Verfahren zur Neutralisation von sauren Wässern Zur Neutralisation von Säuren, insbeson dere zur neutralisierenden Reinigung von sau ren Industrie- und Gewerbeabwässern, wurden bisher Säurebinder auf der Basis von Kalk milch oder Kalkwasser verwendet. Die Ver wendung von Kalk in Form von Calcium hydroxyd oder in Form von Carbonat (Kalk steine, Marmorabfälle, dolomitische Steine) erzeugt nicht mit allen Säuren wasserlösliche Neutralsalze, z. B. ist das Sulfat des Calciums ein schwerlösliches Salz. Auf diese Weise kommt es zur Ablagerung von unlöslichen bzw. schwerlöslichen Kalksalzen auf den zur Neutralisation verwendeten Kalkteilchen in Pulver-, Körner- oder Brockenform. Diese setzen die Neutralisationswirkung erheblich herab.
Ein weiterer Nachteil der Verwendung von Kalksalzen ist deren Neigung zu nach träglicher Bindung von Kohlensäure aus der Luft bzw. aus der Kanalatmosphäre usw., wo durch es zu Ablagerungen und unter Umstän den sogar zu Verstopfungen der Kanäle kom men kann. Es hat sieh daher in vielen Fällen als notwendig erwiesen, derartige Abwässer erst in grossen Becken absitzen zu lassen, was naturgemäss die gesamte Anlage sehr nach teilig beeinflusst.
Gegenstand der Erfindung ist nun ein Verfahren zur Neutralisierung von sauren Wässern, welches dadurch gekennzeichnet ist, dass als basische Reaktionskomponente ge brannter Magnesit verwendet wird. Es wurde gefunden, dass die bei Calcium- v erbindungen festgestellten Nachteile bei Magnesiumverbindungen vermieden werden können. So sind z. B. die Neutralisationspro dukte von geeigneten Magnesiumverbindungen mit fast allen in der Praxis überhaupt benutz ten Säuren wasserlöslich. Die beim Kalk so überaus hemmend in Erscheinung tretende Verkrustung des Reaktionsmaterials durch die Umsetzungsprodukte mit den Säuren kommt bei Verwendung von gebranntem Ma gnesit nicht vor.
Die Reaktionsfähigkeit der Magnesitstücke bleibt vielmehr vollkommen erhalten. Ausserdem ermöglicht die Verwen dung von Neutralisationsfiltern mit gebrann tem, körnigem Magnesit als Füllung in den meisten Fällen den Verzicht auf Dosier- und Aufbereitungsanlagen, die bei Verwendung von Kalkmilch unerlässlich sind, um die Neu tralisationswirkung sicherzustellen und Ma terialvergeudung zu vermeiden, sobald es sich um schwefel- oder phosphorsaure Abwässer handelt. Bei Betrieben von geringerem Säure verbrauch, wie z.
B. Akku-Stationen, Labora torien, Beizereien und Gelbbrennereien, Phos- phatierungsanlagen usw., die an städtische Entwässerungsanlagen angeschlossen sind, eignen sich solche Magnesit-Säurebinder ganz besonders. Weiterhin ergibt sich bei der Ver wendung von gebranntem Magnesit als Neu tralisationsmittel, insbesondere wenn es sich dabei um Salzsäure handelt, noch ein weiterer Vorteil. In vielen Abwässern sind grosse Men gen von organischen fäulnisfähigen Stoffen enthalten.
Die letzteren können unter Um ständen in den Flüssen einen geradezu uner träglichen Zustand herbeiführen, wenn nicht durch geeignete Stoffe, wie z. B. Salze, insbe sondere Chlormagnesium, ein gewisser Aus gleich geschaffen wird. Dieses Salz, das bei der Neutralisation von Salzsäure mit Hilfe von gebranntem Magnesit anfällt, wirkt näm lich auf gelöste und ungelöste Stoffe ausfäl lend und leistet somit einen erheblichen Bei trag zur Beschleunigung der Selbstreinigung der Flüsse von den ihnen zugeführten organi schen Stoffen. Es hat sich nun herausge stellt, dass nicht alle Sorten von gebranntem Magnesit die gleiche Wirksamkeit in oben ge schildertem Sinne herbeiführen können. Viel mehr wurde gefunden, dass ein bis nahe an die Sinterungsgrenze erhitzter griechischer Magnesit in besonders grossem Umfang die gewünschten Wirkungen herbeiführt.
Auch hat es sieh als vorteilhaft erwiesen, die Korngrösse des zu verwendenden Magnesits so zu wählen, dass eine zweckentsprechende Durchlaufge schwindigkeit durch die Apparatur sicher gestellt wird. Dabei wird in der Regel anzu streben sein, dass die Durchlaufgeschwindig keit nicht wesentlich über 13 m pro Stunde ansteigt. Als günstigste Korngrösse ergibt sich daher ein Durchmesser von mindestens 1 mm und höchstens 12 mm. In der Regel sollen etwa 50% Kornanteile in 5-12 mm vorhanden sein, so dass ein Schüttgewicht von etwa 1000 g pro Liter erzielt wird. Im praktischen Be trieb hat sich nun gezeigt, dass vollständig gebrannter Magnesit keine hohe Druckfestig keit besitzt und leicht vor der Hydration zer bröckelt. Starkes Bewegen, wie Schütteln, Schaufeln usw. führt leicht zu sehr feiner Körnung bzw. Pulverisierung.
Eine solche Zer bröckelung wirkt sich nachteilig auf die Neu tralisation aus, weil dadurch die Durchflussge schwindigkeiten reduziert werden. Ausserdem wird durch zuviel Feinkorn die Hydration der Masse so beschleunigt, dass unerfreuliche Wärmestauungen auftreten können.
Zweckmässig werden deshalb stabile, renk- tionsfähige Neutralisationsmassen auf der Grundlage natürlicher Magnesite verwendet, die so gebrannt sind, dass nach dem Brand noch Reste der ursprünglich vorhandenen Kohlensäure, vorzugsweise etwa 12% des ur sprünglichen Kohlensäuregehaltes, vorhanden sind.
Der übliche, bis zur Sinterung gebrannte Sintermagnesit ist wegen seiner hohen Reak tionsgeschwindigkeit für Neutralisationszwecke nicht in gleicher Weise geeignet. Natürlicher Magnesit besitzt dagegen nicht die Reaktions geschwindigkeit von Kalkmilch und ist deshalb weniger gut zum Zwecke der Neutralisation zu verwenden, da bei der Neutralisation saurer Abwässer die Neutralisationsgeschwindigkeit eine wichtige Rolle spielt. Man kann natur gemäss die Durchflussgesehwindigkeiten durch die Reaktionsgefässe nicht. zu stark beschrän ken und die Berührungszeiten mit dem Fil termaterial nicht zu weit ausdehnen, weil sonst die Apparaturen, der Material- und der Raum bedarf unwirtschaftlich werden. Es ist. daher für die Neutralisation der aktivere gebrannte Magnesit zu verwenden.
Es wurde gefunden, dass man gebrannten Magnesit in geeigneter stabiler Form dadurch gewinnt, dass man den Brand des Magnesits so führt, dass das anfallende Endprodukt noch einen hinreichenden Rest der ursprünglich vor handenen Kohlensäure besitzt. Man erhält dann einen aktiven gebrannten Magnesit in geeigneter Korngrösse, der so stabil ist, dass er nicht durch Transport, Umladen usw. eine zu grosse Feinkörnigkeit erhält, wodurch ver mieden wird, dass die oben beschriebenen Nachteile auftreten.
Wenn also z. B. ein natürlicher Magnesit 50% Kohlensäure enthält, so soll er nach dem Brand zur Erzielung einer besonders günstigen Wirkung noch etwa 6% Kohlensäure enthalten. Ein so gebrannter Magnesit ist von genügen der Stabilität und Schüttfestigkeit. Es gibt. beim Verpacken, beim Transport. und der wei teren Bearbeitung wenig Feinkorn und lässt sich in fliessendem Wasser ohne heftige Wärme entwicklung unter Erhaltung der aufgewand-, ten Korngrösse hydratisieren,
während die vollständig gebrannten Magnesite häufig in kürzester Zeit unter heftiger Wärmeentwick lung und unter gleichzeitigem Zerfall des Kor nes zu reagieren pflegen. Der geringe noch vorhandene Anteil an Kohlensäure stört bei der Neutralisation nicht und beeinflusst die Reaktionsgeschwindigkeit praktisch nicht. Es ist also vorteilhaft für ein gutes Filtermaterial zu dem hier in Betracht kommenden Zweck, dass das Produkt unterbrannt ist. Hierdurch wird bei geringeren Brennkosten ein Produkt gewonnen, das eine wirtschaftliche Neutralisa tion mit Hilfe von Magnesit ermöglicht.
Es hat sich nun weiterhin gezeigt, dass die richtige Abstimmung der Hydratations- und Neutralisationsgeschwindigkeiten aufeinander, die, wie vorstehend bemerkt, weitgehend durch den Gehalt an Kohlensäure, durch die Korn grösse und die Oberflächenausbildung erfolgen kann, ausserdem noch von einer Reihe anderer Faktoren mit dem Ziele abhängig ist, die Hy dratation so weit zu verzögern, dass die Wärme stauungen nicht mehr zu Betriebsstörungen führen können, anderseits aber die Neutrali- sationsgesehwindigkeit nicht zu stark herab setzen.
In der Praxis haben sieh diejenigen Roh materialien am zweckmässigsten erwiesen, die nach dem Brennprozess einen Gehalt an MgO <B><I>kn</I></B> von etwa 60 bis höchstens etwa 95% besitzen, wobei das Optimum ungefähr zwischen 70 bis 90 h liegt. Dabei spielen auch die übrigen Be standteile der Neutralisationsmasse eine we sentliche Rolle, wie nachstehend dargetan wird.
Ein sehr wirksames Mittel, um die Hydra- tationsgesehwindigkeit in dem gewünschten Umfang herabzusetzen, ist nämlich ferner die Verwendung von Rohmaterialien, die einen gewissen Prozentsatz an Beimengungen vor zugsweise kolloidaler Natur enthalten, die die Reaktionswärme herabsetzen bzw. die Hydra tation verlangsamen. So hat sich z. B. ein Ma gnesit als sehr geeignet erwiesen, der einen Ge halt von mindestens 1%, vorzugsweise jedoch von 2-6% an SiO2 besitzt, wie es z. B. bei Magnesiten griechischer Herkunft häufig der Fall ist, die ausserdem eine für den beabsichtig ten Reaktionsverlauf sehr günstige Oberfläche aufweisen.
Weiter kann die Hydratations geschwindigkeit herabgesetzt und dadurch Be triebsschwierigkeiten vermieden werden, dass die frisch eingefüllte Neutralisationsmasse 1 bis 2 Tage bei nicht zu geringer Durchfluss- gesehwindigkeit gewässert wird oder dass dafür Sorge getragen wird, dass entsprechende Men gen zu neutralisierender Abwässer gleich zu Anfang der Neutralisation zugeführt wer den.
Am zweckmässigsten werden die verschie denen, im vorstehenden angeführten Möglich-, keiten, um die Hydratationswärme bei der Neutralisationsmasse ohne Kornzerfall herab zusetzen bzw. abzuführen, gleichzeitig ange wendet oder einzelne wahlweise miteinander kombiniert.
Es wurde ferner gefunden, dass in Ver bindung mit der geschilderten Form von ge branntem Magnesit sich die Ausführung der Neutralisationsapparate bzw. der Reaktions gefässe in Kunststoffen auf der Basis von Mischpolymerisaten, vorzugsweise aus Vinyl- chlorid und Vinylacetat, am besten bewährt, da. sieh derartige Tröge und sonstige Gefäss formen gegen Angriffe von Säuren und Salzen als weitgehend unempfindlich herausgestellt , haben. Die Ausführung der Reaktionsgefässe in der beschriebenen Form birgt auch noch einen weiteren Vorteil in sich.
Bei den Um setzungen des Magnesits bzw. auch sonstiger Erdalkalioxyde mit Säuren kommt es zu einer Temperaturerhöhung. Bei starren Gefässen aus Steingut, Ton oder ähnlichem Material kann es dabei zu Spannungen und Brüchen kommen, während ein solcher Nachteil bei der Verwendung thermoplastischer Kunststoffe, nicht zu befürchten ist. Anderseits ist bei Be achtung vorstehender Ausführungen der Tem peraturanstieg nicht so erheblich, dass bei dem thermoplastischen Material Dauerverformun gen eintreten können. Weiterhin ergibt sich noch ein Vorteil dadurch, dass das Gewicht von Kunststoffgefässen erheblich geringer ist als bei den sonst üblichen Tonapparaturen usw. Auch ist die Bruchgefahr während des Transportes, der Montage und des Betriebes wesentlich geringer.
Ferner kann man An- schlüsse an Ort und Stelle mühelos durch Ver schweissen herbeiführen und sie an beliebigen Stellen der Apparaturen anbringen, wobei die thermoplastischen Eigenschaften sich als be sonders günstig erweisen.
Nachstehendes Ausführungsbeispiel gibt eine der verschiedenen, in der Praxis den ört lichen Besonderheiten jeweils anzupassenden Ausführungsformen an Ausführungsbeispiel Ein Reaktionsgefäss aus Kunststoff wird mit bis nahe an die Sinterungsgrenze gebrann tem Magnesit, dessen Korngrösse vorwiegend zwischen 5 und 12 mm liegt, gefüllt und in entsprechender Dimensionierung in die Ab wasserleitung eingebaut.