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Bei den bisher bekanntgewordenen Versuchen zur Stimulation des Wachstums und der Ferment- wirkung von Mikroorganismen durch Bestrahlung bediente man sich der Radiumemanation, radioaktiver
Stoffe, der Röntgen-und der ultravioletten Strahlen. Die erzielten Versuchsergebnisse liessen einige
Autoren konstatieren, dass von den genannten Strahlenarten vorwiegend die ultravioletten Strahlen eine biopositive Wirkung ausüben. Indes wurden die biologischen Wirkungen bloss im Hinblick auf verschiedene technisch verwendete Gärungserreger beobachtet und studiert. Die Bestrahlung insbesondere von Saccharomyceten und gärenden Maischen zum Zwecke des Presshefefabrikation und der alkoholischen
Gärung wurde in einer Reihe von Patenten unter Schutz gestellt.
In neuester Zeit wurde die Einwirkung von elektrischen Kurzwellen-, Ultrakurzwellen-und Extremkurzwellen auf von Infektionskrankheiten befallene Organe von Mensch und Tier untersucht (Haase und Schliephake, Strahlentherapie, 1931, S. 133 : Liebesny, Wiener Klinische Wochenschrift, 1931,
S. 653 und 1422 ; Liebesny und Finaly, Wiener Klinische Woehensehrift 1932, S. 249). Es sei festgehalten, dass als Kurzwellen Wellen von 120 bis 6 m, als Ultrakurzwellen Wellen von 6 bis 2 m und als Extremkurzwellen Wellen von 2 m bis 1'8 mm bezeichnet werden. Durch Bestrahlung (Besendung) mit diesen Strahlen (Wellen, Schwingungen) wurden bei eitrigen und septischen Prozessen ausgezeichnete
Heilungserfolge erzielt.
Es konnte auch festgestellt werden, dass die Erreger dieser bestimmten Infektion- krankheiten durch die Bestrahlung in vitro abgetötet, mindestens aber stark geschädigt und gehemmt wurden und blieben.
Um so überraschender wirkt die experimentell erhärtete Erkenntnis der Erfinder, dass die Zellen von Mikro-und auch höheren Organismen durch Bestrahlung mit den angeführten Wellen sowohl eine ausserordentliche Wachstums-und Vermehrungsförderung erfahren als auch hinsichtlich ihrer enzymatischen bzw. fermentativen bzw. katalytisehen Wirkung hervorragend angeregt werden. Wird etwa Hefe erfindungsgemäss bestrahlt, so kann ihre Sprossung, d. h. Vermehrung und gleichzeitig auch ihr Zymasegehalt und ihre Gärkraft, auf die Zelle berechnet, erhöht werden. Es wird also durch die Bestrahlung einerseits das Wachstum des Hefepilzes und anderseits die Wirkung und Bildung des im Pilze vorhandenen Enzyms günstig beeinflusst.
Es ist wohl schon bekannt, Getreide zur Förderung der Malzbildung der Einwirkung von Hochfrequenzströmen auszusetzen. Während aber nach einem älteren Vorsehlage Ströme von Spannungen von 1000 Volt aufwärts, von hohen Spannungen also, zur Anwendung gelangen sollen, sind erfindungsgemäss niedrige Spannungen von mehreren 100 bis höchstens 1000 Volt vorgesehen. Überdies werden, zum Unterschied vom älteren Vorsehlage, erfindungsgemäss in der Regel relativ hohe Stromintensitäten verwendet.
Die Wirkung der Bestrahlung erweist sich als Funktion verschiedenster Bedingungen. Sie hängt aber auch, wie sich zeigte, von dem zu beeinflussenden Gute ab. Demnach erfolgt erfindungsgemäss die Beeinflussung von lebenden Zellen technisch verwendbarer Mikro-und anderer Organismen, von Enzymen, Fermenten u. dgl. organischen physiologisch wirksamen Stoffen durch sowohl dem zu beeinflussenden Gute als auch der gewünschten Beeinflussung angepasste Verwendung von elektrischen Kurzwellen, Ultrakurzwellen, Extremkurzwellen und Wellen angrenzender Schwingungslängen. Die Anpassung der angeführten Wellen an das zu beeinflussende Gut und an die gewünschte Beeinflussung erfolgt durch
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entsprechende Dosierung der Bestrahlung. Die Dosierung ist sorgfältigst zu bestimmen.
Wie empfindlich die wechselseitigen Abhängigkeiten sind, geht daraus hervor, dass ein und dasselbe Gut mit Hochfrequenzströmen unter sonst gleichen Umständen bei einer Wellenlänge gefördert, bei einer andern Wellenlänge hingegen geschädigt werden kann. Unter sonst wechselnden Umständen kann dasselbe Gut bei einer und derselben Wellenlänge sowohl gefördert als auch geschädigt werden. Bei der Wahl der Dosierung sind Einwirkungsdauer der Bestrahlung, die Anzahl zeitlich getrennter Bestrahlungen, Stromintensität, Wellenlänge, Temperatur und noch andere Voraussetzungen zu berücksichtigen. Die Bestrahlung wird zweckmässig mit Unterbrechungen vorgenommen, weil die ununterbrochene Einwirkung auch in der-
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Die Beeinflussung von Enzymen aller Art u. dgl. lässt sich ebenso durch Bestrahlung der physiologisch wirksamen Stoffe selbst wie auch durch Bestrahlung des den schliesslich zu beeinflussenden Stoff bildenden bzw. enthaltenden Produktes erzielen. Demnach kann z. B. das durch Wasser aus dem naturlichen Ausgangsprodukt herausgelöste und aus dieser Lösung etwa durch Alkoholzusatz niedergeschlagene Enzym als solches oder auch die Tier-, Pflanzen-oder Mikroorganismuszelle, die den wirksamen Stoff bildet, bzw. enthält, der Bestrahlung ausgesetzt werden. Handelt es sich um eine Beeinflussung z. B. der Diastase, so kann das isolierte amorphe Diastasepulver ebenso wie Saatgetreide oder zur Malzbereitung bestimmtes Getreide oder auch Malz selbst (das letztere vor, während oder nach der Keimung) bestrahlt werden.
Eine Beeinflussung im Sinne der Erhöhung der Hormon-und Vitaminwirkung lässt sich gleichfalls ebenso bei Bestrahlung hormon-und vitaminhaltiger Ausgangsprodukte wie auch bei Bestrahlung der Hormone und Vitamine selbst erreichen.
Die beabsichtigte Beeinflussung von Mikroorganismen und andern Fermenten kann auch während des Verlaufes eines technischen Prozesses vorgenommen werden. Es kann sich als zweckmässig erweisen, z. B. Gärungsorganismen während des Gärungsvorganges, Käsebakterien und-enzyme während des "Reifens" des Käses zu beeinflussen.
Da, wie bekannt ist, durch Bestrahlung mit den in Rede stehenden Wellen Beeinflussungen auch im negativen Sinne erreicht werden können, so kann vorgesehen werden, die Entwicklung von Organismen. bzw. die Wirkung und Bildung von Enzymen hintanzuhalten oder zu hemmen, soweit es sich darum handelt, diese Hintanhaltung bzw. Hemmung im Interesse eines gewünschten Prozessverlaufes zu ver- anlassen. Es wird in einem derartigen Falle die Bestrahlung erfindungsgemäss derart vorgenommen, dass bei Bestrahlung eines und desselben Gutes gleichzeitig fördernde und schädigende Beeinflussung erreicht werden.
Die Anwendbarkeit der Bestrahlung unterliegt keinerlei besonderen Schwierigkeiten, weil fast alle bei den Apparaturen der einschlägigen Industrien verwendeten Werkstoffe für die in Betracht gezogenen Wellen durchlässig sind.
Zur Durchführung der Bestrahlung werden die von einem Hochfrequenzschwingungsgenerator erzeugten Schwingungen verwendet. Es können alle in der Technik bereits bekannten Schaltungen zur Anwendung gelangen.
Ausführungsbeispiel l : Es wird im Kondensatorfeld eines Kurzwellensenders Hefe auf einem festen Nährboden mit der 15-m-Welle bei einer Intensität von 150 Milliampere einige Male je 20 Minuten hindurch bei einer Temperatur unter 30 C bestrahlt. Die bestrahlte Hefe erfährt ein derart üppiges Wachstum, dass der Nährboden innerhalb kürzester Zeit vollständig mit dichtem Rasen bewachsen ist, während der vergleichsweise unbcstrahlt bleibende gleiche Nährboden innerhalb der gleichen Zeit und unter den gleichen Verhältnissen kaum einen Waehstumsbpginn aufweist. Die mikroskopische untersuchung zeigt, dass die Zellen sich im kräftigsten Entwicklungsstadium befinden.
Es sind viele Riesenzellen. intensivste Sprosstätigkeit und feinst granuliertes Zellprotoplasma zu beobachten.
Ausführungsbeispiel 2 : Es wird eine Maische von kohlehydrathaltigen Stoffen mit Hefe beimpft und nachher im Kondensatorfeld eines Kurzwellensenders mit der 4-m- Welle bei einer Intensität von 75 Milliampere einige Male je 20 Minuten hindurch bestrahlt. Dise maische zeigt fast unmittelbar nach der Bestrahlung intensivste Gärung, während bei der unbestrahlten Maische unter sonst gleichen Bedingungen keinerlei Zeichen einer beginnenden Gärung nachweisbar sind. Die Gärtätigkeit der bestrahlten Maische ist früher beendet als die der unbestrahlten und ergibt hohe Vollausbeuten der Gärprodukte.
Ausführungsbeispiel 3 : Es wird eine mit Kulturmilehsäureorganismen beimpfte Maische von kohlehydrathaitigen Stoffen beobachtet. Es sind bei der bestrahlten Maische im Vergleich zur unbestrahlten Maische wieder intensiver und rascher verlaufende Gärung und höhere Ausbeuten des Gärproduktes feststellbar. Wirkungen im gleichen Sinne treten ein, wenn mit Buttersäure-, Butylalkohol-, Azeton- und andern technisch verwendeten Gärungsorganismen beimpfte Maisehen bestrahlt werden.
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Dasselbe Ergebnis ist auch zu erzielen, wenn die Organismen zuerst für sich bestrahlt und nachher zur
Impfung von Maisehen verwendet werden.
Ausführungsbeispiel 4 : Es wird Stellhefe mit der 6-m-Welle bei einer Intensität von 80 Milli- ampere bestrahlt. Bei der nachfolgenden Vermehrung nach den in der Presshefefabrikation üblichen Methoden wird eine wesentlich höhere Ausbeute als bei Verwendung unbestrahlter Stellhefe erzielt.
Ausserdem ergibt die bestrahlte Stellhefe schönere und kräftigere Hefezellen von besserer Triebkraft.
Ausführungsbeispiel 5 : Es wird Presshefe vor der Trocknung, wie in Beispiel 1 angegeben ist, bestrahlt. Die bestrahlte Presshefe stellt haltbare und äusserst gär-und triebkräftige Trockenhefe dar. Dasselbe Ergebnis zeitigt die Bestrahlung der Presshefe während und nach ihrer Trocknung.
Ausführungsbeispiel 6 : Aspergillus-, Mucor-und Penicilliumarten, wie Asp. Oryzae, Asp. niger, Mueor amylomyces Rouxii, Citromyces-Arten usw. und verschiedene Käseorganismen werden sowohl in vitro als auch in den üblichen Medien mit der 8-m-Welle bei 100 Milliampere bestrahlt. Diese Organismen zeigen nach der Bestrahlung ein wesentlich üppigeres Wachstum und eine erheblich stärkere Fermentwirkung als die unbestrahlten Organismen.
Ausführungsbeispiel 7 : Eine Maische von kohlehydrathaltigen Stoffen wird mit Kulturhefe beimpft und im Verlaufe der veranlassten Gärung mit Essigsäurebakterien infiziert. Ein Teil der so behandelten Maische wird bestrahlt : ein Teil bleibt unbestrahlt. Es zeigt sich bereits nach kurzer Zeit der Bestrahlung, dass durch die Bestrahlung die Essigsäurebakterien abgetötet werden. anderseits aber die Hefe eine derartige Förderung erfährt, dass die Maische in intensivste Gärung kommt und alle Kohlehydrate in Alkohol verwandelt werden. Im unbestrahlten Teil kommt wegen des Überhandnehmens der Essigsäurebakterien die Hefegärung zum Stillstand, die Azidität steigt auf unzulässige Höhe, so dass ein grosser Teil der Kohlehydrate unvergoren bleibt.
Würde also eine alkoholisehe Gärung in der Praxis durch unzweckmässige Behandlung mit schwad- lichen Essigsäurebakterien infiziert werden, so könnte durch eine Bestrahlung, wie sie in diesem Beispiele angegeben ist, die Maische gerettet werden.
Ausführungsbeispiel 8 : Ein stärkehaltiger Nährboden wird mit dem amylolytiseh wirkenden Pilz Aspergillus Oryzae beimpft und dreimal hintereinander in Intervallen von vier Stunden je zwanzig Minuten hindurch mit der 4-m-Welle im Kondensatorfeld eines Kurzwellensenders bestrahlt. Der Pilz entwickelt sich im Vergleiche zu einer unbestrahlten Kontrollkultur besonders rasch und üppig. Am nächsten Tag wird die bereits bestrahlte Kultur wieder dreimal hintereinander in Intervallen von vier Stunden je 20 Minuten hindurch mit der 15-m-Welle bestrahlt. Durch die zweite Bestrahlung wird die Weiterentwicklung des Pilzes vollständig zum Stillstand gebracht, während die nach wie vor unbestrahlte Kontrollkultur normal weiterwächst.
Die in sämtlichen erwähnten Beispielen angeführten Resultate können auch erzielt werden, wenn, bei etwa nötig werdender Anpassung der übrigen Bedingungen, statt der angegebenen Wellenlängen Wellen anderer Längen innerhalb des Kurzwellen-oder des anschliessenden Bereiches Verwendung finden.
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