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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Nachstellung des Lüftspiels von Scheibenbremsen.
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Aus dem Stand der Technik sind viele Ausführungsformen von Einrichtungen und Verfahren zur Nachstellung des Scheibenbremsen-Lüftspiels bekannt, z. B. aus der
DE 42 12 407 A1 oder der
DE 44 33 377 A1 .
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Die
DE 195 21 401 C1 zeigt eine Zuspannvorrichtung für eine Fahrzeugbremse, bei der zum Überkommen des Bremslüftspiels ein von der Betätigungsanordnung funktionell unabhängiger Bremsluftspielsteller vorgesehen ist, der zu Beginn einer Bremsung das vorhandene Bremslüftspiel selbsttätig überwindet und nach erfolgter Bremsung wieder ein Bremslüftspiel einstellt. Der Bremslüftspielsteller ist als mechanisch, pneumatisch, hydraulisch oder elektrisch zu betätigende Spreizeinheit ausgebildet, die z. B. als Spindelanordnung, Exzenteranordnung, Hebelanordnung oder Spindel/Mutter-Anordnung realisiert werden kann. In der Schrift werden verschiedene Einstellungsarten vorgeschlagen; so kann das Bremslüftspiel in Abhängigkeit von der Temperatur der Reibbeläge eingestellt werden, oder für die Einstellung des Bremslüftspiels kann ein verhältnismäßig großer Wert gewählt werden, so daß auch die Reibbeläge nach einer extremen Bremsen-Beanspruchung und der daraus resultierenden Expansion der Reibbeläge nicht mehr an der Bremsscheibe schleifen, nachdem die Bremsscheibe gelöst worden ist. Zum Beispiel kann auch zur Kleinhaltung des Bremslüftspiels der Vorhub, zur Herstellung eines Bremslüftspiels von Null, nicht gleich dem Rückhub sein; der Rückhub kann beispielsweise erwärmungsabhängig größer gewählt werden, um immer ein vorgegebenes, aber kleines Bremslüftspiel nach dem Lösen der Bremse einzustellen.
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Die
DE 197 31 696 A1 zeigt eine Verschleiß-Nachstellvorrichtung für eine Scheibenbremse, bei der zur Nachstellung durch einen Elektroantrieb betätigte Verstellspindeln ein verschiebliches Element mit einem Bremsbelag in Richtung einer Scheibenbremse bewegen. Es ist dort der Ablauf einer Bremsennachstellung erläutert, bei dem in einem ersten Schritt A vom Erreichen des Anlegedruckes bis zum Ausgleich der Druckdifferenz am Betätigungskolben die Zustellung durch den Elektromotor erfolgt, in einem zweiten Schritt B nach dem vollständigen Abbau des Betätigungsdruckes im Bremszylinder eine weitere Zustellung bzw. Nachstellbewegung der Stellspindeln zur vollständigen Aufhebung des Lüftspiels durchgeführt wird, und in einem dritten Schritt C das Rückstellen des Nachstellmechanismus um das Soll-Lüftspiel erfolgt.
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Bei dem Fahrzeug-Bremssystem nach der
EP 0 995 923 A2 wird durch eine mit einem elektrischen Stellmotor betätigte Lüftspielstelleinrichtung die Stellung der Bremsbeläge relativ zur Bremsscheibe eingestellt, wobei diese Einstellung zwar im Rahmen einer Bremsung, aber in einer Phase, wo keine Bremsung mehr stattfindet, durchgeführt wird. Zum Abschluß einer Bremsung, wenn die Betätigungseinrichtung keine Zuspannkraft auf Bremsbeläge und Bremsscheibe mehr ausübt, wird das Lüftspiel, das auf der Basis der gegenwärtigen Verschleißsituation der Bremse einzustellen ist, berechnet, und durch entsprechende Ansteuerung des Stellmotors eingestellt. Durch die Lüftspieleinstellung im entlasteten Zustand sind die Einstellkräfte wesentlich reduziert, wodurch die Verstelleinrichtung in vergleichsweise leichter Bauweise realisiert werden kann.
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Ganz allgemein wird bei Scheibenbremsen über das Lüftspiel, nämlich den freien Abstand zwischen der Bremsscheibe und den Bremsbelägen, bei unbetätigter Bremse die Bremsscheibe durch Luftzirkulation gekühlt.
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Da es für eine gute Bremsfunktion wichtig ist, daß dieses Lüftspiel verschleißunabhängig immer gleich einem durch die Konstruktion der Scheibenbremse vorgegebenen Soll-Abstands-Wert ist, wird bei Scheibenbremsen immer eine Lüftspielnachstellung, z. B. nach einer von den oben erläuterten Ausführungsformen, dafür benutzt, das Lüftspiel mit dem Verschleiß der Bremsbeläge nachzustellen; im allgemeinen ist die Lüftspielnachstellung als mechanische Einrichtung realisiert.
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Bei diesen mechanischen Lüftspielnachstellungen besteht generell immer das Problem, daß die Einstellung in Abhängigkeit von unterschiedlichen Bremsen-Beanspruchungsarten wie vielen kurz aufeinanderfolgenden oder wenigen langanhaltenden Bremsungen meist nicht zu diesem vorgegebenen Soll-Abstands-Wert führt: Die Nachstellung ergibt entweder ein zu großes oder ein zu kleines Lüftspiel. In der Praxis wählt man daher einen Mittelweg, man legt also üblicherweise die Nachstellübersetzung derart aus, daß die Extreme ”Lüftspiel zu groß” bzw. ”Lüftspiel zu klein” möglichst ausgeschlossen werden, ohne jedoch diese Vorgabe immer zuverlässig erfüllen zu können. Die verschiedenen Ausführungsformen bekannter Lüftspielnachstellungen versuchen zwar, mit unterschiedlichen Verfahren das Lüftspiel individuell immer ”richtig” einzustellen, was aber gar nicht zuverlässig gelingen kann, da die Variabilität der Bremsen-Beanspruchungsarten einfach zu groß ist.
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Bei einer zu kleinen Nachstellung ist der Anlagehub, nämlich der Leerhub bis zum Anlegen der Bremsbeläge an die Bremsscheibe im Vergleich zum Soll-Abstands-Wert vergrößert. Es ergibt sich ein zu großer Bremshub, bei dem sich aufgrund der Kennlinienverschlechterung [Nichtlinearität der Kennlinie] eine nicht ausreichende Bremskraft einstellt, die sich sogar soweit verschlechtern kann, daß sie schließlich zu Null wird; eine zu große Nachstellung führt dagegen zu einem zu kleinen Bremshub [Leerhub zu klein], bei dem die Lüftung der Bremsung unzureichend ist, was dann wiederum zu einem warmgelaufenen Rad führt, das sogar blockieren kann.
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Der Erfindung liegt deshalb die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren für die Lüftspielnachstellung anzugeben, bei dem, unabhängig von der Art der Bremsenbeanspruchung, immer das durch die Konstruktion der Scheibenbremse vorgegebene Lüftspiel eingestellt wird.
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Diese Aufgabe wird durch die im Patentanspruch 1 angegebene Erfindung gelöst. Weiterbildungen und vorteilhafte Ausführungsbeispiele der Erfindung sind in den Unteransprüchen angegeben.
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Die Erfindung löst sich von der Vorstellung, das Lüftspiel bei jeder einzelnen Nachstellungsoperation ”richtig” einzustellen, da dies, wie erläutert, nicht zuverlässig gelingen kann. Statt dessen wird toleriert, daß eine einzelne Nachstelloperation zu einem nicht ”idealen” Lüftspiel führt, aber kurz darauf erfolgt dann erfindungsgemäß eine Korrektur dieses Lüftspiels. Dadurch, daß bei jeder hinreichenden Abweichung des aktuellen Lüftspiels vom Soll-Abstands-Wert eine Korrektur durchgeführt wird, ist sichergestellt, daß für das Lüftspiel, außer während der kurzen Korrekturzeiten, immer der korrekte Soll-Abstands-Wert eingestellt ist.
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Die Erfindung hat den Vorteil, daß zu ihrer Realisierung keine spezifische Ausbildung der Nachstelleinrichtung erforderlich ist; vielmehr kann jede bekannte, gut funktionsfähige Nachstelleinrichtung hierfür verwendet werden. Zur Nutzung des erfindungsgemäßen Verfahrens ist lediglich eine Scheibenbremse mit programmgesteuerter elektronischer Brems-Ansteuerung erforderlich, bei der das Steuerprogramm der Erfindung gemäß modifiziert wird.
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Die Erfindung wird im folgenden anhand eines Ausführungsbeispiels näher erläutert.
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In einem für das erfindungsgemäße Verfahren geeigneten Fahrzeug ist zumindest ein Teil der Räder mit Scheibenbremsen ausgerüstet [grundsätzlich läßt sich die Erfindung auch für Trommelbremsen, verallgemeinert für alle Bremsen mit einer automatisch wirkenden Nachstelleinrichtung, anwenden, wobei mit der steigenden Bedeutung von Scheibenbremsen eine Umsetzung für diese Art von Bremsen am wichtigsten ist]. Zur Betätigung der Scheibenbremsen sind Zuspanneinrichtungen vorgesehen, bei denen die Zuspannenergie auf pneumatischem, hydraulischem oder elektromotorischem Weg erzeugt wird. Das Fahrzeug ist mit einer elektronischen Bremssteuerung ausgestattet [EBS-Fahrzeug mit elektrischer Bremsvorgabe], so daß die Bremssteuerung als speicherprogrammierte elektronische Steuerung mit entsprechenden Ein- und Ausgängen ausgeführt ist; vorzugsweise wird zumindest ein Teil der Ein- bzw. Ausgabeoperationen auf einer CAN-Datenleitung abgewickelt. So werden im Fall, daß die Scheibenbremsen-Zuspanneinrichtungen die Leistungsaktuatoren für die Bremsbetätigung selbst enthalten, die Zuspanneinrichtungen direkt elektrisch/elektronisch von der Bremssteuerung angesteuert, und im Fall, daß die Aktuatoren als separate pneumatische, hydraulische oder elektromotorische, auf die Zuspanneinrichtung kraft- oder formschlüssig einwirkende Stellaktuatoren ausgebildet sind, so werden diese Aktuatoren von der Bremssteuerung gesteuert [im pneumatischen oder hydraulischen Fall über entsprechende Magnetventile, im elektromotorischen Fall über eine Motorregelelektronik, die selbst Teil der Bremssteuerung sein kann].
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In jedem Fall werden also die Bremsbetätigungen von der elektronischen Bremssteuerung mit Hilfe von Ausgabeoperationen [z. B. CAN-Befehlen] durchgeführt. Die Initiierung der Bremsbetätigungen geht dabei jedoch vom Führer des Fahrzeugs aus, der das Bremspedal betätigt; die elektronische Bremssteuerung sensiert die Bremspedal-Betätigung und führt dann die Bremsbetätigung durch, wobei, wie bekannt, für einen derartigen Bremsvorgang noch andere Parameter, wie die Beladung oder auch Antiblockiereingriffe, berücksichtigt werden [Nutzung aller Verbesserungsmöglichkeiten, die ein EBS-gebremstes Fahrzeug gegenüber einem konventionell gebremsten Fahrzeug aufweist].
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Im Rahmen einer Bremsbetätigung wird von der als Bremsbetätigungseinrichtung dienenden Zuspanneinrichtung zuerst ein Anlagehub und dann ein Bremshub durchfahren. Der Anlagehub erstreckt sich, ausgehend von der Stellung der Bremsbeläge bei unbetätigter Bremse [d. h. der Stellung beim aktuellen Lüftspiel] bis zu derjenigen Stellung der Bremsbeläge, bei der gerade noch keine Berührung mit der Bremsscheibe stattfindet. Beim Durchfahren des Anlagehubes stellt die Nachstelleinrichtung das Lüftspiel durch einen Nachstellhub nach; die Größe des Nachstellhubes ist dabei von der Größe des Anlagehubes abhängig.
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Bei einer Vergrößerung des Hubes über den Anlagehub hinaus findet ein Reibschluß der Bremsbeläge mit der Bremsscheibe statt, und der Hub beginnend mit diesem Reibschluß stellt den Bremshub dar. Bei steigendem Bremshub werden die Zuspanneinrichtung [in erster Linie der Bremssattel], die Bremsscheibe und die Bremsbeläge durch die sich ausbildende Klemmkraft zunehmend elastisch verformt, wobei die elastische Verformung durch weitere Zunahme des Bremshubes wieder aufgefangen wird. Der Bremshub selbst übt keinen Einfluß auf die Größe der Nachstellung aus.
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Zur Erläuterung der Funktion einer Nachstelleinrichtung sei angenommen, daß das Soll-Lüftspiel [d. h. der oben erläuterte Soll-Abstands-Wert] 8/10 mm = 0,8 mm beträgt [ls, s. u.]. Wenn sich dann im Verlauf des Bremsbetriebes ein Lüftspiel von z. B. 1,1 mm einstellt [l0, s. u.], so beträgt der Überhub zum Soll-Lüftspiel 0,3 mm [Δ1, s. u.], der von der Nachstelleinrichtung zu korrigieren ist. Aus Stabilitätsgründen darf im Rahmen einer einzelnen Nachstellkorrektur nur ein Anteil des Überhubes korrigiert werden; die Größe dieses Anteils wird durch die Nachstellverstärkung bestimmt. Die Nachstellverstärkung sei beim erläuterten Beispiel 1/10, so daß bei der ersten Nachstellkorrektur der Nachstellhub 0,3 mm·1/10 = 0,03 mm beträgt [k1 = Δ1·Vk, s. u.]. Bei dieser ersten Nachstellkorrektur wird durch das einmalige Durchfahren des Anlagehubes das Lüftspiel auf 1,1 mm – 0,03 mm = 1,07 mm [l1 = l0 – k1, s. u.] verringert.
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Auf diese erste Nachstellkorrektur folgen weitere Nachstellkorrekturen. Zur Unterscheidung der einzelnen Nachstellkorrekturen voneinander wird hier ein Index n eingeführt, der jeweils die n-te Nachstellkorrektur beschreibt, und in Abhängigkeit vom Index n werden weitere Bezeichnungen eingeführt. Das zu Beginn einer Nachstellkorrektur jeweils vorliegende Lüftspiel wird mit ln-1 bezeichnet – es stellt das aktuelle Lüftspiel dar, das sich im Rahmen der vorhergehenden Nachstellkorrektur n – 1 eingestellt hat; mit ln wird das Lüftspiel als Ergebnis der n-ten Nachstellkorrektur bezeichnet. Das Soll-Lüftspiel wird mit ls und die Nachstellverstärkung mit Vk benannt. Mit Δn wird die Abweichung des aktuellen Lüftspiels vom Soll-Lüftspiel vor Durchführung der n-ten Nachstellkorrektur bezeichnet [aktueller Überhub].
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Mit diesen Festlegungen und der oben im Zusammenhang mit der ersten Nachstellkorrektur grundsätzlich beschriebenen Vorgehensweise beim Nachstellen lassen sich die Vorgänge bei der n-ten Nachstellkorrektur größenmäßig durch die folgenden Operationen beschreiben, die in der angegebenen Reihenfolge durchlaufen werden: Δn = ln-1 – ls 1. Bestimmung aktueller Überhub kn = Δn·Vk 2. Bestimmung Nachstellhub ln = ln-1 – kn 3. Korrektur-Durchführung
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Entsprechend den vorstehenden Erläuterungen ist der Anlagehub gleich dem aktuellen Lüftspiel ln-1 zu Beginn einer Nachstellkorrektur, und der das Lüftspiel korrigierende Nachstellhub kn hängt von der Größe des Anlagehubes ab.
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Mit steigendem Index n nähert sich die Werte in des korrigierten Lüftspiels asymptotisch an das Soll-Lüftspiel ls an [Partialsumme der Reihe l0-k1-k2-...-kn, deren Summe ls ist]. Aus den erwähnten Stabilitätsgründen darf diese Annäherung nicht zu schnell erfolgen [z. B. Gefahr des Festsitzens der Scheibenbremse, s. u.],; andererseits darf die Annäherung auch nicht zu langsam sein, da sonst die Abweichung vom Soll-Lüftspiel im Mittel zu groß wäre [z. B. unzureichende Bremskraft, s. o.]. Unter diesen Randbedingungen wird die für eine bestimmte Nachstelleinrichtung in Zusammenhang mit einer bestimmten Scheibenbremse die für diese Nachstelleinrichtung geeignete Nachstellverstärkung ausgewählt; für die Zwecke der weiteren Beschreibung der Erfindung wird davon ausgegangen, daß die vorstehend genannte Nachstellverstärkung von 1/10 diesen optimalen Wert für die konventionelle Scheibenbremsen-Nachstellung der beschriebenen Art darstellt.
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Bei der Erfindung wird zunächst bei jeder vom Fahrzeug-Führer initiierten Bremsung die übliche Nachstellkorrektur unter Nutzung der Funktion der Nachstelleinrichtung, wie oben beschrieben, durchgeführt. Verglichen mit dem obengenannten optimalen Wert der Nachstellverstärkung von 1/10 wird die Nachstellung allerdings etwas langsamer ausgelegt; als Verstärkung wird z. B. ein Wert von 1/13 gewählt. Mit dieser Grundauslegung in Richtung ”Lüftspiel zu groß” wird ein zu kleines Lüftspiel ausgeschlossen. Dies ist erforderlich, da, wie unten erläutert, bei der Erfindung bei einem zu großen, nicht aber bei einem zu kleinen Lüftspiel reagiert wird, und so bei einem zu kleinen Lüftspiel keine Korrektur ”nach oben” mehr stattfindet.
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In einer Fahrsituation mit vielen kurz aufenander folgenden, relativ langanhaltenden Bremsungen [z. B. bei einer Bergabfahrt eines großen Passes] erwärmt sich der Bremssattel und dehnt sich dabei aus [für den hier angenommenen Fall seien die Bremsbeläge dünn, d. h. fast abgenutzt, so daß die Belagausdehnung gegenüber der Sattelausdehnung unerheblich ist]; mit den Bremsvorgängen werden die Lüftspiel-Nachstellungen wie üblich vorgenommen. Nach diesen Bremsvorgängen kühlt sich der Bremssattel wieder ab und schrumpft in seinen Dimensionen. Mit dieser Schrumpfung wird das üblich eingestellte Lüftspiel nun zu klein, und es kann sogar vorkommen, daß die Bremsscheibe abkühlungsbedingt eingeklemmt wird und damit festsitzt. Mit der erfindungsgemäßen Reduzierung der Nachstellverstärkung wird die Gefahr des Festsitzens der Bremse ausgeschlossen.
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Entsprechend der Erfindung werden neben den vom Fahrzeug-Führer initiierten Bremsbetätigungen weitere Bremsbetätigungen vorgenommen. Diese Bremsbetätigungen werden von der elektronischen Bremssteuerung initiiert und durchgeführt; sie sind reine Blindbetätigungen, die keine Bremswirkung entfalten und ausschließlich dazu dienen, die Nachstelleinrichtung zur Durchführung einer Nachstellkorrektur zu veranlassen.
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Eine derartige Blind-Bremsbetätigung wird immer durchgeführt, wenn das aktuelle Lüftspiel so groß geworden ist, daß es eine vorgegebene Schwelle des Lüftspiels überschreitet; bezogen auf die anderen Werte des Ausführungsbeispiels wird diese Lüftspiel-Schwelle z. B. auf 0,9 mm festgesetzt. Bei der Blindbetätigung wird nur der Anlagehub einmal durchfahren, und die Bremse wird dann wieder vollständig gelöst. Eine Blind-Bremsbetätigung dient also zur Reduzierung eines zu groß gewordenen Lüftspiels; das aktuelle Lüftspiel wird dabei durch Sensormittel festgestellt, die nicht Teil der Nachstelleinrichtung sind.
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Zur Ermittlung des aktuellen Lüftspiels gibt es verschiedene Möglichkeiten; hierzu kann z. B. das Signal eines für das EBS-Bremsverfahren vorgesehenen Verschleißsensors benutzt werden, über den der Bremsbetätigungs-Hub erfaßt wird, oder es kann das Signal eines für eine Positionsregelung des Zuspannweges vorgesehenen Wegsensors dazu benutzt werden, den Anlagehub bei jeder Bremsbetätigung zu ermitteln und zu speichern.
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Auf diese Weise wird das aktuelle Lüftspiel, als Grundlage für eine mögliche Blind-Bremsbetätigung, bei jeder Fahrer-initiierten Bremsbetätigung festgestellt. Darüber hinaus können thermisch kritische Situationen vom System selbständig erkannt [Geschwindigkeit und Druck] und ein oder mehrere Blind-Bremsbetätigungen zur Lüftspiel-Reduzierung ausgelöst werden; das eingestellte Lüftspiel kann zudem auch abhängig [variabel] von dieser thermischen Situation gewählt werden. Ändert sich ein zu großes Lüftspiel trotz mehrfacher Blind-Bremsbetätigungen nicht, so kann eine Warnung ”Fehler Nachstellung” ausgegeben werden.
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Um nicht zu allzu viele Blind-Bremsbetätigungen durchzuführen, ist es auch möglich, die Prüfungen [ob das aktuelle Lüftspiel die Lüftspiel-Schwelle überschreitet oder nicht] nicht kontinuierlich, z. B. in einer Programmschleife, durchzuführen, sondern sie nur in einem bestimmten Zeittakt [oder nach erkannter Bremsbelastungsart, siehe oben] vorzunehmen. In diesem Fall bestimmt ein Zeitgeber diesen Takt, der z. B. auf eine Minute eingestellt ist.
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Andererseits liegt ein großer Vorteil darin, daß ein Zuviel an Blind-Bremsbetätigungen funktionell nicht schädlich ist; es wirkt sich hier erleichternd der Umstand aus, daß die Nachstelleinrichtung aufgrund ihrer oben erläuterten Funktionsweise nur eine Nachstellkorrektur durchführt [d. h. einen Nachstellhub vornimmt], wenn das aktuelle Lüftspiel größer als das Soll-Lüftspiel ist, so daß zu viele Auslösungen der Nachstelleinrichtung funktionell nicht schädlich sind.
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Natürlich haben Fahrer-initiierte Bremsbetätigungen stets Vorrang; sie werden immer sofort ausgeführt, und gegebenenfalls geht eine Blind-Bremsbetätigung sofort in eine Fahrer-Bremsbetätigung über.
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Im Verlauf einer Bremsbetätigung läßt sich feststellen, wann der Reibschluß der Bremsscheibe mit den Bremsbelägen stattfindet, es läßt sich aber nicht sicher der letztmögliche Zeitpunkt des Zustandes bestimmen, bei dem noch kein Reibschluß vorhanden ist, wie dies vorstehend bei der Beschreibung des Anlagehubes definiert ist. Für das Durchfahren des Anlagehubes im Rahmen einer Blind-Bremsbetätigung kann es daher nur näherungsweise Lösungen geben.
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Bei einer positionsgeregelten Zuspanneinrichtung mit einem Wegsensor, wie oben erwähnt [diese Variante ist auf jeden Fall bei elektronisch geregelten Bremsanlagen mit einer Verschleißregelung unter Verwendung wegmessender Verschleißsensoren realisiert], kennt man den Anlagehub aus der vorhergehenden Fahrer-initiierten Bremsbetätigung. Bei einer Blind-Bremsbetätigung besteht nun die Möglichkeit, diesen Hub um z. B. 0,1 mm zu reduzieren und diesen reduzierten Hub als Anlagehub zu durchfahren.
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Bei einer Zuspanneinrichtung mit einem pneumatischen Zylinder erfolgt die Zustellung üblicherweise durch Vorgabe eines pneumatischen Drucks. In diesem Fall kann z. B. zum Durchfahren des Anlagehubes ein Druck von 0,2 bar gewählt werden. Dieser Druck dient nur dazu, die innere Reibung zu überwinden und die Bremsbeläge ”sehr sanft” an die Bremsscheibe anzulegen. Bei 0,2 bar Druck ist die Reibkraft zwischen den Bremsbelägen und der Bremsscheibe noch so gering, daß sowohl keine spürbare Bremswirkung vorhanden ist, als auch infolge der kurzzeitigen Anlage kein nennenswerter Verschleiß stattfindet.
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Bei dieser Vorgehensweise findet also eine nicht bremswirksame Berührung der Bremsbeläge mit der Bremsscheibe statt. Hierzu sei ergänzt, daß der Bremssattel in, zur Bremsscheibe gesehen, axialen Führungen ”hängt”. Durch Fahrwerksbeschleunigungen wird der Sattel verschoben, und das Lüftspiel ist dann unsymmetrisch verteilt. Beim Durchfahren des Anlegehubes wird sich die engere Seite bremsunwirksam an der Scheibe abstützen, bis die Bremsbeläge der anderen Seite zunächst ebenfalls bremsunwirksam anliegen.
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Anstatt, wie vorstehend erläutert, zur Gewährleistung eines mit Sicherheit nicht zu kleinen Lüftspiels die Nachstellverstärkung vom dem im konventionellen Nachstell-Betrieb gültigen Verhältnis von 1/10 auf z. B. auf ein Verhältnis von 1/13 zu reduzieren, d. h. die Reduzierung durch relative [d. h. prozentuale] numerische Festlegungen zu treffen, können diese numerischen Maßnahmen auch in Form einer Modifikation von absoluten Größen erfolgen. So kann z. B. die Nachstellverstärkung auf dem ”konventionellen” Verhältnis von 1/10 belassen bleiben, und im Gegenzug dazu die Lüftspiel-Schwelle von den vorstehend genannten 0,9 mm auf z. B. 1,0 mm erhöht werden.
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Es sei ergänzt, daß das Verfahren auch in einem konventionell gebremsten Fahrzeug angewendet werden kann. Die vom Fahrer initiierten Bremsbetätigungen werden dann über die konventionelle Bremsbetätigungseinrichtung durchgeführt, und zur Initiierung der Blind-Bremsbetätigungen sind im Fahrzeug zusätzliche elektronisch-mechanische [oder elektronisch-pneumatische etc.] Mittel vorzusehen, die es gestatten, das aktuelle Lüftspiel zu ermitteln, und in Abhängigkeit vom Überschreiten einer vorgegebenen Lüftspiel-Schwelle die Zuspanneinrichtung derart zu betätigen, daß der Anlagehub durchfahren wird.