-
Die
vorliegende Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren und eine Vorrichtung
zur Ansteuerung von Elektroden für
die Erzeugung und Auslese elektrischer Signale in medizinischen
Mikrosystemen. Genauer gesagt betrifft die vorliegende Erfindung
ein Verfahren und eine Vorrichtung, die eine besonders flächensparende
Erzeugung von Stimulationssignalen für die Nerven- und Muskelstimulation
in implantierbaren, minimalinvasiven und extrakorporalen medizinischen
Systemen ermöglicht.
-
Herkömmliche
Stimulatorsysteme (z.B. WO03049293A1) verwenden meist programmierbare
Konstantstromquellen. Sie dienen zur Sicherstellung des sog. Ladungsausgleiches,
der zur Erhöhung der
Lebensdauer der Elektroden notwendig ist. Bei der verbreiteten Methode
zur Erzeugung ladungsausgeglichener Stimulationsimpulse wird durch
Erzeugung biphasischer Impulse insgesamt keine Ladung über die
Elektrode in das Gewebe transportiert. Dazu besteht jeder Stimulationsimpuls
aus einer anodischen und einer kathodischen Phase, also zwei Impulsphasen
mit jeweils umgekehrter Polarität
des Stromflusses. Die insgesamt übertragene
Ladung soll durch geeignete Wahl der Dauer der Pulsperioden möglichst
Null sein, d.h.: Ianodisch·Tanodisch + Ikathodisch·Tkatodisch = 0. Aufgrund der in der PraxiS
stark schwankenden Stimulationselektrodenimpedanz wurden für die Erzeugung
der benötigten
konstanten Ströme
unterschiedlichste Ansätze
vorgestellt, alle mit dem Ziel, die für die Sicherstellung eines
konstanten Stromes notwendige Versorgungsspannung zu reduzieren,
um die Verlustleistung in der Stromquelle zu verringern. Prinzipiell
ist hiermit aber keine Reduktion der Versorgungsspannung auf die
an der Elektrode benötigte
und zugleich maximal zugelassenen Spannung (Wasserfenster zur Vermeidung
von Elektrolyse und anderen irreversiblen chemischen Reaktionen)
möglich.
-
Alternative
Ansätze
verfolgen daher, wie im Patent
US23130699A1 beschrieben, anstelle der Verwendung
von Konstantstromquellen die Abgabe eine Reihe definierter, in Kondensatoren
gespeicherter Ladungspakete an die Stimulationselektroden. Diese
Ansätze
basieren weitestgehend auf der gut bekannten sog. Schalter-Kondensator-Schaltungstechnik
(SC-Technik).
-
Beiden
Ansätzen
ist gemeinsam, dass zusätzliche
Mechanismen zur Sicherstellung des Ladungsausgleichs benötigt werden.
Im Fall der programmierbaren Konstantstromquellen ist es die schon
beschriebene Zeitsteuerung und im Fall der geschalteten Kondensatoren
ist ein gesondertes Verfahren zur Ladungsbilanzierung, z.B. durch
Zählung der
Ladungspakete. Eine Einrichtung zur Überwachung der Elektrodenspannung
fehlt insbesondere bei der ersten Variante (Konstantstromquelle)
häufig, bzw.
ist bei beiden Ansätzen
als zusätzliche
Funktionseinheit zu ergänzen.
Solche zusätzlichen
Spannungskontroll- und Begrenzungsfunktionen stehen aber dem Mechanismus
des Ladungsausgleichs entgegenstehen, da bei jedem konstantstrom-
bzw. ladungspaketbasierten Ansatz eine aktive Spannungsbegrenzung
ein vorzeitiges Abbrechen des Stromes bzw. Begrenzen der Anzahl
der Ladungsimpulse bedingen würde,
so dass der Ladungsausgleich nicht mehr gewährleistet wäre.
-
Wegen
der hohen Variabilität
der Elektrodenimpedanz, besonders bei miniaturisierten Elektroden,
ist die Spannungsüberwachung
an der Elektrode unvermeindlich und muß daher in Einklang mit dem
Verfahren für
die Herstellung ladungsausgeglichener Impulse gebracht werden. Nur
durch gleichzeitige Einhaltung des Ladungsausgleiches und Einhaltung
des Wasserfensters ist eine ausreichende Langzeitstabilität der Elektroden
zu leisten.
-
Die
Realisierung der Stimulations- und Registrierungsvorrichtung soll
eine Ansteuerung auch sehr großer
bis zu mehreren Tausenden Elektroden ein- und mehrdimensionaler
Elektrodenarrays erlauben, wie sie besonders für die Realisierung von Neuroprothesen
(z.B. Cochlea-Implantat, Retina-Implantat, Visuelle Implantate,
Pain Killer und Deep-Brain Stimulatoren) benötigt werden.
-
Es
ist deshalb Aufgabe der vorliegenden Erfindung, eine platzsparende
Stimulations- und Registrierungsvorrichtung zu schaffen, mit der
eine sichere Langzeit-Applikation von elektrischen Impulsen in die Nerven-
bzw. Muskelgewebe realisiert werden kann.
-
Diese
Aufgabe wird von einer Vorrichtung mit den Merkmalen des Anspruchs
1 gelöst.
-
Weitere
vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus den
unabhängigen
Patentansprüchen.
-
Nachfolgend
werden zwei Ausführungsbeispiele
der Erfindung anhand der Zeichnungen beschrieben. Es zeigen:
-
1:
Schaltbild einer monolithisch integrierbaren Stimulatorzelle für die monophasische oder
biphasische Ansteuerung einer Stimulationselektrode.
-
2.
Signalverläufe
der Stimulationsimpulserzeugung am Beispiel der anodischen Impulsphase.
-
3:
Timingdiagramm am Beispiel eines biphasischen Stimulationsimpulses
mit kathodischer und anodischer Phase sowie positivem Offset.
-
4:
Erweiterung der Stimulationseinrichtung um eine Aufzeichnungseinrichtung
für den
Aufbau eines ein- oder mehrdimensionalen mehrkanaligen Stimulations-
und Aufzeichnungssystems.
-
Bei
dem ersten Ausführungsbeispiel
handelt es sich um die Schaltung einer Zelle (100) in 1, die
auf äußerst geringer
Fläche
monolithisch integriert und zu einem ein- oder zweidimensionalen
Array mit Rasterabständen
in der Größe einer
oder weniger biologischer Zelldurchmesser verschaltet werden kann.
Andere bekannte Erfindungen für
die Erzeugung von Stimulationssignalen leisten dies nicht, da sie
entweder auf weniger gut miniaturisierbaren Konstantstromquellen
oder auf dem Einsatz geschalteter Kondensatoren basieren, die ebenfalls
keine derart flächensparende
Integration erlauben.
-
Die
vorliegende Erfindung erlaubt damit zunächst eine Erhöhung der
Elektrodendichte und der Elektrodenzahl. Die Art der Impulserzeugung
ermöglicht
durch Ihren Verzicht auf Konstantstromquellen und den Verzicht auf
Ladungsverschiebungen zwischen Kondensatoren eine Verbesserung des
elektrischen Wirkungsgrades und eine schonende Ansteuerung aller
heute üblichen
Elektrodensysteme, einschließlich
miniaturisierter Titan-Nitrid und Iridium-Oxid Elektroden.
-
Die
optionale Erweiterung um eine sog. Recordingeinheit für die Aufnahme
elektrischer Biosignale, läßt sich
aufgrund einer Mehrfachnutzung von Bauelementen mit sehr geringem
Mehraufwand erreichen. Sie wird im zweiten Ausführungsbeispiel (300)
in 3 beschrieben.
-
Aus
sicherheitstechnischen Gründen
werden in der Regel biphasische Stimulationsimpulse erzeugt. Daher
wird das Schema des Ladungsausgleichs hier am Beispiel eines biphasischen
Impulses beschrieben: Für
eine kurze Zeit (t), in den Ausführungsbeispielen
(100) und (300) (t << 10 ms, z.B. t = 10 μs) wird eine
nicht festzulegende und auch nicht zu regelnde Spannung – z.B. die
volle Batteriespannung eines Implantates – auf eine Elektrode aufgeschaltet.
Aufgrund der i.d.R. hohen Impedanz der Elektrode und der in der
Praxis (z.B. aufgrund der Verwendung eines Transistors als Schalter)
einsetzenden Stromsättigung
wird sich ein unbekannter Strom einstellen. Da t hinreichend klein
gewählt
wird, ist sichergestellt, dass nach einem einzelnen kurzen Stromimpuls
die Elektrodenspannung noch deutlich unter der kritischen Grenze
des Wasserfensters liegt.
-
Die
resultierende Elektrodenspannung wird nun erstmals und zwar im stromfreien
Zustand gemessen. Die ermittelte Elektrodenspannung wird nun mit
einer in der Stimulatorschaltung (1) in einem Speicherelement,
im Ausführungsbeispiel
dem Kondensator Cr (104) abgelegte Referenzspannung durch
den Komparator (103) verglichen. Sofern die Spannung an
der Elektrode kleiner ist als die in der lokal gespeicherten Referenzspannung,
wird erneut ein Impuls an die Elektrode abgegeben. Dieser Vorgang
wird wiederholt, bis die Elektrode auf die Referenzspannung aufgeladen
ist, so dass sich der in 2 in der unteren Kurve Ve beschriebene
Spannungsverlauf (202) am Eingang des für den Spannungsvergleich verwendeten
Komparators Comp.1 (103) ergibt.
-
Gegen
Ende des Ladungsvorganges, d.h., wenn die stromlose Elektrode erstmals
eine geringfügig über der
Referenzspannung liegende Elektrodenspannung erreicht hat, wird
die Abgabe weiterer Ladeimpulse zunächst unterdrückt (203),
wie aus der in 2 dargestellten Steuerspannung
Vs, also der Steuerspannung für
die Schalter bzw. Schalttransistoren (101) und (102),
abzulesen ist.
-
Da
die auf der Elektrode gespeicherte Ladung kontinuierlich ins Gewebe
abfließen
kann, werden, sobald die Elektrodenspannung wieder unter die Referenzspannung
fällt,
aufgrund der fortgesetzten Abtastung der Elektrodenspannung und
deren Vergleich mit der Referenzspannung automatisch Erhaltungsimpulse
erzeugt, ohne dass hierfür
zusätzliche Einrichtungen
notwendig wären.
Diese Erhaltungsimpulse (404) sind im vollständigen Timingdiagramm für einen
biphasischen Stimulationsimpuls in 4 dargestellt.
-
Stimulationsimpulse
entstehen somit bei diesem Verfahren nicht wie im klassischen Fall
einer programmierbaren Konstantstromquelle aus einer kathodischen
und einer anodischen Konstantstromphase, sondern aus adaptiv durch
die Spannungsüberwachungsfunktion
erzeugten Impulsburst, also schnellen Impulsfolgen kurzer Ladeimpulse
unbekannter Stromstärke
und letztlich auch unbekannter Spannung (siehe hierzu (201)
in 2 und (403) in 4). Die
Umschaltung zwischen kathodischer und anodischer Phase erfolgt durch Überschreiben
der in Cr (104) gespeicherten Referenzspannung (401). Daraus
resultiert eine neuerliche Abgabe von Einzelimpulsen (410)
bzw. (408). Der sich damit an der Elektrode ergebende Spannungsverlauf
ist für
einen biphasischen Impuls exemplarisch in 4 (402) dargestellt.
-
Da
im Ausführungsbeispiel
die Stimulation gegenüber
einer für
alle Stimulationselektroden gemeinsamen Gegenelektrode erfolgt,
deren Potential dem der halben Versorgungsspannung entspricht, kann
ein biphasischer Impuls, der mit einer kathodischen Phase beginnt,
erzeugt werden, indem zu Beginn des Impulses von einer zentralen
Steuereinheit in Cr eine Referenzspannung gespeichert wird, die zwischen
0V und der halben Versorgungsspannung liegt. Zu Beginn der anodischen
Impulsphase wird diese dann durch eine Spannung zwischen der halben
und vollen Versorgungsspannung überschrieben (406).
Am Ende der anodischen Impulsphase wird die Referenzspannung dann
erneut auf einen neutralen Wert für die Pausenzeit zwischen zwei
biphasischen Pulsen zurückgesetzt
(407).
-
Das
oben beschriebene Lade-/Entladeverfahren wird hier auch genutzt,
um die Elektrode schrittweise auf diese Ruhespannung zurückzusetzen.
D.h., nach Ende der biphasischen Stimulationsimpulsabgabe bewirkt
das beschriebene Verfahren die Abgabe weiterer kurzer Impulse und
erzwingt somit die Rückkehr
zum gewünschten
Ruhepotential wie auch die Aufrechterhaltung dieses Ruhepotentials
an der Elektrode (407) bis zum nächsten biphasischen Stimulationsimpuls.
-
Das
beschriebene Verfahren bewirkt, dass die sog. CV-Kurve (Current-/Voltage-Curve
bzw. Strom-/Spannungskurve) vollständig durchlaufen wird, so dass
hierüber
stets ein vollständiger
Lade-/Entladezyklus erreicht wird, der andere auf direkter Ladungsbilanzierung
beruhende Methoden ersetzt.
-
Läßt man ferner
als Referenzspannung, wie im Ausführungsbeispiel die in Cr gespeicherte
Spannung nur Spannungen innerhalb des Wasserfensters der Elektrode
zu, so ist ohne jeden zusätzlichen schaltungstechnischen
Aufwand zugleich die Spannungsbegrenzung auf den für die Elektrode
zugelassenen Bereich sichergestellt und zwar unabhängig von
der Höhe
der Betriebsspannung.
-
Das
vorgeschlagene Verfahren ermöglicht eine
besonders starke Miniaturisierung, weil die von den Ladeströmen durchflossenen
Schalter (101) und (102) als Transistoren mit
einem geringen w/1 (Gateweiten zu Gatelängenverhältnis) ausgelegt werden können, da
hier keine konstanten Ströme
erzeugt werden müssen.
-
Während in 1 (100)
nur eine einzelne für die
monolithische Integration geeignete Stimulatorzelle dargestellt
wird, besteht ein vollständiges
Stimulatorsystem aus einem ein oder zweidimensionalen Array der
Stimulatorschaltungen. Die Stimulatorzellen müssen jedoch von der zentralen
Steuereinheit lediglich zu Beginn bzw. am Ende einer Impulsphase
angesteuert werden, um die für
die kathodische, anodische oder die Pausenphase benötigte Referenzspannung
im Kondensator Cr (104) abzuspeichern. Für die Adressierung
werden Zeilen- und Spaltenleitungen über das Array geführt, die
eine wahlfreie Adressierung der Stimulatorzellen aber auch eine
zeilenparallele und damit beschleunigte Speicherung der aktuell
benötigten
Referenzspannung erlauben.
-
Das
Ausführungsbeispiel
(300) in 2 beschreibt die Erweiterung
der Stimulationseinheit aus 1 um die
optionale Aufzeichnungs-/Recordingeinheit, die eine Detektion und
Zählung
der zwischen zwei Auslesezyklen der Zelle eingetretenen Spannungsänderungen
bzw. Spannungsimpulse im Gewebe erlaubt. Als konzeptuelle Besonderheit
gilt, dass für
die Aufzeichnungsfunktion weitestgehend die Schaltungsteile verwendet
werden, die bereits für die
Stimulation benötigt
wurden. Somit ist eine kombinierte Stimulations-/Aufzeichnungseinheit
mit minimalem Mehraufwand bzgl. der benötigten Fläche bei monolithischer Integration
möglich.
Während
der Aufzeichnung werden über
das Steuersignal s/r (301) zunächst die für die Stimulation benötigten Schalter M1
und M2 deaktiviert. Der vorhandene Komparator Comp.1 (303)
wird nun genutzt, um die an der Elektrode registrierte Spannung
(also die aus dem Gewebe abzuleitende Spannung) mit einer wiederum
in Cr (304) gespeicherten Referenzspannung zu vergleichen.
Eine sehr einfache Zustandsmaschine (302) (state machine
1) detektiert, ob bzw. wie oft sich der Spannungspegel am Komparatorausgang
verändert hat.
-
Wird
die Zelle ausgelesen, d.h., der Auslesemodus stim./rec. Signal (305)
wird aktiv, werden die seit der letzten Auslese detektierten Pegelwechsel seriell über die "bin. out" (306) Spaltenleitung übertragen
und die Zustandsmaschine (302) anschließend zurückgesetzt.
-
Die
beschriebene Einrichtung erlaubt damit drei Betriebsarten: nur Stimulation,
nur Aufzeichnung und gemischte Stimulation und Aufzeichnung. Die einzelnen
kombinierten Stimulations-/Aufzeichnungskanäle arbeiten nach Einstellung
oder Änderung
der Referenzspannung vollkommen autonom und unterscheiden sich daher
auch in diesem Punkt deutlich von der einzigen derzeit bekannten
alternativen Realisierung mit vergleichbarem Miniaturisierungsgrad,
d.h., von einer Multiplexerstruktur, bei der letztlich nur zentral
erzeugte Impulse über
eine Schaltermatrix an die jeweils zu aktivierende Elektrode geleitet
werden, bzw. bei der für
das Recording die Elektrodenspannung über die Schaltermatrix zu einer zentralen
Registriereinheit durchgeschaltet wird.