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Die
Erfindung betrifft eine Anordnung und ein Verfahren zur nichtinvasiven
Diagnostik rechtsseitiger intrakardialer Druckverläufe im menschlichen Herzen,
wobei auf dem Thorax fixierte Beschleunigungssensoren als Messaufnehmer
dienen.
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Stand der
Technik
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Der
intrakardiale Blutdruck des menschlichen Herzens ist von großer diagnostischer
Bedeutung bei der Untersuchung von Herz- und Kreislauferkrankungen.
Hierbei ist die Bestimmung der rechtsseitigen intrakardialen Drücke u.a.
für die
Beurteilung der Pumpfunktion des rechten Herzens sowie zur Diagnose
des Lungenhochdruckes erforderlich. Bislang gibt es nur wenige nichtinvasive
Untersuchungsmethoden zur Hämodynamik
in der rechten Herzseite sowie im Lungenkreislauf. So hat lediglich
die Bestimmung der trikuspidalen Regurgitationsgeschwindigkeit mittels
CW-Doppler-Echokardiographie (Yock PG, Popp RL. Noninvasive estimation
of right ventricular systolic pressure by Doppler ultrasound in
patients with tricuspidal regurgitation. Circulation 1984;4:657–662.) Einzug
in die klinische Routine gefunden. Die CW-Doppler- Echokardiographie
kann jedoch lediglich den systolischen rechtsventrikulären Druck
bestimmen. Zudem ist dieses Verfahren apparativ sehr aufwendig und
kann nur von speziell ausgebildeten Personen durchgeführt werden.
Zusätzlich
werden bei 15–20
% der Patienten wegen schwieriger Schallbedingungen oder fehlender
trikuspiudaler Regurgitation keine auswertbaren Dopplerprofile erhalten.
Diese Patienten müssen
daher in der Regel invasiv mittels Rechtsherzkatheter untersucht
werden. Die Untersuchung wiederum ist nicht ungefährlich.
Lebensgefährliche
Komplikationen wie Rhythmusstörungen
kommen insbesondere bei Patienten mit Lungenhochdruck und vergrößertem rechten
Herzen vor.
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Des
weiteren sind Diagnosemöglichkeiten bekannt,
bei welchen mittels gleichzeitiger Bestimmung der Herz- und Lungen-
bzw. Atemtätigkeit Rückschlüsse auf
das Zusammenwirken von Herz- und Lungenfunktion gezogen werden können. Als Beispiele
seien hierfür
die Gebrauchsmusterbeschreibung
DE 296 12 119 U1 und die Offenlegungsschrift
DE 100 14 077 A1 genannt.
In beiden Fällen können allerdings
keine Aussagen zum Verlauf des Druckes in der rechten Herzkammer
getroffen werden.
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Die
oben bereits genannten Untersuchungsmöglichkeiten zur Herztätigkeit
werden in der Offenlegungsschrift
DE 197 06 976 A1 durch eine transösophagale
Messung der Herzbewegung mit Hilfe eines oder mehrere Beschleunigungssensoren,
welche in der Speiseröhre
positioniert werden, ergänzt. Allerdings
kann bei dieser Methode nur eine ungefähre Positionierung und Ausrichtung
der Sensoren erfolgen. Bei der unmittelbaren Nähe des Ösophagus zu den arteriellen
Ausgängen
des Herzens und den Herzvorkammern ist zudem eine hohe Sensibilität der Messwerte
in Abhängigkeit
zur Sensorposition zu erwarten. Durch die Einbringung der gekapselten Sonde über den
Mund in die Speiseröhre
sind die Messungen mit erheblichen Belastungen der Patienten verbunden
und können
zusätzlich
nur durch geschultes Personal durchgeführt werden.
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Zusammenfassend
kann aus dem Stand der Technik zur Diagnostik der rechtsseitigen
intrakardialen Druckverläufe
geschlossen werden, dass ein einfaches und zuverlässiges nichtinvasives
Verfahren zur Bestimmung oder Abschätzung der Drücke zwar von
großer
Bedeutung wäre,
nichtsdestoweniger aber gegenwärtig
nicht verfügbar
ist.
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Ziel der Erfindung
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Der
Erfindung liegt somit die Aufgabe zugrunde, eine apparativ einfache
und nichtinvasive Methode zur Diagnostik der rechtsseitigen intrakardialen
Druckverläufe
im menschlichen Herzen bereitzustellen, welche darüber hinaus
die Möglichkeit
eines mobilen Einsatzes bietet.
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Beschreibung der Erfindung
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Die
Erfindung soll anhand der folgenden Zeichnungen näher erläutert werden.
Es zeigen im Einzelnen
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1a die
schematische Darstellung eines transversalen Schnittes durch den
Thorax in Höhe des
7. Brustwirbels, Ansicht von cranial;
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1b die
schematische Darstellung eines von einer elastischen Begrenzung
umhüllten
Hohlkörpers
mit einem darauf fixierten Beschleunigungssensor sowie exemplarischen
Verläufen
von Druck und gemessener Beschleunigung; und
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1c die
schematische Darstellung der Herzbewegungen in der Sagittalebene
mit Bezug auf 1a gemeinsam mit charakteristischen
Verläufen der
Beschleunigungsverläufe
an den beiden Beschleunigungssensoren; sowie
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2 gemessene
sagittale Beschleunigungsverläufe
des Sternums über
eine Herzschlagperiode mit der gemeinsam aufgezeichneten EKG-Kurve;
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3 gemessene
sagittale Beschleunigungsverläufe
des Sternums (Beschleunigungssensor 1) und am Dornfortsatz des 7.
Brustwirbelkörpers (Beschleunigungssensor
2);
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4a gemessene
sagittale Beschleunigungsverläufe
des Sternums im eingeatmeten und im ausgeatmeten Zustand;
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4b gemessene
sagittale Beschleunigungsverläufe
des Sternums im eingeatmeten und im ausgeatmeten Zustand gemeinsam
mit den jeweils gleichzeitig aufgezeichneten EKG-Kurven.
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5 gemessene
und über
jeweils 16 Herzschlagperioden gemittelte sagittale Beschleunigungsverläufe für zwei Patienten
sowie die mittels Echokardiographie bestimmten mittleren Druckwerte prV in der rechten Herzkammer.
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Erfindungsgemäß wird die
oben beschriebene Aufgabe mit einem System von Beschleunigungssensoren
nach Anspruch 1 und den Unteransprüchen 2 bis 6 sowie mit einer
Auswerteprozedur nach Anspruch 7 und den Unteransprüchen 8 bis
12 gelöst.
Hierbei werden folgende, in den 1a bis 1c schematisch
veranschaulichten, anatomischen und physikalischen Gegebenheiten
berücksichtigt.
- 1.) Die rechte Herzkammer liegt dorsal am Sternum
an (1a). Kraftwirkungen des Herzmuskels in der Sagittalebene,
insbesondere die des rechten Herzmuskels, werden direkt auf das
Sternum übertragen
und sind damit extern als Beschleunigungswerte zugänglich.
- 2.) Druckänderungen
innerhalb eines durch eine elastische Wand begrenzten Hohlkörpers werden als
Formänderungen
an der Wand wirksam und sind dort phasengleich als Beschleunigungswerte messbar
(1b).
- 3.) Die Kraftwirkung eines frei beweglichen und elastisch begrenzten
Druckkörpers
auf die angrenzende Wand einer Einhausung setzen sich aus den Eigenbewegungen
des Druckkörpers
und den Druckverläufen
innerhalb des Druckkörpers zusammen
(1c). Beide Kraftwirkungen können durch Beschleunigungsmessungen
an gegenüberliegenden
Seiten der Einhausung voneinander unterschieden werden.
- 4.) Der Muskel der rechten Herzkammer (1a) pumpt
das Blut gegen den Widerstand der Lunge durch diese hindurch. Bei
der Einatmung steigen der venöse
Rückstrom
und das Schlagvolumen des rechten Herzens, weswegen im eingeatmeten Zustand
ein höherer
systolischer Druck aufgebaut werden muss. Die von dem Beschleunigungssensor
in 1b gemessenen Intensitäten der Beschleunigungsverläufe im ein-
und ausgeatmeten Zustand unterscheiden sich damit für die druckbasierten
Ereignisse deutlich voneinander.
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Aus
1. und 2. folgt, dass Druckverläufe
in der rechten Herzkammer gemeinsam mit anderen Kraftwirkungen als
Beschleunigungen am Sternum messbar sind. Aus 3. und 4. folgt, dass
die druckbasierten Beschleunigungswerte von anders verursachten
sagittalen Beschleunigungsanteilen des Sternums getrennt werden
können.
Somit können
quantitative Aussagen zum relativen Verlauf der rechtsseitigen intrakardialen
Drücke
getroffen werden. Eine Eichung der Messergebnisse auf Absolutwerte
ist ebenfalls möglich.
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Ausführungsbeispiele
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Die
Erfindung soll an vier Ausführungsbeispielen
näher erläutert werden.
Für die
ersten drei Beispiele wurden zur Beschleunigungsmessung einachsige
piezoelektrische Sensoren mit Ladungsausgang eingesetzt. Für das dritte
Beispiel wurde ein dreiachsiger Beschleunigungsaufnehmer mit der gleichen
Empfindlichkeit wie die einachsigen Sensoren eingesetzt. Die weitere
Signalaufbereitung erfolgte identisch über Ladungsverstärker und
Tiefpassfilter. Die Signalaufzeichnung erfolgte mit einem mehrkanaligem
Speicheroszillographen. Für
die Messunsicherheit zwischen den Messstrecken mehrerer Beschleunigungssensoren
wurde ein Wert von ≤ 2
% ermittelt. Die mit der verwendeten Messanordnung ermittelten Spannungswerte
U und die dazugehörigen Beschleunigungswerte
a sind über
die Größengleichung
miteinander verknüpft.
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In
einem ersten Ausführungsbeispiel
wird eine Messanordnung beschrieben, welche die sagittalen Beschleunigungssignale
am Sternum gleichzeitig mit den EKG-Signalen aufzeichnet und somit
eine Zuordnung der Beschleunigungsverläufe zu den Aktionsphasen des
Herzens ermöglicht.
Hierbei wird ein Beschleunigungssensor mit einem elastischen Band auf
den unteren flachen Bereich des Sternums derartig fixiert, dass
die Normale seiner Messfläche
in der Sagittalebene nach der Körpermitte
hin ausgerichtet ist. Die Klebeelektroden zur Aufnahme des EKG-Signals
werden im dritten Interkostalraum (ICR) rechts vom Sternum und links
im 5. ICR auf der Medioklavikularlinie fixiert. Die Messanordnung
besteht für
beide Signale aus jeweils einer Verstärkereinheit sowie einem gemeinsamen
Speicheroszilloskop. Die Signalaufzeichnung erfolgt mittels Speicherung
beider Signale im Echtzeitbetrieb am sitzenden und in Ruhe befindlichen
Patienten.
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Ein
typisches Ergebnis dieser Messungen ist in 2 dargestellt.
Der Vergleich des Beschleunigungssignals mit dem EKG-Signal zeigt,
dass der Beginn der Peakfolge im Beschleunigungssignal bei 0 s mit
dem R-Peak im EKG korreliert und somit den Beginn der Systole charakterisiert.
Das Ende des T-Peaks im EKG korreliert wiederum mit einer weiteren
charakteristischen Peakfolge im Beschleunigungssignal, was damit
den Beginn der Diastole anzeigt.
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In
einem zweiten Ausführungsbeispiel
wird eine Messanordnung beschrieben, mit welcher in den am Sternum
gemessenen sagittalen Beschleunigungssignalen druckbasierte Signale
aus der rechten Herzkammer identifizieren werden können. Nach dem
in 1c dargestellten Prinzip sind hierbei zwei Beschleunigungssensoren
am Thorax eines Patienten so fixiert, dass der erste Sensor wie
im ersten Ausführungsbeispiel
und der zweite Sensor auf den Dornfortsatz des 7. Brustwirbelkörpers positioniert ist.
Letzterer wiederum so, dass die Normale seiner Messfläche ebenfalls
in der Sagittalebene nach der Körpermitte
hin ausgerichtet ist.
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Der
Patient befindet sich bei der Messung in sitzender Position und
in Ruhe. Die Signalaufzeichnung erfolgt über identische Verarbeitungsstrecken, wobei
die Messsignale beider Sensoren über
16 Herzschläge
gemittelt werden. Ein typisches Ergebnis dieser Messungen ist in 3 dargestellt.
Die Triggerung für
die gemittelte Signalaufzeichnung erfolgte hierbei an der positiven
Signalflanke des Beschleunigungssensors 1 bei 0 s. Die Beschleunigungsverläufe der
beiden Sensoren zeigen, dass von den drei Beschleunigungspeaks am
Sternum zwischen 0 und 0,08 s lediglich der zweite Peak druckbasiert
ist. Da es sich hier allerdings um Mittelwerte der Messverläufe handelt,
muss dieses Ergebnis weiter verifiziert werden, was in einem dritten
Ausführungsbeispiel
erläutert
werden soll.
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In
dem dritten Ausführungsbeispiel
werden mit einer zum ersten Ausführungsbeispiel
identischen Messanordnung die sagittalen Beschleunigungswerte am
Sternum sowie die EKG-Kurven in Echtzeit im eingeatmeten und im
ausgeatmeten Zustand aufgezeichnet. Typische Messergebnisse sind in 4 dargestellt. Die Messungen im eingeatmeten
und ausgeatmeten Zustand wurden unmittelbar hintereinander aufgezeichnet.
Bei der Interpretation der Beschleunigungsverläufe in 4a wird
davon ausgegangen, dass der Perfussionswiderstand der Lunge im eingeatmeten
Zustand höher
ist als im ausgeatmeten Zustand und daher druckbasierte Beschleunigungswerte
im eingeatmeten Zustand deutlich höher als im ausgeatmeten Zustand
sind. Danach kann auch hier, genau wie im vorhergehenden Ausführungsbeispiel,
der zweite Beschleunigungspeak am Systolenbeginn für die Druckbestimmung
in der rechten Herzkammer herangezogen werden. Gleichzeitig zeigt
der in 4b dargestellte Vergleich zwischen
den Beschleunigungswerten und den dazugehörigen EKG-Kurven, dass erstere
ein deutlich differenzierteres Bild der Herzaktionen liefert. Während im
EKG für
den eingeatmeten und den ausgeatmeten Zustand lediglich Frequenzveränderungen
angezeigt werden, ermöglichen
die Beschleunigungsverläufe
auch quantitative Diagnosen der entsprechenden Druckveränderungen
im Herzen.
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In
einem vierten Ausführungsbeispiel
werden Messergebnisse an zwei verschiedenen Patienten gewonnen,
wobei für
beide gleichzeitig zu den Beschleunigungsmessungen am Sternum die
Druckwerte prV in der rechten Herzkammer
mittels CW-Doppler-Echokardiographie bestimmt werden. Für die Beschleunigungsmessungen
wurde eine zum ersten Ausführungsbeispiel
identische Fixierung des Beschleunigungssensors gewählt. Für die in 5 dargestellten
Beschleunigungswerte wurde allerdings lediglich die Sagittalkomponente
des dreiachsigen Beschleunigungssensors dargestellt. Mittels Echokardiographie
wurde für
den ersten der beiden männlichen
Patienten eine normale Herzfunktion und -größe sowie ein normaler mittlerer
Druck von 20 Torr in der rechten Herzkammer diagnostiziert. Für den zweiten
Patienten wurde dagegen eine pulmonale Hypertonie mit mittleren
Drücken
von 65 Torr in der rechten Herzkammer sowie ein hypertrophierter rechter
Herzmuskel diagnostiziert.