DE10034712A1 - Verbrückte Glykokonjugate - Google Patents
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Abstract
Die vorliegende Erfindung betrifft Glykokonjugate, bei denen ein Proteinanteil über eine Kohlenhydratkette mit einem weiteren Proteinanteil, einer Nukleinsäure oder einem Lipid bzw. einer Micelle kovalent verbrückt ist. Die Verbrückung erfolgt über eine im Kohlenhydratanteil von Glykoproteinen natürlicherweise nicht vorkommende und an einen Neuraminsäurerest, einen Galactosaminrest oder einen Glucosaminrest der Kohlenhydratkette gekoppelte chemische Gruppe. Die Erfindung betrifft ferner ein Verfahren zur Herstellung dieser Glykokonjugate, bei dem in einem ersten Schritt eukaryontische Zellen in Anwesenheit eines nichtphysiologischen Vorläuferkohlenhydrats kultiviert werden, und in einem zweiten Schritt ein kovalentes Verbrücken des im ersten Schritt isolierten Glykoproteins mit dem Kohlenhydratanteil eines Glykoproteins, mit einer Nukleinsäure oder einem Lipid über eine dort natürlicherweise nicht vorkommende reaktive chemische Gruppe erfolgt.
Description
Die vorliegende Erfindung betrifft Glykokonjugate, bei denen ein Proteinanteil über eine
Kohlenhydratkette mit einem weiteren Proteinanteil, einer Nukleinsäure oder einem Lipid
bzw. einer Micelle kovalent verbrückt ist. Die vorliegende Erfindung betrifft ferner
Verfahren zur Herstellung solcher Glykokonjugate.
Die metabolische Markierung von in vivo exprimierten Proteinen durch Gabe eines
Vorläufermoleküls an Zellen, die die Proteine exprimieren und das Vorläufermolekül in
den Stoffwechselweg einschleusen und während der Biosynthese in das Protein einbauen,
ist eine Standardtechnik der Zellbiologie. Im Falle von Glykoproteinen können zur
metabolischen Markierung beispielsweise radioaktiv markierte, physiologische (d. h. im
Stoffwechsel von Zellen natürlicherweise vorkommende) Kohlenhydratbausteine
verwendet werden, die in die Oligosaccharidseitenketten der Glykoproteine eingebaut
werden, wodurch diese Proteine radioaktiv markiert werden.
Es ist auch möglich, chemisch modifizierte unphysiologische Kohlenhydratderivate in den
Biosyntheseweg von Zellen einzuschleusen, wobei diese Derivate von den Zellen direkt
oder nach metabolischer Umwandlung der Kohlenhydratgrundstruktur in die
Glykoproteine eingebaut werden.
Kayser et al. (J. Biol. Chem. 267 (1992), S. 16934-16938) beschreiben die Markierung
von Glykoproteinen in vivo durch die Verabreichung von radioaktiv markiertem N-
Propanoyl-D-mannosamin und N-Propanoyl-D-glucosamin an Ratten. Dabei zeigte sich,
daß die Propanoylhexosamine in den Stoffwechselweg eingeschleust und als N-
Propanoylneuraminsäuren in die Glykoproteine eingebaut wurden.
In einer Reihe anschließender Untersuchungen wurden mit diesem Ansatz, d. h. der Gabe
unterschiedlicher N-substituierter Mannosaminderivate, die nach metabolischer
Umwandlung als Sialinsäurederivate in die membranständigen Glykoproteine der.
Plasmamembran eingebaut werden, die Zelloberflächen verschiedener Zellen modifiziert.
So wurde von Keppler et al. (J. Biol. Chem. 270 (1995), S. 1308-1314) die Sialinsäure
abhängige Bindung verschiedener Polyoma-Viren an humane B-Lymphomzellen (BJA-B)
und an Vero-Zellen untersucht. Zu diesem Zweck wurden in der Zellkultur verschiedene
N-acylierte Mannosaminderivate als Sialinsäure-Vorläufermoleküle eingesetzt, wobei die
Acyl-Gruppe aus einem Propanoyl-, einem Butanoyl- bzw. einem Pentanoylrest bestand.
Es zeigte sich, daß 50% der physiologischen N-Acetylneuraminsäurebausteine der
Zelloberflächenglykoproteine durch die jeweiligen modifizierten N-
Acylneuraminsäurebausteine ersetzt wurden.
Wieser et al. (FEBS Letters 395 (1996), S. 170-173) untersuchten die Aufnahme von N-
Propanoyl-, N-Butanoyl- und N-Pentanoylmannosamin in humane diploide
Lungenfibroblasten. Es wurde ein verändertes Wachstumsverhalten beobachtet, was auf
die veränderte Zelloberflächensialylierung zurückgeführt wurde.
Herrmann et al. (J. Virol. 71 (1997), S. 5922-5931) untersuchten die Bindung eines
Maus-Polyoma-Virus an die Zellinie 3T6 (embryonale Maus-Fibroblasten). Durch
Substitution der physiologischen N-Acetylneuraminsäuren auf der Zelloberfläche durch
N-Propanoyl-, N-Butanoyl- und N-Pentanoylsialinsäuren nahm die Infektionsrate durch
die Viren erheblich ab. Dies wurde auf die reduzierte Bindung des viralen Rezeptors an
die artifiziellen Neuraminsäuren zurückgeführt.
Ebenfalls mit dem Ziel, die Zelloberflächen zu modifizieren, wurden von Mahal et al.
(Science 276 (1997), S. 1125-1128) verschiedene Zellinien in Anwesenheit von N-
Lävulinoylmannosamin kultiviert. Nach metabolischer Umsetzung exponierten die Zellen
reaktive Ketongruppen auf der Zelloberfläche, die von den Lävulinoylresten der nicht-
physiologischen Neuraminsäuren stammten. Die Ketongruppen wurden dann mit
Biotinamidocaproylhydrazid umgesetzt und durch anschließende Bindung von
Fluoreszein-Avidin nachgewiesen bzw. zur Bindung eines Ricin-Avidinkonjugats zum
selektiven Abtöten der Zellen verwendet.
Von Yarema et al. (J. Biol. Chem. 273 (1998), S. 31168-31179) wurde ebenfalls die
Oberflächenmanipulation von Zellen durch metabolische Umsetzung mit N-
Lävulinoylmannosamin und nachfolgender selektiver chemischer Reaktion der durch die
Umsetzung auf der Zelloberfläche exprimierten Ketongruppen mit Aminooxy-Galaktose
und einem Lactose-Hydrazid beschrieben. Die resultierenden zusätzlichen Galaktose-
bzw. Lactosereste wurden anschließend mit Fluorescein-markiertem Ricin nachgewiesen.
Saxon und Bertozzi (Science 287 (2000), S. 2007-2010) konnten zeigen, daß nach
Inkubation von Jurkat-Zellen in Anwesenheit von peracetyliertem
Azidoacetylmannosamin freie Azido-Gruppen auf der Zelloberfläche exponiert werden,
die mit einem Biotinderivat, das eine Phosphingruppe besitzt, zur Reaktion gebracht
werden können.
Rekombinante Glykoproteinen, die natürlicherweise nicht vorkommende Neuraminsäuren
aufweisen, werden in der DE-OS 193 52 729.2 beschrieben. Nach den Angaben in der
Beschreibung weisen die dort beschriebenen Glykoproteine eine veränderte
Phamakokinetik auf, insbesondere eine verlängerte Halbwertszeit in der Blutzirkulation.
Neben den vorstehend genannten Verfahren, durch metabolische Umsetzung reaktive
chemische Gruppen in die Oligosaccharidseitenketten von Proteinen einzuführen, sind
andere Verfahren bekannt, mit denen solche Gruppen in Glykoproteine eingeführt werden
können.
Ein diesbezüglich bekanntes Verfahren ist beispielsweise die limitierte Perjodat-Spaltung.
Bei dieser Methode werden Zucker gespalten, die zwei cis-ständige Hydroxylgruppen
aufweisen, wobei die Hydroxylfunktionen in Carbonylfunktionen überführt werden. Die
entstehenden Aldehydgruppen können dann mit weiteren Molekülen zur Reaktion
gebracht werden. Bei Glykoproteinen ist diese Reaktion prinzipiell mit Mannose,
Galaktose und mit Neuraminsäuren möglich, die am C8 und C9 ein primäres vicinales
Diol aufweisen. Nachteilig bei dieser Technik ist, daß die unspezifische
Oxidationsreaktion in der Praxis sehr schwierig zu kontrollieren ist, so daß häufig
unerwünschte Nebenprodukte entstehen. Darüber hinaus wird bei Mannose und
Galaktose der Pyranring durch die Oxidation zerstört, so daß neue strukturelle Elemente
innerhalb der Oligosaccharidkette entstehen, was schwer abzuschätzende biologische
Konsequenzen haben kann. Entsprechend wird die Reaktion zumeist nur zu analytischen
Zwecken eingesetzt, indem die entstandenen Aldehyde nach der Oxidation mit Perjodat
mit einem tritiierten Reduktionsmittel umgesetzt werden.
In der US-PS 5,635,603 wird die Herstellung von Antikörperfragmenten beschrieben, die
einen natürlicherweise dort nicht vorhandenen Kohlenhydratrest um die
Aminosäureposition 18 der variablen Region der leichten Kette herum aufweisen, an den
verschiedene organische Moleküle gekoppelt werden.
Ein bekanntes Verfahren zur Einführung einer nichtphysiologischen chemischen Gruppe
in Oligosaccharide stellt die enzymatische Oxidation von Galaktoseresten durch
Galaktoseoxidase dar. Das Enzym oxidiert bei terminalen Galaktoseresten die
Hydroxylgruppe am C6 zu einer Aldehyd-Funktion. Ein Nachteil dieser Methode besteht
darin, das bei vielen Glykoproteinen die Galaktose kein terminales Strukturelement
darstellt und zum Beispiel durch Sialinsäuren substituiert sein kann. Daher muß vor der
eigentlichen Oxidation zum Beispiel eine Neuraminidase-Behandlung durchgeführt
werden, um terminale Galaktosereste freizusetzen. Ein weiterer Nachteil besteht darin,
daß Galaktosereste, die nicht umgesetzt werden, einen Liganden für den
Asialoglykoproteinrezeptor in der Leber darstellen. Präparate, die eine größere Anzahl an
Galaktoseresten aufweisen, werden damit sehr schnell aus der Blutzirkulation entfernt und
sind entsprechend wenig wirksam.
Angewendet wurden diese bekannten Verfahren beispielsweise, um Glykoproteine auf
Festphasen zu immobilisieren. So wird von Keogh in der US-PS 6,017,741 ein Verfahren
zur Modifizierung der Oberfläche von medizinischen Geräten oder Implantaten
beschrieben. Dabei werden 2-Aminoalkohole durch Perjodat zu Aldehyden oxidiert, die
dann mit freien Aminen auf der Oberfläche der medizinischen Geräte eine Schiff-Base
bilden können, welche anschließend durch Reduktion in eine stabile Aminbindung
überführt wird.
In der US-PS 5,989,552 werden immunogene Konjugate aus einem Mucin-Polypeptid
und oxidiertem Mannan beschrieben, wobei durch die Oxidation Aldehydgruppen und
durch die Konjugation Schiff-Basen gebildet werden.
Bekannte Verfahren, um Proteinen bzw. Glykoproteinen miteinander zu verknüpfen,
beruhen auf der chemischen Umsetzung reaktiver Aminosäureseitenketten. Hierbei
werden zum Beispiel Aminogruppen von Lysinresten oder Sulfhydrylgruppen von
Cysteinresten durch homo- oder heterobifunktionelle Vernüpfungsmoleküle kovalent
miteinander verbunden, wobei di- oder oligomere Proteineinheiten gebildet werden. Eine
Vielzahl derartiger Reagenzien ist kommerziell erhältlich und wurde in den
unterschiedlichsten Anwendungen eingesetzt. Ein grundsätzlicher Nachteil des genannten
Verknüpfungsverfahrens besteht darin, daß entweder durch den engen Kontakt der
Proteine zueinander oder durch die Derivatisierung einzelner Aminosäuren die Funktion
der beteiligten Proteine beinträchtigt oder sogar vollkommen zerstört wird. Bei der
Verwendung bifunktioneller Verknüpfungsmoleküle mit langen Alkylgruppen, die einen
räumlichen Abstand herstellen können, besteht darüber hinaus die Gefahr, das diese
Strukturen immunogen wirken.
Eine Methode zur Verknüpfung von Proteinen wird in der US-PS 5,919,758 beschrieben.
Dabei wird zunächst ein Teil eines Proteins mit einem Reagenz umgesetzt, das freie
Sulfhydrylgruppen exponiert. Ein zweiter Teil des Proteins wird mit einem Reagenz
umgesetzt, das freie Maleimidgruppen exponiert. Anschließend werden beide Proteinteile
in Kontakt gebracht, so daß jeweils zumindest zwei Proteine nach Reaktion der Sulfhydryl
mit der Maleimid Gruppe über eine Thioethergruppe miteinander verknüpft werden. Auf
diese Weise konnten Oligomere von Erythropoietin hergestellt werden. Ein Nachteil
dieses Verfahrens besteht darin, daß es auf Proteine beschränkt ist, die keine Cysteinreste
mit freien Sulfhydrylgruppen besitzen. Dies ist häufig jedoch nicht der Fall.
Molekularbiologische Techniken erlauben die Produktion von Fusionsproteinen, wobei
zwei oder mehrere Proteine über ihre N- oder ihre C-Termini mit oder ohne Einfügen
eines Aminosäure-Spacers miteinander verbunden werden können. Ein Nachteil dieser
Technik besteht darin, daß die Verfahren zur Herstellung dieser Fusionsproteine generell
sehr aufwendig sind. Darüber hinaus sind nicht bei allen Proteinen die N- oder C-Termini
innerhalb der dreidimensionalen Struktur frei zugänglich, so das eine gentechnische
Veränderung der Aminosäuresequenz zu einem Verlust der funktionell aktiven
dreidimensionalen Struktur führen kann. Ein weiteres Problem liegt darin, daß die Termini
auch direkt in die biologische Funktion involviert sein können, so daß diese bei einer
Modifikation verlorengeht. Die eingefügten neuen Aminosäuresequenzen können ferner
unter Umständen auch immunogene Strukturen ausbilden.
Glykoproteine spielen als Therapeutika eine immer größere Rolle. Mit Hilfe
biotechnologischer Techniken können diese Proteine in großen Mengen rekombinant
hergestellt werden. Sie werden in der Regel dazu eingesetzt, bestimmte körpereigene
Glykoproteine, die aufgrund eines pathologischen Zustandes nicht oder in nicht
ausreichendem Maße gebildet werden, zu ersetzen oder zu ergänzen, oder auch um durch
Gabe dieser Proteine einen bestimmten biologischen Effekt zu erzielen. Die biologische
Effektorfunktion findet sich dabei in der Regel im Proteinanteil und kann zum Beispiel in
einer enzymatischen Aktivität (t-PA, Blutgerinnungsfaktoren wie Faktor VIII, Faktor IX)
oder einer hormonellen Wirkung im Sinne von Rezeptor-Ligand-Interaktionen liegen
(Erythropoietin (EPO), Interleukine, Interferone, GCSF's).
Neuere Untersuchungen deuten darauf hin, daß die biologische Wirkung solcher
Proteinfaktoren häufig erst dann zum Tragen kommt, wenn mehrere Faktoren gleichzeitig
auf eine Zelle einwirken. So konnte ein synergistischer Effekt von GM-CSF und SCF
("stem cell factor") auf die Reifung von hämatopoietischen Vorläuferzellen nachgewiesen
werden (Lund et al., Exp. Hematol. 27 (1999), S. 762-772).
In der US-PS 5,919,758 werden Homodimere von biologisch aktiven Polypeptiden
beschrieben, beispielsweise Erythropoietin, die durch ein heterobifunktionelles Cross-
Linking-Reagenz miteinander verbunden sind, wobei die Verbindung des Reagenz mit
dem ersten Polypeptid über eine Sulfhydryl-Gruppe und mit dem zweiten Polypeptid über
eine Maleimido-Gruppe erfolgt.
Entsprechend besteht eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung darin, neue Verfahren zur
Verbrückung von Proteinen mit anderen Proteinen bzw. Biomolekülen bereitzustellen, die
die genannten Nachteile des Standes der Technik überwinden. Eine weitere Aufgabe
besteht in der Bereitstellung neuer verbrückter Konjugate von Proteinen mit anderen
Proteinen bzw. Biomolekülen.
Im Rahmen der vorliegenden Erfindung wurde gefunden, daß man Glykoproteine mittels
in ihrem Kohlenhydratanteil vorhandener reaktiver Gruppen, die durch metabolische
Umsetzung von unphysiologischen Vorläufermolekülen in den Zellen, die die Proteine
synthetisieren, in den Kohlenhydratanteil eingeführt werden, mit anderen Glykoproteinen
oder mit Nukleinsäuren oder Lipiden bzw. Micellen in einem relativ einfachen Verfahren
kovalent verbrücken kann und somit die vorstehend genannten Aufgaben gelöst werden
können.
Entsprechend betrifft die vorliegende Erfindung Glykokonjugate, bei denen ein
Proteinanteil über eine Kohlenhydratkette mit einem weiteren Proteinanteil, einer
Nukleinsäure oder einem Lipid bzw. einer Micelle kovalent verbrückt ist, wobei die
Verbrückung über eine im Kohlenhydratanteil von Glykoproteinen natürlicherweise nicht
vorkommende und an einen Neuraminsäurerest, einen Galactosaminrest oder einen
Glucosaminrest der Kohlenhydratkette gekoppelte chemische Gruppe erfolgt.
Beim vorstehend genannten Proteinanteil der erfindungsgemäßen Glykokonjugate handelt
es sich um ein Protein bzw. Polypeptid, das bei Expression in eukaryontischen Zellen
glykosyliert wird, d. h. dessen Aminosäuresequenz die für die Glykosylierung in
eukaryontischen Zellen erforderlichen Signale enthält. Entsprechend handelt es sich
vorzugsweise um den Proteinanteil eines normalerweise in eukaryontischen Zellen
exprimiertes Glykoproteins oder -polypeptids bzw. eines davon abgeleiteten Proteins oder
Polypeptids. Diesbezüglich kommen die verschiedensten glykosylierten Proteine bzw.
Polypeptide in Frage. Bevorzugt sind unter anderem Polypeptide, die als
Differenzierungs- bzw. Wachstumsfaktoren, Cytokine oder Hormone wirken,
beispielsweise Erythropoietin, CSF (colony stimulating factor), G-CSF (granulocyte
colony stimulating factor), GM-CSF (granulocyte-macrophage colony stimulating factor),
LIF (leukemia inhibitory factor), TNF (tumor necrosis factor), Lymphotoxin, PDGF
(platelet-derived growth factor), FGF (fibroblast growth factor), VEGF (vascular
endothelial cell growth factor), EGF (epidermal growth factor), TGF-α (transforming
growth factor α), TGF-β (transforming growth factor β), Thrombopoietin, SCF (stem
cell factor), Oncostatin M, Amphiregulin, Mullerian-Inhibiting Substance, B-CGF (B-cell
growth factor), MMIF (macrophage migration inhibitory factor) α-Intereron, β-
Interferon, γ-Interferon, IL-(Interleukin)-1, IL-2, IL-3, IL-4, IL-5, IL-6, IL-7, IL-8, IL-9,
IL-10, IL-11, IL-12, IL-13, IL-14, IL-15, IL-16 und IL-17. Diese Proteine sind dem
Fachmann ohne weiteres geläufig (siehe die Aufstellung von Literaturstellen bei
Sytkowski, US-PS 5,919,758). Ebenfalls bevorzugt sind thrombolytisch wirkende
Proteine bzw. Polypeptide, beispielsweise t-PA und Urokinase; Thromboprophylaktika,
beispielsweise Antithrombin III; und Blutgerinnungsfaktoren, beispielsweise Faktor VIII
und IX. Bevorzugt sind ferner glykosylierte Hüllproteine von Viren, sowohl allein als
auch als Teil vollständiger biologisch aktiver Viruspartikel.
Beim Proteinanteil der erfindungsgemäßen Glykokonjugate, z. B. den vorstehend
genannten Differenzierungs- bzw. Wachstumsfaktoren, Cytokinen, Hormonen,
Thrombolytika, Thromboprophylaktika, Gerinnungsfaktoren und viralen Hüllproteinen,
kann es sich auch um ein rekombinant hergestelltes Protein handeln, d. h. ein Protein, das
von Zellen synthetisiert wurde, die mit einem für das Protein kodierenden
Expressionsvektor transformiert wurden. Geeignet sind auch durch rekombinante
Verfahren hergestellte, gegenüber der natürlichen Aminosäuresequenz des Proteins durch
Aminosäureaustausche bzw. Aminosäuredeletionen oder -insertionen oder Fusion mit
weiteren Proteinsequenzen, beispielsweise Fusion mit Glutathion-S-transferase oder β-
Galaktosidase bzw. Fragmenten davon, veränderte Proteine.
Die Kohlenhydratkette, über die die Verbrückung des genannten Proteinanteils der
erfindungsgemäßen Glykokonjugate erfolgt, umfaßt mindestens eine Oligosaccharidkette,
die im Rahmen des erfindungsgemäßen Herstellungsverfahrens durch metabolische
Glykosylierung des Proteinanteils in eukaryontischen Zellen gebildet wird, d. h. durch
kovalentes Modifizieren des Proteinanteils mittels Anhängen der Oligosaccharidkette an
ein entsprechendes Glykosylierungssignal bzw. -motiv innerhalb der Aminosäuresequenz
des Proteinanteils.
Entsprechend ist die Oligosaccharidkette entweder N-glykosidisch an ein innerhalb des
Proteinanteils befindliches Asparagin gebunden (N-Glykan) oder O-glykosidisch an ein
innerhalb des Proteinanteils befindliches Serin oder Threonin (O-Glykan).
Im Falle einer N-glykosidischen Bindung an den Proteinanteil umfaßt die
Kohlenhydratkette der erfindungsgemäßen Glykokonjugate bzw. die von ihr umfasste(n)
Oligosaccharidkette(n) vorzugsweise eine relativ einheitliche "Core"-Struktur, die in dem
nachstehend beispielhaft für ein tetraantennäres Oligosaccharid des komplexen Typs und
des oligomannosidischen Typs wiedergegebenen Struktur enthalten ist, und die auch
weniger Antennen als die beispielhaft dargestellten Strukturen aufweisen und
gegebenenfalls durch Anhängen weiterer Monosaccharide bzw. Oligosaccharide
modifiziert sein kann.
= Neuraminsäure
Gal = Galaktose
GlcNAc = N-Acetylglucosamin
Man = Mannose
Gal = Galaktose
GlcNAc = N-Acetylglucosamin
Man = Mannose
Im Falle einer O-glykosidischen Bindung umfaßt die Kohlenhydratkette der
erfindungsgemäßen Glykokonjugate O-Glykane, die unter anderem folgende Strukturen
aufweisen können:
Bei in der Kohlenhydratkette der erfindungsgemäßen Glykokonjugate enthaltenen N-
Glykanen weist eine "Antenne" der Oligosaccharidseitenkette vorzugsweise etwa 8 bis 12
Kohlenhydrateinheiten auf. Bei in der Kohlenhydratkette der erfindungsgemäßen
Glykokonjugate enthaltenen O-Glykanen kann die Antennenlänge zwischen 2 und 20
Einheiten variieren. Bei beiden Glykan-Arten ist der letzte Zuckerrest vorzugsweise eine
Neuraminsäure. Vorzugsweise ist die Neuraminsäure ferner α-glykosidisch an Gal,
GalNAc oder GlcNAc gebunden.
Die im Kohlenhydratanteil von Glykoproteinen natürlicherweise nicht vorkommende
chemische Gruppe, über die die kovalente Verbrückung in den erfindungsgemäßen
Glykokonjugaten erfolgt, ist an einen Neuraminsäurerest, einen Galactosaminrest oder
einen Glucosaminrest der Kohlenhydratkette gekoppelt, vorzugsweise an den
Neuraminsäurerest. Die Kopplung der chemischen Gruppe an den Neuraminsäurerest, den
Galactosaminrest oder den Glucosaminrest erfolgt ferner vorzugsweise über ein
Stickstoffatom.
Besonders geeignete chemische Gruppen sind in diesem Zusammenhang jene, die
ausgewählt sind aus der Gruppe bestehend aus Aldehyd-, Keton-, Thiocarboxylat-,
Hydrazid-, Aminooxy-, Thiosemicarbazid-, β-Aminothiol-, α-Halogencarbonyl- und
Azidgruppe. Besonders bevorzugt sind Keton- oder Aldehydgruppen, insbesondere
Ketongruppen.
Bei einer bevorzugten Ausführungsform der vorliegenden Erfindung nimmt die chemische
Gruppe an der Ausbildung einer Verbrückungsgruppe V teil, die unter für Proteine nicht
denaturierenden Reaktionsbedingungen gebildet werden kann. Bevorzugte
Verbrückungsgruppen V im Sinne der Erfindung sind dabei insbesondere Hydrazon-,
Oxim-, Thiosemicarbazon-, Thiazolidin- oder Thioestergruppen, oder Gruppen mit der
folgenden Strukturformel:
Die Kohlenhydratkette der erfindungsgemäßen Glykokonjugate umfaßt gegebenenfalls
zusätzlich eine Linkergruppe L, die über die Verbrückungsgruppe V mit einem
Monosaccharidbaustein der Kohlenhydratkette verbunden ist, und über eine
Verbrückungsgruppe V' mit dem weiteren Proteinanteil, der Nukleinsäure oder dem Lipid
verbunden ist, wobei V' die gleichen Bedeutungen wie V annehmen kann und V und V'
gleiche oder voneinander verschiedene Verbrückungsgruppen sein können.
In einer bevorzugten Ausführungsform handelt es sich bei der Linkergruppe L um eine
säurespaltbare Linkergruppe. Die Linkergruppe L kann ferner eine biologisch aktive
Gruppe enthalten bzw. eine biologisch aktive Gruppe sein, z. B. ein Toxin oder ein
Steroidhormon, beispielsweise ein Androgen, ein Gestagen oder ein Glucocorticoid.
Geeignet als Linkergruppe L im Sinne der Erfindung sind insbesondere lineare oder
cyclische, unverzweigte oder verzweigte, gesättigte oder ein oder mehrfach ungesättigte,
einfach oder mehrfach durch Fluor, Chlor, Brom, Jod, oder einen Hydroxy-, Epoxy-,
Carbonyl-, Carboxyl-, Amino-, Mercaptan-, Phenyl-, Phenol-, oder Benzylrest
substituierte Gruppen mit 2 bis 18 C-Atomen, vorzugsweise 2 bis 12 C-Atomen, ganz
besonders bevorzugt 2 bis 8 oder 2 bis 6 C-Atomen.
Bei einer bevorzugten Ausführungsform der erfindungsgemäßen Glykokonjugate handelt
es sich um Dimere, bei denen ein Proteinanteil über eine oder mehrere
Kohlenhydratkette(n) mit einem weiteren Proteinanteil verbrückt ist. Glykokonjugate, bei
denen ein Proteinanteil über eine oder mehrere Kohlenhydratkette(n) mit zwei oder
mehreren weiteren Proteinanteilen zur Bildung von Trimeren, Tetrameren oder von
Oligomeren mit mehr als vier verbrückten Proteinanteilen verbrückt ist, sind jedoch für
bestimmte Anwendungen ebenfalls bevorzugt.
Die erfindungsgemäßen Glykokonjugate liegen vorzugsweise in gereinigter Form vor. Der
Begriff "gereinigt" bedeutet in diesem Zusammenhang nicht notwendigerweise, daß die
Glykokonjugate praktisch bis zur Homogenität gereinigt vorliegen müssen, wenngleich
dies von der Bedeutung dieses Begriffs natürlich umfaßt wird. Im Sinne der Erfindung
"gereinigte" Glykokonjugate liegen zumeist in einer Mischung aus verschiedenen
Isomeren und in einem Gemisch (z. B. Lösung oder Lyophilisat) mit weiteren Stoffen vor,
z. B. mit den Bestandteilen von Pufferlösungen oder mit Trägerstoffen oder
Trägerproteinen wie Rinderserumalbumin (BSA) und dergleichen. "Gereinigt" meint in
diesem Zusammenhang, daß die erfindungsgemäßen Glykokonjugate gegenüber anderen
Bestandteilen des Ausgangsmaterials ihrer Herstellung spezifisch angereichert sind.
Vorzugsweise sind die Glykokonjugate der Erfindung so gereinigt, daß sie sich abgesehen
von bestimmten Verunreinigungen in einem im wesentlichen definierten Gemisch mit
anderen Stoffen befinden.
Bevorzugte Glykokonjugate der vorliegenden Erfindung weisen die allgemeine Formel
auf, wobei
P einen Mono-, Di- oder Oligosaccharidrest mit bis zu 40 glykosidisch miteinander verknüpften, gegebenenfalls verzweigten Zuckerresten bedeutet, die Furanose- und/oder Pyranoseringe darstellen und 5 bis 230 C-Atome enthalten und N- oder O- glykosidisch an den Proteinanteil des Glykokonjugats gebunden sind;
R1 ein Rest der allgemeinen Formel AVBX ist, in dem
A einen linearen oder cyclischen, unverzweigten oder verzweigten, gegebenenfalls einfach oder mehrfach ungesättigten, hydroxylierten und/oder ketylierten (C2-C6)-Acylrest, insbesondere einen (C2-C6)-Alkanoylrest bedeutet, oder einen linearen oder cyclischen, unverzweigten oder verzweigten, gegebenenfalls einfach oder mehrfach ungesättigten, hydroxylierten und/oder ketylierten (C2-C6)-Hydrocarbylrest, insbesondere einen (C2-C6)-Alkyl, -Alkenyl- oder -Alkinylrest;
V die vorstehend angegebene Bedeutung hat;
B einen Mono-, Di- oder Oligosaccharidrest mit bis zu 40 glykosidisch miteinander verknüpften, gegebenenfalls verzweigten Zuckerresten bedeutet, die Furanose- und/oder Pyranoseringe darstellen und 5 bis 230 C-Atome enthalten, und N- oder O-glykosidisch an X gebunden ist; und
X ein weiterer Proteinanteil ist;
oder ein Rest der allgemeinen Formel AVLV'BX ist, in dem
A, V, V', L, B und X die vorstehend angegebenen Bedeutungen haben;
oder ein Rest der allgemeinen Formel AVX' oder AVLV'X' ist, in dem
A, V, V' und L die vorstehend angegebenen Bedeutungen haben, und
X' eine Nukleinsäure oder ein Lipid bzw. eine Micelle ist;
R2, R3, R4 und R5, die gleich oder verschieden sein können, jeweils ein Wasserstoffatom, einen linearen oder verzweigten Alkylrest mit 1 bis 20 Kohlenstoffatomen (CnH2n+2, n = 1 bis 20), vorzugsweise 1 bis 7 Kohlenstoffatomen; einen linearen oder verzweigten Alkenylrest mit 3 bis 20 Kohlenstoffatomen (CnH2n, n = 3 bis 20, Position der Doppelbindung an Cn n = 2 bis 19), vorzugsweise 3 bis 10 Kohlenstoffatomen; einen linearen oder verzweigten Alkinylrest mit 3 bis 20 Kohlenstoffatomen (CnH2n-2, n = 3 bis 20, Position der Dreifachbindung an Cn n = 2 bis 19), vorzugsweise 3 bis 10 Kohlenstoffatomen; einen Alkenyl- bzw. Alkinylrest mit 2 oder mehr Doppelbindungen bzw. Dreifachbindungen mit 4 bis 20, vorzugsweise 7 bis 12 Kohlenstoffatomen; einen Arylrest mit 6 bis 20 Kohlenstoffatomen, vorzugsweise einen Phenylrest; einen linearen oder verzweigten, gesättigten oder ein- oder mehrfach ungesättigten Acylrest (-CO-R6) mit insgesamt 1 bis 20, vorzugsweise 1 bis 7 Kohlenstoffatomen, insbesondere Acetylrest, einschließlich seiner ein- oder mehrfach hydroxylierten Analoga; einen Aroylrest mit 6 bis 20, vorzugsweise 6 bis 10 Kohlenstoffatomen; einen Carbonylamidrest der Formel -CONH2 oder -CONHR6; einen linearen oder verzweigten, gesättigten oder ein- oder mehrfach ungesättigten Tbioacylrest (-CS- R6) mit insgesamt 1 bis 20, vorzugsweise 1 bis 7 Kohlenstoffatomen; oder einen Thiocarbamidrest der Formel -CS-NH2 oder -CS-NHR6 bedeuten; wobei R6 jeweils für ein Wasserstoffatom oder einen linearen oder verzweigten, gesättigten oder ein- oder mehrfach ungesättigten Alkylrest mit 1 bis 20 Kohlenstoffatomen steht und jeder der vorgenannten Reste außer H gegebenenfalls ein- oder mehrfach substituiert sein kann durch Halogen-, insbesondere Fluor, Chlor Brom oder Jod, Hydroxy-, Epoxy-, Amino-, Mercaptan-, Phenyl-, Phenol- oder Benzylgruppen.
P einen Mono-, Di- oder Oligosaccharidrest mit bis zu 40 glykosidisch miteinander verknüpften, gegebenenfalls verzweigten Zuckerresten bedeutet, die Furanose- und/oder Pyranoseringe darstellen und 5 bis 230 C-Atome enthalten und N- oder O- glykosidisch an den Proteinanteil des Glykokonjugats gebunden sind;
R1 ein Rest der allgemeinen Formel AVBX ist, in dem
A einen linearen oder cyclischen, unverzweigten oder verzweigten, gegebenenfalls einfach oder mehrfach ungesättigten, hydroxylierten und/oder ketylierten (C2-C6)-Acylrest, insbesondere einen (C2-C6)-Alkanoylrest bedeutet, oder einen linearen oder cyclischen, unverzweigten oder verzweigten, gegebenenfalls einfach oder mehrfach ungesättigten, hydroxylierten und/oder ketylierten (C2-C6)-Hydrocarbylrest, insbesondere einen (C2-C6)-Alkyl, -Alkenyl- oder -Alkinylrest;
V die vorstehend angegebene Bedeutung hat;
B einen Mono-, Di- oder Oligosaccharidrest mit bis zu 40 glykosidisch miteinander verknüpften, gegebenenfalls verzweigten Zuckerresten bedeutet, die Furanose- und/oder Pyranoseringe darstellen und 5 bis 230 C-Atome enthalten, und N- oder O-glykosidisch an X gebunden ist; und
X ein weiterer Proteinanteil ist;
oder ein Rest der allgemeinen Formel AVLV'BX ist, in dem
A, V, V', L, B und X die vorstehend angegebenen Bedeutungen haben;
oder ein Rest der allgemeinen Formel AVX' oder AVLV'X' ist, in dem
A, V, V' und L die vorstehend angegebenen Bedeutungen haben, und
X' eine Nukleinsäure oder ein Lipid bzw. eine Micelle ist;
R2, R3, R4 und R5, die gleich oder verschieden sein können, jeweils ein Wasserstoffatom, einen linearen oder verzweigten Alkylrest mit 1 bis 20 Kohlenstoffatomen (CnH2n+2, n = 1 bis 20), vorzugsweise 1 bis 7 Kohlenstoffatomen; einen linearen oder verzweigten Alkenylrest mit 3 bis 20 Kohlenstoffatomen (CnH2n, n = 3 bis 20, Position der Doppelbindung an Cn n = 2 bis 19), vorzugsweise 3 bis 10 Kohlenstoffatomen; einen linearen oder verzweigten Alkinylrest mit 3 bis 20 Kohlenstoffatomen (CnH2n-2, n = 3 bis 20, Position der Dreifachbindung an Cn n = 2 bis 19), vorzugsweise 3 bis 10 Kohlenstoffatomen; einen Alkenyl- bzw. Alkinylrest mit 2 oder mehr Doppelbindungen bzw. Dreifachbindungen mit 4 bis 20, vorzugsweise 7 bis 12 Kohlenstoffatomen; einen Arylrest mit 6 bis 20 Kohlenstoffatomen, vorzugsweise einen Phenylrest; einen linearen oder verzweigten, gesättigten oder ein- oder mehrfach ungesättigten Acylrest (-CO-R6) mit insgesamt 1 bis 20, vorzugsweise 1 bis 7 Kohlenstoffatomen, insbesondere Acetylrest, einschließlich seiner ein- oder mehrfach hydroxylierten Analoga; einen Aroylrest mit 6 bis 20, vorzugsweise 6 bis 10 Kohlenstoffatomen; einen Carbonylamidrest der Formel -CONH2 oder -CONHR6; einen linearen oder verzweigten, gesättigten oder ein- oder mehrfach ungesättigten Tbioacylrest (-CS- R6) mit insgesamt 1 bis 20, vorzugsweise 1 bis 7 Kohlenstoffatomen; oder einen Thiocarbamidrest der Formel -CS-NH2 oder -CS-NHR6 bedeuten; wobei R6 jeweils für ein Wasserstoffatom oder einen linearen oder verzweigten, gesättigten oder ein- oder mehrfach ungesättigten Alkylrest mit 1 bis 20 Kohlenstoffatomen steht und jeder der vorgenannten Reste außer H gegebenenfalls ein- oder mehrfach substituiert sein kann durch Halogen-, insbesondere Fluor, Chlor Brom oder Jod, Hydroxy-, Epoxy-, Amino-, Mercaptan-, Phenyl-, Phenol- oder Benzylgruppen.
In einer besonders bevorzugten Ausführungsform stehen die Reste R2, R3, R4 und R5
jeweils für ein Wasserstoffatom oder CH3 oder (C1-C7)-Acyl, insbesondere Acetyl,
einschließlich seiner ein- oder mehrfach hydroxylierten Analoga.
Ferner sind solche Glykokonjugate besonders bevorzugt, bei denen A zusammen mit der
chemische Gruppe, die an der Ausbildung der Verbrückungsgruppe V teilnimmt, und/oder
zusammen mit der chemische Gruppe, die an der Ausbildung der Verbrückungsgruppe V'
teilnimmt, einen Lävulinoylrest bildet.
Ein Vorteil der erfindungsgemäßen Glykokonjugate liegt darin, daß die innerhalb der
Kohlenhydratkette enthaltenen Oligosaccharide keine starre Konformation aufweisen, wie
man dies etwa von Aminosäureketten innerhalb von Proteinen kennt. Im Zusammenhang
mit der vorliegenden Erfindung wurde gefunden, daß die erstaunlich freie Drehbarkeit der
kovalenten Bindungen zwischen den einzelnen Kohlenhydratresten der Gesamtstruktur
eine enorme Flexibilität verleiht und dazu beiträgt, daß etwaige sterische Effekte der
Verbrückung für die Aktivität der biologisch aktiven Bestandteile der erfindungsgemäßen
Glykokonjugate praktisch keine Rolle spielen. Gleichzeitig übt die Kohlenhydratkette der
erfindungsgemäßen Glykokonjugate, bedingt durch ihre Größe und Flexibilität, eine
abschirmende bzw. maskierende Funktion aus, so daß große Teile des Proteinanteils bzw.
der Proteinanteile von Molekülen des Immunsystems nicht mehr erkannt werden und
entsprechend nicht immunogen wirken können.
Ein weiterer Vorteil der erfindungsgemäßen Glykokonjugate besteht darin, daß die
Kohlenhydratseitenketten einen nur geringen oder überhaupt keinen direkten Einfluß auf
die biologische Funktion des Proteinbestandteils bzw. der Proteinbestandteile nehmen. Bei
Glykoproteinen beschränkt sich der Einfluß der Kohlenhydratseitenketten zumeist auf die
Phase der Biosynthese des Proteinanteils, wo sie häufig in den Faltungsmechanismus
involviert sind, oder auf die chemisch-physikalischen Eigenschaften des gereiften Proteins.
Die vorliegende Erfindung betrifft ferner Verfahren zur Herstellung der vorstehend
beschriebenen Glykokonjugate. Entsprechend wird ein Aspekt der Erfindung von einem
Verfahren zur Herstellung von Glykokonjugaten gebildet, das folgende Schritte umfaßt:
- a) Kultivieren eukaryontischer Zellen in Anwesenheit eines nichtphysiologischen Vorläuferkohlenhydrats, das geeignet ist, eine dort natürlicherweise nicht vorkommende und an einen Neuraminsäurerest, einen Galactosaminrest oder einen Glucosaminrest gekoppelte reaktive chemische Gruppe W in den Kohlenhydratanteil von Glykoproteinen der Zellen einzuführen, und Isolieren eines von den kultivierten Zellen exprimierten Glykoproteins, das die genannte chemische Gruppe W in seinem Kohlenhydratanteil aufweist;
- b) kovalentes Verbrücken des gemäß Schritt a) isolierten Glykoproteins mittels der genannten chemischen Gruppe W mit dem Kohlenhydratanteil eines Glykoproteins, mit einer Nukleinsäure oder einem Lipid, über eine dort natürlicherweise nicht vorkommende reaktive chemische Gruppe W'.
Für die Zwecke des erfindungsgemäßen Verfahrens sind im Prinzip alle eukaryontischen
Zellen geeignet, z. B. primäre Zellen, Gewebe oder Zellinien, die das gewünschte, in
Schritt a) zu isolierende Glykoprotein exprimieren. Besonders geeignet sind Zellinien, die
mit einem Expressionsvektor zur rekombinanten Expression transient oder stabil
transformiert wurden, der für das in Schritt a) zu isolierende Glykoprotein kodiert. Als
bevorzugte Wirtszellinien für die rekombinante Expression sind insbesondere NIH3T3-
Zellen, COS-Zellen, BHK-Zellen, HeLa-Zellen, HEK293-Zellen oder CHO-Zellen, aber
auch Insektenzellen, z. B. SF9-Zellen (Schneider-Zellen), zu nennen. Besonders bevorzugt
sind CHO-Zellen und BHK-Zellen.
Im Rahmen von Schritt a) des erfindungsgemäßen Herstellungsverfahrens werden
Glykoproteine erhalten, z. B. rekombinante Glykoproteine, die in ihrem
Kohlenhydratanteil eine oder mehrere natürlicherweise nicht im Kohlenhydratanteil von
Glykoproteinen vorkommende reaktive chemische Gruppen W aufweisen. Der
Proteinanteil dieser Glykoproteine bildet anschließend den Proteinanteil bzw. einen ersten
Proteinanteil der nach dem erfindungsgemäßen Herstellungsverfahren erhaltenen
Glykokonjugate. Entsprechend handelt es sich bei dem Glykoprotein, das im Rahmen von
Schritt a) isoliert wird, vorzugsweise um eines der vorstehend im Zusammenhang mit dem
Proteinanteil der Glykokonjugate als geeignet bzw. bevorzugt genannten eukaryontischen
Glykoproteine. Im Falle der Verwendung transformierter Zellen in Schritt a) wird der zur
Transformation verwendete Expressionsvektor vorzugsweise so gewählt, daß er für das
entsprechende Glykoprotein kodiert, dessen Proteinanteil anschließend den
rekombinanten Proteinanteil bzw. die rekombinanten Proteinanteile des herzustellenden
erfindungsgemäßen Glykokonjugats bilden soll.
Wie vorstehend erwähnt, kann es von Vorteil sein, die rekombinant hergestellten
Proteinanteile gegenüber ihrer natürlichen Aminosäuresequenz zu verändern. Als weitere
geeignete Veränderung ist in diesem Zusammenhang die Einführung zusätzlicher N- bzw.
O-Glykosylierungsstellen bzw. -signale in die Aminosäuresequenz oder das Entfernen
bzw. Zerstören in der Aminosäuresequenz enthaltener N- bzw. O-Glykosylierungsstellen.
Auf diese Weise können im Rahmen des erfindungsgemäßen Verfahrens zur Verbrückung
geeignete Kohlenhydratketten in Proteinanteile eingeführt werden, die ansonsten keine
oder für eine Verbrückung zu wenige oder nicht geeignete Kohlenhydratketten aufweisen
würden. Ferner können unerwünschte Kohlenhydratketten aus einem zu verbrückenden
Proteinanteil entfernt werden.
Schritt a) des erfindungsgemäßen Herstellungsverfahrens wird in Anwesenheit eines
nichtphysiologischen Vorläuferkohlenhydrats durchgeführt, das dem Nährmedium, in dem
die Zellen kultiviert werden, zugesetzt wird. Der Begriff "nichtphysiologisches
Vorläuferkohlenhydrat" meint einen Kohlenhydratbaustein, der von der enzymatischen
Maschinerie der Zellen als Baustein der Glykosylierung von Glykoproteinen akzeptiert
wird, d. h. in unveränderter oder leicht abgewandelter Form in den Kohlenhydratanteil von
Glykoproteinen der Zellen eingebaut wird, und eine oder mehrere zusätzliche reaktive
chemische Gruppen enthält, die bei natürlich vorkommenen Vorläuferbausteinen der
Glykosylierung nicht vorhanden sind. Erfindungsgemäß handelt es sich insbesondere um
Vorläuferbausteine, die in den Zellen zu Neuraminsäure-, Galactosamin- oder
Glucosaminderivaten mit reaktiven chemischen Gruppen umgewandelt werden, die
wiederum von der enzymatischen Maschinerie der Zellen in den Kohlenhydratanteil von
Glykoproteinen eingebaut werden.
Trotz der Kultivierung der Zellen in Anwesenheit nichtphysiologischer
Vorläuferkohlenhydrate im Sinne der Erfindung bleibt das physiologische
Sialylierungsmuster im Vergleich zu unbehandelten Zellen gleich bzw. im wesentlichen
gleich. So werden etwa bei Verwendung erfindungsgemäßer nichtphysiologischer
Vorläuferkohlenhydrate der Neuraminsäurebiosynthese nur sehr wenige freie
Galaktosereste (die einen Hinweis auf einen unvollständigen Einbau von
Neuraminsäurebausteinen darstellen) auf den nach Schritt a) isolierten rekombinanten
Proteinen exprimiert.
Durch Auswahl geeigneter Konzentrationen an nichtphysiologischen
Vorläuferkohlenhydraten läßt sich im Rahmen des erfindungsgemäßen
Herstellungsverfahrens die Stöchiometrie bzw. Anzahl der in Glykoproteine eingebauten
modifizierten Kohlenhydratderivate, insbesondere der Neuraminsäure-, Galactosamin-
oder Glucosaminderivate mit den entsprechenden reaktiven chemischen Gruppen, effizient
und einfach kontrollieren. Nach Kultivierung der Zellen unter diesen Bedingungen können
dann bestimmte Glykoproteine von Interesse aus den Kulturüberständen oder den
Zellextrakten mit Hilfe gängiger, dem Fachmann bekannter Verfahren, isoliert werden.
Die so gewonnenen Glykoproteine weisen nun eine oder mehrere natürlicherweise im
Kohlenhydratanteil von Glykoproteinen nicht auftretende, reaktive chemische Gruppe(n)
auf, je nach eingesetztem nichtphysiologischen Vorläuferkohlenhydrat. Die metabolische
Modifikation gemäß Schritt a) des erfindungsgemäßen Verfahrens stellt somit eine sehr
einfache und gleichzeitig effektive Methode dar, um reaktive chemische Gruppen in den
Kohlenhydratanteil von Glykoproteinen einzuführen, die dann weiter mit anderen
biologisch aktiven Molekülen, wie anderen Glykoproteinen, Nukleinsäuren oder Lipiden,
die entsprechende reaktive chemische Gruppen als Reaktionspartner tragen, zur Bildung
neuer Glykokonjugate mit vorteilhaften Eigenschaften umgesetzt werden können.
Die im Kohlenhydratanteil von Glykoproteinen natürlicherweise nicht vorkommende
reaktive chemische Gruppe W ist in den erfindungsgemäßen nichtphysiologischen
Vorläuferkohlenhydraten vorzugsweise über ein Stickstoffatom an einen
Neuraminsäurerest, einen Galactosaminrest oder einen Glucosaminrest gekoppelt.
Besonders bevorzugt als chemische Gruppe W sind in diesem Zusammenhang solche
Gruppen, die ausgewählt sind aus der Gruppe chemischer Gruppen bestehend aus
Aldehyd-, Keton-, Thiocarboxylat-, Hydrazid-, Aminooxy-, Thiosemicarbazid-, β-
Aminothiol-, α-Halogencarbonyl- und Azidgruppe. Besonders bevorzugt sind Keton- oder
Aldehydgruppen, insbesondere Ketongruppen.
Insbesondere bevorzugt als nichtphysiologische Vorläuferkohlenhydrate sind
Kohlenhydrate der allgemeinen Formel
wobei
R8 ein Rest der allgemeinen Formel AW ist, in dem A und W die vorstehend angegebenen Bedeutungen haben
und
R2 und R3 ebenfalls die vorstehend angegebenen Bedeutungen haben, und R6 und R7 die gleichen Bedeutungen haben können wie R2 und R3.
R8 ein Rest der allgemeinen Formel AW ist, in dem A und W die vorstehend angegebenen Bedeutungen haben
und
R2 und R3 ebenfalls die vorstehend angegebenen Bedeutungen haben, und R6 und R7 die gleichen Bedeutungen haben können wie R2 und R3.
Vorzugsweise stehen die Reste R2, R3, R6 und R7 bei den erfindungsgemäßen
nichtphysiologischen Vorläuferkohlenhydraten jeweils für ein Wasserstoffatom, CH3, oder
einen linearen oder verzweigten, gesättigten oder ein- oder mehrfach ungesättigten
Acylrest mit insgesamt 1 bis 20, vorzugsweise 1 bis 7 C-Atomen, besonders bevorzugt für
einen Acetylrest, einschließlich seiner ein- oder mehrfach hydroxylierten Analoga.
Ferner sind unter anderem solche Vorläuferkohlenhydrate besonders geeignet, bei denen
A und W zusammen einen Lävulinoylrest bilden.
Spezielle Beispiele besonders bevorzugter nichtphysiologischer Vorläuferkohlenhydrate
sind N-Lävulinoylmannosamin, peracetyliertes N-Lävulinoylmannosamin, N-
Azidoacetylmannosamin und peracetyliertes N-Azidoacetylmannosamin.
In einem weiteren Aspekt betrifft die vorliegende Erfindung die Verwendung der
genannten nichtphysiologischen Vorläuferkohlenhydrate für die Herstellung der
erfindungsgemäßen Glykokonjugate bzw. die Verwendung im erfindungsgemäßen
Herstellungsverfahren.
Nach dem Kultivieren der eukaryontischen Zellen in Anwesenheit des nicht-
physiologischen Vorläuferkohlenhydrats wird eines (oder mehrere, z. B. bei Zellen, die mit
mehreren Expressionsvektoren cotransformiert wurden, oder die mehrere Glykoproteine
exprimieren, die zur Herstellung der erfindungsgemäßen Glykokonjugate von Interesse
sind) der von den kultivierten Zellen exprimierten Glykoproteine isoliert. In diesem
Zusammenhang zeigt sich ein weiterer Vorteil des erfindungsgemäßen
Herstellungsverfahrens, da zur Isolierung der nunmehr reaktive Gruppen W in ihrem
Kohlenhydratanteil aufweisenden Glykoproteine auf bekannte und standardisierte
Verfahren zur Isolierung bzw. Reinigung dieser Glykoproteine zurückgegriffen werden
kann. Gemäß Schritt a) wird das Glykoprotein soweit isoliert, daß es in einer Form
vorliegt, die ein effizientes kovalentes Verbrücken gemäß Schritt b) des
erfindungsgemäßen Verfahrens erlaubt.
Gemäß Schritt b) des erfindungsgemäßen Verfahrens erfolgt anschließend das kovalente
Verbrücken des isolierten Glykoproteins mittels der genannten chemischen Gruppe W mit
dem Kohlenhydratanteil eines Glykoproteins, mit einer Nukleinsäure oder einem Lipid, die
jeweils eine dort natürlicherweise nicht vorkommende reaktive chemische Gruppe W'
enthalten.
Für den Fall, daß die Verbrückung mit dem Kohlenhydratanteil eines weiteren
Glykoproteins erfolgt, ist die reaktive chemische Gruppe W' vorzugsweise wie auch die
reaktive chemische Gruppe W über ein Stickstoffatom an einen Neuraminsäurerest, einen
Galactosaminrest oder einen Glucosaminrest im Kohlenhydratanteil des genannten
Glykoproteins gekoppelt. Insbesondere bevorzugt ist die Verwendung des nach Schritt a)
isolierten Glykoproteins zur Verbrückung mit sich selbst, wobei auf diese Weise kovalent
verbrückte Homo-Oligomere des in Schritt a) erhaltenen Glykoproteins entstehen.
Besonders bevorzugt als Homo-Oligomere sind Homo-Dimere des gemäß Schritt a)
isolierten Glykoproteins. Diesbezügliche Beispiele geeigneter homo-dimerer
Glykokonjugate im Sinne der Erfindung sind CSF-CSF, SCF-SCF, G-CSF-G-CSF, GM-
CSF-GM-CSF, LIF-LIF, EPO-EPO, TNF-TNF, Lymphotoxin-Lymphotoxin, PDGF-
PDGF, FGF-FGF, VEGF-VEGF, EGF-EGF, TGF-α-TGF-α, TGF-β-TGF-β,
Thrombopoietin-Thrombopoietin, SCF-SCF, Oncostatin M-Oncostatin M, Amphiregulin-
Amphiregulin, Mullerian-Inhibiting Substance-Mullerian-Inhibiting Substance, B-CGF-B-
CGF, MMIF-MMIF, α-Interferon-α-Interferon, β-Interferon-β-Interferon, γ-Interferon-γ-
Interferon, IL-1-IL-1, IL-2-IL-2, IL-3-IL-3, IL-4-IL-4, IL-5-IL-5, IL-6-IL-6, IL-7-IL-7,
IL-8-IL-8, IL-9-IL-9, IL-10-IL-10, IL-11-IL-11, IL-12-IL-12, IL-13-IL-13, IL-14-IL-14,
IL-15-IL-15, IL-16-IL-16 und IL-17-IL-17. Bevorzugt sind insbesondere GM-CSF-GM-
CSF, EPO-EPO, α-Interferon-α-Interferon, β-Interferon-β-Interferon, γ-Interferon-γ-
Interferon, IL-2-IL-2, IL-15-IL-15, IL-16-IL-16 und IL-17-IL-17, t-PA-t-PA, Urokinase-
Urokinase, Antithrombin III-Antithrombin III, Faktor VIII-Faktor VIII und Faktor IX-
Faktor IX.
Bevorzugt für den Verbrückungsschritt b) des erfindungsgemäßen Verfahrens sind jedoch
auch andere gemäß dem Verfahren nach Schritt a) hergestellte Glykoproteine, so daß
Hetero-Oligomere, vorzugsweise Hetero-Dimere gebildet werden. Diesbezügliche
Beispiele geeigneter hetero-dimerer Glykokonjugate im Sinne der Erfindung sind GM-
CSF-SCF, GM-CSF-IL-2, GM-CSF-IL-3, CSF-IL-1 und IL-2-IL-3.
Für den Fall, daß die Verbrückung mit einer Nukleinsäure oder einem Lipid bzw. einem
Lipid innerhalb einer aus Lipiden aufgebauten Micelle erfolgt, kann die reaktive chemische
Gruppe W' an jeder geeigneten Position innerhalb der Nukleinsäure oder des Lipids
vorliegen, die die gewünschte Funktion der Nukleinsäure bzw. des Lipids oder der das
Lipid enthaltenden Micelle innerhalb des durch die Verbrückung entstehenden
Glykokonjugats nicht oder nicht wesentlich beeinträchtigt. Diesbezüglich geeignete
Positionen können vom Fachmann ohne weiteres bestimmt werden. Ferner sind dem
Fachmann eine Vielzahl bekannter Verfahren zur Einführung erfindungsgemäß geeigneter
oder bevorzugter reaktiver chemischer Gruppen W' in die Nukleinsäure oder das Lipid
bekannt.
Im Zuge des erfindungsgemäßen Herstellungsverfahrens werden die
Vorläuferkohlenhydrate in Schritt a) statistisch in die Kohlenhydratseitenketten bzw.
deren Zweige oder "Antennen" eingebaut. Dies gilt insbesondere auch für Proteine, die
mehr als eine Glykosylierungsstelle aufweisen und entsprechend mehrere
Kohlenhydratseitenketten aufweisen, die wiederum jeweils mehrere Antennen enthalten
können. Entsprechend läßt sich die genaue Stereochemie der in Schritt b) erhaltenen
Glykokonjugate nicht genau vorhersagen, bzw. man wird gegebenenfalls ein Gemisch
verschieden verknüpfter Konjugate erhalten. Dies spielt jedoch im Hinblick auf die
biologische Funktion der Konjugate keine oder eine nur untergeordnete Rolle, da die
Kohlenhydratseitenketten, insbesondere die Neuraminsäuren, in der Regel nicht direkt in
die biologische Funktion von Glykoproteinen involviert sind. Darüber hinaus sind die
Oligosaccharidketten hinreichend lang und flexibel, um eine sterische Zugänglichkeit der
einzelnen funktionell aktiven Proteindomänen auf dem (den) verbrückten Protein(en) zu
gewährleisten. Im Hinblick auf Glykoproteine mit mehreren Glykosylierungsstellen ist es
auch möglich, die Zahl der möglichen Isomeren durch Entfernen oder Zerstören von
Glykosylierungsstellen, die für die Biosynthese unkritisch sind, einzuschränken.
Wie vorstehend erwähnt läßt sich ferner unter anderem durch die Konzentration des
nichtphysiologischen Vorläuferkohlenhydrats im Kultivierungsmedium in Schritt a) die
Stöchiometrie des Einbaus effizient steuern, so daß die Bildung von Homo- oder Hetero-
Dimeren gegenüber der Bildung von Homo- oder Hetero-Oligomeren wirksam beeinflußt
werden kann. Eine weitere diesbezügliche Steuerungsmöglichkeit bietet sich für den
Fachmann durch die Auswahl geeigneter Konzentrationen und Reaktionszeiten und -
bedingungen bei der Verbrückungsreaktion gemäß Schritt b), durch die je nach Wunsch
prozentual mehr über den Kohlenhydratanteil verbrückte Dimere oder Oligomere erhalten
werden können. Ferner lassen sich durch weitere, dem Fachmann geläufige
Verfahrensschritte und -maßnahmen, z. B. durch Gelfiltration oder andere
chromatographische Verfahren, die in Schritt b) erhaltenen Glykokonjugate in die
einzelnen Isomere, d. h., Homo- oder Hetero-Dimere bzw. Homo- oder Hetero-Oligomere
(d. h. Trimere, Tetramere oder größere Konjugate) niedrigeren oder höheren
Molekulargewichts auftrennen.
Wie auch die vorstehend genannte reaktive chemische Gruppe W wird die reaktive
chemische Gruppe W' vorzugsweise ausgewählt aus der Gruppe chemischer Gruppen
bestehend aus Aldehyd-, Keton-, Thiocarboxylat-, Hydrazid-, Aminooxy-,
Thiosemicarbazid-, β-Aminothiol-, α-Halogencarbonyl- und Azidgruppe. Dabei können
die Gruppen W und W' jeweils gleich oder voneinander verschieden sein. Für den Fall, daß
W und W' gleich sind, erfolgt das kovalente Verbrücken gemäß Schritt b) über ein
homobifunktionelles Linkermolekül. Für den Fall, daß W und W' nicht gleich sind, kann
das kovalente Verbrücken sowohl direkt durch Umsetzung von W mit W' erfolgen, als
auch über ein heterobifunktionelles Linkermolekül.
In einer besonders bevorzugten Ausführungsform werden die reaktiven Gruppen W
und/oder W' (im Falle der Verbrückung mit einem oder mehreren anderen
Proteinanteilen) auf einer Neuraminsäure exponiert und sind eine Aldehyd- oder
Ketongruppe. Diese Gruppe wird in diesem Fall vorzugsweise durch metabolische
Umsetzung gemäß Schritt a) des erfindungsgemäßen Verfahrens mit einem
Mannosaminderivat als nicht natürlich vorkommendem Vorläuferkohlenhydrat, das mit
einer aldehyd- oder einer ketonhaltigen Gruppe N-acyliert ist, in das in diesem Schritt
isolierte Glykoprotein eingebracht. Besonders bevorzugt ist in diesem Zusammenhang
peracetyliertes N-Lävulinoyl-D-mannosamin. Die Zellen verstoffwechseln die Substanz
so, daß die neu synthetisierten Glykoproteine die reaktive Gruppe W bzw. W' als Teil von
N-Lävulinoylneuraminsäure(n) exponieren.
Das Verbrücken gemäß Schritt b) erfolgt vorzugsweise unter für Proteine nicht
denaturierenden Reaktionsbedingungen. Auf diese Weise können Glykokonjugate erhalten
werden, die die biologische Aktivität des Proteinanteils beibehalten, die wiederum durch
die kovalente Verbrückung mit weiteren biologisch aktiven Biomolekülen, d. h.
Glykoproteinen, Nukleinsäuren oder Lipiden verstärkt bzw. ergänzt oder moduliert wird.
Für den Fall, daß die Verbrückung gemäß Schritt a) ohne Verwendung eines
Linkermoleküls erfolgt, nehmen die reaktiven chemischen Gruppen W, W' in dem
entstehenden erfindungsgemäßen Glykokonjugat gemeinsam an der Ausbildung einer
Verbrückungsgruppe V teil. Bei Verwendung eines homo- oder heterobifunktionellen
Linkermoleküls reagieren die Gruppen W, W' nicht direkt miteinander, sondern nehmen
jeweils getrennt voneinander an der Ausbildung von Verbrückungsgruppen V, V' teil, die
sie jeweils mit im Linkermolekül vorhandenen reaktiven chemischen Gruppen Z, Z'
bilden.
Bei den Verbrückungsgruppen V bzw. V' handelt es sich vorzugsweise um eine
Hydrazon-, eine Oxim-, eine Thiosemicarbazon-, eine Thiazolidin- oder eine
Thioestergruppe, oder um eine Gruppe der folgenden Formel:
wobei V und V' jeweils gleich oder voneinander verschieden sein können.
Bevorzugte Linkermoleküle im Sinne der Erfindung sind solche der Formel ZLZ', wobei
Z und Z' ausgewählt sind aus der Gruppe chemischer Gruppen bestehend aus Aldehyd-,
Keton-, Thiocarboxylat-, Hydrazid-, Aminooxy-, Thiosemicarbazid-, β-Aminothiol- und
α-Halogencarbonylgruppe sowie der chemischen Gruppe mit der folgenden Formel:
und, wie vorstehend erwähnt, gleich oder verschieden sein können, wobei L die
vorstehend angegebenen Bedeutungen hat. Insbesondere sind bei den in Schritt b)
gegebenenfalls verwendeten homobifunktionellen Linkermolekülen die reaktiven
chemischen Gruppen Z, Z' gleich, während sie bei den gegebenenfalls verwendeten
heterobifunktionellen Linkermolekülen voneinander verschieden sind. Besonders
bevorzugt als homobifunktionelles Linkermolekül gemäß der Erfindung ist 1,4-Bis-
(hydroxyamino)ethan, 1,4-Bis-(hydroxyamino)propan oder 1,4-Bis-(hydroxyamino)butan,
wobei das zuletzt genannte Linkermolekül besonders bevorzugt ist.
Der Fachmann ist ohne weiteres in der Lage, geeignete reaktive chemische Gruppen W,
W' bzw. Z, Z' zur Bildung der Verbrückungsgruppen V, V' auszuwählen. Für die
selektive chemische Kopplung bzw. Verbrückung kommen die unterschiedlichsten
reaktiven Gruppen W, W', Z, Z' in Frage. Vorzugsweise werden die Gruppen W, W', Z,
Z' so ausgewählt, daß ihre Umsetzung spezifisch zur Verbrückung führt, und daß unter
den gewählten Bedingungen der Proteinanteil (bzw. im Falle der Verbrückung mit
demselben oder einem weiteren Glykoprotein, die Proteinanteile) nicht irreversibel
denaturiert wird (werden) und dadurch die biologische Funktion verlorengeht oder
beeinträchtigt wird. Eine Übersicht derzeit bekannter und bevorzugter Reaktionen, welche
die genannten Kriterien erfüllen und entsprechend bevorzugte Kombinationen reaktiver
chemischer Gruppen im Sinne der Erfindung darstellen, ist in Fig. 1 gegeben. Auf der
Grundlage dieser Beispiele und seines Fachwissens ist der Fachmann ohne weiteres in der
Lage, im Sinne der vorliegenden Erfindung geeignete Gruppen W, W', Z, Z'
auszuwählen.
Fig. 2 ist eine beispielhafte schematische Darstellung der Verbrückung gemäß Schritt a)
des erfindungsgemäßen Verfahrens isolierter Glykoproteinmonomere. Wie vorstehend
erwähnt können die Monomere beispielsweise zu Homooligomeren oder zwei
verschiedene Glykoproteine zu Heterooligomeren (im Falle von Fig. 2 zu Homo- bzw.
Heterodimeren) verknüpft werden. Die Verknüpfung kann dabei direkt über die chemisch
reaktiven Gruppen W, W' erfolgen (Fig. 2a). Eine Alternative hierzu ist die indirekte
Verknüpfung der reaktiven Gruppen W und W' über homo- oder heterobifunktionellen
Linkermoleküle (Fig. 2b bzw. 2c), wobei diese Verbrückungsmoleküle, wie vorstehend
erwähnt, selbst biologisch aktiv sein können. Die Kombinationen reaktiver chemischer
Gruppen gemäß Fig. 2 sind ebenso geeignet für die Verbrückung von gemäß Schritt a)
des erfindungsgemäßen Verfahrens hergestellter Glykoproteine mit Nukleinsäuren oder
Lipiden, die die entsprechenden reaktiven Gruppen tragen.
Wie sich aus den vorstehenden Erläuterungen ergibt, bietet das erfindungsgemäße
Verfahren eine Reihe von Vorteilen. So können die verschiedensten Glykoproteine nach
dem Baukastenprinzip miteinander oder mit anderen biologisch aktiven Molekülen
verknüpft und dadurch unterschiedliche biologische Funktionen miteinander kombiniert
werden.
Die Verbrückung über die Kohlenhydratkette des Proteinanteils bzw. der Proteinanteile
der erfindungsgemäßen Glykokonjugate stellt dabei eine ideale Verbindung der
verschiedenen durch die verbrückten Moleküle verkörperten Funktionen dar, da die darin
enthaltenen Oligosaccharide extrem flexibel und wenig oder überhaupt nicht immunogen
sind und in der Regel keine unspezifische Adsorption verursachen. Da die
Kohlenhydratanteile durch die metabolische Einführung reaktiver Gruppen gemäß Schritt
a) nur geringfügig modifiziert werden und hinreichend lang sind, können beispielsweise
zwei Proteine miteinander verknüpft werden, ohne das ihre jeweilige Funktion maßgeblich
beeinträchtigt wird. Ferner kann man auf bereits etablierte Verfahren zur Isolierung bzw.
Reinigung des zu verknüpfenden Glykoproteins bzw. der zu verknüpfenden
Glykoproteine zurückgreifen.
Beispiele bevorzugter Ausführungsformen der Erfindung sind unter anderem über ihren
Kohlenhydratanteil verbrückte, multifunktionelle Antikörper. Mit Hilfe
molekularbiologischer Techniken ist es heutzutage ohne weiteres möglich,
"minimalisierte" Proteine herzustellen, d. h. Proteinfragmente beziehungsweise einzelne
Domänen von Proteinen, die die Funktionalität des Gesamtproteins beibehalten haben,
oder bei Proteinen mit mehreren Funktionen eine dieser Funktionen isoliert aufweisen. Ein
Beipiel hierfür sind sogenannte "single-chain antibody fragments", die erheblich kleiner
sind als die natürlich vorkommenden Antikörpermoleküle. Der Nachteil der
rekombinanten Herstellung solcher Proteine besteht jedoch darin, daß diese Moleküle in
vivo aufgrund ihrer geringen Größe sehr schnell durch renale Filtration aus der
Blutzirkulation entfernt werden und somit für eine therapeutische Funktion nicht mehr zur
Verfügung stehen.
Das erfindungsgemäße Verfahren bietet diesbezüglich die Möglichkeit, entsprechende
rekombinante Proteinfragmente, etwa die genannten "single-chain antibody fragments",
über ihren Kohlenhydratanteil zu oligomerisieren. Hierzu werden Proteinfragmente, die
beispielsweise eine N-Glykosylierungstelle der Sequenz Asn-X-Ser/Thr besitzen, in
Säugerzellen in Anwesenheit beispielsweise von N-Lävulinoylmannosamin rekombinant
hergestellt, wodurch die so hergestellten Glykoproteinfragmente reaktive Ketongruppen
in ihrem Kohlenhydratanteil aufweisen. Nach der Isolierung gemäß Schritt a) des
erfindungsgemäßen Verfahrens können diese Glykoproteinfragmente dann gemäß Schritt
b) durch Verbrückung zu größeren Oligomereinheiten kovalent verknüpft werden.
Hierdurch werden die Moleküle zum einen größer und entsprechend nicht mehr so schnell
durch renale Filtration aus der Blutzirkulation entfernt. Zum anderen können etwa im
Falle von verbrückten Antikörperfragmenten die entstandenen Oligomere durch die
erhöhte Avidität ihrer Bindung wesentlich effizienter an antigene Strukturen binden als
einzelne "single-chain fragments".
Ein weiteres Problem von Antikörpern und rekombinanten Fragmenten bei "in vivo"
Anwendungen stellt häufig die mangelnde Spezifität dar. Da eine bestimmte antigene
Struktur nicht nur auf einem Zelltyp vorhanden ist, binden die Antikörper an eine Vielzahl
von Zellen. Die Spezifität kann jedoch erheblich verbessert werden, indem zum Beispiel
heterospezifische Antikörper des IgG-Typs eingesetzt werden, die an zwei verschiedene
Epitope auf einer Zelle binden können. Während diese Antikörper bisher in einem
aufwendigen und langwierigen Verfahren hergestellt werden müssen, erlaubt die
Verbrückungstechnologie der vorliegenden Erfindung einen einfachen Zugang zu
Heterooligomeren, nämlich über ihren Kohlenhydratanteil kovalent verbrückte
Heterooligomere, deren individuelle stöchiometrische Zusammensetzung gezielt gewählt
werden kann. Hierdurch können in einfacher Weise maßgeschneiderte
Antikörpermoleküle mit den gewünschten Bindungseigenschaften hergestellt werden.
Bei Fehlen von Glykosylierungsmotiven in der natürlichen Aminosäuresequenz können
z. B. entsprechend der WO 98/49198 auch Minimalantikörper mit einer artifiziellen
Glykosylierungsstelle versehen werden. Diese können dann mittels metabolischen Einbaus
gemäß Schritt a) des erfindungsgemäßen Verfahrens eingeführte reaktive chemische
Gruppen mit sich selbst oder mit anderen so hergestellten Minimalantikörpern verknüpft
werden. Daraus ergeben sich erfindungsgemäße Oligomerkonjugate mit
maßgeschneiderten Bindungseigenschaften.
Ein weiteres Anwendungsgebiet der Erfindung sind Polypeptidhormone. Viele Proteine
oder Polypeptide mit hormoneller Wirkung, die natürlicherweise im Körper vorkommen,
werden rasch durch renale Filtration aus der Blutzirkulation entfernt. Hierzu zählen
Proteine aus der Gruppe der Interleukine, Interferone und der Wachstumshormone. Um
mit diesen Proteinen jedoch einen therapeutischen Effekt im Sinne einer
pharmakologischen Anwendung zu erzielen, ist es häufig wünschenswert, über einen
längeren Zeitraum eine erhöhte Konzentration im Serumspiegel zu erzielen. Ein Beispiel
hierfür stellt humanes rekombinantes EPO dar, das als Monomer eine relativ kurze
Halbwertszeit im Blut aufweist. In der US-PS 5,919,758 wird ein EPO-Dimer
beschrieben, welches durch "cross-linking" über Aminosäureseitenketten eine verlängerte
Verweildauer in der Blutzirkulation und damit eine erhöhte biologische Wirksamkeit
besitzt.
Das erfindungsgemäße Verfahren bietet hier eine einfache Alternative. So können
erfindungsgemäß Polypeptidhormone durch die Verbrückung über ihren
Kohlenhydratanteil zu erfindungsgemäßen Glykokonjugaten di- oder oligomerisiert
werden, so das hochspezifische und äußerst aktive Therapeutika mit vorteilhafter
Pharmakokinetik entstehen. Ein Beispiel eines bevorzugten erfindungsgemäßen
Glykokonjugats ist ein Homo-Dimer von Erythropoietin, das gegenüber dem monomeren
Polypeptid eine verbesserte Pharmakokinetik aufweist.
Auch bei anderen kleinen Glykoproteinen kann durch Di- oder Oligomerisierung gemäß
dem erfindungsgemäßen Verbrückungsverfahren die kritische minimale Grösse
überschritten werden, so daß sie nicht durch renale Filtration aus der Blutzirkulation
entfernt werden und damit eine verbesserte Pharmakokinetik aufweisen.
Ein weiteres Problem, das beim therapeutischen Einsatz von Polypeptidhormonen häufig
auftritt, liegt darin, daß mehrere verschiedene Polypeptidhormonmoleküle gleichzeitig an
ihren Rezeptor auf der Zelloberfläche binden müssen, um eine spezifische zelluläre
Signalkaskade und somit einen bestimmten biologischen Effekt auszulösen. Beispiele
hierfür sind die Colony Stimulating Factor- und Interleukin-1 (IL-1)-abhängige
Proliferation von Microgliazellen, oder die Differenzierung von hematopoetischen
Vorläuferzellen durch GM-CSF und IL-3. Es kann daher vorteilhaft sein, Funktionen
verschiedener Polypeptidhormone in einem Molekül zu vereinigen. Das erfindungsgemäße
Verfahren erlaubt diesbezüglich das einfache kovalente Verbrücken von zwei oder
mehreren verschiedenen glykosylierten Polypeptidhormonen über ihren
Kohlenhydratanteil. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, ein spezifisches
Linkermolekül, zum Beispiel ein mit geeigneten reaktiven Gruppen versehenes
Steroidhormon, zu verwenden, das selbst hormonelle Wirkung besitzt. Auf diese Weise
können hochspezifische und äußerst aktive chimäre Therapeutika hergestellt werden.
Beispiele solcher vorteilhafter erfindungsgemäßer chimärer Konjugate sind solche, bei
denen ein GM-CSF-Polypeptid mit einem IL-2- oder IL-3-Polypeptid über reaktive
chemische Gruppen verbrückt ist, die gemäß dem erfindungsgemäßen Verfahren in ihren
Kohlenhydratanteil eingeführt wurden.
Gemäß dem erfindungsgemäßen Verfahren lassen sich auch virale Hüllproteine bzw.
ganze Viruspartikel herstellen und isolieren, die in ihrem Kohlenhydratanteil reaktive
chemische Gruppen aufweisen und dann im Verbrückungsschritt sehr einfach mit einem
"Target"-Protein oder einem anderen "Target"-Molekül, z. B. einer Nukleinsäure oder
einem Lipid bzw. einer Micelle verknüpft werden können. Für eine Vielzahl von
Anwendungen sind in den letzten Jahren virale Expressionsvektoren entwickelt worden,
mit denen genetische Information effizient in Zellen eingebracht werden kann. Hierbei
stellt die zielgerichtete Infektion von Zellen jedoch immer noch ein Problem dar, wobei
bestimmte Zelltypen entweder überhaupt nicht infiziert werden können oder die Viren
eine sehr breite Spezifität haben, was vor allem in vivo zu einer nicht kontrollierbaren
Ausbreitung der Infektion führt. Um dieses Problem zu lösen wurden zum Beispiel Alpha-
Viren hergestellt, die modifizierte Hüllproteine aufweisen und Protein G auf der
Virusoberfläche exponieren. An dieses Protein können nun über den Fc-Teil beliebige
Antikörper an das Virus gebunden werden, welche dann zu einem zielgerichteten Befall
von bestimmten Zelltypen führen. Während die beschriebene Technik derzeit nur für
Alpha-Viren einsetzbar ist, können mit Hilfe des erfindungsgemäßen Verfahrens die
Oberflächen sämtlicher Viren zielgerichtet modifiziert werden, die in ihrer Hülle
Glykoproteine besitzen. Hierzu werden die Viren in einer Zelllinie in Kultur beispielsweise
in Anwesenheit von N-Lävulinoylmannosamin hergestellt. Anschließend werden die
Viruspartikel isoliert und mit einem geeigneten erfindungsgemäßen Linkermolekül und
einem Überschuß des gewünschten "Target"-Glykoproteins, das beispielsweise ebenfalls
N-Lävulinoylneuraminsäuren aufweist, umgesetzt. Auf diese Weise kann jedes beliebige
Zielglykoprotein auf eine Virusoberfläche aufgebracht werden. Ist das "Target"-
Glykoprotein zum Beispiel ein Antikörper, der bestimmte antigene Strukturen auf einer
Krebszelle erkennt, können Viruspartikel hergestellt werden, die bevorzugt Krebszellen
befallen. Es ist erfindungsgemäß auch möglich, einen Liganden auf dem Virus-Partikel zu
immobilisieren, für den nur ganz bestimmte Zellen einen Rezeptor besitzen, so das nur
diese Zellen von dem Virus befallen werden. Solche Konjugate sind auch als
hochspezifische Fähren für den Transfer von in Virus-Partikeln verpackter Nukleinsäuren
etwa zum Zwecke der Transfektion von Zellen oder Geweben bzw. für die Gentherapie
geeignet.
Ferner kann man gemäß einer bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen
Verfahrens die Verbrückung gemäß Schritt b) mit einem Lipid unter Bedingungen
durchführen, die unterhalb der kritischen micellaren Konzentration des betreffenden
Lipids liegt. Nach der Verbrückungsreaktion kann dann die Konzentration des
betreffenden Lipids erhöht bzw. weitere Lipide zugegeben werden, so daß sich Micellen
bilden, in die die gebildeten Glykokonjugate mit ihrem Lipidanteil eingebaut werden.
Vorzugsweise werden die Bedingungen dabei so gewählt, daß der Proteinanteil der in den
Micellen enthaltenen Glykokonjugate nach außen weist. Die Glykokonjugate enthaltenden
Micellen enthalten vorzugsweise biologisch bzw. pharmazeutisch aktive Substanzen, z. B.
Toxine, RNA oder DNA oder cytostatische oder cytotoxische Wirkstoffe. Der nach
außen weisende Proteinanteil der in den Micellen enthaltenen Glykokonjugate wird dabei
ferner vorzugsweise so gewählt, dass er eine gewisse Zell- oder Gewebsspezifität
aufweist. Auf diese Weise lassen sich zell- bzw. gewebsspezifische Transportreagenzien
auf der Basis von Micellen herstellen, die beispielsweise für die Transfektion von Zellen
oder für die Tumor- oder Gentherapie geeignet sind.
Die erfindungsgemäßen Glykokonjugate eignen sich insbesondere zur Verwendung als
wirksame Medikamente bzw. zu deren Formulierung. Entsprechend betrifft die
vorliegende Erfindung auch eine pharmazeutische Zusammensetzung, die einen Anteil an
einem oder mehreren der erfindungsgemäßen Glykokonjugate enthält. Die
Glykokonjugate liegen in den pharmazeutischen Zusammensetzungen der Erfindung
vorzugsweise in einer Form vor, die an die jeweilige Darreichungsform angepaßt ist, und
werden gegebenenfalls in ein diesbezüglich geeignetes Salz oder Derivat überführt. Die
pharmazeutischen Zusammensetzungen der Erfindung können ferner geeignete
pharmazeutisch verträgliche Trägerstoffe bzw. andere Zusatzstoffe enthalten.
Zu einer Lösung von 2,85 ml Lävulinsäure (27,8 mmol) in 77 ml wasserfreiem
Tetrahydrofuran werden 4,2 ml Triethylamin (30,2 mmol) gegeben. Die Mischung wird
anschließend 30 min unter Stickstoffatmosphäre gerührt. Dann werden tropfenweise 3,31 ml
Isobutylchlorformat (25,5 mmol) zugegeben. Anschließend wird der Ansatz 3 h bei RT
gerührt, wobei sich ein weißer Niederschlag aus Lävulinoylisobutylcarbonsäureanhydrid
bildet. Zur Umsetzung mit Mannosamin werden 5 g Mannosaminhydrochlorid (23 mmol)
in 154 ml eines Gemisches aus Wasser und Tetrahydrofuran (5 : 4) gegeben, mit 3,6 ml
Triethylamin (25,5 mmol) versetzt und 5 min gerührt. Anschließend wird dem
Reaktionsgemisch tropfenweise das aufgeschlämmte Lävulinoylisobutylcarbonsäure
anhydrid zugesetzt und der Ansatz 24 h gerührt. Das Lösungsmittel wird anschließend im
Vakuum abgezogen.
Zur Peracetylierung werden 100 mg des entstandenen N-Lävulinoylmannosamins (0,38 mmol)
in 8 ml Pyridin gelöst und mit 4 ml Essigsäureanhydrid (44 mmol) und einer
katalytischen Menge an 4-Dimethylaminopyridin versetzt. Das Reaktionsgemisch wird auf
0°C gekühlt und 12 h gerührt. Nach Erwärmen auf Raumtemperatur werden 100 ml
Dichlormethan zugesetzt. Die organische Phase wird dann dreimal mit je 50 ml 1 M HCl,
einmal mit 50 ml gesättigter Natriumbicarbonatlösung und einmal mit 50 ml 1 M
Natriumchloridlösung gewaschen. Die organische Phase wird mit Natriumsulfat
getrocknet und dann im Vakuum konzentriert. Das Rohprodukt wird anschließend durch
Chromatographie an Silicagel gereinigt.
Zur Gewinnung von N-Lävulinoylneuraminsäure-haltigem EPO werden stabil mit einem
EPO-Expressionsvektor transfizierte CHO-Zellen in RPMI-Medium bis zu einer Dichte
von 1 × 106 Zellen pro ml Kulturmedium in einer Spinner-Apparatur kultiviert.
Anschließend werden 400 µl/100 ml Kulturmedium einer Lösung von peracetyliertem N-
Lävulinoylmannosamin in einem Gemisch aus Ethanol und DMSO (10 : 1) zugesetzt, so
daß die entstehende Lösung 0,5 mM N-Lävulinoylmannosamin enthält. Nach 6 h wird das
Medium gewechselt, wobei die Zellen durch Zentrifugation abgetrennt und in Medium,
das peracetyliertes N-Lävulinoylmannosamin enthält (0,5 mM), auf eine Dichte von 1 ×
106 Zellen pro ml Kulturmedium eingestellt werden. Nach vier Tagen Kultur bei 37°C
unter 5% CO2 Atmospäre werden die Zellen durch Zentrifugation abgetrennt und die das
sezernierte rekombinante EPO enthaltenden Kulturüberstände gesammelt.
Die vereinigten Kulturüberstände aus Beispiel 2 werden bei 10.000 × g zentrifugiert. Die
partikelfreie Lösung wird dann mit einer Flußrate von 0,5 ml/min auf eine
Immunaffinitätssäule (3 × 1,8 cm), die einen kovalent gebundenen monoklonalen anti-
EPO Antikörper enthält, gegeben. Anschließend wird die Säule mit 5 Säulenvolumen PBS
gewaschen. Das gebundene EPO wird in einem Säulenvolumen mit 100 mM Glycin/HCl
bei pH 2,9 eluiert. Das Eluat wird sofort durch Zugabe von 1 M TRIS pH 7,4
neutralisiert. Das Eluat wird dann erschöpfend gegen PBS dialysiert und in
Ultrafiltrationsröhrchen (Centricon 30, Amicon) aufkonzentriert.
Zum Verbrücken der EPO-Monomeren werden 2 ml der Proteinlösung (1 mg/ml EPO in
PBS) mit 1,4-Bis-(Hydroxyamino)butan (2 mmol) versetzt. Der Ansatz wird 2 h bei RT
inkubiert. Zum Abtrennen der nicht umgesetzten Linkermoleküle und zur Auftrennung
der entstandenen verbrückten Oligomere, die aus einer, zwei oder mehreren EPO-
Einheiten bestehen, wird eine Gelfiltration durchgeführt. Hierzu wird eine Sephacryl-
Säule (Pharmacia) mit PBS als Laufmittel eingesetzt. Von dem Reaktionsgemisch werden
0,5 ml bei einer Flußrate von 0,5 ml/min aufgetragen. Das Eluat wird in 1 ml Fraktionen
gesammelt. Die so erhaltenen Protein-Fraktionen werden dann mittels SDS-PAGE mit
nachfolgender Coomassie-Färbung untersucht, um die Fraktionen zu identifizieren, in
denen die EPO-Dimeren enthalten sind.
Claims (31)
1. Glykokonjugat, bei dem ein Proteinanteil über eine Kohlenhydratkette mit einem
weiteren Proteinanteil, einer Nukleinsäure oder einem Lipid bzw. einer Micelle
kovalent verbrückt ist, wobei die Verbrückung über eine im Kohlenhydratanteil von
Glykoproteinen natürlicherweise nicht vorkommende und an einen
Neuraminsäurerest, einen Galactosaminrest oder einen Glucosaminrest der
Kohlenhydratkette gekoppelte chemische Gruppe erfolgt.
2. Glykokonjugat nach Anspruch 1, wobei das Glykokonjugat in gereinigter Form
vorliegt.
3. Glykokonjugat nach Anspruch 1 oder 2, wobei die chemische Gruppe über ein
Stickstoffatom an den Neuraminsäurerest, den Galactosaminrest oder den
Glucosaminrest gekoppelt ist.
4. Glykokonjugat nach einem der Ansprüche 1 bis 3, wobei die chemische Gruppe
ausgewählt ist aus der Gruppe chemischer Gruppen bestehend aus Aldehyd-, Keton-,
Thiocarboxylat-, Hydrazid-, Aminooxy-, Thiosemicarbazid-, β-Aminothiol-, α-
Halogencarbonyl- und Azidgruppe.
5. Glykokonjugat nach einem der Ansprüche 1 bis 4, bei dem die an den
Neuraminsäurerest, den Galactosaminrest oder den Glucosaminrest gekoppelte
chemische Gruppe an der Ausbildung einer Verbrückungsgruppe V teilnimmt, die
unter für Proteine nicht denaturierenden Reaktionsbedingungen gebildet werden
kann.
6. Glykokonjugat nach Anspruch 5, bei dem es sich bei der Verbrückungsgruppe V um
eine Hydrazon-, eine Oxim-, eine Thiosemicarbazon-, eine Thiazolidin- oder eine
Thioestergruppe handelt, oder um eine Gruppe der folgenden Formel:
7. Glykokonjugat nach Anspruch 5 oder 6, bei dem die Kohlenhydratkette ferner eine
Linkergruppe L umfaßt, die über die Verbrückungsgruppe V mit einem
Monosaccharidbaustein der Kohlenhydratkette verbunden ist, und über eine
Verbrückungsgruppe V' mit dem weiteren Proteinanteil, der Nukleinsäure oder dem
Lipid verbunden ist, wobei V' die gleichen Bedeutungen wie V annehmen kann und
V und V' jeweils gleiche oder voneinander verschiedene Verbrückungsgruppen sein
können.
8. Glykokonjugat nach Anspruch 7, bei dem es sich bei der Linkergruppe L um eine
säurespaltbare Linkergruppe handelt.
9. Glykokonjugat nach Anspruch 7 oder 8, bei dem die Linkergruppe L eine biologisch
aktive Gruppe ist.
10. Glykokonjugat nach Anspruch 9, wobei die Linkergruppe L ein Toxin oder ein
Steroid ist.
11. Glykokonjugat nach einem der Ansprüche 7 bis 10, wobei die Linkergruppe L eine
lineare oder cyclische, unverzweigte oder verzweigte, gesättigte oder ein oder
mehrfach ungesättigte und gegebenenfalls einfach oder mehrfach durch Fluor, Chlor,
Brom, Jod, oder einen Hydroxy-, Epoxy-, Carbonyl-, Carboxyl-, Amino-, Mercaptan-,
Phenyl-, Phenol-, oder Benzylrest substituierte Gruppe mit 2 bis 18 C-Atomen
bedeutet.
12. Glykokonjugat nach einem der Ansprüche 1-11, das folgende allgemeine Formel
aufweist:
wobei
P einen Mono-, Di- oder Oligosaccharidrest mit bis zu 40 glykosidisch miteinander verknüpften, gegebenenfalls verzweigten Zuckerresten bedeutet, die Furanose- und/oder Pyranoseringe darstellen und 5 bis 230 C-Atome enthalten und N- oder O-glykosidisch an den Proteinanteil des Glykokonjugats gebunden sind;
R1 ein Rest der allgemeinen Formel AVBX ist, in dem
A einen linearen oder cyclischen, unverzweigten oder verzweigten, gegebenenfalls einfach oder mehrfach ungesättigten, hydroxylierten und/oder ketylierten (C2-C6)-Acylrest, insbesondere einen (C2-C6)-Alkanoylrest bedeutet, oder einen linearen oder cyclischen, unverzweigten oder verzweigten, gegebenenfalls einfach oder mehrfach ungesättigten, hydroxylierten und/oder ketylierten (C2-C6)-Hydrocarbylrest, insbesondere einen (C2-C6)-Alkyl, -Alkenyl- oder -Alkinylrest;
V die vorstehend angegebene Bedeutung hat;
B einen Mono-, Di- oder Oligosaccharidrest mit bis zu 40 glykosidisch miteinander verknüpften, gegebenenfalls verzweigten Zuckerresten bedeutet, die Furanose- und/oder Pyranoseringe darstellen und 5 bis 230 C-Atome enthalten, und N- oder O-glykosidisch an X gebunden ist; und
X ein weiterer Proteinanteil ist;
oder ein Rest der allgemeinen Formel AVLV'BX ist, in dem
A, V, V', L, B und X die vorstehend angegebenen Bedeutungen haben;
oder ein Rest der allgemeinen Formel AVX' oder AVLV'X' ist, in dem
A, V, V' und L die vorstehend angegebenen Bedeutungen haben, und
X' eine Nukleinsäure oder ein Lipid bzw. eine Micelle ist;
und
R2, R3, R4 und R5, die gleich oder verschieden sein können, jeweils ein Wasserstoffatom, einen linearen oder verzweigten Alkylrest mit 1 bis 20 Kohlenstoffatomen (CnH2n+2, n = 1 bis 20); einen linearen oder verzweigten Alkenylrest mit 3 bis 20 Kohlenstoffatomen (CnH2n, n = 3 bis 20, Position der Doppelbindung an Cn n = 2 bis 19); einen linearen oder verzweigten Alkinylrest mit 3 bis 20 Kohlenstoffatomen (CnH2n-2, n = 3 bis 20, Position der Dreifachbindung an Cn n = 2 bis 19); einen Alkenyl- bzw. Alkinylrest mit 2 oder mehr Doppelbindungen bzw. Dreifachbindungen mit 4 bis 20 Kohlenstoffatomen; einen Arylrest mit 6 bis 20 Kohlenstoffatomen; einen linearen oder verzweigten, gesättigten oder ein- oder mehrfach ungesättigten Acylrest (-CO-R6) mit insgesamt 1 bis 20 Kohlenstoffatomen einschließlich seiner ein- oder mehrfach hydroxylierten Analoga; einen Aroylrest mit 6 bis 20 Kohlenstoffatomen; einen Carbonylamidrest der Formel -CONH2 oder -CONHR6; einen linearen oder verzweigten, gesättigten oder ein- oder mehrfach ungesättigten Thioacylrest (- CS-R6) mit insgesamt 1 bis 20 Kohlenstoffatomen; oder einen Thiocarbamidrest der Formel -CS-NH2 oder -CS-NHR6 bedeuten; wobei R6 jeweils für ein Wasserstoffatom oder einen linearen oder verzweigten, gesättigten oder ein- oder mehrfach ungesättigten Alkylrest mit 1 bis 20 Kohlenstoffatomen steht und jeder der vorgenannten Reste außer H gegebenenfalls ein- oder mehrfach substituiert sein kann durch Halogen-, Hydroxy-, Epoxy-, Amino-, Mercaptan-, Phenyl-, Phenol- oder Benzylgruppen.
wobei
P einen Mono-, Di- oder Oligosaccharidrest mit bis zu 40 glykosidisch miteinander verknüpften, gegebenenfalls verzweigten Zuckerresten bedeutet, die Furanose- und/oder Pyranoseringe darstellen und 5 bis 230 C-Atome enthalten und N- oder O-glykosidisch an den Proteinanteil des Glykokonjugats gebunden sind;
R1 ein Rest der allgemeinen Formel AVBX ist, in dem
A einen linearen oder cyclischen, unverzweigten oder verzweigten, gegebenenfalls einfach oder mehrfach ungesättigten, hydroxylierten und/oder ketylierten (C2-C6)-Acylrest, insbesondere einen (C2-C6)-Alkanoylrest bedeutet, oder einen linearen oder cyclischen, unverzweigten oder verzweigten, gegebenenfalls einfach oder mehrfach ungesättigten, hydroxylierten und/oder ketylierten (C2-C6)-Hydrocarbylrest, insbesondere einen (C2-C6)-Alkyl, -Alkenyl- oder -Alkinylrest;
V die vorstehend angegebene Bedeutung hat;
B einen Mono-, Di- oder Oligosaccharidrest mit bis zu 40 glykosidisch miteinander verknüpften, gegebenenfalls verzweigten Zuckerresten bedeutet, die Furanose- und/oder Pyranoseringe darstellen und 5 bis 230 C-Atome enthalten, und N- oder O-glykosidisch an X gebunden ist; und
X ein weiterer Proteinanteil ist;
oder ein Rest der allgemeinen Formel AVLV'BX ist, in dem
A, V, V', L, B und X die vorstehend angegebenen Bedeutungen haben;
oder ein Rest der allgemeinen Formel AVX' oder AVLV'X' ist, in dem
A, V, V' und L die vorstehend angegebenen Bedeutungen haben, und
X' eine Nukleinsäure oder ein Lipid bzw. eine Micelle ist;
und
R2, R3, R4 und R5, die gleich oder verschieden sein können, jeweils ein Wasserstoffatom, einen linearen oder verzweigten Alkylrest mit 1 bis 20 Kohlenstoffatomen (CnH2n+2, n = 1 bis 20); einen linearen oder verzweigten Alkenylrest mit 3 bis 20 Kohlenstoffatomen (CnH2n, n = 3 bis 20, Position der Doppelbindung an Cn n = 2 bis 19); einen linearen oder verzweigten Alkinylrest mit 3 bis 20 Kohlenstoffatomen (CnH2n-2, n = 3 bis 20, Position der Dreifachbindung an Cn n = 2 bis 19); einen Alkenyl- bzw. Alkinylrest mit 2 oder mehr Doppelbindungen bzw. Dreifachbindungen mit 4 bis 20 Kohlenstoffatomen; einen Arylrest mit 6 bis 20 Kohlenstoffatomen; einen linearen oder verzweigten, gesättigten oder ein- oder mehrfach ungesättigten Acylrest (-CO-R6) mit insgesamt 1 bis 20 Kohlenstoffatomen einschließlich seiner ein- oder mehrfach hydroxylierten Analoga; einen Aroylrest mit 6 bis 20 Kohlenstoffatomen; einen Carbonylamidrest der Formel -CONH2 oder -CONHR6; einen linearen oder verzweigten, gesättigten oder ein- oder mehrfach ungesättigten Thioacylrest (- CS-R6) mit insgesamt 1 bis 20 Kohlenstoffatomen; oder einen Thiocarbamidrest der Formel -CS-NH2 oder -CS-NHR6 bedeuten; wobei R6 jeweils für ein Wasserstoffatom oder einen linearen oder verzweigten, gesättigten oder ein- oder mehrfach ungesättigten Alkylrest mit 1 bis 20 Kohlenstoffatomen steht und jeder der vorgenannten Reste außer H gegebenenfalls ein- oder mehrfach substituiert sein kann durch Halogen-, Hydroxy-, Epoxy-, Amino-, Mercaptan-, Phenyl-, Phenol- oder Benzylgruppen.
13. Glykokonjugat nach Anspruch 12, bei dem die Reste R2, R3, R4 und R5 jeweils für ein
Wasserstoffatom, CH3 oder (C1-C7)-Acyl stehen, insbesondere Acetyl, einschließlich
seiner ein- oder mehrfach hydroxylierten Analoga.
14. Glykokonjugat nach Anspruch 12 oder 13, bei dem A zusammen mit der chemischen
Gruppe, die an der Ausbildung der Verbrückungsgruppe V teilnimmt, und/oder
zusammen mit der chemische Gruppe, die an der Ausbildung der
Verbrückungsgruppe V' teilnimmt, einen Lävulinoylrest bildet.
15. Verfahren zur Herstellung von Glykokonjugaten, umfassend folgende Schritte:
- a) Kultivieren eukaryontischer Zellen in Anwesenheit eines nichtphysiologischen Vorläuferkohlenhydrats, das geeignet ist, eine dort natürlicherweise nicht vorkommende und an einen Neuraminsäurerest, einen Galactosaminrest oder einen Glucosaminrest gekoppelte erste reaktive chemische Gruppe W in den Kohlenhydratanteil von Glykoproteinen der Zellen einzuführen, und Isolieren eines von den kultivierten Zellen exprimierten Glykoproteins, das die genannte chemische Gruppe W in seinem Kohlenhydratanteil aufweist;
- b) kovalentes Verbrücken des gemäß Schritt a) isolierten Glykoproteins mittels der genannten chemischen Gruppe W mit dem Kohlenhydratanteil eines Glykoproteins, mit einer Nukleinsäure oder einem Lipid, über eine dort natürlicherweise nicht vorkommende weitere reaktive chemische Gruppe W'.
16. Verfahren nach Anspruch 15, wobei die eukaryontischen Zellen ausgewählt sind aus
der Gruppe von Zellen bestehend aus NIH3T3-Zellen, COS-Zellen, BHK-Zellen,
HeLa-Zellen, HEK293-Zellen, CHO-Zellen und SF9-Zellen.
17. Verfahren nach Anspruch 15 oder 16, wobei die chemische Gruppe W über ein
Stickstoffatom an einen Neuraminsäurerest, einen Galactosaminrest oder einen
Glucosaminrest im Kohlenhydratanteil des gemäß Schritt a) isolierten Glykoproteins
gekoppelt ist.
18. Verfahren nach einem der Ansprüche 15 bis 17, wobei die kovalente Verbrückung
gemäß Schritt b) mit dem Kohlenhydratanteil eines Glykoproteins erfolgt.
19. Verfahren nach Anspruch 18, wobei die chemische Gruppe W' über ein
Stickstoffatom an einen Neuraminsäurerest, einen Galactosaminrest oder einen
Glucosaminrest im Kohlenhydratanteil des Glykoproteins gekoppelt ist.
20. Verfahren nach einem der Ansprüche 15 bis 20, wobei die chemischen Gruppen W
und W' jeweils ausgewählt sind aus der Gruppe chemischer Gruppen bestehend aus
Aldehyd-, Keton-, Thiocarboxylat-, Hydrazid-, Aminooxy-, Thiosemicarbazid-, β-
Aminothiol-, α-Halogencarbonyl- und Azidgruppe, und gleich oder voneinander
verschieden sein können, wobei für den Fall, daß W und W' gleich sind, das
kovalente Verbrücken über ein homobifunktionelles Linkermolekül erfolgt, und
wobei für den Fall, daß W und W' nicht gleich sind, das kovalente Verbrücken
gegebenenfalls über ein heterobifunktionelles Linkermolekül erfolgt.
21. Verfahren nach einem der Ansprüche 15 bis 20, bei dem die chemischen Gruppen W
und W' nach dem kovalenten Verbrücken gemeinsam an der Ausbildung einer
Verbrückungsgruppe V oder jeweils getrennt voneinander an der Ausbildung von
Verbrückungsgruppen V, V' teilnehmen, und das Verbrücken unter für Proteine nicht
denaturierenden Reaktionsbedingungen durchgeführt wird.
22. Verfahren nach einem der Ansprüche 15 bis 21, bei dem es sich bei der
Verbrückungsgruppe V bzw. V' um eine Hydrazon-, eine Oxim-, eine
Thiosemicarbazon-, eine Thiazolidin- oder eine Thioestergruppe handelt, oder um
eine Gruppe der folgenden Formel:
23. Verfahren nach einem der Ansprüche 15 bis 22, bei dem das kovalente Verbrücken
über ein Linkermolekül der Formel ZLZ' erfolgt,
wobei
Z und Z' ausgewählt sind aus der Gruppe chemischer Gruppen bestehend aus Aldehyd-, Keton-, Thiocarboxylat-, Hydrazid-, Aminooxy-, Thiosemicarbazid-, β-Aminothiol- und α-Halogencarbonylgruppe sowie der chemischen Gruppe mit der folgenden Formel:
und gleich oder verschieden sein können; und
L die vorstehend angegebenen Bedeutungen annehmen kann.
wobei
Z und Z' ausgewählt sind aus der Gruppe chemischer Gruppen bestehend aus Aldehyd-, Keton-, Thiocarboxylat-, Hydrazid-, Aminooxy-, Thiosemicarbazid-, β-Aminothiol- und α-Halogencarbonylgruppe sowie der chemischen Gruppe mit der folgenden Formel:
und gleich oder verschieden sein können; und
L die vorstehend angegebenen Bedeutungen annehmen kann.
24. Glykokonjugat bzw. Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 bis 23, bei dem das
Glykoprotein, dessen Proteinanteil verbrückt ist, bzw. bei dem das in Schritt a)
isolierte Glykoprotein ein rekombinant hergestelltes Glykoprotein ist.
25. Glykokonjugat bzw. Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 bis 24, bei dem es sich
bei dem Glykoprotein, dessen Proteinanteil verbrückt ist, bzw. bei dem in Schritt a)
isolierten Glykoprotein, um ein Glykoprotein aus der Gruppe der Differenzierungs-
bzw. Wachstumsfaktoren, Cytokine, Hormone, Thrombolytika, Thrombo
prophylaktika, Gerinnungsfaktoren, viralen Hüllproteine, einschließlich vollständiger
biologisch aktiver Viruspartikel, und Antikörper, einschließlich biologisch aktiver
Antikörperfragmente, handelt.
26. Glykokonjugat bzw. Verfahren gemäß Anspruch 24 oder 25, bei dem das
Glykoprotein durch die Verbrückung ein Homo-Dimer bildet.
27. Glykokonjugat bzw. Verfahren gemäß einem der Ansprüche 24 bis 26, bei dem das
Glykoprotein ausgewählt ist aus der Gruppe bestehend aus Erythropoietin, CSF, G-
CSF, GM-CSF, LIF, TNF, Lymphotoxin, PDGF, FGF, VEGF, EGF, TGF-α, TGF-
β, Thrombopoietin, SCF, Oncostatin M, Amphiregulin, Mullerian-Inhibiting
Substance, B-CGF, MMIF, α-Interferon, β-Interferon, γ-Interferon, IL-1, IL-2, IL-3,
IL-4, IL-5, IL-6, IL-7, IL-8, IL-9, IL-10, IL-11, IL-12, IL-13, IL-14, IL-15, IL-16,
IL-17, t-PA, Urokinase, Antithrombin III, Faktor VIII und Faktor IX.
28. Glykokonjugat bzw. Verfahren gemäß Anspruch 24 oder 25, bei dem das
Glykoprotein durch die Verbrückung ein Hetero-Dimer bildet.
29. Glykokonjugat bzw. Verfahren gemäß Anspruch 28, bei dem das Hetero-Dimer ein
Hetero-Dimer ist, das ausgewählt ist aus der Gruppe bestehend aus GM-CSF-SCF,
GM-CSF-IL-2, GM-CSF-IL-3, CSF-IL-1 und IL-2-IL-3.
30. Pharmazeutische Zusammensetzung, enthaltend ein Glykokonjugat gemäß einem der
Ansprüche 1 bis 14 bzw. 24 bis 29, gegebenenfalls in Form eines galenisch
geeigneten Salzes oder Derivats, sowie einen oder mehrere pharmazeutisch
verträgliche Trägerstoffe oder Zusatzstoffe.
31. Verwendung eines Vorläuferkohlenhydrats der allgemeinen Formel
wobei
R8 ein Rest der allgemeinen Formel AW ist, in dem A und W die vorstehend angegebenen Bedeutungen haben
und
R2 und R3 ebenfalls die vorstehend angegebenen Bedeutungen haben, und R6 und R7 die gleichen Bedeutungen haben können wie R2 und R3,
zur Herstellung eines Glykokonjugats bzw. in einem Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 bis 29.
wobei
R8 ein Rest der allgemeinen Formel AW ist, in dem A und W die vorstehend angegebenen Bedeutungen haben
und
R2 und R3 ebenfalls die vorstehend angegebenen Bedeutungen haben, und R6 und R7 die gleichen Bedeutungen haben können wie R2 und R3,
zur Herstellung eines Glykokonjugats bzw. in einem Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 bis 29.
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- 2001-07-17 AU AU2001289671A patent/AU2001289671A1/en not_active Abandoned
- 2001-07-17 WO PCT/EP2001/008246 patent/WO2002005854A2/de active Application Filing
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