-
Die
Erfindung betrifft ein Verfahren zum Ausgleich von Fehlstellen an
Kanten von Kunststoffbauteilen gemäß den Merkmalen des Oberbegriffs
des Patentanspruchs 1.
-
Auf
Grund ihres verhältnismäßig geringen Gewichts
sowie der großen
Flexibilität
der Formgebung finden Pressbauteile aus Kunststoff beispielsweise
im Automobilbau in immer stärkerem
Umfang Anwendung.
-
In
einem Formwerkzeug im Pressverfahren hergestellte Kunststoffteile
können
insbesondere in dem Bereich, in dem die einzelnen Schalen des Formwerkzeugs
aneinander stoßen,
Grate aufweisen, die teilweise mechanisch entfernt werden müssen. Diese
Bearbeitung führt
insbesondere bei Bauteilen aus faserverstärktem Kunststoff zu Fehlstellen und
Poren durch aus- und/oder abbrechende Fasern. Auch können an
der Oberfläche
des Kunststoffbauteils durch Ausgasung Poren entstehen.
-
Weil
insbesondere im Automobilbau heute sehr hohe Anforderungen an die
optische Anmutung von Oberflächen
gestellt werden, müssen
eventuell vorhandene Poren durch eine Deckschicht überdeckt werden,
die ihrerseits lackierfähig sein
muss. Eine solche Deckschicht kann nach der Herstellung des Pressbauteils
noch innerhalb des Werkzeugs durch ein so genanntes InMoldCoating
aufgebracht werden. Problematisch ist dabei allerdings der Bereich der
Bauteilkanten, die prozessbedingt nicht oder nur sehr schwer mit
diesem Verfahren erreicht werden können.
-
In
herkömmlicher
Weise werden die mit Fehlstellen behafteten Kanten mechanisch nachbehandelt
und die Faserenden beispielsweise durch Fräsen entfernt und der Bereich
der Fehlstellen durch Schleifen aufgearbeitet. In einem weiteren
Schritt oder auch alternativ wird das Bauteil im Bereich der Kanten
durch Sprühauftrag
mit einem dünnen
Lackfilm, vorzugsweise aus einem Primermaterial, überzogen.
-
Aus
der
DE 199 07 439
C2 ist ein Verfahren aus dem Automobilbau bekannt, bei
dem an ein glasfaserverstärktes
Kunststoffbauteil eine zusätzliche Komponente,
beispielsweise eine Dichtungslippe aus einem weichen Polymer, angespritzt
wird.
-
Die
DE 102 59 570 A1 zeigt
eine Kantenversiegelung an Kunststoffbauteilen, wobei ein fließfähiger Kunststoff
im Bereich der Bauteilkanten aufgebracht, mit einem relativ zu dem
Bauteil bewegten Ziehwerkzeug verteilt und in die Fehlstellen an
den Kanten eingebracht wird.
-
Der
vorliegenden Erfindung liegt die Aufgabe zu Grunde, Kunststoffbauteile
insbesondere mit Fehlstellen im Bereich der Bauteilkanten mit einer
definierten Deckschicht zu versehen.
-
Zur
Lösung
dieser Aufgabe wird ein Verfahren mit den Merkmalen des Patentanspruchs
1 vorgeschlagen.
-
Mit
dem erfindungsgemäßen Verfahren
wird eine sichere, definierte und reproduzierbare Überdeckung
der Bauteilkanten möglich.
Bauteilspezifisch wird eine Matrix erstellt, an welchem Ort welche
Menge Deckschichtmaterial aufgebracht wird. Auf diese Weise kann
eine Deckschicht modelliert werden, die Fehlstellen abdeckt und
zur Vermeidung sichtbarer Übergänge fließend in
das Bauteil überführt werden kann.
-
Mit
Vorteil kommt dabei ein Druckverfahren zur Anwendung, da insbesondere
ein solches den mengenmäßig definierten örtlichen
Auftrag von Material ermöglicht.
Unter Druckverfahren kann im Sinne der Erfindung gleichermaßen ein
Tampon- oder Rollendruckverfahren wie auch der definierte Sprühauftrag
analog zu einem Tintenstrahldrucker verstanden werden. Diesen Verfahren
ist gemeinsam, das Material in bestimmter Menge auf einen bestimmten Punkt
definiert aufgebracht wird.
-
In
sinnvoller Weiterbildung wird die Deckschicht mit zumindest einem
ansteuerbaren Druckkopf aufgebracht. Mit diesem zumindest einen
Druckkopf kann die Menge des Beschichtungsmittels wie auch der zeitliche
Verlauf des Beschichtungsmittelauftrags gemäß einer vorab festgelegten
Matrix gesteuert erfolgen. Mit dem ansteuerbaren Druckkopf eines
Druckers kann eine bestimmte Menge Beschichtung zu einem bestimmten
Zeitpunkt abgegeben werden. Unter Druckkopf ist in diesem Zusammenhang
insbesondere auch der Sprühkopf
einer nach Art eines Tintenstrahldruckers arbeitenden Einrichtung
zu verstehen.
-
In
vorteilhafter Weiterbildung der Erfindung wird die Deckschicht mittels
eines Gradientendrucks aufgebracht. Unter einem Gradientendruck
wird ein Aufbringen des Materials verstanden, bei dem die Dicke
der aufgebrachten Schicht nach Vorgabe örtlich definiert variiert werden
kann. Mit einem Gradientendrucker besteht die Möglichkeit einzelne Bereiche
mit unterschiedlichen Schichtdicken zu versehen und beispielsweise
den Übergang
zwischen beschichteten und unbeschichteten Bereichen des Bauteils
fließend
zu gestalten.
-
Hierzu
ist es weiter sinnvoll, die zu beschichtende Kante des Bauteils
mittels eines Roboters gegenüber
dem zumindest einen Druckkopf zu verlagern, um auf diese Weise den
Druckkopf an der gewünschten
Stelle über
der Kante des Bauteils positionieren zu können. Mit Vorteil wird dabei
der Auftrag der Deckschicht mittels eines bauteilabhängigen Programms
gesteuert, so dass Position und Menge des aufgebrachten Beschichtungsmaterials
in Abhängigkeit
von einem bestimmten, sich wiederholenden Bauteiltyp erfolgen können.
-
Dabei
ist es günstig,
die Deckschicht konturgenau aufzubringen, um weitere Behandlungsschritte,
beispielsweise durch Ziehwerkzeuge, einzusparen.
-
Mit
Vorteil wird die Deckschicht mit einem Strahldrucker aufgebracht,
der das fließfähige Beschichtungsmaterial
weitgehend punktförmig
ausstößt und mit
dem damit eine hohe Genauigkeit in Bezug auf eine örtlich festgelegte
Beschichtungsmenge möglich
ist.
-
In
günstiger
Weiterbildung wird die Deckschicht dabei mit einem Strahldrucker
mit mehreren Düsen
aufgebracht, mit denen beispielsweise durch unterschiedliche Beschichtung
mehrkomponentige Beschichtungssysteme direkt appliziert werden können, wobei
die Ausbildung des Beschichtungssystem mit entsprechender Vermischung
und/oder chemischer Vernetzung der Einzelkomponenten direkt während des
Auftragens erfolgt.
-
In
Fortbildung des Verfahrens wird eine elektrisch leitfähige und
damit einer elektrostatischen Lackierung zugängliche Deckschicht aufgebracht.
Weitere Maßnahmen,
um das beschichtete Bauteil einer solchen, insbesondere in der Automobilindustrie
weit verbreiteten Lackiertechnik unterziehen zu können, sind
nicht notwendig.
-
Weitere
Vorteile und Merkmale der Erfindung können der nachfolgenden Beschreibung
zu dem in der Zeichnung dargestellten Ausführungsbeispiel sowie den einzelnen
Patentansprüchen
entnommen werden.
-
In
der Zeichnung zeigt die einzige Figur ein mit einem Gradientendruck
beschichtetes Bauteil in quer geschnittener Darstellung.
-
Ein
in der Figur zumindest teilweise gezeigtes Bauteil 10 ist
ein in einem Formwerkzeug hergestelltes Pressbauteil, wobei es sich
beispielsweise um ein SMC (=Sheet-Molding-Compounds)-Bauteil oder um ein
Bauteil aus einem glasmattenverstärkten Thermoplast (GMT) handeln
kann. Die Bereiche des Bauteils 10, die nicht bereits im
Formwerkzeug durch eine so genannte InMoldCoating-Beschichtung (IMC-Schicht 14)
erreicht werden können,
mit der eventuell vorhandene Poren an der Bauteiloberfläche überdeckt
und das gesamte Bauteil 10 mit einer elektrisch leitfähigen Schicht
versehen werden soll, müssen
gesondert behandelt werden. Bei diesen Bereichen handelt es sich
insbesondere um die Kantenbereiche des Bauteils 10, wie
beispielsweise eine in der Figur dargestellte Kante 12.
-
Auf
diese beispielhafte Kante 12 wird als Kantensealer eine
Deckschicht 16 appliziert. Diese Deckschicht 16 besteht
aus einem elektrisch leitfähigen
Material, so dass das gesamte Bauteil 10 beispielsweise
einem elektrostatischen Lackierverfahren unterzogen werden kann,
da bei Vorsehen einer solchen elektrischen Beschichtung auch die IMC-Schicht 14 elektrisch
leitfähig
ausgebildet ist.
-
Die
Deckschicht 16 wird mittels eines Druckverfahrens auf den
Bereich der Kante 12 appliziert, wofür in dem dargestellten Ausführungsbeispiel
ein schematisch dargestellter, nach Art eines Tintenstrahldruckers
arbeitender Strahldrucker 20 mit einer Mehrzahl von Druckköpfen 22 vorgesehen
ist. Der Strahldrucker 20 kann beispielsweise nach Art
eines Tintenstrahldruckers arbeiten und aus einem Flüssigkeitsvorrat
gezielt definierte Tröpfchen
des aufzubringenden Materials ausstoßen. Alternativ ist hier auch die
Anwendung eines Rollen- oder Tampondruckverfahrens denkbar.
-
Mit
der Mehrzahl von Druckköpfen 22 können mehrkomponentige
Beschichtungssysteme aufgetragen werden, wobei über die einzelnen Druckköpfe 22 die
unterschiedlichen Komponenten des Beschichtungssystem aufbringbar
sind. Die notwenige Vermischung der Komponenten erfolgt dabei wie eine
eventuell stattfindende chemische Vernetzungsreaktion direkt bei
der Applikation der Einzelbestandteile des Beschichtungssystems.
-
Das
Verfahren bei einem so genannten mehrkomponentigen Beschichtungssystem
erfolgt analog zu dem Verfahren beim Farbdrucken mittels eines Tintenstrahldruckers.
Dicke und Konsistenz der ein- oder mehrkomponentigen Deckschicht 16 sind so
gewählt,
dass eventuell vorhandene Poren oder sonstige Fehlstellen der Oberfläche im Bereich
des Deckschichtauftrags verschlossen bzw. überdeckt werden und das Bauteil
in diesem Bereich auch gegen eventuelle Ausgasungen geschützt ist.
-
Das
Bauteil 10 weist nach dem Press- und Formvorgang in einem
nicht gezeigten Presswerkzeug eine durch den Herstellungsprozess
unbeschichtete Bauteilkante 12 auf. Diese Bauteilkante 12 konnte
durch ein im Presswerkzeug erfolgtes InMoldCoating-Verfahren nicht
beschichtet werden, da in dem Kantenbereich 12 kein ausreichender
Druck zur Erzeugung einer Kavität
zwischen dem Bauteil und der nicht gezeigten Werkzeugwand erzeugt
werden kann.
-
Auf
die übrige
Oberfläche
des Bauteils 10 wurde durch das InMoldCoating-Verfahren
eine IMC-Schicht 14 aufgebracht.
-
Nach
Entnahme des Bauteils 10 aus dem nicht gezeigten Presswerkzeug
wird in einem weiteren Arbeitsschritt eine Deckschicht 16 auf
die Bauteilkante 12 aufgebracht.
-
Die
Deckschicht 16 deckt auch eine gefräste und/oder abgeschliffene
Bauteilkante 18 ab, die auf das Entfernen eines durch den
Pressvorgang im Bereich der zusammengeführten Werkzeughälften des Presswerkzeugs
entstandenen Materialüberstands zurückzuführen ist.
-
Zum
Auftragen der Deckschicht 16 wird der Strahldrucker 20 mit
einer Mehrzahl von Druckköpfen 22 verwendet.
Der Strahldrucker 20 arbeitet nach dem Funktionsprinzip
eines Tintenstrahldruckers, wobei dieses Verfahren ausdrücklich als
Druckverfahren im Sinne der Erfindung anzusehen ist.
-
Durch
das angewendete erfindungsgemäße Druckverfahren
mit der Mehrzahl an Druckköpfen 22 kann
die Dicke der Deckschicht 16 in Bezug auf Menge und Ort
des aufgebrachten Materials variiert werden. Hierzu werden das zu
beschichtende Bauteil 10 und der Strahldrucker 20 mittels
eines nicht gezeigten Roboters gemäß einem festgelegtem Programm zueinander
bewegt und positioniert, so dass der Materialauftrag auf die Bauteilkante 12 des
Bauteils 10 unter Abarbeitung einer in einem Programm vorab festgelegten
Matrix erfolgt. Durch jeweiliges Weiterbewegen des Strahldruckers 20 und
der Druckköpfe 22 gegenüber dem
Bauteil 10 kann an jedem definierten Auftragpunkt eine
Deckschicht 16 mit festgelegter Dicke appliziert werden.
-
Im Übergang
von der Bauteilkante 12 in den Bereich des Bauteils 10,
der bereits die IMC-Beschichtung 14 aufweist, wird die
Deckschicht 16 in Form eines Gradienten 24 fließend in
die bereits vorhandenen IMC-Beschichtung überführt.
-
Mit
diesem fließende Übergang
wird vermieden, dass sich beim Übergang
von der Deckschicht 16 in den Bereich der bereits vorhandenen IMC-Bschichtung 14 ein
unkontrollierter, zufälliger und
bei ungünstigen
Bedingungen stufiger Übergang ausbildet,
der sich auch noch unter einer nachfolgend aufgetragenen Decklackschicht
abzeichnen könnte.
-
Mit
einem konturgenauen Druckauftrag der Deckschicht 16 kann
diese mit hoher geometrischer Genauigkeit und mit dem gewünschten
Gradientenverlauf aufgebracht werden.
-
Durch
die Aufteilung der zu beschichtenden Fläche in eine Matrix mit einzelnen
Punkten, die entsprechend dem vorgegebenen Programm individuell mit
Material beaufschlagt werden können,
besteht die Möglichkeit,
die Deckschicht 16 so auszubilden, dass weitere Bearbeitungsschritte
nicht weiter notwendig sind.
-
Der
Grad der Genauigkeit der Beschichtung kann durch eine entsprechend
hohe Anzahl von Druckköpfen 22 oder
durch Vorsehen mehrerer Durchläufe
von Beschichtungen mit aufeinander abgestimmten Wegen des Strahldruckers 20 erfolgen.
-
Durch
die vorstehend geschilderte Methode besteht des Weiteren die Möglichkeit,
eine über
den einen Druckkopf aufgebrachte, an sich elektrisch nicht leitfähige Beschichtungsmasse
mittels einer entsprechenden Zugabe über den zweiten Druckkopf elektrisch
leitfähig
zu machen.
-
Der
Einsatz des erfindungsgemäßen Verfahrens
reduziert bei zumindest gleich bleibender Qualität den Nacharbeitsaufwand in
erheblichem Umfang.