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Die Erfindung betrifft eine Vorrichtung zum Erfassen von
elektrischen Differenzströmen, insbesondere von Mischströmen
aus glattem Gleichstrom und Wechselströmen, umfassend
wenigstens zwei Leiter für zu überwachende Lastströme und
umfassend zumindestens einen magnetischen Stromwandler, durch
den die Leiter geführt sind.
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Vorrichtungen zum Erfassen von Differenzströmen mit einem
Frequenzspektrum bis hinab zu 0 Hz sind insbesondere als
allstromsensitive Differenzstrom-Schutzeinrichtungen
ausgebildet, welche die Differenz zwischen in eine elektrische Anlage
fließenden Strömen ermitteln.
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Differenzstrom-Schutzeinrichtungen werden zum Beispiel zum
Schutz elektrischer Anlagen eingesetzt, indem sie die
vektorielle Summe der in die Anlage hineinfließenden Ströme,
den Differenzstrom, erfassen und, falls dieser einen Grenzwert
überschreitet, eine Trennung der Anlage vom Versorgungsnetz
bewirken. Durch Frequenzumrichter können in elektrischen
Anlagen durch Abfluss zur Erde Differenzströme im
Frequenzbereich von 0 Hz bis über 20 kHz entstehen, die nur
von allstromsensitiven Differenzstrom-Schutzeinrichtungen
erfaßt werden können.
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Bei der breitbandigen Erfassung von Strömen mit Frequenzen
bis hinab zu 0 Hz mit magnetischen Stromwandlern ist die
Anwendung des direkten Induktionsprinzipes nicht möglich, da
die für das Induktionsprinzip notwendige zeitliche Änderung
des Stromes nicht gegeben ist. Um mit magnetischen Wandlern
einen glatten Gleichstrom erfassen zu können, werden
regelmäßig Verfahren angewendet, bei denen der durch den zu
erfassenden Strom IΔ im Wandlerkern hervorgerufene
Magnetisierungszustand durch Überlagerung mit einem sich
ändernden Magnetfeld in bestimmten Zeitabständen oder auch
fortlaufend ermittelt wird.
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So ist zum Beispiel ein Verfahren üblich, bei dem ein
zeitlich veränderlicher, mit einer bestimmten Hilfsfrequenz
periodisch verlaufender Trägerstrom Ia mit einer Trägerfrequenz
fa über eine Hilfswicklung im Wandlerkern einen sich
entsprechend verändernden magnetischen Fluß erzeugt, der in
derselben oder auch einer weiteren Wicklung eine
Trägerspannung Ua induziert. Der zu erfassende Strom IΔ mit
beliebigem zeitlichen Verlauf erzeugt im Wandlerkern
gleichfalls eine magnetische Feldstärke, die sich der
Feldstärke der Hilfsschwingung überlagert. Infolge dieser
Modulation an der Krümmung der Magnetisierungskennlinie des
Wandlerwerkstoffes erscheint der zeitliche Verlauf des Stromes
IΔ dann als Hüllkurve der Trägerspannung Ua. Diese läßt sich
durch ein geeignetes Demodulationsverfahren wieder
rekonstruieren.
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Es sind weiterhin Verfahren bekannt, bei denen der Wandler
in geeigneter Weise als frequenzbestimmendes, rückkoppelndes
Bauelement in einer Multivibratorschaltung eine Trägerspannung
Ua erzeugt. Wird der Wandler einer solchen Anordnung zusätzlich
durch einen zu erfassenden Strom IΔ magnetisiert, moduliert er
das Pulsweitenverhältnis der Trägerspannung entsprechend
seinem zeitlichen Verlauf.
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Diesen bekannten Verfahren ist gemeinsam, daß der zu
erfassende Strom IΔ über die gekrümmte
Magnetisierungskennlinie, d. h. über die von der Feldstärke
abhängige Permeabilität des Wandlers dessen
Wechselstrominduktivität steuert (Prinzip der gesteuerten
Induktivität) und so die Trägerspannung Ua moduliert
(Modulation an einer nichtlinearen Kennlinie). Darüber hinaus
ist diesen Verfahren gemeinsam, daß die Modulation der
Trägerspannung Ua und des Stromes IΔ im Wandler erfolgt und
somit der magnetische Stromwandler der Modulator ist.
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Der Stromwandler, welcher nach obigem Modulationsprinzip
mit einem Trägersignal oder Abtastsignal der endlichen
Frequenz fa beaufschlagt bzw. durchflutet wird, erfaßt somit
ungefiltert das Stromfrequenzspektrum des zu messenden
elektrischen Stromes IΔ.
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Prinzipbedingt ist eine obere Frequenzbandbegrenzung des
Differenzstromspektrums auf einfache Weise nicht möglich.
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Eine Modulation stellt immer eine Abtastung eines Signals
mit Hilfe eines höherfrequenten Abtastsignals dar. Daher gilt
nach dem Abtasttheorem von Shannon, daß die Abtast- bzw.
Trägerfrequenz fa zumindestens doppelt so groß sein muß, wie
die größtmögliche zu erwartende Nutz- bzw. Meßfrequenz fm max
eines Meßsignals. Somit darf zur verzerrungsfreien und
signalgetreuen Reproduktion des Meßsignals bei den oben
genannten Meßverfahren bedingt durch eine endliche Abtast-
bzw. Trägerfrequenz nur ein im Frequenzbereich begrenztes
Frequenzstromspektrum, insbesondere Differenz- oder
Fehlerstromspektrum, erfaßt werden.
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Wird bei einer Abtastung die Bedingung fm < Sfa nicht
eingehalten, so entstehen Spektralanteile mit der
Spiegelfrequenz fsp = fa - fm in das Nutzband hinein. Ist im
eigentlichen Nutzband ein Signal fm mit derselben Frequenz wie
die Spiegelfrequenz fsp vorhanden, kommt es auf nachteilige
Weise zu Veränderungen des Signals fm.
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Im Stand der Technik ist vorgeschlagen worden, in der
Signalbearbeitungsfolge vor der Modulation oder Abtastung das
Frequenzspektrum des Meßsignals mit Hilfe von steilflankigen
Tiefpaßfiltern höherer Ordnung auf eine Frequenz fm max < Sfazu begrenzen. Dadurch soll verhindert werden, daß
Spektralanteile oberhalb von Sfa den Modulator durchlaufen.
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Wie weiter oben bereits angeführt, ist jedoch
prinzipbedingt eine obere Begrenzung des Frequenzspektrums
eines Differenzstromes nicht möglich. Da der zu erfassende
Differenzstrom IΔ somit unmittelbar auf den Modulator in Form
des Wandlers einwirkt, entstehen in ihm die oben angegebenen
Spiegelfrequenzen fsp, die aus dem zu demodulisierenden Signal
nicht mehr zu entfernen sind, so daß unter Umständen
Differenzströme im zu erfassenden Frequenzbereich unterhalb
von Sfa aufgrund phasengleicher oder gegenphasiger
Überlagerung überempfindlich oder stark abgeschwächt erfaßt
werden. Die Folge wäre ein vorzeitiges Ansprechen z. B. einer
mit der Vorrichtung in Wirkverbindung stehenden
Schutzeinrichtung, wie ein Trenn-Relais, unterhalb der
gewünschten Differenzstromschwelle oder im negativen Fall ein
Ausbleiben eines erforderlichen Ansprechens der
Schutzeinrichtung.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine Vorrichtung
der eingangs genannten Gattung aufzuzeigen, mit der ein
Erfassen eines nach oben begrenzten Differenzstromspektrums
frei von störenden Frequenzanteilen ermöglicht ist.
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Diese Aufgabe ist erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß die
Leiter durch wenigstens einen weiteren magnetischen
Stromwandler geführt sind und daß der zweite Stromwandler mit
dem ersten Stromwandler verschaltet ist, wobei auf dem
Leitungsweg zwischen den Stromwandlern ein eine Phasendrehung
des über den Leitungsweg geführten Stromes um etwa 180°
beiwirkendes Koppelglied angeordnet ist, das als Hochpaß
ausgebildet ist.
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Bei der erfindungsgemäßen Vorrichtung wird in dem zweiten
Stromwandler das gleiche Differenzstromspektrum erfaßt wie in
dem ersten Stromwandler. Aufgrund der Verschaltung beider
Stromwandler und einer geeigneten Dimensionierung der
Stromwandler wirkt der zweite Stromwandler als Stromquelle für
den ersten Stromwandler und überträgt auf einen elektrischen
Leitungsweg zunächst signalgetreu und unverzerrt das erfaßte
Differenzstromspektrum auf den ersten Stromwandler. Der zweite
Stromwandler weist eine wesentlich höhere Induktivität als der
erste Stromwandler auf, so daß er als Stromquelle wirkt.
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Während dieser Übertragung durchläuft das
Differenzstromspektrum das im Leitungsweg zwischen beiden
Wandlern angeordnete Koppelglied. Das Koppelglied ist derart
ausgebildet, daß eine Phasendrehung des über den Leitungsweg
geführten Stromes und somit eine Phasendrehung des erfaßten
Differenzstromspektrums erfolgt. Nach Passieren des
Koppelgliedes wird das somit phasengedrehte
Differenzstromspektrum des zweiten Stromwandlers auf den
ersten Stromwandler gegengekoppelt.
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Durch die Ausbildung des Koppelgliedes als Hochpaß ist
dabei gewährleistet, daß nur Differenzstromspektralanteile
oberhalb einer bestimmten unteren Grenzfrequenz fgu auf den
ersten Stromwandler gegengekoppelt werden. Die
Differenzstromspektralanteile im relevanten Meßbereich
unterhalb dieser Grenzfrequenz fgu werden vom ersten
Stromwandler unverändert erfaßt, so daß vorteilhaft keine
Verzerrung des Meßergebnisses eintritt.
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Durch diese Gegenkopplung im Frequenzbereich oberhalb der
Frequenz fgu wird in Echtzeit vorteilhaft eine Auslöschung von
störenden Differenzstromspektralanteilen erreicht. Diese
Spektralanteile stehen sich mit gleicher Amplitude, aber um
180° versetzter Phase, gegenüber, so daß eine Reduzierung der
Amplitude gegen 0 erfolgt.
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Nach einer ersten Weiterbildung der Erfindung ist
vorgesehen, daß der Hochpaß eine definierte untere
Grenzfrequenz fgu aufweist, die einen
Auslösestromfrequenzverlauf gemäß dem Personenschutzgrenzwert
nach IEC-Report 479 (Herzkammerflimmergrenze) ermöglicht.
Durch den Einsatz der erfindungsgemäßen Vorrichtung kann eine
Messung des elektrischen Stromes und eine sichere Auslösung
einer Schutzeinrichtung unterhalb dieser Grenzfrequenz frei
von dem Einfluß höherfrequenter Störspektralanteile erfolgen.
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Die Träger- bzw. Abtastfrequenz fa der Wandler kann
wesentlich größer als die untere Grenzfrequenz fgu des Hochpaß
sein. In diesem Fall reicht bereits eine Filterfunktion erster
Ordnung aus, um sicherzustellen, daß bei den noch entstehenden
Differenzfrequenzen die Amplitude so gering ist, daß eine
Beeinflussung des eigentlichen Meßspektrums vernachlässigt
werden kann.
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Im einfachsten Fall besteht das als Hochpaß ausgebildete
Koppelglied aus einem Draht mit jeweils einer gleichsinnigen
Windung um den ersten und um den zweiten Stromwandler, wobei
der Draht einen bestimmten Widerstand aufweist und mit den
Induktivitäten der beiden Stromwandler ein Hochpaß-Filter
erster Ordnung bildet. Der Drahtwiderstand wird dabei
vorzugsweise so gewählt, daß eine untere Grenzfrequenz fgu
erreicht ist, um die Vorgaben im IEC-Report 479 zum
Personenschutz zu erfüllen.
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Zusätzlich kann durch Reihenschaltung einer Induktivität
(z. B. ein einfacher Ferritkern) zum Drahtwiderstand ein
Tiefpaß-Filter z. B. erster Ordnung mit einer zweiten höheren
Grenzfrequenz fgo gebildet werden. Die Frequenz fgo wird so
gewählt, daß im gesamten von der erfindungsgemäßen Vorrichtung
auswertbaren Differenzstromspektrum eine maximale
Auslöseschwelle zur Gewährleistung eines Brandschutzes nicht
überschritten wird.
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Die erfindungsgemäße Vorrichtung ist mit passiven
Bauelementen ausbildbar, sie kann jedoch auch mit Hilfe einer
aktiven Verstärkerschaltung realisiert sein.
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Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung, aus dem sich
weitere erfinderische Merkmale ergeben, ist in der Zeichnung
dargestellt. Es zeigen:
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Fig. 1 eine Schaltanordnung einer erfindungsgemäßen
Vorrichtung zum Erfassen eines elektrischen
Differenzstromes,
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Fig. 2 ein elektrisches Ersatzschaltbild der
Vorrichtung gemäß Fig. 1 und
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Fig. 3 ein Diagramm mit der Darstellung des
Auslösestromfrequenzganges der Vorrichtung gemäß
Fig. 1 und 2.
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Die Vorrichtung in Fig. 1 weist einen ersten magnetischen
Stromwandler 1 auf. Durch diesen Wandler 1 ist ein
elektrischer Leiterstrang 2 mit den Leitern L1, L2, L3 und N
geführt.
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Mit dem ersten Wandler 1 steht über Leitungen 3 eine
Auswerteeinheit 4 in Verbindung, die über eine Leitung 3 noch
mit einer Auslöseeinheit 5 verbunden ist. Die Auslöseeinheit 5
wirkt mechanisch auf ein in die Leiter L1, L2, L3, N
eingesetztes Schaltwerk 6 zurück, so daß bei Auftreten eines
bestimmten Differenzstromes eine Unterbrechung des über den
Leiterstrang 2 geführten Leitungsweges erfolgt. Die
erfindungsgemäße Vorrichtung ist somit als
Differenzstromschutzvorrichtung ausgebildet.
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Dem ersten Stromwandler 1 ist ein zweiter Stromwandler 7
nachgeschaltet. Der elektrische Leiterstrang 2 ist mit seinen
Leitern im Anschluß an den ersten Wandler 1 durch den zweiten
Wandler 7 geführt. Dem Wandler 7 kann im weiteren Verlauf des
elektrischen Leitungsweges z. B. ein Frequenzumrichter
nachgeschaltet sein.
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Der zweite Wandler 7 ist über ein Koppelglied 8 mit dem
ersten Wandler 1 verschaltet. Das Koppelglied 8 ist, wie in
Fig. 2 erkennbar, aus einem Widerstand R1 und den
Induktivitäten LW1 und LW2 der Wandler 1 (W1) und 7 (W2) als
Hochpaß erster Ordnung ausgebildet. Das Ersatzschaltbild zeigt
eine einfache passive Ausgestaltung der erfindungsgemäßen
Vorrichtung, die mit einem Primärdifferenzstrompfad 9
beaufschlagt ist.
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Zu dem Widerstand R1 ist noch eine Induktivität L1 in
Reihe geschaltet, so daß durch das Koppelglied 8 zugleich ein
einfacher Tiefpaß ausgebildet ist.
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Fig. 3 zeigt den Verlauf der mit durchgehender Linie 10
kenntlich gemachten Auslöseschwelle für die Vorrichtung gemäß
Fig. 1 und 2 über die Frequenz. Bei niedrigen Frequenzen
bis 100 Hz ist die Auslösestromstärke kleiner als 30 mA. Bei
einem Frequenzanstieg auf 1.000 Hz und größer, steigt die
Auslösestromstärke auf über 100 mA.
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Mit strichpunktierten Linien sind in der Fig. 3 minimale
und maximale Schwellenwerte nach dem Report IEC 479 kenntlich
gemacht. Der Verlauf der Auslösestromstärke befindet sich
vorteilhaft in einem Bereich zwischen noch zulässigen
minimalen und maximalen Werten. Eine gestrichelte Linie bei
etwa 400 mA zeigt eine oberste Auslösestromstärke aus
Brandschutzgründen. An diese Grenze nähert sich die Linie 10bei hohen Frequenzen von 10.000 Hz und darüber an, ohne sie zu
erreichen.