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Die
Erfindung betrifft ein Verfahren zum mikrobiellen Abbau von Organo-Siliciumverbindungen,
Silanen und Siloxanen durch Bakterienstämme der Gattung Paracoccus
wie z. B. Paracoccus sp. IO-1 (DSM 17705), Paracoccus sp. B8B2 (DSM
17838) und Paracoccus denitrificans (DSM 17839).
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Silicium
ist das zweithäufigste
Element in der Erdkruste, jedoch liegt es wegen seiner hohen Affinität zum Sauerstoff
in der Natur nur in entsprechenden Verbindungen, nämlich Silikaten
oder Siliciumdioxid, in Form von Sand oder Mineralien vor.
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Silicone
sind synthetisch hergestellte polymere Verbindungen, in denen Silicium-Atome über Sauerstoff-Atome
ketten- und/oder netzartig verknüpft
und die restlichen Valenzen des Siliciums durch Kohlenwasserstoff-Reste
abgesättigt
sind. Das Gerüst
kann durch die jeweils verwendeten organischen Gruppen verschiedenartig
abgewandelt werden. So werden Silicone mit verschiedenen gewünschten
Eigenschaften für entsprechende
Anwendungen synthetisiert. Fast alle Siliconprodukte gehören zu einer
von drei Rohstoffgruppen: Siliconöle, Siliconkautschuke oder
Siliconharze. Silicone findet man heute in fast allen Bereichen
des Alltags und der Technik, so dass diese Substanzklasse eine enorme
Bedeutung erlangt hat.
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Siliconöle sind
Polymere mit verschiedenen Kettenlängen, die von 2 Silicium-Atomen
bis weit über 1000
Si-Atome enthalten. Sie sind gewöhnlich
klare, farblose, neutrale, geruchslose und hydrophobe Flüssigkeiten.
Siliconöle
finden beispielsweise Anwendung als Trennmittel (Entformung von
Kunststoffteilen, z. B. in der Reifenindustrie), als Gleitmittel
(Kunststofflager, Näh garn,
Weinkorken, Folien), als Dämpfungsmedium, als
Hydrauliköl,
als flüssiges
Dielektrikum (Kühlmittel,
Transformatoren), als Hydrophobierungsmittel (Glas, Keramik, Textilien),
als Antischaummittel, in kosmetischen Rezepturen (Hautschutzsalben,
Sonnencremes, Haarpflegemittel) und als Pflegemittelzusatz (Auto-
und Möbelpolituren,
Schuh- und Bodenpflegemittel). Aufgrund der zahlreichen Anwendung
von Siliconölen
im Alltag ist es nicht überraschend,
dass lineare Silicon-Polymere in alle Bereiche der Umwelt, also
in die Atmosphäre,
in den Boden und auch ins Wasser gelangen.
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Lineare
Silicon-Polymere werden in der Umwelt durch natürliche Prozesse abgebaut. Die
am häufigsten
vorkommenden Silicon-Polymere,
die Polydimethylsiloxane (PDMS), werden bei der konventionellen
Abwasserreinigung nicht entfernt, gelangen in den Boden und ins
Grundwasser und werden dort durch chemische Hydrolyse depolymerisiert.
Im Gegensatz zu einer enzymatischen Spaltung, die spezifisch für eine Bindung
oder einen Depolymerisierungsprozess vom Kettenende her ist, erfolgt
dieser hydrolytische Abbau im Boden zufällig. Die Depolymerisierung
liefert schließlich
die Monomere Dimethylsilandiol und eine geringe Menge an Trimethylsilanol
(Gravier et al., J. of Polymers and Environment, Vol. 11, No. 4
(2003)). Die Monomere diffundieren in die Atmosphäre und werden
dort durch UV-Strahlung photooxidiert. Weder die Ausgangsstoffe
noch die Abbauprodukte sind für
die Umwelt oder für
lebende Organismen schädlich.
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Obwohl
auch Mikroorganismen an ihren natürlichen Standorten, vor allem
im Boden und im Wasser, Zugang zu Siliconölen haben, ist bisher nicht
viel über
ihre Rolle beim Siliconabbau bekannt. Folgende Veröffentlichungen
befassen sich mit dem Abbau von Siliconölen durch Mikroorganismen:
R.
Wasserbauer und Z. Zadak, Folia Microbiol. 35, 384–393 (1990),
berichten, dass ein Pseudomonas putida Stamm aerob mit Polydimethylsiloxan
(PDMS) als einziger Kohlenstoffquelle wächst. Beim Wachstum von Pseudomonas
putida auf PDMS wurden dabei jedoch keine Produkte identifiziert;
zudem wurde die Reinheit des eingesetzten Siliconöls nicht überprüft. In dieser
Veröffentlichung
wird auch berichtet, dass hochmolekulare Siliconöle biologisch besser abbaubar
seien als niedermolekulare Siliconöle, was schwer nachvollziehbar ist.
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Als
Hinweis auf eine mikrobielle Spaltung der Si-C-Bindung wurde 1996
publiziert, dass 14C-markiertes Dimethylsilandiol
(DMSD) durch einige aerobe Mikroorganismen zu 14CO2 umgesetzt wird (Sabourin et al., Applied
and Environmental Microbiol., Vol. 62, No. 12, 4352–4360, (1996)).
Die Umsetzung des DMSD wurde in dieser Publikation bei einer Arthrobacter
sp. und dem Pilz Fusarium oxysporium Schlechtendahl cometabolisch
mit anderen Substraten nachgewiesen. Beide Mikroorganismen wachsen
allerdings nicht auf DMSD als einzigem Substrat, außerdem sind
keine Intermediate des aeroben Abbaus bekannt und weiterhin ist
unklar, ob Dimethylsilandiol zu anorganischem Silikat umgesetzt
wurde.
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Grümping et
al., Applied and Environmental Microbiol., Vol. 65, No. 5, 2276–2278, (1999)
berichtet, dass in Klärschlamm-Proben
unter anaeroben Bedingungen das zyklische Oligosiloxan Octamethylcyclotetrasiloxan
(D4) zu DMSD hydrolysiert wurde. Ein weiterer Abbau des Monomers
wurde allerdings nicht beobachtet. Außerdem wurden die verantwortlichen
Bakterien nicht identifiziert.
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DE 10 2004 011 993 beschreibt
ein Verfahren zum biologischen Abbau einer Masse enthaltend eine Silicium
Kohlenstoff Einfachbindung, welches dadurch gekennzeichnet ist,
dass eine Mischung aus der Masse und einer Mikroorganismenpopulation
unter anaeroben oder mikroaeroben Bedingungen unter Zusatz eines alternativen
Elektronenakzeptors inkubiert wird. Bei den Verbindungen enthaltend
eine Silicium Kohlenstoff Einfachbindung handelt es sich vorzugsweise
um Polyorganosiloxane, organofunktionelle Siloxane, Organosilanole
oder deren Bruchstücke.
Der alternative Elektronenakzeptor ist vorzugsweise ausgewählt aus
der Gruppe Fumarat, Succinat, oxidierte Eisenionen, Sulfat oder
Nitrat.
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Aufgabe
der vorliegenden Erfindung war es, ein Verfahren zur Verfügung zu
stellen, welches einen mikrobiellen Abbau von Organo-Silicium-Verbindungen,
Silanen oder Siloxanen ermöglicht.
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Die
Aufgabe wird gelöst
durch ein Verfahren, welches dadurch gekennzeichnet ist, dass ein
Mikroorganismenstamm der Gattung Paracoccus in Anwesenheit von Organo-Silicium-Verbindungen,
Silanen oder Siloxanen und eines Elektronenakzeptors unter anaeroben
Bedingungen kultiviert wird.
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Überraschenderweise
konnten die Erfinder der vorliegenden Anmeldung zeigen, dass durch
die Einwirkung eines Mikroorganismenstammes der Gattung Paracoccus,
auf Organo-Silicium-Verbindungen,
Silane oder Siloxane unter Zusatz von Verbindungen, die als anaerobe
Elektronenakzeptoren dienen, ein Abbau der Organo-Silicium-Verbindungen
erfolgt.
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Vorzugsweise
werden die Organo-Silicium-Verbindungen, Silane oder Siloxane in
einem Mineralsalzmedium unter anaeroben Bedingungen abgebaut, wobei
den Mikroorganismen ein geeigneter Elektronenakzeptor zur Verfügung gestellt
wird.
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Unter
einem geeigneten Elektronenakzeptor sind vorzugsweise Nitrat, Sulfat
oder Eisenionen zu verstehen. Der Elektronenak zeptor liegt vorzugsweise
in einer Menge von 0,5 bis 1000 mmol/l, bevorzugt in einer Menge
von 1 bis 100 mmol/l und besonders bevorzugt in einer Menge von
1 bis 20 mmol/l vor.
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Als
Medium ist jedes Mineralsalzmedium geeignet, welches die chemischen
Elemente, Vitamine und Wuchsstoffe, die für bakterielles Wachstum notwendig
sind, enthält.
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Ein
Mineralsalzmedium enthält
im allgemeinen Ammonium-, Calcium-, Kalium-, Natrium-, Magnesium-,
Phosphat- und Sulfationen in Konzentrationen von jeweils 5–5000 mg/l.
Spuren anderer Ionen, wie Cobalt-, Eisen-, Mangan-, Zink-, Kupfer-,
Molybdän-,
Nickel-, Bor-, Selen und Wofram sind in Konzentrationen von 0,0001–2000 mg/l
enthalten. Vitamine, z. B. p-Aminobenzoesäure, Biotin,
Nicotinsäure,
Folsäure,
Pantothensäure,
Riboflavin, Thiamine, Vitamine der Gruppe B6, Vitamin B12, Liponsäure oder
Vitamin K können
in Konzentrationen von 0,0001–1000
mg/l zugesetzt werden.
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Ein
bevorzugtes Medium ist in Tab 1 in Beispiel 1 angegeben, eine Zusammenstellung
der notwendigen Supplemente ist in Tab. 2 im Beispiel 1 angegeben.
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Der
Abbau erfolgt dabei vorzugsweise in einem Temperaturbereich von
20–45°C, besonders
bevorzugt bei 30°C.
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Der
pH-Wert des Mediums wird während
des Abbaus vorzugsweise derart reguliert, dass er im Bereich von
pH 7 bis pH 9 liegt.
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Die
Dauer des Abbaus einer vorgegebenen Konzentration an einer Organo-Siliciumverbindung,
einem Silan oder einem Siloxan ist unter anderem von Verfahrensparametern,
wie pH, Temperatur und verfügbarem Elektronenakzeptor
abhängig.
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In
allen Fällen
konnte aber eine Abnahme der Konzentration der Organo-Siliciumverbindungen,
Silane oder Siloxane um mindestens den Faktor 0,5–1 nach
4–6 Wochen
gemessen werden, d. h. 50–100
% der Organo-Siliciumverbindungen wurden abgebaut. Gleichzeitig
konnte nach 4–6
Wochen ein Verbrauch des Elektronenakzeptors im Vergleich zu der
vorgelegten Menge um den Faktor 3 gemessen werden, d. h. der Verbrauch
des Elektronenakzeptors war nach 4–6 Wochen auf das 3fache der
vorgelegten Konzentration angestiegen.
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Durch
ein weiteres Optimieren und Regulation von Wachstumsparametern,
wie pH-Wert, Temperatur und anderen Parametern und Verfahren zur
Biomasserückhaltung
sind jedoch wahrscheinlich kürzere
Abbauzeiten (mehrere Tage bis wenige Wochen) zu erreichen. In den
Ansätzen
stellen die Organo-Siliciumverbindungen die einzige Energie- und
Kohlenstoffquelle dar. Die beschriebenen Paracoccus-Stämme können mit diesen
Verbindungen nur wachsen, indem sie die Methylgruppen oxidieren
und die dabei frei werdenden Elektronen auf einen geeigneten Elektronenakzeptor übertragen.
Die Reduktion des Elektronenakzeptors ist proportional zur gleichzeitigen
Oxidation der Organo-Siliciumverbindungen. Deshalb lässt sich
der Abbau der Organo-Siliciumverbindungen anhand des verbrauchten
Elektronenakzeptors quantifizieren. In dem beschriebenen Ansatz
wurde das vorhandene Dimethylsilandiol (1–2 mmol/l) auf Kosten von 6
mmol/l Elektronenakzeptor (NO– 3)
abgebaut.
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Vorzugsweise
wird im erfindungsgemäßen Verfahren
ein Mikroorgansimenstamm ausgewählt
aus der Gruppe Paracoccus sp. IO-1 (DSM 17705), Paracoccus denitrificans
(DSM 17839) und Paracoccus sp. B8B2 (DSM 17838) eingesetzt.
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Die
Verwendung eines Mikroorganismenstammes der Gattung Paracoccus,
vorzugsweise eines Stammes ausgewählt aus der Gruppe Paracoccus
sp. IO-1 (DSM 17705), Paracoccus denitrificans (DSM 17839) und Paracoccus
sp. B8B2 (DSM 17838) in dem beschriebenen Verfahren verringert die
Konzentration der Organo-Siliciumverbindung,
Silane oder Siloxane innerhalb von 4–6 Wochen um mindestens den
Faktor 0,5–1
(d. h. es wurden mindestens 50–100
% der Organo-Siliciumverbindungen abgebaut) oder ermöglicht sogar
den vollständigen
Abbau der vorgelegten Organo-Siliciumverbindung, Silane oder Siloxane.
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Die
Erfindung betrifft somit auch die Bakterienstämme Paracoccus sp. IO-1 (hinterlegt
am 11.11.2005 bei der DSMZ (Deutsche Sammlung für Mikroorganismen und Zellkulturen
GmbH, D-38142 Braunschweig) unter der Nummer DSM 17705 gemäß Budapester
Vertrag), Paracoccus denitrificans (hinterlegt am 22.12.2005 bei
der DSMZ unter der Nummer DSM 17839 gemäß Budapester Vertrag) und Paracoccus
sp. B8B2 (hinterlegt am 22.12.2005 bei der DSMZ unter der Nummer
DSM 17838 gemäß Budapester
Vertrag).
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Die
erfindungsgemäßen Bakterienstämme Paracoccus
sp. IO-1 (DSM 17705), Paracoccus denitrificans (DSM 17839) und Paracoccus
sp. B8B2 (DSM 17838) ermöglichen
insbesondere den anaeroben mikrobiellen Abbau von niedermolekularen
Siliconölen
und monomeren Modellsubstraten, die aus polymeren Siliconölen entstehen,
wie beispielsweise Dimethylsilandiol oder Trimethylsilanol.
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Die
erfindungsgemäßen Bakterienstämme wachsen
unter anaeroben Bedingungen mit Dimethylsilandiol oder Trimethylsilanol
als einziger Kohlenstoffquelle und mit NO3 – als
Elektronenakzeptor. Während
des Wachstums von Paracoccus sp. IO-1 auf Dimethylsilandiol wurde
der Verbrauch von Dimethylsilandiol und von NO– 3 festgestellt. Weiterhin wurde die Zunahme
der Bakterien- Zellzahl
während
der Kultivierung dokumentiert. Da den Bakterien die zugegebenen
Silanole als einzige mögliche
Kohlenstoff-Quelle
für den
Energie- und Baustoffwechsel dienen, müssen sie in der Lage sein,
die C-Si-Bindungen der Silanole zu spalten und die Methylgruppen
in ihrem Stoffwechsel zu verwerten. Demzufolge müssen in den Zellen dieser Bakterien
auch Enzyme enthalten sein, die die Methylgruppen aus der Bindung
an die Si-Atome
freisetzen und dem Zell- und Energiestoffwechsel zuführen.
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Die
Erfindung wird nachfolgend anhand von 4 Ausführungsbeispielen näher erläutert, wobei
- Tabelle 1 die Zusammensetzung des Mineralsalzmediums für die Kultivierung
der anaerob wachsenden Bakterien zeigt;
- Tabelle 2 die Supplemente für
das Mineralsalzmedium für
anaerob wachsende Bakterien zeigt;
- Tabelle 3 die Zusammensetzung der LB-Agar-Platten für die Vereinzelung
von Mischkulturen zeigt;
- Tabellen 4 und 5 die Zusammensetzung der Minimalmedium-Agar-Platten für die Vereinzelung
von Mikroorganismen zeigt;
- Tabelle 6 die Abbaufähigkeiten
der Reinkultur von Paracoccus sp. Stamm IO-1 unter denitrifizierenden
Bedingungen zeigt und
- Tabelle 7 die Abbauergebnisse einer Anreicherungskultur mit
Dimethylsilandiol oder Trimethylsilanol als einziger Kohlenstoff- und Energiequelle
und der Reinkultur von Paracoccus sp. IO-1 mit Dimethylsilandiol
als einziger Kohlenstoff- und Energiequelle zeigt.
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1 zeigt
die Wachstumskurve dieser Reinkultur, gemessen als Verbrauch an
Nitrat während
des Wachstums mit Dimethylsilandiol als einziger Kohlenstoff- und
Energiequelle.
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Die
folgenden Beispiele dienen der weiteren Erläuterung der Erfindung.
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Beispiel 1: Isolierung
einer Reinkultur des Paracoccus sp. Stammes IO-1 aus einer anaeroben
Mischkultur
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Der
Mikroorganismenstamm Paracoccus sp. IO-1 wurde aus einer anaerob
wachsenden Mischkultur aus der kommunalen Kläranlage Forchheim (bei Freiburg)
isoliert. Die Isolierung von Paracoccus sp. IO-1 erfolgte in mehreren,
im Folgenden beschriebenen Schritten.
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1. Anreicherung von Bakterien
aus der kommunalen Kläranlage
Forchheim mit Organo-Silicium-Verbindungen.
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Die
Probe wurde in Mineralsalzmedium (s. Tabellen 1 und 2) für anaerobe
Mikroorganismen suspendiert. Tabelle
1: Mineralsalzmedium für
anaerob wachsende Mikroorganismen (einfach konzentriert).
- Mit deionisiertem H2O
auf 1 Liter auffüllen.
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Tabelle
2: Supplemente für
anaerob wachsende Mikroorganismen (einfach konzentriert)
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Der
pH-Wert des Mediums wurde mit 2 M HCl auf 7,2 eingestellt. Das Mineralsalzmedium
wurde dafür zuvor
anaerobisiert und autoklaviert und dann mit folgenden Substanzen
supplementiert: Spurenelemente, Vitamine, Selenit-Wolframat-Lösung und
Verbindungen (z. B. Nitrat), die als anaerobe Elektronenakzeptoren dienen.
Weiterhin enthielt das Mineralsalzmedium NaHCO3,
aus dem durch Zusatz von Salzsäure
ein HCO3 –/CO2-Puffer (pH = 7,2) hergestellt wurde. Als
einzige Kohlenstoff- und Energiequelle wurden Organo-Silicium-Verbindungen,
insbesondere die Modell-Verbindungen
Dimethylsilandiol, Trimethylsilanol oder Decamethylcyclopentasiloxan
zugesetzt. Die Konzentration betrug jeweils 1 mmol/l. Das komplettierte
Mineralsalzmedium wurde mit einer Probe aus der Kläranlage
bzw. der entstandenen Mischkultur beimpft. Die Inkubation erfolgte
in verschlossenen Flaschen in einem Schüttler bei 30°C. Das Wachstum
der Mikroorganismen wurde mikroskopisch und über den Verbrauch an Nitrat
kontrolliert und die Ansätze
mehrfach überimpft.
Abiotischer Abbau wurde durch eine nicht beimpfte Kontrolle (Sterilkontrolle)
ausgeschlossen. Nach drei Subkulturen konnte man davon ausgehen,
dass ausschließlich
die zugesetzten Organo-Silicium-Modell-Verbindungen
als Kohlenstoff- und Energiequelle von den Mikroorganismen genutzt
wurden.
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2. Vereinzelung der Mikroorganismen
der Anreicherungskultur auf Minimalmedium- und Vollmedium-Platten.
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Die
Organo-Silicium-abbauenden Bakterien aus der Anreicherungskultur
wurden über
Verdünnungsreihen
vereinzelt. Zusätzlich
wurden die Mikroorganismen der Anreicherungskultur zur Vereinzelung
auf Minimalmedium-Agar-Platten (s. Tabellen 4 und 5) und auf Vollmedium-Agar-Platten
(LB-Agar-Platten, s. Tabelle 3) ausplattiert. Als einzige Kohlenstoff-
und Energiequelle ent hielten die Minimalmedium-Agar-Platten wasserlösliche Organo-Silicium-Modellsubstrate,
insbesondere Dimethylsilandiol oder Trimethylsilanol. Tabelle
3: Vollmedium-Agar-Platten LB-Agar-Platten
- Mit deionisertem H2O
auf 1 Liter auffüllen.
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Minimalmedium-Agar-Platten
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Zur
Verfestigung des phosphatgepufferten Minimalmediums (Tabelle 4)
wurde 2,8 %iger Bacto-Agar (2fach konzentriert) separat in 250 ml
deionisiertem Wasser suspendiert und autoklaviert. Das 2fach konzentrierte
und komplettierte (Tabelle 5) phosphatgepufferte Medium wurde dann
mit dem 2fach konzentrierten Bacto-Agar versetzt und die Platten
gegossen. Tabelle
4: 25fach phosphatgepuffertes Medium
- Mit deionisiertem H2O
auf 1 Liter auffüllen.
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Um
2fach konzentriertes phosphatgepuffertes Medium zu erhalten, wurden
20 ml des 25fachen phosphatgepufferten Mediums mit Aqua dest. auf
250 ml aufgefüllt
und autoklaviert. Dann wurden folgende Komponenten (s. Tabelle 5)
zugegeben:
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Tabelle
5: Supplemente (2fach konzentriert) für das phosphatgepufferte Medium
(2fach)
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3. Inokulation und Kultivierung
von Zellen aus Einzelkolonien in flüssigen Minimalmedien mit Organo-Silicium-Modellsubstraten
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Einzelkolonien
der auf den Minimalmedium-Agar-Platten (s. Tabellen 4 und 5) gewachsenen
Mikroorganismen wurden gepickt und wieder in Flüssigkultur mit Mineralsalzmedium
für anaerob
wachsende Mikroorganismen (s. Tabellen 1 und 2) überführt. Als einzige Kohlenstoff-
und Energiequelle enthielten die Ansätze wasserlösliche und wasserunlösliche Organo-Silicium-Modellsubstrate in
einer Konzentration von 1 mmol/l.
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Schritte
2 und 3 wurden so oft wiederholt, bis die Kultur bei mikroskopischer
Betrachtung einheitlich erschien.
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4. PCR-Amplifikation und
Sequenz-Analyse der 16S rRNA des vorherrschenden Bakterien-Stammes.
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Die
16S rRNA-Gene der in Schritt 2 und 3 vereinzelten Bakterien-Stämme wurden
durch PCR amplifiziert und anschließend se quenziert. Das Sequenzprotokoll
gibt die Partialsequenz der 16S rDNR von Paracoccus sp. IO-1 (DSM
17705) (SEQ ID NO 1) und die vollständigen Sequenzen der 16S rDNA
von Paracoccus sp. B8B2 (DSM 17838) (SEQ ID NO 2) und Paracoccus
denitrificans (DSM 17839) (SEQ ID NO 3) wieder. Damit wurde der
isolierte Mikroorganismenstamm taxonomisch als Paracoccus-Art identifiziert.
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5. Charakterisierung der
Abbaufähigkeiten
des erhaltenen Isolats (Paracoccus sp. Stamm IO-1 (DSM 17705)), z.
B. die Verwertung von Siloxanen.
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Bei
dem angereicherten Stamm, der mit Organo-Silicium-Verbindungen als
einziger Kohlenstoff- und Energiequelle wachsen kann, handelt es
sich um Paracoccus sp. IO-1.
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Die
vorliegende Reinkultur wurde hinsichtlich ihrer Abbaufähigkeiten
untersucht (s. Tabelle 6)
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Es
zeigte sich, dass Paracoccus sp. Stamm IO-1 nicht nur Silikonöle, sondern
auch verzweigte Kohlenwasserstoffe, wie Isooktan oder Heptamethylnonan
unter anaeroben Bedingungen mit Nitrat als Elektronenakzeptor abbaut.
Da solche verzweigten Kohlenwasserstoffe oft als Kontamination in
Silikonölen
vorkommen, wurde das Wachstum von Stamm IO-1 auch auf den definierten
Silikon-Modellverbindungen Decamethylcyclopentasiloxan und Dimethylsilandiol
getestet, die frei von kontaminierenden Kohlenwasserstoffen waren.
Die Kultivierung von Stamm IO-1 war auch mit diesen Modellsubstraten
als einzigen C-Quellen möglich. Das
Wachstum der Zellen konnte aufgrund des Nitratverbrauchs einfach
verfolgt werden. Weiterhin baut Paracoccus sp. Stamm IO-1 unter
denitrifizierenden Bedingungen auch n-Hexadecan, viele Carbonsäuren, tert-Butanol,
Methylamin, Polyethylenglycol, DMSO, einige Zucker und Zuckeralkohole
ab (s. Tabelle 6).
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Tabelle
6: Verwertung von verschiedenen Verbindungen durch Paracoccus sp.
Stamm IO-1 unter anaeroben Bedingungen als Energie- und Kohlenstoffquellen.
Bei dem verwendeten Siliconöl
M50 handelt es sich um ein Polydimethylsiloxan der Fa. Bayer AG,
welches im Chemikalienhandel (Fa. Roth) erhältlich ist. Bei dem verwendeten
Silicon D1 handelt es sich um Dimethylsilandiol, welches nach Literaturangaben
(Hyde, J. F., J. Am. Chem. Soc.(75), 2166–2167 (1953) hergestellt wurde.
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Als
Kriterien für
das Wachstum der Kulturen wurden in den einzelnen Ansätzen die
Zunahme der Trübung
(OD-Wert) und die Reduktion von Nitrat verfolgt:
- ++: Wachstum
und Nitratreduktion innerhalb einer Woche;
- +: Wachstum und Nitratreduktion innerhalb mehrerer Wochen bis
Monate;
- (+): messbare Nitratreduktion, aber keine Zunahme der OD;
- –:
weder OD-Zunahme noch Nitratreduktion
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6. Mikrobiologische Charakterisierung
von Paracoccus sp. Stammes IO-1
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Paracoccus
sp. Stamm IO-1 ist ein unbewegliches, kokkoides, gram-negatives
Bodenbakterium, das zur alpha-Gruppe der Proteobakterien gehört und eng
verwandt ist mit P. denitrificans (DSM 17839).
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7. Wachstum von Paracoccus
sp. IO-1 mit Organo-Silicium-Verbindungen.
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Paracoccus
sp. IO-1 und weitere Stämme
der Gattung Paracoccus, wie z. B. Paracoccus sp. B8B2 (DSM 17838)
und Paracoccus denitrificans (DSM 17839), wachsen je nach Substrat
mit sehr verschiedenen Raten. Mit einigen polaren Substraten (z.
B. Citrat oder Isobutyrat) wachsen die Zellen relativ schnell (Verdopplungszeiten
von 3 h), während
mit einigen anderen Substraten nur sehr langsames Wachstum möglich ist.
Dies gilt insbesondere für
Kulturen mit Silikonöl
oder den getesteten Silicon-Modellsubstraten,
die mit Verdopplungszeiten von ca. 20 Tagen wuchsen und deshalb über 2–3 Monate
beobachtet wurden. Das Wachstum der Kulturen wurde durch Messung
des verbrauchten Nitrats und mikroskopische Auswertung der Zellzahl-Zunahme
verfolgt (1). Paracoccus sp. IO-1 und
die anderen Stämme
der Gattung Paracoccus benötigen
für die Umsetzung
von 1 mmol/liter Dimethylsilandiol ca. 6 mmol/Liter Nitrat.
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Beispiel 2: Isolierung
einer Reinkultur des Paracoccus sp. Stammes B8B2 (DSM 17838) aus
einer anaeroben Mischkultur
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Analog
Beispiel 1 wurde der Stamm Paracoccus sp. B8B2 (DSM 17838) isoliert.
Seine mikrobiologischen Eigenschaften und Wachstumseigenschaften
entsprechen überwiegend
Paracoccus sp. IO-1 (DSM 17705). Unterschiede gibt es hauptsächlich in
den Abbaufähikeiten
der hier genannten Stämme
und in der genetischen Ausstattung der Organismen (z. B. 16S rDNA).
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Beispiel 3: Isolierung
einer Reinkultur des Stammes Paracoccus denitrificans (DSM 17839)
aus einer anaeroben Mischkultur
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Analog
Beispiel 1 wurde der Stamm Paracoccus denitrificans (DSM 17839)
isoliert. Seine mikrobiologischen Eigenschaften und Wachstumseigenschaften
entsprechen überwiegend
Paracoccus sp. IO-1 (DSM 17705). Unterschiede gibt es hauptsächlich in
den Abbaufähikeiten
der hier genannten Stämme
und in der genetischen Ausstattung der Organismen (z. B. 16S rDNA).
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Beispiel 4: Abbauuntersuchungen
von Dimethylsilandiol und Trimethylsilanol durch Bakterienstämme der
Gattung Paracoccus.
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Die
Abbauuntersuchungen mit Organo-Silicium-Verbindungen wurden unter
Schütteln
in anaeroben 100 ml-Flaschen in Mineralsalzmedium (s. Tabellen 1
und 2) bei 30°C
und ca. pH 7,2 durchgeführt.
Das Arbeitsvolumen betrug 40 ml, und die Endkonzentration der Organo-Silicium-Verbindungen
in dem Mineralsalzmedium betrug ca. 1 mmol/Liter. Zu Beginn der
Inkubation der Ansätze
wurde eine Probe entnommen (Nullwert), um die tatsächliche
Konzentration der Organo-Silicium-Verbindungen in den Ansätzen zu
bestimmen. Nach 6 Wochen Inkubation wurde eine weitere Probe entnommen.
Die Ergebnisse des Abbaus der Organo-Silicium-Verbindungen sind in Tabelle 7 dargestellt.
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Tabelle 7: Ergebnisse
des Abbaus von Organo-Silicium-Verbindungen.
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- Substratabnahme (mmol/Liter) und Nitratverbrauch (mmol/Liter)
beim anaeroben Wachstum von Paracoccus sp. IO-1 mit Dimethylsilandiol
als einziger Kohlenstoffquelle.
- DMSD: Dimethylsilandiol
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- Ansätze:
Es wurden 3 Kulturen und 2 Kontrollen von Paracoccus sp. IO-1 angesetzt.
Die Kulturen unterschieden sich lediglich in der Anfangskonzentration
an Nitrat. In Klammern ist die Konzentration an Nitrat (mmol/Liter)
angegeben, die zu Beginn der Inkubation in den jeweiligen Ansätzen vorlag.
Kontrolle 1 wurde nicht beimpft, enthielt jedoch als Kohlenstoffquelle
DMSD. Kontrolle 2 wurde beimpft, enthielt jedoch kein DMSD als Kohlenstoffquelle.
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Zugabe von DMSD (mmol/liter)
zu Beginn der Inkubation:
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Die
Organo-Silicium-Verbindung (DMSD) wurde in einer Konzentration von
1 mmol/liter zu dem Mineralsalzmedium zugesetzt.
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Tatsächliche Konzentration von DMSD
(mmol/liter) zu Beginn der Inkubation:
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Zu
Beginn der Inkubation der Ansätze
wurde eine Probe entnommen (Nullwert), um die tatsächliche Konzentration
der Organo-Silicium-Verbindungen in den Ansätzen zu bestimmen.
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Restkonzentration an DMSD
(mmol/liter) nach 6 Wochen Inkubation:
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Die
verbliebene Menge an DMSD wurde nach sechs Wochen Inkubation mittels
NMR-Bestimmung errmittelt.
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Kultur
1 hatte nach sechs Wochen Inkubation 4 mmol/Liter Nitrat vebraucht
und es wurde eine Restkonzentration an DMSD von 0,4 mmol/Liter festgestellt.
Kultur 2 hatte nach sechs Wochen Wachstum ebenso 4 mmol/Liter Nitrat
verbraucht und es konnte eine Restkonzentration an DMSD von 0,55
mmol/Liter nachgewiesen werden. Die Kulturen 1 und 2 hatten demnach
nach 6 Wochen einen Teil des DMSD abgebaut.
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Kultur
3 verbrauchte die anfänglichen
5 mmol/Liter Nitrat nicht. Die Kultur bildete zu Beginn des Wachstums
sehr viel Nitrit, wodurch das Wachstum gehemmt wurde. Aus diesem
Grund konnte das vorgelegte DMSD nicht abgebaut werden und die Restkonzentration
an DMSD betrug nach sechs Wochen Wachstum noch 0,68 mmol/Liter.
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Nitratverbrauch (mmol/Liter)
nach 6 Wochen Inkubation:
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Hatten
die Kulturen das zu Anfang vorhandene Nitrat verbraucht, wurden
sie mit Portionen von je 1 mmol/Liter Nitrat nachgefüttert.
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Beim
anaeroben Wachstum von weiteren Bakterienstämmen der Gattung Paracoccus,
wie z. B. Paracoccus sp. B8B2 (DSM 17838) und Paracoccus denitrificans
(DSM 17839), mit Dimethylsilandiol als einziger Kohlenstoffquelle
konnte ebenso eine deutliche Abnahme des Substrates und ein Verbrauch
an Nitrat nach 6 Wochen Inkubation festgestellt werden.
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Es
folgt ein Sequenzprotokoll nach WIPO St. 25.
Dieses kann
von der amtlichen Veröffentlichungsplattform
des DPMA heruntergeladen werden.