer Vorteil dieser Lösung
ergibt sich daraus, dass der auf der Metalloberfläche fixierte
Terminus bereits ein doppelsträngiges
Hybrid darstellt, während
der entgegengesetzte, außen
liegende Terminus einzelsträngig
ausgebildet und zur späteren
Hybridisierung vorgesehen ist. Wenn in unmittelbarer Nachbarschaft
zum Funktionalisierungsbereich bereits Hybride bestehen, wie es
durch das Vorhandensein des doppelsträngigen Bereichs des Ankerstrang-Systems
an der Metalloberfläche
der Fall ist, kommt es direkt anschließend an dem bereits bestehenden
Doppelstrangbereich zu einer schnelleren Hybridisierung und zur
Bildung stabilerer Hybride (sog. Facilitator-Effekt).
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Schließlich hat
eine Doppelstrang-Struktur an der Metalloberfläche den Vorteil, dass destabilisierende Effekte
durch Einzelstrangbrüche,
die infolge von Reaktionen mit Radikalen in diesem Bereich auftreten
können,
weitgehend kompensiert werden, da die Doppelhelixstruktur derartige
Einzelstrangbrüche
stabilisiert.
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In
einer besonders vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung trägt der doppelsträngige helikale
Abschnitt des Ankerstranges an beiden Einzelstrangtermini des einzubauenden
Endes anionische Gruppen. Auf diese Weise wird die gerichtete Adsorption
durch erhöhte
Affinität
und Bindungsstabilität
zusätzlich
unterstützt. Vorzugsweise
handelt es sich dabei um die gleichen anionischen Gruppen.
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Als
bevorzugte anionische Gruppen an den Termini der Nukleinsäuren und/oder
Nukleinsäurederivate werden
Phosphat-, Phosphonat-, Sulfat- oder Sulfonatgruppen eingesetzt,
die der Bindung der Nukleinsäuren und/oder
Nukleinsäurederivate
an die Metall-Metalloxidschicht dienen, welche wiederum über positive
Ladungsträger
verfügt.
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Die
Metallschicht kann entweder auf einem nichtmetallischen Substrat
angeordnet sein oder das Substrat selbst kann aus dem Metall bestehen
und auf diese Weise die Metallschicht bereitstellen. Vorzugsweise besteht
die Metallschicht aus einem Ventilmetall oder einer Ventilmetalllegierung,
wie z. B. Aluminium, Titan, Tantal, Zirkonium oder Niob. Anderseits
sind auch Legierungen, einschließlich intermetallischer Phasen
eines oder mehrerer der genannten Metalle, möglich.
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Alternativ
ist die Metallschicht auf einem nichtmetallischen Substrat angeordnet,
oder das Substrat selbst besteht aus einem Ventilmetall oder einer
Ventilmetalllegierung.
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Der
Begriff Nukleinsäure
schließt
im Sinne dieser Beschreibung Desoxyribonukleinsäuren (DNA), Ribonukleinsäuren (RNA)
und Peptidische Nukleinsäuren
(PNA) ein. Unter Nukleinsäurederivaten
versteht man alle aus diesen Grundstrukturen (DNA, RNA oder PNA)
ableitbaren Modifikationen, wie z. B. Phosphothioate, Phosphoramidate,
O-Methyl-Derivate, „Locked
Nucleic Acids” (LNA), „Hexitol
Nucleic Acids” (HNA)
oder gemischte Moleküle
aus diesen.
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Die
Sequenzen der an den 5'-Termini
immobilisierten Nukleinsäuren
werden vorteilhaft so ausgewählt, dass
die für
anschließende
Prozesse, wie z. B. die Hybridisierung, relevanten Sequenzen auch
bei einem Schichtwachstum von über
2 nm noch zugänglich
sind. Die Sequenzen in der direkten Nähe der 5'-Termini
sind dabei beliebig, da diese in die Oxidschicht eingebaut werden
bzw. Teil des Doppelstrangabschnitts sind. Die Sequenzen in der
Nähe der
3'-Termini können dagegen
vorteilhaft spezifische Erkennungssequenzen, z. B. für eine anschließende Hybridisierung
mit komplementären
Strängen,
enthalten. Gleiches gilt analog bei 3'-terminal immobilisierten Nukleinsäuren, zum
Beispiel im Falle der Stabilisationsstränge, für die freien 5'-Termini.
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In
einer weiteren Ausgestaltung der Erfindung enthalten die Nukleinsäuren und/oder
Nukleinsäurederivate
zusätzliche
Modifikationen des Zucker-Phosphat-Rückgrates.
Diese können
z. B. Phosphothioat- oder O-Methylgruppen
und/oder unkonventionelle Basen wie Inosin sein.
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Vorzugsweise
können
an den Einzelstrang-Abschnitten der Ankerstränge durch die Hybridisierung über komplementäre Basenpaarung
komplementäre
Nukleinsäurestränge gebunden
sein. Die Sequenz des jeweiligen Einzelstrang-Abschnitts des immobilisierten Stranges
im modularen System bestimmt dabei, welche Sequenzen an diesen Einzelstrang-Abschnitt
komplementär
binden können.
Die komplementären
Nukleinsäurestränge dienen
bevorzugt der Modifikation der Metalloberflächen mit verschiedensten biologischen
und chemischen Wirkstoffen, welche zuvor kovalent an die Komplementärstränge gebunden
wurden (Konjugation). Diese Wirkstoffe können anorganische, organische
oder biochemische Moleküle
sein. Es können
aber auch Zell- oder Gewebekomponenten an die Komplementärstränge gebunden
sein. Vorteilhaft werden dabei die biologischen bzw. chemischen
Eigenschaften der entsprechend modifizierten Oberfläche weitgehend
von den an die Nukleinsäuren
gekoppelten Wirkstoffen bestimmt.
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Die
Bindung der komplementären
Stränge
kann vorteilhaft auch vom Anwender durchgeführt werden. Durch die Auswahl
komplementärer
Stränge
mit geeigneten Wirkstoffen kann der Anwender die biologischen bzw.
chemischen Eigenschaften der Metalloberfläche an die Bedürfnisse,
die seine spezielle Anwendung erfordert, anpassen.
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Die
Modularität
des Systems garantiert eine nahezu uneingeschränkte Variabilität beim Aufbau „biologisierter” Oberflächen. Ausgehend
von einer Metall-Metalloxidoberfläche, die mit Ankersträngen, die
Einzelstrang-Abschnitte
aufweisen, beschichtet ist, können
die biologischen Eigenschaften der Oberfläche durch folgende Faktoren
vielseitig variiert werden:
- – Die Sequenzen
der Einzelstrang-Abschnitte an den immobilisierten Ankersträngen bestimmen,
welche Nukleinsäuresequenzen
komplementär
binden können.
- – Ankerstränge mit
unterschiedlichen Sequenzen der Einzelstrang-Abschnitte können statistisch verteilt oder
lateral strukturiert an der Metalloxidoberfläche immobilisiert werden.
- – Die
Stabilität
der Bindung zwischen immobilisierten und komplementären Strängen bestimmt
das Freisetzungsverhalten der an den komplementären Strängen gebundenen Wirkstoffe.
- – An
den immobilisierten Ankersträngen,
d. h. an den Einzelstrang-Abschnitten
mit identischer Sequenz, können
komplementäre
Stränge
binden, die unterschiedliche Wirkstoffe tragen.
- – An
immobilisierten Ankersträngen
können
lateral definiert oder statistisch verteilt verschiedene Nukleinsäure-Wirkstoff-Konjugate
gleichzeitig hybridisiert werden, bei gleicher Flexibilität in der
Gestaltung der in den drei Punkten zuvor beschriebenen Eigenschaften.
- – Durch
die variable Gestaltung der Hybridstabilität auf ein und derselben Oberfläche kann
das Freisetzungsverhalten der assoziativ gebundenen und Wirkstoff-tragenden
komplementären
Nukleinsäuren
gesteuert werden.
- – Durch
Modifizierung der Basen, wie beispielsweise Inosin, bzw. des Rückgrats
der Nukleinsäuren,
wie z. B. ein Peptid-, Phosphothioat- oder Methylphosphonat-Rückgrat,
kann die chemische Stabilität
und die Stabilität
gegenüber
dem Abbau durch Nukleasen gezielt beeinflusst werden. Die oben genannten
Eigenschaften werden dadurch nicht maßgeblich beeinträchtigt.
- – Die
Sequenz der immobilisierten Nukleinsäuren kann spezielle Erkennungssequenzen
für Antikörper, Nukleinsäure-bindende
Proteine oder Nukleasen enthalten.
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Die
Stabilität
der Bindung zwischen immobilisierten Ankersträngen und komplementären Strängen ist dabei
im Wesentlichen abhängig
von der Länge
des Hybridbereiches, dessen G-C-Gehalt und der Anzahl von sogenannten „Mismatches”, d. h.
von nicht komplementären
Basenpaaren. Dabei steigt die Stabilität mit dem G-C-Gehalt, durch
eine größere Zahl
von Wasserstoffbrücken,
denn jedes C-G-Paar weist drei Wasserstoffbrücken auf, während die Bindung eines A-T-Paares
jeweils über
zwei Wasserstoffbrücken
erfolgt. Dagegen bilden „Mismatch”-Paare
keine stabilitätsrelevanten
Wasserstoffbrücken
aus, da sie nicht komplementär
sind. Daraus folgt, dass das Hybrid umso instabiler wird, je größer die
Anzahl der „Mismatch”-Paare
ist.
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Ist
die Freisetzung der komplementären
Stränge
und der an diese gekoppelten Wirkstoffe nicht erwünscht, kann
diese vorteilhaft durch kovalente Bindung des komplementären Strangs
an den Einzelstrang-Abschnitt des immobilisierten Ankerstranges
verhindert werden. Eine solche kovalente Bindung wird z. B. durch
Vernetzung mit UV-Licht oder durch chemische Reaktionen erreicht.
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Ist
eine besonders schnelle Freisetzung der an die komplementären Stränge gebundenen
Wirkstoffe in einem biologischen Milieu erwünscht, kann dies durch den
Einbau von Erkennungssequenzen für
Nukleasen erreicht werden.
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Vorteile
des erfindungsgemäßen modularen
Systems sind insbesondere:
- – Stabilität der Nukleinsäure-Beschichtung,
z. B. gegenüber
Radikalen,
- – optimale
Zugänglichkeit
für anschließende Prozesse,
wie beispielsweise Hybridisierung, durch die Orientierung der Nukleinsäuren,
- – Möglichkeit
zur variablen und modularen Modifizierung der Metalloberfläche durch
Binden von komplementären
Strängen
und an diese gebundene Wirkstoffe,
- – Möglichkeit
der Beeinflussung des Freisetzungsverhaltens und damit der Bioverfügbarkeit
der Wirkstoffe durch die molekulare Struktur des Nukleinsäure-Hybrids,
- – Möglichkeit
der einfachen Anpassung der Beschichtung durch den Anwender.
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Ein
weiterer Aspekt der Lösung
der Aufgabe der Erfindung besteht in der Bereitstellung eines Verfahrens
zur Herstellung eines solchen modularen Systems zur Immobilisierung
von Nukleinsäuren
und/oder Nukleinsäurederivaten
an einer metallischen Oberfläche,
das aus einer Metalloxidschicht und Nukleinsäuren und/oder Nukleinsäurederivaten
besteht. Dabei wird eine metallische Oberfläche mit Nukleinsäuren und/oder Nukleinsäurederivaten
in Kontakt gebracht, die als Ankerstränge vorgesehen sind, die an
ihrem 5'- oder 3'-Terminus anionische
Gruppen tragen. Dagegen weist die Metalloxid-Metalloxidschicht positive
Ladungszentren auf. Erfindungsgemäß ist an jedem Ankerstrang
im Stabilisationsbereich ein komplementärer Stabilisationsstrang gebunden.
Der helikale Doppelstrang, der durch den Ankerstrang mit dem komplementären Stabilisationsstrang
gebildet wird, adsorbiert durch elektrostatische Interaktion mit
seinem modifizierten terminalen Molekülbereich, welcher anionische
Gruppen aufweist, auf der Metalloxidschicht. Der Abschnitt des Ankerstranges,
der sich außerhalb
des doppelsträngigen
Stabilisationsbereiches befindet, ist einzelsträngig ausgebildet und daher
frei zugänglich
für anschließende Prozesse
und wird entsprechend der bereits verwendeten Terminologie als Funktionalisierungsbereich
bezeichnet. Zeitgleich zur Adsorption durch elektrostatische Interaktion oder
anschließend
erfolgt mittels anodischer Polarisation ein Wachstum der Oxidschicht.
Dabei findet ein orientierter terminaler Einbau der anionische Gruppen
tragenden terminalen Bereiche der Nukleinsäuren und/oder Nukleinsäurederivate
in die Metalloxidschicht statt.
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Es
wurde festgestellt, dass eine terminale Modifikation der Nukleinsäuren am
Stabilisationsbereich mit anionischen Gruppen eines geeigneten pKS-Wertes die Immobilisierung von Nukleinsäuren ermöglicht.
Dabei bestehen die anionischen Gruppen aus Molekülstrukturen, die bei dem pH-Wert
und der Ionenstärke
des Verfahrens eine negative Ladung besitzen. Vorzugsweise sind
die anionischen Gruppen Phosphat-, Phosphonat- oder Sulfonatgruppen.
Die Verbindung der anionischen Gruppen mit den terminalen Molekülbereichen
erfolgt vorzugsweise kovalent an den 3'- oder 5'-Termini.
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Vorteilhaft
sind kommerziell erhältliche,
terminal phosphorylierte Oligonukleotide einsetzbar. Die Bedingungen
für die
Adsorption werden so gewählt,
dass die anionischen Gruppen noch mindestens eine negative Ladung
tragen, während
die Metall-Metalloxid-Oberfläche
zumindest einige positive Ladungszentren aufweist. Dadurch wird
eine Anlagerung der modifizierten terminalen Bereiche der Nukleinsäuren und/oder
Nukleinsäurederivate
auf der Metalloxidschicht durch elektrostatische Interaktion ermöglicht.
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Nach
der adsorptiven Anlagerung erfolgt der anschließende Einbau erfindungsgemäß durch
anodische Polarisation bei pH 3 bis 6, vorzugsweise bei pH 4 in
einem Acetatpuffer-System.
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Das
Wachstum der Oxidschicht kann durch die Wahl der elektrochemischen
Parameter, vorzugsweise Potenzial, Stromdichte und Potenzialänderungsgeschwindigkeit,
kontrolliert werden. Dabei bestimmen die elektrochemischen Parameter
die auftretende Tiefe des Einbaus, die Größe der Moleküle determiniert
die zulässige
Tiefe des Einbaus. Um das Wachstum der Oxidschicht in einen für andere
Prozesse notwendigen Erkennungsbereich der Nukleinsäure zu verhindern,
wird das erreichte Potenzial bei der anodischen Polarisation vorzugsweise
auf einen Wert im Bereich zwischen 2 und 200 VSCE begrenzt.
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In
einer vorteilhaften Ausführung
des Verfahrens werden während
des Einbaus der Ankerstränge
in die Metalloxidschicht Komplexbildner zugesetzt. Dabei werden
Kationen gebunden, die zuvor aus der Metallschicht freigesetzt worden
sind, wie z. B. Titanyl-Ionen (TiO2+) im
Falle der Verwendung von Titan als Metalloberfläche, bevor sie an die funktionellen
Gruppen der Nukleinsäuren
binden können.
Als bevorzugte Komplexbildner werden z. B. EDTA, Oxalat, Citrat
u. a. eingesetzt.
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Eine
weitere vorteilhafte Maßnahme
im Verfahren besteht in der Zugabe von Radikalfängern. Damit können reaktive
Radikale, die im Laufe der anodischen Polarisation infolge Parallelreaktionen
gebildet werden, abgefangen und deren Reaktion mit Ankerstrangmolekülen weitgehend
verhindert werden. Als bevorzugte Radikalfänger dienen Verbindungen wie
Ascorbinsäure,
Chinon/Hydrochinon, Carotinoide, Flavonoide u. a.
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Nach
der Immobilisierung wird das System in Acetat-Puffer (pH 4) und
phosphatgepufferter Salzlösung
(PBS = Phosphate Buffered Saline) (pH-Wert = pH 7,5) gewaschen und
mit destilliertem Wasser gespült, um
nicht fixierte Ankerstränge
zu entfernen. Die Probe kann sofort weiterverarbeitet oder getrocknet
bei kühlen Temperaturen
(< 10°C) unter
Lichtausschluss gelagert werden.
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Beim
Schritt der Hybridisierung von komplementären Nukleinsäuren an
die Einzelstrang-Abschnitte im Funktionalisierungsbereich der durch
Nukleinsäuren
und/oder Nukleinsäurederivate
gebildeten Ankerstränge werden
der pH-Wert und die Ionenstärke
bevorzugt so gewählt,
dass die Metall-Metalloxidoberfläche negativ geladen
ist, während
das Nukleinsäure-Rückgrat der
Nukleinsäuren
negativ geladen ist oder keine Ladung aufweist. Wenn sowohl die
Metall-Metalloxidoberfläche
als auch das Nukleinsäure-Rückgrat negativ
geladen sind, kommt es zu einer elektrostatischen Abstoßung zwischen
beiden. Durch diese Abstoßung
wird eine unspezifische Adsorption der komplementären Stränge vermieden.
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In
Abhängigkeit
von Länge
und Basenzusammensetzung der zu hybridisierenden Sequenzen wird
ein Puffersystem geeigneter Ionenstärke, üblicherweise im Bereich zwischen
0,1 und 1,5 mol/Liter an einwertigen Kationen, gewählt. Der
pH-Wert liegt zwischen 4 und 10, der bevorzugte pH-Bereich ist zwischen
pH 7 bis pH 7,5 angesiedelt. An die komplementären Nukleinsäurestränge, die
sich zur Hybridisierung an die Einzelstrang-Abschnitte im Funktionalisierungsbereich
der Ankerstränge
in der Pufferlösung
befinden, sind vorzugsweise Wirkstoffe gebunden. Diese Wirkstoffe
können
aus anorganischen, organischen oder biochemischen Molekülen bestehen.
Es können
aber auch Zell- oder Gewebekomponenten an die komplementären Nukleinsäurestränge gebunden
sein.
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Für die Hybridisierung
wird die mit Ankersträngen
beschichtete Substratoberfläche
in Abhängigkeit des
zu erzeugenden Systems und der angewandten Parameter inkubiert.
Für die
beschriebene Ausgestaltung der Erfindung wird vorzugsweise zwischen
zehn Minuten und zwei Stunden inkubiert und anschließend mit Pufferlösung und
Wasser gespült.
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Vorteilhaft
werden die Bedingungen der Hybridisierung so gewählt, dass sie nahezu physiologischen Bedingungen
entsprechen. Dadurch wird eine bestmögliche molekulare und funktionelle
Unversehrtheit von biologischen Wirkstoffen, die an komplementäre Stränge gebunden
sind, gewährleistet.
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Modulare
Systeme zur Immobilisierung von Nukleinsäuren und/oder Nukleinsäurederivaten
auf metallischen Oberflächen,
die auf die oben genannte Weise hergestellt werden können, sind
für die
Funktionalisierung von Implantatoberflächen in der Medizin mit biologisch
aktiven Substanzen geeignet. Weitere Anwendungsmöglichkeiten existieren in der
Biotechnologie und Sensorik, d. h. der Funktionalisierung von Sensoroberflächen in
der medizinischen, biologischen, molekulargenetischen und biochemischen
Analytik mit biologisch aktiven Substanzen, z. B. zur Herstellung
von Biochips bzw. DNA-Chips, Microarrays und dergleichen mehr.
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Bei
der Anwendung des erfindungsgemäßen modularen
Systems für
Implantate in der Medizin erlauben die genannten Variationsmöglichkeiten
die alternative oder gleichzeitige Beschichtung des Implantats mit Substanzen
unterschiedlicher biologischer Wirksamkeit, wie beispielsweise Zytokinen,
Botenstoffen, Antikörpern.
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Vorteilhaft
kann das Freisetzungsverhalten dieser Wirkstoffe durch Variation
in der Hybridstabilität
beeinflusst werden. Die gleichzeitige oder zeitlich versetzte Freisetzung
eines oder mehrerer Wirkstoffe von ein und derselben Oberfläche ist
dadurch möglich.
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Eine
denkbare medizinische Anwendungsmöglichkeit ist die osteoinduktive
Ausrüstung
einer Implantatoberfläche
mit dem „bone
morphogenetic Protein” Typ
4 (BMP-4) als an die Nukleinsäuren
gekoppeltem Wirkstoff.
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Eine
andere Anwendungsmöglichkeit
ist die Beschichtung der Implantatoberfläche mit dem die Zellproliferation
positiv beeinflussenden Wachstumsfaktor TGF-β (tissue growth factor Beta)
als an die Nukleinsäuren
gekoppeltem Wirkstoff.
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Weitere
Einzelheiten, Merkmale und Vorteile der Erfindung ergeben sich aus
der nachfolgenden Beschreibung von Ausführungsbeispielen mit Bezugnahme
auf die zugehörigen
Zeichnungen. Es zeigen:
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1:
ein modulares System zur Immobilisierung von Nukleinsäuren und
Nukleinsäurederivaten
an metallischen Oberflächen
mit Darstellung der Adsorption und Immobilisierung sowie der anschließenden Hybridisierung
der Ankerstränge
(1a, 1b und 1c),
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2:
ein Fließschema
eines Verfahrens zur Herstellung eines modularen Systems zur Immobilisierung
von Nukleinsäuren
und/oder Nukleinsäurederivaten
auf einer metallischen Oberfläche,
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3a:
die Belegungsdichte des Funktionalisierungsstranges nach der Probenbehandlung
entsprechend der Ausführungsbeispiele
I bis III, und
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3b:
die Belegungsdichte des Nonsensestranges (3b) nach der Probenbehandlung
entsprechend der Ausführungsbeispiele
I bis III.
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Gemäß den 1a, 1b und 1c besitzt ein modulares System 1 mit
immobilisierten Nukleinsäuren und/oder
Nukleinsäurederivaten
an metallischen Oberflächen
eine metallische Oberfläche 2 (Ventilmetalllegierung)
mit einer dünnen
nativen Metalloxidschicht 3 (native Oxidschicht). In diese
Metalloxidschicht 3 sind die Nukleinsäuren und/oder Nukleinsäurederivate 4 mit
ihren terminalen Molekülbereichen
eingebaut, wobei die Nukleinsäuren
und/oder Nukleinsäurederivate 4 an
ihrem 5'- oder 3'-Terminus anionische
Gruppen 5 tragen. Diese anionische Gruppen 5 tragenden
terminalen Bereiche 6 der Nukleinsäuren und/oder Nukleinsäurederivate 4 befinden
sich fest fixiert innerhalb der Metalloxidschicht 3, wodurch
die Nukleinsäuren
und/oder Nukleinsäurederivate 4 stabil
gebunden sind und als Ankerstränge 7 für eine Hybridisierung
mit komplementären Funktionalisierungssträngen 11 zur
Verfügung
stehen.
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Entsprechend 1 ist
ein Teil des aus Ankerstrang 7 und Stabilisierungsstrang 9 bestehenden
Ankerstrang-Systems in dem Nukleinsäure-Bereich, dessen terminale
Nukleotide in der Metalloxidschicht 3 eingebaut sind, doppelsträngig ausgebildet.
An jedem Ankerstrang 7 ist im Stabilisationsbereich 8 ein
komplementärer
Stabilisationsstrang 9 durch Hybridisierung gebunden, so
dass der Ankerstrang 7 mit dem Stabilisationsstrang 9 als
helikaler Doppelstrang in der Metalloxidschicht 3 fixiert
ist. Gemäß 1 befinden
sich an den Einzelstrangtermini 6a, 6b, die einerseits
zu den Ankersträngen 7 und
andererseits zu den Stabilisationssträngen 9 gehören, jeweils
anionische Gruppen 5. Der andere Teil des in 1 dargestellten
Ankerstrang-Systems besitzt dagegen keinen Stabilisationsstrang 9 und
ist daher komplett einzelsträngig
ausgebildet. Infolge der relativ freien Beweglichkeit der Einzelstränge findet
die Adsorption, statt wie gewünscht
ausschließlich über die
terminalen anionischen Gruppen, bereits über das Zucker-Phosphat-Rückgrat und/oder über die
Basen statt. Ein Stabilisationsstrang 9 schränkt die
Flexibilität
des Ankerstranges 7 in der Weise ein, dass der Ankerstrang 7 im
Stabilisationsbereich 8 im Wesentlichen senkrecht ausgerichtet
ist.
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Bei
der Verdickung der Metalloxidschicht 3 (anodische Oxidschicht)
während
der Immobilisierung kann es daher dazu kommen, dass zahlreiche einzelsträngige Ankerstränge 7,
wie in 1 dargestellt, samt ihres Funktionalisierungsbereiches 10 von
der Metalloxidschicht 3 regelrecht „verschluckt” werden
und für
eine Hybridisierung somit nicht mehr zur Verfügung stehen.
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Letzteres
wird bei den Ankersträngen 7 mit
dem doppelhelikalen Stabilisierungsbereich 8 durch deren eingeschränkte Flexibilität verhindert,
so dass eine Hybridisierung des Funktionalisierungsbereichs 10 mit Funktionalisierungssträngen 11 auch
nach der Immobilisierung dieser Ankerstränge 7 und der Verdickung
der Metalloxidschicht 3 (anodische Oxidschicht) möglich ist.
Die komplementären
Funktionalisierungsstränge 11 dienen
der Modifikation der Metalloberfläche 2 mit verschiedensten
biologischen und chemischen Wirkstoffen 12, welche zuvor
kovalent an die komplementären
Funktionalisierungsstränge 11 gebunden
wurden.
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In 2 ist
ein Fließschema
eines Verfahrens zur Herstellung eines modularen Systems 1 zur
Immobilisierung von Nukleinsäuren
und Nukleinsäurederivaten 4 an
metallischen Oberflächen 2 dargestellt.
Dabei wird die Beschichtung der metallischen Oberfläche 2 einerseits
zunächst
durch die mechanische Bearbeitung und chemische Behandlung, beispielsweise
durch einen Ätzprozess,
vorbereitet. Andererseits erfolgt eine Hybridisierung der Ankerstränge 7,
AS mit den Stabilisierungssträngen 9,
StS, so dass der Ankerstrang 7, AS, einen Stabilisationsbereich 8 besitzt,
wie auch in 1 dargestellt. Im nächsten Schritt
gemäß 2 findet dann
die Beschichtung der Oberfläche
mit Ankersträngen 7,
AS, und die anschließende
Funktionalisierung mit Funktionalisierungssträngen 11, FS, statt.
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Anhand
der nachfolgenden Ausführungsbeispiele
I bis III werden diese Verfahrenschritte der Beschichtung der Oberfläche mit
Ankersträngen
AS,
7, und Funktionalisierung der Oberfläche gemäß
2 näher erläutert. Ausführungsbeispiel
I entspricht weitestgehend der in
DE 102 32 139 A1 beschriebenen Vorgehensweise.
Ausführungsbeispiele
II und III stellen Modifizierungen des Verfahrens dar, bei denen
Radikalfänger
und Komplexbildner als Einzelkomponenten (Ausführungsbeispiel II) und in Kombination
(Ausführungsbeispiel
III) während
der Immobilisierung des Ankerstranges
7, AS, zugesetzt
wurden.
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Die
in den folgenden Ausführungsbeispielen
für das
Verfahren verwendeten DNA-Oligonukleotide wurden von der Firma Thermo
Electron GmbH Ulm bezogen. Zur Detektion und Quantifizierung der
an die metallischen Oberflächen
2 gebundenen
Stoffmengen wurden die Stränge
7,
9,
10 teilweise
im Phosphat-Zucker-Rückgrat
bzw. an der terminalen Phosphatgruppe durch die Firma Hartmann Analytic
GmbH Braunschweig mit
32P radioaktiv markiert.
Die Sequenzen und Positionen für
die radioaktive Markierung sind nachfolgend angegeben. Ankerstrang
7, AS:
→ radioaktive
Markierung am 5'-Phosphat
(*) oder 3'-terminal
zwischen Nukleotid 59 und 60 (**). Stabilisierungsstrang
9, StS:
→ keine
radioaktive Markierung. Funktionalisierungsstrang
10, FS:
→ radioaktive
Markierung 3'-terminal
zwischen Nukleotid 30 und 31 (**). Nonsensestrang
NS (Negativkontrolle):
→ radioaktive
Markierung 3'-terminal
zwischen Nukleotid 30 und 31 (**).
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Probenvorbehandlung, Vorbereitung der
Beschichtung:
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Eine
scheibenförmige
Probe aus Ti6Al7Nb mit einem Durchmesser von 16 mm und einer Dicke
von 2 mm wird geschliffen (Körnung
P600), in einer Lösung
aus 0,4 mol/l HF und 1 mol/l HNO3 für 2 min
geätzt
und danach mit sterilem Wasser für
30 min im Ultraschallbad gereinigt. Bis zur Verwendung werden die
Proben in sterilem Wasser gelagert.
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Ausführungsbeispiel
I:
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I a) Immobilisierung der Ankerstränge 7,
AS
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Eine
vorbereitete Probe wird als Substratelektrode in eine geeignete
elektrochemische Messzelle mit einem Mindestvolumen von 3 ml eingebracht, so
dass die zu beschichtende metallische Oberfläche 2 der Probe horizontal
nach oben zeigt.
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800 μl einer 400
nmol/Liter Lösung
des 5'-phosphorylierten
Ankerstrangs 7, AS, in sterilem Acetatpuffer (0,04 mol/Liter,
pH = 4) wird bei 95°C
denaturiert und für
mindestens 5 min auf Eis gestellt. Anschließend wird diese Lösung auf
die Probe gegeben.
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Nach
einer Adsorptionsdauer von 15 min bei Raumtemperatur wird die Messzelle
mit 0,04 mol/Liter Acetatpuffer (pH = 4,0) auf 3 ml aufgefüllt und
mit einer Gold-Gegenelektrode und einer Silber/Silberchloridelektrode
als Bezugselektrode zu einer Drei-Elektroden-Anordnung komplettiert.
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Innerhalb
einer Minute nach Auffüllen
der Messzelle wird die Probe mit 8 VSCE für 100 s
anodisch polarisiert. Anschließend
wird die gesamte Zelle dreimal für
2 min mit 3 ml 0,04 mol/Liter Acetatpuffer gespült.
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Um
nicht ausreichend fest in die Metalloxidschicht 3 eingebaute
bzw. im Zeitraum zwischen Ende der anodischen Polarisation und Spülung der
Messzelle lediglich durch unspezifische Adsorption gebundene Ankerstränge zu entfernen,
wird die Probe bis zu 24 h in 3 ml PBS (Phosphate Buffered Saline)
bei pH = 7,5 gewaschen, wobei nach 15, 30 und 60 Minuten ein Wechsel
der Waschlösung
erfolgt.
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I b) Hybridisierung mit radioaktiv markierten
Gegensträngen:
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Eine
400 nmol/Liter Lösung
des Funktionalisierungsstranges 11, FS, in sterilem PBS
(50 mmol/Liter; pH = 7,5) wird bei 95°C denaturiert und anschließend für mindestens
5 min auf Eis gestellt.
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Von
der auf diese Weise vorbereiteten Lösung werden 100 μl auf die
gemäß dem Ausführungsbeispiel I
a) hergestellte Probe gegeben und für eine Stunde lang dort belassen.
Anschließend
wird dreimal mit 3 ml PBS (50 mmol/Liter, pH = 7,5) und einmal mit
3 ml sterilem Wasser gespült
und steril und staubfrei an der Luft getrocknet. Der Hybridisierungsschritt
kann wiederholt werden (z. B. mit einer Dauer von 24 Stunden), um
die Absättigung
von Ankersträngen 7,
AS, mit Funktionalisierungssträngen 11,
FS, zu erhöhen.
Am Ende der Behandlung sollte durch Lagern der Probe in 3 ml PBS
(50 mmol/Liter, pH = 7,5) bei 37°C
für eine
Stunde unspezifisch an die metallische Oberfläche 2 gebundener (nicht
hybridisierter) bzw. infolge Schädigung
von Ankersträngen 7,
AS, instabil gebundener Funktionalisierungsstränge 11, FS, desorbiert
werden.
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Nach
jedem Hybridisierungsschritt und nach der abschließenden Desorption
kann die Zählrate
des 32P und bei entsprechender Kalibrierung
daraus die gebundene Stoffmenge an den Funktionalisierungssträngen 11,
FS, mit Hilfe eines Strahlungsmessgerätes (z. B. eines PIPS-basierten
Betaspektrometers) bestimmt werden.
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Ausführungsbeispiel
II:
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Eine
vorbereitete Probe wird analog zu Ausführungsbeispiel I behandelt,
mit dem Unterschied, dass die Adsorptionslösung und der zum Auffüllen verwendete
Acetatpuffer entweder 10 mmol/Liter EDTA als Komplexbildner oder
10 mmol/Liter Ascorbinsäure
als Radikalfänger
enthalten.
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Ausführungsbeispiel
III:
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Eine
vorbereitete Probe wird analog zu Ausführungsbeispiel I behandelt,
wobei die Adsorptionslösung und
der zum Auffüllen
verwendete Acetatpuffer 10 mmol/Liter EDTA und 10 mmol/Liter Ascorbinsäure (Kombination
aus Komplexbildner und Radikalfänger)
enthalten.
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Vergleich der nach den Ausführungsbeispielen
I–III
behandelten Proben:
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In 3a sind
die Belegungsdichten nach den Hybridisierungsschritten und der abschließenden Desorption
der entsprechend den Ausführungsbeispielen
I–III
behandelten Proben dargestellt. Für jeden Balken wurden drei
Proben hergestellt; die Fehlerbalken entsprechen der Standardabweichung
der Messwerte. Um eine unspezifische Bindung des Funktionalisierungsstrangs
FS an die metallische Oberfläche 2 auszuschließen, wurden
für 3b bei
sonst analoger Probenbehandlung statt des zu Ankersträngen AS
komplementären
Funktionalisierungsstranges FS ein nicht komplementärer Nonsensestrang
NS als Negativkontrolle verwendet.
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Es
zeigt sich, dass bei Immobilisierung von Ankersträngen AS
ohne Zusatz von Radikalfängern
und Komplexbildnern nur in der initialen Phase der Hybridisierung
(eine Stunde lang) eine größere Stoffmenge
an Funktionalisierungssträngen
FS im Vergleich zu den anderen Zuständen gebunden wird. Bei Zugabe
von Radikalfängern
oder Komplexbildnern als Einzelkomponenten ist eine Inhibierung
der Bindung von Funktionalisierungssträngen FS zu beobachten. Ausschließlich bei
Kombination von Radikalfängern
und Komplexbildnern ist sowohl eine deutliche Steigerung der Belegungsdichte
als auch eine verbesserte Stabilität von Funktionalisierungssträngen FS
nachweisbar. Aus der gleich bleibend niedrigen Belegungsdichte von
Nonsensesträngen
NS lässt
sich ableiten, dass die detektierte Stoffmenge an Funktionalisierungssträngen FS
durch Hybridisierung an die metallische Oberfläche 2 gebunden wurde,
eine unspezifische Bindung also vernachlässigbar ist.
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Zusammengefasst
wird im erfindungsgemäßen System
eine erhöhte
Wechselwirkungsstabilität
durch zwei Verankerungspunkte auf der Metalloberfläche 2 erreicht.
Weiterhin wird die Steifheit der hybridisierbaren Ankerstränge 7 gegen
Abknicken signifikant erhöht.
Auch die Stabilität
der Ankerstränge 7 bei
Strangbruch ist deutlich erhöht,
da rein statistisch eine doppelte Sicherheit durch den zusätzlichen
und parallel wirkenden Stabilisierungsstrang 9 erreicht
wird.
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Besonders
vorteilhaft ist zudem, dass die Hybridisierung aufgrund der Anwesenheit
des helikalen Doppelstrangs am Stabilisationsbereich 8,
der sich in Nachbarschaft zum Funktionalisierungsbereich 8 befindet, besser
initiiert wird.
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- 1
- modulares
System
- 2
- metallische
Oberfläche,
Metallschicht, Metalloberfläche
- 3
- Metalloxidschicht
- 4
- Nukleinsäuren und/oder
Nukleinsäurederivate
- 5
- anionische
Gruppen
- 6
- terminale
Bereiche
- 6a
- Einzelstrangtermini
- 6b
- Einzelstrangtermini
- 7
- Ankerstränge
- 8
- Stabilisationsbereich
- 9
- Stabilisationsstrang
- 10
- Funktionalisierungsbereich
- 11
- Funktionalisierungsstrang
- 12
- Wirkstoff
- AS
- Ankerstrang
- FS
- Funktionalisierungsstrang
- NS
- Nonsensestrang
- StS
- Stabilisierungsstrang
-
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