In
der einschlägigen
Literatur sind diese Vorgänge
und ihre Ursachen im Detail beschrieben, ebenso wie eine Auswahl
von konstruktive Maßnahmen
zur Minimierung der Auswirkungen. Eine der Maßnahmen ist es, die Radsätze von
Laufwerken bzw. deren Anlenkung so zu gestalten, dass sie sich dem
Kurvenverlauf anpassen. Das bedeutet, dass sie sich im Betrieb radial
so einstellen müssen,
dass ihre Achsen zur Tangente des Gleisbogens, den sie gerade befahren,
möglichst
einen rechten Winkel bilden, so dass ihre Räder genau in Richtung dieses Gleisbogens
rollen.
Im
Schienenfahrzeugbau sind Laufwerke mit zwei oder mehr Achsen üblich. Meist
sind diese in zwei oder drei Drehgestellen pro Fahrzeug angeordnet.
Die Drehgestelle sind wiederum mit zwei oder oder drei Radsätzen bestückt. Vierachsige
Triebfahrzeuge sind in der Regel mit zwei Drehgestellen und letztere
wiederum mit je zwei Achsen ausgestattet.
Bei
Sechsachsern überwiegt
die Ausführung mit
zwei dreiachsigen Drehgestellen; in einigen Ländern, speziell denen, in denen
die elektrische Versorgung mit Gleichstrom erfolgt, entscheidet
man sich hier auch für
den Einsatz von Loks mit drei zweiachsigen Drehgestellen. Dies ist
möglich,
weil dann wegen des Entfalls eines Trafos genügend Platz für den Einbau
eines weiteren Drehgestells vorhanden ist.
Die
Radsätze
in der einfachsten Ausführung sind
starr entweder am Fahrzeug- direkt oder am Drehgestellrahmen angelenkt.
Diese starre Anordnung macht bei geradem Verlauf der Gleise keine Probleme,
sie bewirkt sogar ein gutes, d. h. stabiles Laufverhalten. In Gleisbögen, speziell
mit engen Radien, kommt es jedoch zu den oben angesprochenen Problemen.
Bauarten:
Die übliche und
kostengünstigste
Lösung
ist die der gerade beschriebenen starren Radsatzführung. Diese
Ausführung
ist für
den Betrieb auf gerade verlaufendem Gleis hin optimiert. Man nimmt
die beschriebenen Nachteile beim Betrieb in engen Bögen in Kauf.
Für Eisenbahnnetze
speziell in gebirgigen Ländern,
mit einem großen
Anteil an engen Gleisbögen,
ist jedoch ein gewisser Zusatzaufwand für Fahrwerke gerechtfertigt,
um gute Laufeigenschaften auch in Kurven zu ermöglichen.
Bekannte
konstruktive Lösungen
hierfür,
die auch in größeren Stückzahlen
gebaut wurden, sind in der einschlägigen Literatur beschrieben.
Man unterscheidet im wesentlichen folgende Prinzipien:
- a) „elastische" Radsatzführung, d.h.
die Anlenkung der Radsätze
an das Fahrzeug, bzw. an das Drehgestell wird durch entsprechende
Maßnahmen
etwas „weicher" gestaltet. Dies
mildert zwar die Probleme in Kurven, setzt aber die Stabilität im Geradeauslauf,
insbesondere bei höheren
Geschwindigkeit und und Radsätzen
mit höherer
Konizität
der Laufflächen
herab, denn der Energiegehalt des hier auftretenden „Sinuslaufs" steigt mit zunehmender
Geschwindigkeit stark an, so dass lauftechnische Grenzwerte erreicht
oder überschritten
werden können.
- b) „gesteuerte" Radsätze:
– „Einstellung" der Radsätze eines
Drehgestells in Abhängigkeit
des Ausdrehwinkels zwischen letzterem und dem Wagenkasten durch
einen geeigneten Mechanismus
– „gegenseitige" Ausdrehung der Radsätze eines Drehgestells über geeignete
mechanische Vorrichtungen
Nachteilig
bei den unter b) erwähnten
Lösungen
sind der relativ hohe Aufwand für
die erforderlichen mechanischen Zusatzeinrichtungen. Hinzu kommt
der für
deren Unterbringung erforderliche Platzbedarf und das nicht unerhebliche
Zusatzgewicht. Darüber
hinaus bedingt die einwandfreie Funktion eine präzise Einstellung und sorgfältige Wartung, was
die Verfügbarkeit
des Fahrzeugs mindern kann.
Bei
Fahrzeugen mit hohen Maximalgeschwindigkeiten kann es aus den bereits
genannten Gründen
im oberen Geschwindigkeitsbereich zu Laufinstabilitäten kommen.
Anforderungen:
Die
Anforderungen an eine verbesserte konstruktive Lösung für radial einstellbare Laufwerke
wären demnach
im wesentlichen folgende:
- – möglichst geringer Zusatzbauaufwand
gegenüber
einer starren Radsatzführung
- – einwandfreie
Funktion über
einen großen
Geschwindigkeitsbereich, ohne Beeinträchtigung der Betriebssicherheit
- – einfache
Einstellung, möglichst
wenig Wartungsaufwand
- – möglichst
geringes Zusatzgewicht, geringer Platzbedarf
außerdem wünschenswert: - – Nachrüstbarkeit
bei vorhandenen Altanlagen
Vorschlag für eine neue
konstruktive Lösung:
Hierfür wird vorgeschlagen,
die zur Lenkung erforderlichen Bewegungen und Kräfte, statt wie bei den bislang
bekannten Lösungen
mit mechanischen Elementen, nun mittels hydraulischer Bauteile zu übertragen.
Aufbau und Funktionsweise sind nachstehend beschrieben und den beigefügten Anlagen B1
und B2 zu entnehmen.
Aufbau:
Anlage
B1 stellt gemäß dem Anspruch
5 oder 6 den prinzipiellen Aufbau am Beispiel zweier Radsätze (1 und 2)
dar, die einen Gleisbogen befahren und sich hierbei gegenseitig
auslenken. Sie sind durch schräggestellte
Achs- oder auch Radsatzlenker (3, 4, 5, 6)
mit dem Fahrzeug oder dem Drehgestell verbunden. Die Kammern der
Hydraulikzylinder (7,8,9,10),
sind über
Hydraulikleitungen (11,12,13,14)
und hydraulische Drosseln (11–14) miteinander verbunden.
Die Primärfedern
(15–22)
hier waagerecht liegend dargestellt, stehen senkrecht auf den Achslagergehäusen (23–26)
und stützen
die Radsätze
gegenüber
dem Fahrzeugkasten oder dem Drehgestellrahmen ab.
Wirkungsweise:
Befährt das
betreffende Fahrzeug oder das Drehgestell einen Gleisbogen, so drückt die
Fliehkraft den Fahrzeugkasten oder den Drehgestellrahmen gegenüber den
Radsätzen
gegen die Rückstellkräfte der
Primärfedern
in Richtung Außenseite
dieses Gleisbogens. Dadurch stellen sich die auf der Bogenaußenseite
liegenden Radsatz-, bzw. Achslenker auf, während bei den bogeninneren
das Gegenteil der Fall ist. Infolgedessen vergrößert sich bogenaußenseitig
der Abstand der beiden Radsätze
zueinander während
er sich auf der Bogeninnenseite verringert.
Die
Hydraulikzylinder bewirken zum einen die gewünschte gegenseitige Steuerung
der Radsätze;
zum anderen sorgt der damit verbundene Austausch von Hydraulikflüssigkeit über die
Drosseln dafür,
dass diese Bewegungen gedämpft
werden und Kurzzeiteffekte, z. B. durch Gleisstörstellen, nicht sofortige unerwünschte Lenkbewegungen
der Radsätze
zur Folge haben. Des weiteren wird dadurch, dass damit Energie des „Sinuslaufs" auf die Dämpfer übertragen
wird, die Gefahr eines Auftretens der eingangs beschriebenen Instabilitäten bei
höheren
Geschwindigkeiten vermindert, bzw. ganz unterbunden.
Fährt das
Fahrzeug wieder in einen Abschnitt mit geradem Gleis hinein, dann
stellen durch die Rückstellkräfte der
Primärfedern
sich die Radsätze
wieder in den Ursprungszustand zurück und die Achslenker und die
Hydraulikzylinder kehren in ihre Ausgangslage zurück (siehe
Anlage B2).
Durch
ihre Koppelung ist bei zwei Paaren Lenker/Hydraulikzylinder pro
Radsatz das System redundant, d. h. bei Ausfall eines Hydraulikkreises durch
Druckabfall infolge einer Undichtigkeit wirkt der andere Kreis weiter.
Lediglich die vorgenannte Dämpfungswirkung
ist hierbei herabgesetzt.
In
einer weiteren Ausführung
sind, gemäß Anspruch
7, die hydraulischen Drosseln so ausgeführt, dass ihre Dämpfungswirkung über geeignete Steuerungselemente
eingestellt werden. So kann z. B. diese in Abhängigkeit von der gefahrenen
Geschwindigkeit verändert
werden.
Eine
weitere konstruktive Lösung
besteht gemäß Anspruch
3 darin, die Einstellung der Hydraulikzylinder und damit die Radialstellung
der Radsätze über aktiv
geregelte Dosierelemente, wie Pumpen, vorzunehmen. Damit lässt sich
eine wesentlich exaktere Einstellung in Abhängigkeit von messtechnisch erfassbaren
Regelgrößen wie
dem Ausdrehwinkel der Drehgestelle gegenüber dem Fahrzeug, von Positionsdaten
des Fahrzeugs, u. dgl. vornehmen.
In
einer weiteren konstruktiven Gestaltung werden gemäß Anspruch
2 statt der in den Anlagen B1 und B2 dargestellten Hydraulikzylinder
einfache Dämpfer
eingesetzt. Vorteil dieser vereinfachten Lösung ist die Möglichkeit
der Verwendung von im Bahnbetrieb üblichen Bauteilen. Hierbei
sind keine zusätzlichen
Hydraulikleitungen und Drosseln erforderlich. Die gegenseitige Beeinflussung
der Radsätze
entfällt.
Vorteile der beschriebenen
Ausführungen:
- 1) Geringer Bauaufwand gegenüber den derzeit eingesetzten
Lösungen
- 2) Geringes Zusatzgewicht
- 3) Verwendung weitestgehend bahnbewährter, verschleißarmer Bauteiles
- 4) Lösungen
mit externem Steuerungseingriff möglich
- 5) Besonders vorteilhaft ist diese Lösung bei Fahrwerken bzw. Drehgestellen
mit großem
Radstand, bzw. Abstand zwischen der ersten und der letzten Achse
bei mehr als zwei Achsen.
Literatur:
- [1] Huber, B. H.: Laufwerke neuester Generation
mit aktiver Neigetechnik – Auszug
- [2] Cortesi A.: Trends in Rail Vehicle Design – SLM Radial
Bogies – Auszug
- [3] Wagner R.: Drehstromantriebstechnik für Diesellokomotiven in Nordamerika – Auszug
- [4] Gerber M., Drabek E., Müller
R.: Die Lokomotiven 2000 – Serie
460 – der
Schweizerischen Bundesbahnen – Auszug