DE102005016001A1 - Abbremsen eines Fahrzeugs im Rahmen eines Nothalts - Google Patents
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Abstract
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Abbremsen eines Fahrzeugs im Rahmen eines Nothalts mit Hilfe eines Betriebsbremssystems (1, 3, 6) und eines zweiten Bremssystems (2, 3, 6). Der Bremsvorgang kann gleichmäßig und stetig durchgeführt werden, wenn ein Stellglied (1) des Betriebsbremssystems (1, 3, 6) und ein Stellglied (2) des zweiten Bremssystems (2, 3, 6) gleichzeitig betätigt werden, wobei der vom Stellglied (1) des Betriebsbremssystems (1, 3, 6) ausgeübte Bremsdruck im Verlauf des Bremsvorgangs reduziert und der vom Stellglied (2) des zweiten Bremssystems (2, 3, 6) ausgeübte Bremsdruck erhöht wird.
Description
- Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Abbremsen eines Fahrzeugs im Rahmen eines Nothalts gemäß dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1, sowie ein Bremssystem mit Nothaltfunktion gemäß dem Oberbegriff des Patentanspruchs 7.
- Moderne Fahrzeuge werden immer häufiger mit Nothaltvorrichtungen ausgestattet, mit denen das Fahrzeug in kritischen Fahrsituationen abgebremst werden kann. Derartige Systeme umfassen üblicherweise ein Bedienelement, wie z.B. einen Druckknopf, das vom Fahrer betätigt werden kann, um einen Nothalt auszulösen. Die Nothalt-Anforderung wird von einem mit dem Bedienelement verbundenen Steuergerät erkannt, das daraufhin ein Stellglied des Betriebsbremssystems, wie z.B. eine Hydraulikpumpe, ansteuert, um in den Radbremsen Bremsdruck aufzubauen und das Fahrzeug zu verzögern. Andere Fahrzeuge umfassen zusätzlich oder alternativ ein Fahrerassistenzsystem, wie z.B. ein Videoüberwachungssystem, das den Nothalt automatisch auslöst, wenn sich das Fahrzeug einem Hindernis mit zu hoher Geschwindigkeit nähert.
- Aus dem Stand der Technik ist es bekannt, ein Fahrzeug im Rahmen eines Nothalts zunächst mit Hilfe der Betriebsbremse auf eine vorgegebene geringe Geschwindigkeit abzubremsen, die Betriebsbremse danach zu lösen und das Fahrzeug mit Hilfe der Feststellbremse bis zum Stillstand abzubremsen. Das Fahrzeug wird dann im Stillstand üblicherweise vor dem Wegrollen gesichert. Beim Lösen der Betriebsbremse und Anziehen der Feststellbremse entsteht jedoch ein spürbarer Ruck, der vom Fahrer als unkomfortabel empfunden wird. Darüber hinaus kommt es in der Zeit zwischen dem Lösen der Betriebsbremse und dem Anziehen der Feststellbremse zu einem kurzzeitigen Freirollen der Räder, wobei das Fahrzeug nicht verzögert wird.
- Es ist daher die Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein gleichmäßiges und stetiges Bremsverhalten des Fahrzeugs während eines Nothalts zu realisieren.
- Gelöst wird diese Aufgabe gemäß der Erfindung durch die im Patentanspruch 1 sowie im Patentanspruch 7 angegebenen Merkmale. Weitere Ausgestaltungen der Erfindung sind Gegenstand von Unteransprüchen.
- Ein wesentlicher Gedanke der Erfindung besteht darin, die Betriebsbremse und ein zweites Bremssystem (vorzugsweise eine Feststellbremse) zumindest abschnittsweise gleichzeitig zu betätigen und dabei die Bremswirkung der Betriebsbremse auf das zweite Bremssystem zu überblenden, d.h. den Anteil der Betriebsbremse zu reduzieren und den Anteil des zweiten Bremssystems zu erhöhen. Dies hat den wesentlichen Vorteil, dass ein gleichmäßiger, unterbrechungsfreier Bremsvorgang durchgeführt werden kann.
- Bei der Betriebsbremse kann es sich um jedes bekannte hydraulische, mechanische oder elektromechanische Bremssystem handeln. Die zugehörigen Stellglieder sind entsprechend z.B. ein Hydroaggregat (Hydraulikpumpe), ein Bowdenzug oder Elektromotoren, mit denen der Bremsdruck einer Radbremse variiert werden kann.
- Unter der Bezeichnung „zweites Bremssystem" ist erfindungsgemäß jedes von der Betriebsbremse unabhängige System, wie z.B. eine separate Feststellbremse zu verstehen, mit dem das Fahrzeug verzögert werden kann. Das zweite Bremssystem kann ebenfalls ein mechanisches, elektromechanisches, hydraulisches oder pneumatisches Stellglied aufweisen und auf die gleiche oder eine andere Bremseinrichtung (z.B. eine Scheibenbremse) einwirken wie das Betriebsbremssystem.
- Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung wird nach dem Auslösen eines Nothalts zunächst nur das Stellglied der Betriebsbremse betätigt, sofern die Fahrzeuggeschwindigkeit oberhalb einer vorgegebenen Schwelle liegt. Bis zum Erreichen der Geschwindigkeits-Schwelle wird das Fahrzeug ausschließlich von der Betriebsbremse verzögert. Nach dem Erreichen der Geschwindigkeits-Schwelle, oder wenn die Fahrzeuggeschwindigkeit von Anfang an kleiner war als der Schwellenwert, wird dann das zweite Bremssystem zugeschaltet und das Fahrzeug von beiden Bremssystemen gleichzeitig verzögert. Die Bremswirkung der Betriebsbremse wird dabei im Verlauf des Bremsvorgangs reduziert und des zweiten Bremssystems erhöht. Dadurch ist insbesondere ausgeschlossen, dass die Räder des Fahrzeugs bei hohen Geschwindigkeiten aufgrund der Einwirkung des zweiten Bremssystems blockieren.
- Die Funktion, mit der die Bremswirkung des Betriebsbremssystems reduziert und des zweiten Bremssystems erhöht wird, ist vorzugsweise derart gewählt, dass zu jedem Zeitpunkt des Bremsvorgangs in Summe der gleiche oder etwa der gleiche Bremsdruck ausgeübt wird. Dies hat den wesentlichen Vorteil, dass sich das Bremsverhalten des Fahrzeugs nicht ändert.
- Die Steuerung der Stellglieder ist vorzugsweise derart ausgelegt, dass der von der Betriebsbremse ausgeübte Bremsdruck linear abnimmt und der vom zweiten Bremssystem ausgeübte Bremsdruck linear zunimmt. Dadurch wird insbesondere ein stetiger Verlauf der Gesamt-Bremskraft erreicht.
- Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung wird das Fahrzeug bei einem Nothalt vorzugsweise von beiden Bremssystemen bis zum Stillstand abgebremst. Dadurch kann die beste Bremswirkung erzielt werden. Nach Erreichen des Fahrzeugstillstands wird die Feststellbremse vorzugsweise verriegelt und das Fahrzeug am Wegrollen gehindert.
- Wahlweise kann das Fahrzeug bei einem Nothalt auch nur bis zu einer vorgegebenen Geschwindigkeit mit beiden Bremssystemen abgebremst und nach Überschreiten der Geschwindigkeitsschwelle nur noch mittels des zweiten Bremssystems abgebremst werden.
- Der Nothalt kann zusätzlich auch durch ein weiteres Bremssystem, wie z.B. einen bei NKW genutzten Retarder, unterstützt werden. Alternativ kann z.B. auch das Motorschleppmoment oder eine Getriebe-Vorrichtung zur zusätzlichen Verzögerung des Fahrzeugs herangezogen werden.
- Die Erfindung wird nachstehend anhand der beigefügten Zeichnungen beispielhaft näher erläutert. Es zeigen:
-
1 eine schematische Blockdarstellung eines Nothaltsystems; -
2 den Verlauf des Bremsdrucks an der Betriebsbremse und an einer Feststellbremse während eines Nothalts; und -
3 die wesentlichen Verfahrensschritte bei der Durchführung eines Nothalts. -
1 zeigt eine Blockdarstellung der wesentlichen Elemente eines Nothaltsystems. Dieses umfasst im vorliegenden Fall zwei Bremssysteme, nämlich eine Betriebsbremse mit den Komponenten1 ,3 und6 und ein davon unabhängiges zweites Bremssystem (z.B. eine Feststellbremse) mit den Komponenten2 ,3 und6 . Wahlweise könnten auch mehr als zwei Bremssysteme vorgesehen sein. - Die Betriebsbremse umfasst ein Stellglied
1 , wie z.B. eine Hydraulikpumpe, mit der eine Radbremse6 betätigt werden kann. Das zweite Bremssystem2 ,3 ,6 umfasst ein Stellglied2 , wie z.B. einen Elektromotor, mit dem der an der Radbremse6 wirkende Bremsdruck variiert werden kann. Im vorliegenden Beispiel wirken beide Stellglieder1 ,2 auf die gleiche Bremsvorrichtung, nämlich die Bremszange einer Radbremse6 . Wahlweise könnten die Stellglieder1 ,2 auch auf unterschiedliche Bremsvorrichtungen, wie z.B. das Stellglied1 auf die Bremszange einer Scheibenbremse und das Stellglied2 auf den Bremsbelag einer Trommelbremse wirken. Beide Stellglieder1 ,2 sind mit einer Steuereinheit3 verbunden und können von dieser unabhängig voneinander angesteuert werden. - Das Nothaltsystem umfasst außerdem ein Bedienelement
4 , wie z.B. einen Druckknopf, zum Auslösen eines Nothalts. Das Nothaltsystem kann alternativ oder zusätzlich auch ein Fahrerassistenzsystem5 , wie z.B. ein Video-Überwachungssystem, umfassen, das die Umgebung des Fahrzeugs beobachtet und kritische Fahrsituationen erkennt. Wenn sich das Fahrzeug einem Hindernis mit zu hoher Geschwindigkeit nähert, wird ein automatischer Nothalt ausgelöst. - Nach der Auslösung eines Nothalts werden die Stellglieder
1 bzw.2 von der Steuereinheit3 in Abhängigkeit von der Fahrzeuggeschwindigkeit angesteuert. Die Verteilung des Bremsdrucks auf die beiden Bremssysteme erfolgt dabei wie in2 beispielhaft dargestellt ist. -
2 zeigt den Verlauf des an der Radbremse6 wirkenden Bremsdrucks p bei einem Nothalt über der Fahrzeuggeschwindigkeit v. Dabei bezeichnet die Kurve7 den Bremsdruck p des Betriebsbremssystems und die Kurve8 den Bremsdruck p des zusätzlichen Bremssystems. Wie zu erkennen ist, erzeugt das Stellglied1 bei hohen Fahrzeuggeschwindigkeiten oberhalb einer vorgegebenen Geschwindigkeitsschwelle vkrit den vollen Bremsdruck (100%), wobei das zweite Bremssystem nicht aktiv ist. Nach Erreichen der Geschwindigkeitsschwelle vkrit wird der vom Stellglied1 ausgeübte Bremsdruck linear gegen Null reduziert, während der vom Stellglied2 ausgeübte Bremsdruck linear gegen 100% erhöht wird. Die Steigungen der Geraden können betragsmäßig gleich groß sein oder auch voneinander abweichen. Der Verlauf der einzelnen Bremsdrücke7 ,8 ist jedoch vorzugsweise so zu wählen, dass der Gesamt-Bremsdruck in Summe zeitlich möglichst konstant ist. Die kritische Geschwindigkeit vkrit liegt vorzugsweise bei Werten von weniger als 20, vorzugsweise zwischen 15km/h und 10km/h. - Das Fahrzeug wird im vorliegenden Beispiel nicht ganz bis zum Fahrzeugstillstand von beiden Bremssystemen gleichzeitig abgebremst. Kurz vor dem Fahrzeugstillstand wird das Stellglied
1 der Betriebsbremse1 ,3 ,6 vollständig deaktiviert und das Fahrzeug nur noch vom anderen Bremssystem2 ,3 ,6 gebremst. Nach dem Erreichen des Fahrzeugstillstands wird die Feststellbremse verriegelt. -
3 zeigt nochmals die wesentlichen Verfahrensschritte beim Durchführen eines Nothalts. Dabei wird nach dem Auslösen eines Nothalts zunächst überprüft, ob die Fahrzeuggeschwindigkeit v größer ist als ein vorgegebener Schwellenwert vkrit. Falls die Geschwindigkeit größer ist (Fall J), wird zunächst in Schritt12 nur das Stellglied1 der Betriebsbremse angesteuert, um das Fahrzeug zu verzögern. Wenn die Fahrzeuggeschwindigkeit den Schwellenwert vkrit unterschreitet oder von Beginn an kleiner war als der Schwellenwert vkrit (Fall N), wird das zweite Bremssystem zusätzlich aktiviert. Im Verlauf des Bremsvorgangs wird dann die Bremswirkung der Betriebsbremse in vorgegebener Weise reduziert und die Bremswirkung des zweiten Bremssystem2 ,3 ,6 in vorgegebener Weise erhöht (Schritt13 ). In Schritt14 wird überprüft, ob das Fahrzeug bereits zum Stillstand gekommen ist. Falls nein, wird der Bremsdruck weiter verändert. Falls ja, wird die Feststellbremse in Schritt15 verriegelt und dadurch das Fahrzeug am Wegrollen gehindert. Damit ist das Verfahren beendet. -
- 1
- Stellglied der Betriebsbremse
- 2
- Stellglied des zweiten Bremssystems
- 3
- Steuereinheit
- 4
- Bedienelement
- 5
- Fahrerassistenzsystem
- 6
- Radbremse
- 10–15
- Verfahrensschritte
Claims (8)
- Verfahren zum Abbremsen eines Fahrzeugs im Rahmen eines Nothalts mit Hilfe eines Betriebsbremssystems (
1 ,3 ,6 ) und eines zweiten Bremssystems (2 ,3 ,6 ), die jeweils ein Stellglied (1 bzw.2 ) zum Ausüben von Bremsdruck umfassen, dadurch gekennzeichnet, dass das Stellglied (1 ) des Betriebsbremssystems (1 ,3 ,6 ) und das Stellglied (2 ) des zweiten Bremssystems (2 ,3 ,6 ) zumindest abschnittsweise gleichzeitig betätigt werden, wobei der vom Stellglied (1 ) des Betriebsbremssystems (1 ,3 ,6 ) ausgeübte Bremsdruck im Verlauf des Bremsvorgangs reduziert und der vom Stellglied (2 ) des zweiten Bremssystems (2 ,3 ,6 ) ausgeübte Bremsdruck erhöht wird. - Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der vom Stellglied (
1 ) des Betriebsbremssystems (1 ,3 ,6 ) ausgeübte Bremsdruck linear abnimmt und der vom Stellglied (2 ) des zweiten Bremssystems (2 ,3 ,6 ) ausgeübte Bremsdruck linear zunimmt. - Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass bei Fahrzeuggeschwindigkeiten, die oberhalb einer vorgegebenen Schwelle (vkrit) liegen, zunächst nur das Stellglied (
1 ) des Betriebsbremssystems (1 ,3 ,6 ) betätigt wird, und das Stellglied (2 ) des zweiten Bremssystems (2 ,3 ,6 ) zusätzlich betätigt wird, wenn die Geschwindigkeit einen vorgegebenen Schwellenwert (vkrit) unterschreitet. - Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das Fahrzeug mit beiden Bremssystemen (
1 ,2 ,3 ,6 ) bis zum Stillstand abgebremst wird. - Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass das Fahrzeug bis zu einer vorgegebenen Geschwindigkeit mit beiden Bremssystemen (
1 ,2 ,3 ,6 ) abgebremst und nach Unterschreiten der Geschwindigkeit nur noch mittels des zweiten Bremssystems (2 ,3 ,6 ) abgebremst wird. - Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das zweite Bremssystem (
2 ,3 ,6 ) eine Feststellbremse ist. - Bremssystem mit einer Nothaltfunktion, das ein Betriebsbremssystem (
1 ,3 ,6 ) und ein zweites Bremssystem (2 ,3 ,6 ) mit jeweils einem Stellglied (1 bzw.2 ) umfasst, die von einer Steuereinheit (3 ) im Rahmen eines Nothalts automatisch angesteuert werden, dadurch gekennzeichnet, dass die Steuereinheit (3 ) derart eingerichtet ist, dass die Stellglieder (1 ,2 ) zumindest zeitweise gleichzeitig angesteuert werden, wobei der vom Stellglied (1 ) des Betriebsbremssystems (1 ,3 ,6 ) ausgeübte Bremsdruck im Verlauf des Bremsvorgangs reduziert und der vom Stellglied (2 ) des zweiten Bremssystems (2 ,3 ,6 ) ausgeübte Bremsdruck erhöht wird. - Fahrzeug, gekennzeichnet durch ein Bremssystem nach Anspruch 7.
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