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Die
Erfindung bezieht sich auf amateurastronomische Spiegeloptiken für die visuelle
Beobachtung und die Fotographie.
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Bisher
werden Spiegel zum Beispiel für
Teleskope auf der Basis von Glas in der Amateurastronomie eingesetzt.
Als Glassorten werden beispielsweise Duran 50, Pyrex, BK7 und Zerodur
(Glaskeramik) verwendet. Diese Materialien haben alle etwa die gleiche
Biegefestigkeit. Die Dicke von Spiegeln auf der Basis dieser Materialien
muss aufgrund ihrer geringen Biegefestigkeit mindestens 1/10 des
Spiegeldurchmessers betragen, damit die Spiegel sich nicht aufgrund
ihres Eigengewichtes verformen können. Häufig wird
als Dicke sogar 1/6 des Spiegeldurchmessers verwendet. Dadurch haben
Spiegel mit zunehmenden Durchmesser ein sehr hohes Gewicht. Ein
Spiegel auf der Basis des Material Duran 50 mit einem Durchmesser
von 406 mm + 9 mm und einer Dicke von 76 mm + 9 mm hat beispielsweise
bereits ein Gewicht von 21,93 kg. Ein Spiegel auf der Basis von
Zerodur mit fast den gleichen Maßen (Durchmesser: 406 mm +3
mm, Dicke: 76 mm + 3mm) hat bereits ein Gewicht von knapp 24,881
kg [1]. Dadurch werden Teleskope mit großen Spiegelträgern sehr schwer
und sind mit zunehmender Größe immer schlechter
transportierbar. Zusätzlich
benötigt
man für
diese Teleskope sehr große,
teure und ebenfalls schwere Montierungen für die Positionierung des Teleskops.
Ab einem Spiegeldurchmesser von etwa 50 cm sind Teleskope mit Spiegeln
auf der Basis von Glas praktisch nicht mehr transportierbar. Man
benötigt
für solche
großen
Teleskope im allgemeinen ein Grundstück mit einem entsprechenden
Schutzbau für
das Teleskop. Ein solcher Schutzbau ist in den meisten Fällen eine
Sternwarte. Dadurch ergeben sich für die Verwendung von großen Teleskopen
sehr hohe Kosten. Zum einen wird das Teleskop bereits mit zunehmender
Größe sehr
schnell viel teurer in der Fertigung und die Montierungen, die benötigt werden,
haben ebenfalls einen immer höheren
Preis. Dazu kommen dann noch die Kosten für das Grundstück und die
Sternwarte. Ein weiterer Nachteil von Spiegeln auf der Basis von
Glas ist, das diese Materialien eine hohe Wärmekapazität und eine schlechte Wärmeleitfähigkeit
haben. Teleskope mit Glasspiegeln brauchen in der Regel mehrere
Stunden um sich der Umgebungstemperatur anzupassen. Dadurch verringert
sich die Bildqualität
erheblich, was insbesondere in der Fotographie von Planeten und
Sternen von Nachteil ist.
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Ziel
der vorliegenden Erfindung ist es, Spiegeloptiken mit großem Durchmesser
mit einer wesentlich geringeren Masse, einer höheren Wärmeleitfähigkeit und einer niedrigen
Wärmekapazität fertigen
zu können.
Die neuartigen Spiegeloptiken sollen die oben genannten Nachteile
von Spiegeln auf der Basis von Glas möglichst nicht mehr aufweisen.
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Eine
Möglichkeit
Spiegeloptiken mit geringerer Masse im Vergleich zu Glasspiegeln
fertigen zu können,
ist es Keramiken als Materialbasis für die Spiegel anstatt Glas
zu verwenden. Im professionellen Bereich der Astronomie werden zum
Beispiel Spiegel auf der Basis von Siliciumcarbid (SiC) bzw. kolhelstoffaserverstärktes Siliciumcarbid
eingesetzt. Diese Technoligie wird beispielsweise in der Luft- und Raumfahrt
verwendet[2, 3]. Der Zeit- sowie der Kostenaufwand für die Fertigung
ist allerdings so hoch, dass diese Spiegel für den Amateurastronomiebereich
nicht einsetzbar sind. Als Beispiel für den hohen Zeitaufwand wird
hier auf das Polieren der Spiegel eingegangen. Man benötigt für das Polieren
von Spiegeloptiken auf der Basis von Siliciumcarbid etwa 35 mal
so lange wie bei einem Spiegel auf der Basis von Quarzglas (SiO2) und etwa 50 mal so lange wie auf der Glaskeramik
Zerodur [4]. Ein anderes Material, welches in der professionellen
Astronomie eingesetzt wird, besteht aus einem siliciuminfiltriertem Kohlenstoffgerüst, auf
dem eine dünne
monokristalline Siliciumcarbid schicht aufgetragen wird. Dieses Material
ist aber in der Herstellung sehr teuer und daher für den amateurastronomischen
Bereich nicht verwendbar.
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Ebenfalls
für den
Profi-Astronomiebereich wurde 1990 von den Schottglaswerken ein
Verfahren zur Herstellung leichter Spiegel auf der Basis von Zerodur
entwickelt. Durch die Verwendung einer Wabenstruktur lässt sich
das Gewicht auf bis zu 20% eines Vollglasspiegels reduzieren [5,
6]. Dieses Verfahren ist aber ebenfalls sehr aufwendig und ist nur
im profesionellen Bereich der Astromie einsetzbar. Dort wurden damit
bereits Spiegel mit 3 bis 5 Metern Durchmesser gefertigt.
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Eine
weitere Möglichkeit
für die
Herstellung von Leichtgewichtsspiegeln ist 1988 mit der Verwendung
der Sandwich-Bauweise für
Quarzglas entdeckt worden. Diese Bauweise basiert darauf, dass der Spiegel
aus einem Kerngerüst
aus quadratischen Profilrohren besteht. Mit dieser Bauweise lässt sich eine
Massereduzierung um bis zu 80% gegenüber Vollglasspiegeln aus Quarzglas
erreichen[7. Dieses Verfahren ist allerdings ebenfalls sehr aufwendig
und die Herstellung eines solchen Spiegels dementsprechend zeitintensiv.
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In
der vorliegenden Erfindung wird als Basis für die Spiegeloptik eine Keramikscheibe
verwendet. Auf diese Keramikscheibe wird, wie es in 1 dargestellt
ist, eine dünne
Glasscheibe (1–3
mm dick) mit Hilfe einer Verbindungsschicht aufgebracht. Dabei kann
die Verbindung zwischen der Glas- und der Keramikscheibe beispielsweise
durch einen Spezialkleber, einer galvanischen Verbindung, einer
Verschmelzung oder einer anderen denkbaren Form erfolgen. Als Materialien
für die
Keramikscheibe kommen Siliciuminfiltriertes Siliciumcarbid [(Si)SiC],
Siliciumnitrid (Si2N3),
Siliciumcarbid (SiC) in diverser Form, Aluminiumoxid (Al2O3) sowie Borcarbid
(B4C3) in Frage.
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Das
im folgenden konkrete Anwendungsbeispiel beschreibt die Herstellung
eines Spiegelträgers in
Klebetechnik. Das Ausgangsmaterial, welches im Vergleich zu den
im Profi-Astronomiebereich
verwendeten sehr viel günstiger
ist, besteht aus siliciuminfiltriertem Siliciumcarbid [(Si)SiC]
des Typs Silit SKD, mit 88% Siliciumgehalt, einer Rohdichte von
3,05 g/cm3, einer Bruchfestigkeit von 250
MPa, einem thermischen Ausdehnungskoeffizienten von 4,0·10–6/K
und einer Wärmeleitfähigkeit
von 35 W/(m·K),
der Firma Saint Gobain. Die Scheibe hat einen Durchmesser von 400
mm und eine Dicke von 12 mm. Durch einen üblichen Diamantschliff wird
eine sphärisch-konkave
Vertiefung eingearbeitet. Die mit dem identischen Bearbeitungsverfahren
hergestellte einseitig sphärisch-konvexe
Glasplatte aus Borosilikatglas Borofloat 40 der Firma Schott (siehe 1, Pkt.
1) wird im Pulverkornschleifverfahren mit den Körnungen 60 und 150 mit der
Keramikscheibe gegeneinander eingeschliffen bis die Parallelität der sphärischen
Flächen
auf 0,01 mm genau erreicht ist. Diese Glasscheibe hat einen thermischen
Ausdehnungskoeffizient von 4,0·10–6 W/(m·K), eine
Dichte von 2,35 g/cm3, eine Biegefestigkeit
von 30 MPa und eine Wärmeleitflähigkeit
von 1,26 W/(m·K).
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Als
nächster
Arbeitsschritt erfolgt eine Silicatisierung der (Si)SiC-Keramik
mit dem organofunktionellen Silan Saco-SIL E der Firma Delo, der
als Haftvermittler die Langzeithaltbarkeit drastisch erhöht. Dieser
ist mit einem Pinsel auf die Keramikscheibe aufzutragen. Nachfolgend
werden ca. 20 ml des zweikomponentigen Epoxidharzes Duopox 6950
der Firma Delo, mit einer Zugfestigkeit von 23 MPa, einer von Reißdehnung
20%, einer Shore Härte
D = 56, einer Kugeldruckhärte
von 174 MPa und einer Viskosität
1000 mPa·s,
angerührt
und mittig auf die (Si)SiC-Scheibe gegossen. Da dieses zweikomponentige
Epoxidharz einen anderen thermischen Ausdehnungskoeffizient hat
als die Glas- und die Keramikscheibe muss dieser elastisch genug
sein um Spannungen, die sich bei Temperaturänderungen ergeben würden, durch
flexible Verformung zu kompensieren. Durch vorsichtiges Auflegen
der Glasplatte verteilt sich das Epoxidharz blasenfrei auf der gesamten
Fläche
(1, Pkt 2). Dieses Sandwich wird im noch nicht
ausgehärteten
Zustand in einen Vakuumsack gegeben, die Luft evakuiert und 24 Stunden bei
23°C belassen.
Nach Entfernen des beim Vakuumanpressvorgang ausgetretenen Epoxidharzes wird
eine kleine V-förmige
Nut in den Umfang des Klebeverbundes, ca. 1mm tief, mit der V-Spitze
in der Klebung mit einem Diamantschleifstift eingeschliffen. Dieser
wird zwecks Langzeitfeuchtigkeits-, Wasserdampf- und Sauerstoff
beständigkeit
mit dem Butylkautschukprimer Densolen HT der Firma Denso, im Pinselauftragverfahren
versiegelt (siehe 2). Mit dem Auffüllen der
Fuge mit 5 Minuten-Epoxidharz, um die Butylkautschukschicht vor
Beschädigung
zu schützen,
und dem Glattschleifen des gesamten Umfangs des Spiegelträgers ist
das Herstellungsverfahren abgeschlossen. Durch Einschleifen einer
sphärischen
Vertiefung in die Glasoberfläche
entsteht der Spiegelrohling, der nur eine dünne Glasschicht und geringes
Gewichts aufweist.
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Mit
einer Verbindung zwischen der Keramikscheibe und einer darüber liegenden
Glasscheibe lassen sich die Spiegeloptiken auf der Basis dieses Materials
genauso gut bearbeiten wie herkömmliche Spiegel
aus Glas. Da Keramiken aber eine wesentliche höhere Biegefestigkeit und eine
wesentlich höhere
Bruchfestigkeit als Gläser
aufweisen, sind für große Spiegel
sehr viel dünnere
Keramikscheiben notwendig als bei einer Spiegeloptik aus Glas. Ein Spiegel
mit einem Durchmesser von 406 nun lässt sich beispielsweise mit
einer maximalen Dicke der Keramikscheibe von 12 mm fertigen. Damit
lassen sich Spiegel mit einer Dicke von 1/60 bis hinunter zu 1/100
des Durchmessers fertigen. Bei Spiegeln auf der Basis von Glas liegt
dieses Verhältnis
bei 1/10. Dadurch ergeben sich bei der Verwendung von den genannten
Keramiken für
Spiegeloptiken folgende Vorteile:
- 1. Es lassen
sich große
Spiegeloptiken mit erheblich geringerer Masse als auf der Basis
von Glas herstellen. Beispielsweise hat eine Spiegel mit Siliziuminfiltrierten
Siliziumcarbid als keramisches Material für die Keramikscheibe mit einem
Durchmesser von 406 mm und einer Dicke von 12 mm + 1–3 mm aufgeklebter
Glasschicht ein Gewicht von ca. 6 kg. Bei den vorher genannten Beispielen aus
Glas lag dieses bei ca. 22 kg bzw. knapp 25 kg. Dadurch lassen sich
auch große
Teleskope mit einem Spiegeldurchmesser über 40 cm noch gut transportieren.
- 2. Durch die geringere Masse der Teleskope bei großen Spiegeldurchmesser
werden kleinere Montierungen für
die Positionierung benötigt.
Diese sind ebenfalls wesentlich leichter als die Montierungen, die
für Teleskope
mit Spiegeln auf der Basis von Glas benötigt werden. Dadurch werden auch
die Montierungen für
große
Teleskope wesentlich besser transportierbar. Des weiteren sind die
kleineren Montierungen, die benötigt
werden, erheblich billiger als die großen Montierungen, die für Teleskope
auf Glasbasis notwendig sind.
- 3. Durch die Verklebung von einer dünnen Glasschicht mit der Keramikscheibe
lassen sich die Spiegeloptiken genauso gut mit Standartmethoden
polieren wie Spiegeloptiken aus Glas. Zusätzlich sind die dabei zu verwendenden
Schleifmittel umweltverträglicher
und günstiger
als Sonderschleifmittel für
Keramiken.
- 4. Der Zeitaufwand bei der Herstellung der Spiegeloptiken ist
gegenüber
von reinen Keramikscheiben wesentlich geringer. Durch die Verwendung
einer dünnen
aufgeklebten Glasschicht auf einer Keramikscheibe lassen sich die
Spiegeloptiken mit einem vergleichbaren Zeitaufwand wie bei herkömmlichen
Glasspiegeln fertigen.
- 5. Diese Spiegeloptiken weisen eine wesentlich höhere Wärmeleitfähigkeit
und eine niedrigere Wärmekapazität gegenüber Spiegeln
aus Glas vor. Dadurch können
sich beispielsweise Teleskope mit einem Spiegel aus einer Keramikscheibe und
einer dünnen Glasschicht
wesentlich schneller der Umgebungstemperatur anpassen. Die Bildqualität des Teleskops
für die
visuelle Beobachtung und die Fotographie erhöht sich dadurch erheblich.
- 6. Auch für
die Verwendung von sehr großen
Teleskopen mit Spiegeln von einem Durchmesser über 50 cm lassen sich die Teleskope
aufgrund der wesentlich geringeren Masse der Spiegel transportieren.
Es wird daher kein gemietetes Grundstück mit einer Sternwarte für ein so
großes Teleskop
benötigt.
- 7. Es lassen sich durch die Kombination von einer Glasschicht
mit einem Keramikträger
neue wesentlich dünnere
Manginspiegel mit neuem optischen Design, die erheblich günstiger
sind als die auf Glasbasis, fertigen.
- 8. Die keramischen Materialien sind für diese Anwendung wesentlich
kostengünstiger
und schneller herstellbar. Da noch eine Verbindung zu einer Glasschicht
besteht sind die Qualitätsanforderungen
an die Oberfläche
der Keramikscheibe nicht so hoch wie bei der Verwendung einer reinen
Keramikscheibe als Spiegel.
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Der
Marktwirtschaftliche Nutzen dieser Erfindung besteht darin, dass
nunmehr Spiegeloptiken größeren Durchmessers
transportabel gehalten und damit eine bestehende Marktlücke, einer
seitens der Amateurastronomie bestehender Bedarf, erschlossen bzw.
gedeckt werden kann. Zum zweiten stellt der Erwerb einer größeren Leichtgewichtsoptik
eine erhebliche Kostenersparnis dar, weil das Gesamtsystem Teleskop,
Montierung, Steuerung und Stativ, sowie Schutzbau und Grundstück erheblich
günstiger ist,
da einzelne Punkte als Unkostenfaktor ganz entfallen bzw. die Anschaffung
kleineren Gerätes
genügt.
Ferner sei auch noch auf den wesentlich höheren Handhabungs- und Nutzungskomfort
hingewiesen. Für
Amateurspiegel- und Linsenschleifer besteht zudem die Möglichkeit
der Eigenfertigung solcher Keramikleichtgewichtsspiegel, was bei
bisherigen Keramikspiegelträgern
praktisch nicht der Fall war. Zudem ermöglicht die neue Spiegelträgerkonzeption
die Entwicklung neuartiger Manginoptiken mit hoher Lichtstärke und
hohen optischen Korrektionsgrades bei geringem Gewicht, was bisher
wegen der Durchbiegung des Manginspiegels nicht möglich war.
Dies ist für
den Bereich Digitaltelefotografie, in dem ein diesbezüglicher
Bedarf besteht, interessant. Des weiteren stellt die Möglichkeit
der Verwendung dünnerer
optischer Gläser
bei der Herstellung von Manginspiegeln eine Kostenreduktion im Fertigungsprozess
dar.
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Literaturhinweise:
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- [1] Schott-Katalog: Preisliste für Standardrundscheiben aus
Duran 50 und Zerodur (1974/78)
- [2] www.techtrans.de/html/bereich/011.htm „011V-Leichtgewicht-Spiegeltechnologie
auf der Basis von kurzfaserverstärkten
Keramiken (C/SiC)
- [3] www.astronomie.de „Vom
Schleifmittel zum Weltraumspiegel/5. Internationale Weltraumoptikkonferenz
- [4] www.zygo.com/papers/proc_4771_243.htm „Rapid fabrication of lightwight
silicon carbide mirrors" von
J. S. Johnsen, K. Grobsky, Zygo Corporation, Donald J Bray, Poco
Graphite, Inc.
- [5] Sterne und Weltraum (Ausgabe 1/1990) Seite 20 ff. von Alfred
Jacobsen und Rudolf Müller „50 Quadratmeter
höchste
Präzision"
- [6] www.kompetenznetze.de
- [7] Sterne und Weltraum (Ausgabe 6/1988) Seite 362 ff. von Wolfgang
Englisch „Ultra-Leichtgewichtspiegel aus
Quarzglas"