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Die
Erfindung betrifft ein Stent mit einer Beschichtung, die einen Kohlenstoffträger und
einen Wirkstoff umfasst. Der Stent kommt insbesondere als Koronarstent
zum Einsatz und ist geeignet, der Restenose wirksam zu begegnen.
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Stents
werden mit Hilfe von endovaskulären Techniken
in Blutgefäße eingesetzt,
um Engpässe dauerhaft
zu beseitigen, gegebenenfalls auch um Fisteln oder Aneurysmen zu
verschließen.
In jedem Fall sollen sie das Gefäß, in dass
sie eingesetzt werden, durchgängig
halten.
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Eine
häufige
Komplikation ist die sogenannte Restenose, d. h. der Wiederverschluss
des Gefäßes nach
Implantation des Stents. Die Restenose beruht auf der Proliferation
von Zellen, insbesondere glatten Muskelzellen, die sich auf der
Innenwand des Stents ansiedeln und dazu führen, dass sich das freie Lumen
des Gefäßes im Stentbereich
erneut verengt. Bei übermäßiger Zellanlagerung
kann das an und für sich
erwünschte
Einwachsen der Stents dazu führen, dass
es zu erneuten starken Gefäßverengungen
im Stentbereich kommt, die insbesondere im Koronarbereich zu lebensbedrohlichen
Situationen führen können.
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Ein
Grund für
die Restenose ist die bei der Implantation eines Stents häufig auftretende
Verletzung des Endotheliums mit entsprechenden Entzündungsreaktionen
und einer Ausschüttung
von Wachstumsfaktoren, die die Zellproliferation fördern. Die
Verletzungen der Gefäßwandung
rühren
vor allem daher, dass der Stent bei den herkömmlichen Ballon-Implantationstechniken
mit erheblichen Drücken
an und in die Gefäßwand gepresst
wird, nicht nur um das Gefäß auf diese
Weise auf ein zuträgliches
Lumen aufzuweisen, sondern auch um den Stent in der Gefäßwand zu
verankern und ihn so an seinen Implantationsort zu fixieren.
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Derzeit
wird davon ausgegangen, dass die Restenose maßgeblich durch die Umstände in den ersten
Wochen nach der Implantation bestimmt wird. Mit der Abheilung der
implantationsbedingten Wunden in der Gefäßwand klingen die entzündlichen
Erscheinungen und die Ausschüttung
der Wachstumsfaktoren ab. Die Zellproliferation kommt zum Stillstand.
Allerdings sind die zu diesem Zeitpunkt bereits gebildeten Zellschichten
auf der Innenwandung des Stents weiterhin Ansatzpunkt für erneute
Ab- und Anlagerungen, die zu einem langfristigen Restenoseprozess
führen
können.
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Es
gilt deshalb, insbesondere in den ersten Tagen nach der Implantation
eines Stents, die Zellproliferation und Anlagerung von Zellen im
Bereich des Stents weitestmöglich
zu unterbinden. Hierzu wurden verschiedene Techniken entwickelt.
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Auf
der rein mechanischen Seite wird der Stent allseitig mit einer sehr
sorgfältigen
Politur geglättet,
um die Anlagerung von Zellmaterial und die Verletzung des Endotheliums
durch Rauigkeiten und Grate zu unterbinden. Diese Methode bringt
einigen Erfolg, wobei jedoch eine gewisse Restenoserate im Bereich
von etwa 15% bislang nur schwer unterschritten werden kann.
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Ein
medikamentöser
Ansatz versucht, anti-angiogene Faktoren an den polierten Stent
anzuheften, die geeignet sind, der Zellproliferation entgegenzuwirken.
Bekannte Mittel hierfür
sind Paclitaxel und Rapamycin. Damit beschichtete Stents haben derzeit
eine günstigere
Restenoserate als polierte Stents. Nichts desto weniger ist auch
hier die Restenoserate verbesserungswürdig.
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Bei
den beschichteten Stents, die einen anti-angiogenen Wirkstoff enthalten
und mit der Zeit freisetzen, ist derzeit die schwankende Freisetzungsrate
ein Problem. Unter den jeweils herrschenden physiologischen Bedingungen
kommt es häufig
nicht zu einer gleichmäßigen Freisetzung
des Wirkstoffs; diese kann schubweise oder mit Verzögerung stattfinden.
Die verzögerte
Freisetzung ist für
den erwünschten
Zweck nachteilig, da es insbesondere in den ersten Tagen nach der
Implantation auf eine gleichmäßige Freisetzung
des Wirkstoffs ankommt. Die schubweise Freisetzung ist unerwünscht, da
es sich bei den eingesetzten Medikamenten um hochwirksame Systeme
handelt, die in höheren
Konzentrationen Schäden
verursachen können.
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Aus
diesem Grunde besteht Bedarf an einem Beschichtungssystem, dass
den Wirkstoff einerseits zuverlässig
festhält
und andererseits gleichmäßig über eine
begrenzte Zeit freisetzt.
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Dieses
Ziel wird mit einem Stent der eingangs genannten Art erreicht, bei
dem der Kohlenstoffträger
eine CLC-Schicht mit einer offenen Zellstruktur ist, an deren Oberfläche sich
der Wirkstoff angelagert ist.
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Kern
der Erfindung ist, dass die DLC-Beschichtung des Stents, d. h. die
Schicht aus diamond-like-carbon, vor allem auf der inneren Oberfläche des
Stents mit einer offenen Zellstruktur versehen ist, die die Oberfläche stark
vergrößert. Eine
solche Beschichtung wird auch als CLC-Beschichtung bezeichnet, cellular
diamond-like-carbon coating. Es hat sich gezeigt, dass trotz der
tiefreichenden Poren, die die Größe der jeweiligen
Schichtdicke erreichen können,
keine Beeinträchtigung
der Haftung der Beschichtung an der Metalloberfläche eintritt. Die offenen Zellen,
Poren oder „cups" sind in der Lage,
erhebliche Mengen an Wirkstoff an- und einzulagern und dosiert über eine
längere
Zeit an die Umgebung abzugeben.
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Der
Wirkstoff ist vorzugsweise ein anti-angiogener Faktor, wie er beispielsweise
in der WO 95/03036 A1 definiert und beschrieben ist. Bevorzugte
Vertreter solcher anti-angiogener Faktoren sind Paclitaxel (Taxol)
und Rapamycin. Es sei aber darauf hingewiesen, dass auch andere
als anti-angiogen beschriebene Wirkstoffe, insbesondere die in der
WO 95/03036 A1 genannten, eingesetzt werden können.
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Die
CLC-Beschichtung weist eine Schichtdicke von mehr als 2 μm auf und
insbesondere eine solche von 2 bis 10 μm. Besonders bevorzugt sind Schichtdicken
im Bereich von 2 bis 6 μm.
Schichtdicken dieser Stärke
haben sich auch als resistent gegen die mechanische Belastung durch
die Verkrimpung des Stents auf einem Implantationsballon und die
spätere
Aufweitung im Gefäß des Patienten
erwiesen.
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Die
Beladung der Beschichtung mit Wirkstoff kann insbesondere bei Wirkstoffen,
die eine basische Funktion enthalten, wie die Aminofunktion von
Paclitaxel, durch eine Ausstattung der Beschichtung mit Carboxylgruppen
verbessert werden. Zu diesem Zweck kann die CLC-Schicht durch Behandlung
mit einem Carboxylgruppen generierenden Medium modifiziert werden.
Solche Prozesse sind dem Chemiker beispielsweise aus der Carboxylmodifizierung von
Polymeren bekannt. Die auf der CLC-Oberfläche generierten Carboxylgruppen
sind in der Lage, den oder die stickstoffhaltigen Wirkstoffe zu
binden, aber auch Wirkstoffe mit Hydroxyfunktionen, wie Rapamycin,
als Ester anzulagern.
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Die
chemische Bindung der Wirkstoffe über Carboxylfunktionen an die
Beschichtung und damit an den Stent hat zur Folge, dass der Wirkstoff
zunächst
einmal mehr oder weniger fest gebunden ist, d. h. eine unkontrollierte übermäßige Freisetzung vermieden
wird. Gleichzeitig kommt es aber zu einer gleichmäßigen kontrollierten
Abgabe des Wirkstoffs in dem Maße,
in dem die Bindungen gelöst
werden bzw. die Wirkstoffe an den Carboxylfunktionen substituiert
werden. Entsprechendes gilt für
die Anlagerung von anderen Wirkstoffen in Form von Estern oder für andere „Links", wie beispielsweise
Aminfunktionen, die an der CLC-Oberfläche generiert werden.
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Die
Ausstattung der Beschichtung mit derartigen „Links" gibt auch mehr Möglichkeiten hinsichtlich der
Wirkstoffmenge. Die Wirkstoffmenge wird einmal bestimmt durch die „cups" in der Beschichtung
und damit über
die Oberfläche
und Porosität. Hinzu
kommt der Einfluss der Schichtdicke auf das offene Porenvolumen.
Die Oberfläche
schließlich
ist die begrenzende Größe für die Modifizierung
mit „Links" wie Carboxylgruppen
oder Amingruppen.
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Im übrigen lässt sich
das Prinzip der mit Links modifizierten Beschichtungen auf andere
Implantate, die dazu bestimmt sind vorübergehend oder auf Dauer im
Körper
eingesetzt zu werden, ausdehnen.
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Die
Beschichtung erfolgt auf mehr oder weniger konventionelle Art und
Weise. Der gereinigte und polierte Stent wird, vorzugsweise nach
dem Ätzen
mit Argonionen in situ, in einer Vakuumkammer durch Sputtern mit
Grafit als Substrat und dem Stent als Target in Gegenwart von Kohlenmonoxid
(CO) und Wasserstoff beschichtet. Soweit sinnvoll erfolgt nach der
Beschichtung eine Oberflächenmodifizierung
in einem Reinraum zur Bildung von Carboxylgruppen an der CLC-Schicht.
Dies wird vorzugsweise in einem Flüssigverfahren vorgenommen.
Anschließend wird
in einem zweiten Vakuumschritt die Wirkstoffaufbringung bewerkstelligt.
Der fertige Stent wird dann auf herkömmliche Art und Weise auf einen
Ballon gekrimpt.
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Der
erfindungsgemäße Stent
ist in der Lage, den Wirkstoff insbesondere in den kritischen ersten Tagen
nach der Implantation gleichmäßig abzugeben,
d. h. der für
den Erfolg der Gefäßaufweitung
entscheidende Zeitraum von 1 bis 2 Wochen wird von einer konstanten
Abgabe des Wirkstoffs aus der Stentoberfläche begleitet. Nach der Einheilung
des Stents ist auch über
kurz oder lang der Höhepunkt
der Wirkstofffreisetzung überschritten,
so dass keine unnötige Belastung
des Patienten mehr eintritt.
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Die
erfindungsgemäße Beschichtung
ist polymerfrei, d. h. es erfolgt keine Freisetzung von Partikeln
oder Teilen einer Polymerbeschichtung, wie in zahlreichen herkömmlichen
Stents auftritt. Vielmehr ist die CLC-Schicht außerordentlich stabil gegen äußere Einflüsse und
bleibt dem Stent als Schutzschicht erhalten.
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Für die Herstellung
des Stents wird, abgesehen von der Besonderheit der Erzeugung einer
offenen Zellstruktur und der Oberflächenmodifizierung, auf weitgehend
etablierte Verfahren zurückgegriffen. Die
auf herkömmliche
Weise gefertigten Stents werden gereinigt und vorzugsweise elektropoliert.
Nach der Vorbehandlung werden sie in eine Vakuumkammer gegeben.
In einer bevorzugten Ausführungsform werden
sie in der Vakuumkammer mit Argonionen in situ geätzt, wonach
mit einem Plasmaverfahren die CLC-Schicht in einer Schichtdicke
von vorzugsweise etwa 4 μm
aufgebracht wird. Die CLC-Beschichtung erfolgt
in Gegenwart von CO und H2; in Abwesenheit von CO ent steht eine
mehr oder weniger glatte Oberfläche,
die die erwünschten „cups" nicht aufweist.
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Nach
der Erzeugung der CLC-Schicht wird der beschichtete Stent in einem
Reinraum in einem Flüssigverfahren
mit Carboxylgruppen modifiziert. Anschließend erfolgt die Auf- und Einbringung
des Wirkstoffs Paclitaxel im Vakuum bis zu einer Schichtdicke von
0,5 μm.
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Die
Modifizierung der Oberfläche
mit Carboxylgruppen kann beispielsweise durch den Einsatz von Phosgen,
Oxalylchlorid oder Chlorameisensäure erfolgen,
aber auch durch Plasmaverfahren und Verfahren photochemischer Natur,
in der reaktive Radikale erzeugt werden, die sich an aktive Oberflächenpositionen
der Beschichtung anheften können
und Carboxylfunktionen enthalten oder in solche umgewandelt werden
können.
Die Carboxylfunktionen (und entsprechend andere reaktive Funktionen)
können
auch über
eine größere Anzahl
von weiteren Atomen an die Beschichtung angebunden sein, beispielsweise
gesättigte
oder ungesättigte
aliphatische oder aromatische Kohlenwasserstoffketten mit bis zu zehn
Kohlenstoffatomen oder Alkylenoxidketten.
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Paclitaxel
ist über
seine Stickstofffunktion zur Salzbildung befähigt und kann damit an aktive
Carboxylgruppen anbinden. Rapamycin kann in ähnlicher Art und Weise als
Ester gebunden werden. Carboxylgruppenhaltige anti-angiogene Wirkstoffe
können über eine
Aminmodifizierung der CLC-Schicht, die auf entsprechende Art und
Weise gebildet werden kann, gebunden werden. Insoweit ist, über die
rein adsorptive Bindung der CLC-Schicht hinaus, eine erhöhte Bindungswirkung über einen
chemischen Prozess möglich
und erwünscht.