Erzeugung einer planmäßigen Eigenspannungsverteilung in Bauteilen durch Einbringen von Schrauben oder Gewindestangen mit sich in Längsrichtung variabel verändernder
Gewindesteigung
Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Armierung eines Bauteils und/oder zum Einleiten von Kraft in ein Bauteil unter Verwendung einer Schraube oder einer Gewindestange und ein Verfahren zum Befestigen eines ersten Teils an einem zweiten Teil mit Hilfe einer Schraube oder einer Gewindestange. Ferner betrifft sie eine Verwendung einer Schraube oder einer Gewindestange, ein Verfahren zur Konstruktion einer Schraube oder Gewindestange mit zugehörigem Computerprogramm. Schließlich betrifft die vorliegende Erfindung eine Schraube oder Gewindestange.
Im Stand der Technik werden Schrauben und Gewindestangen unter anderem verwendet, um Bauteile zu verbinden, Lasten in Bauteile ein- oder auszuleiten, oder um Bauteile zu armieren. Bei all diesen Anwendungen hat der Verlauf der Verbundspannung in der Verbindung einen entscheidenden Einfluß über die Höhe des Lastniveaus, das durch diese Verbindung erreicht werden kann. Der Verlauf der Verbundspannung wiederum ist abhängig von den gepaarten Werkstoffen, den Dehnsteifigkeiten von Bauteil und Schraube bzw. Gewindestange und der Einbettungslänge. Maßgebend für die Versagenslast ist in der Regel die maximal auftretende Verbundspannung, die sich im Bereich der größten Dehnungsdifferenz zwischen Bauteil und Schraube bzw. Gewindestange einstellt.
Der vorliegenden Erfindung liegt die Aufgabe zu Grunde, derartige Verbindungen zwischen Bauteil und Schraube bzw. Gewindestange zu verbessern, so daß ein sicherer, widerstandsfä- higer Verbund bei höheren Belastungen erreicht werden kann, als dies beim Stand der Technik möglich ist.
Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren nach Anspruch 1 bzw. 10, eine Schraube oder Gewindestange nach Anspruch 16 und die Verwendung einer solchen Schraube oder Gewinde-
Stange nach Anspruch 13 gelöst. Vorteilhafterweise Weiterbildungen sind in den abhängigen Ansprüchen angegeben.
Gemäß einem Aspekt der Erfindung wird ein Verfahren zur Armierung eines Bauteils und/oder zum Einleiten von Kraft in ein Bauteil unter Verwendung einer Schraube oder Gewindestange angegeben, wobei die Schraube bzw. Gewindestange ein Gewinde mit variabler Gewindesteigung hat, so daß in dem Bauteil eine Eigenspannungsverteilung erzeugt wird, die geeignet ist, mindestens ein Maximum in der Verbundspannung zwischen der Schraube bzw. Gewindestange und dem Bauteil, welche unter Belastung des Bauteils auftritt, zu verringern. Die Schraube bzw. Gewindestange kann dabei selbstschneidend sein.
Durch die veränderliche Gewindesteigung ergibt sich beim Einschrauben der Schraube in das Bauteil eine Vorspannung sowohl des Bauteils als auch der Schraube bzw. Gewindestange, die in der vorliegenden Schrift als „Eigenspannung" bezeichnet wird. Die Eigenspannung ist also eine Spannung, die sich allein durch die veränderliche Gewindesteigung, ohne jegliche äußere Last auf das Bauteil ergibt. Die Eigenspannung erzeugt insbesondere eine Verbundspannung 7ES zwischen der Schraube bzw. Gewindestange und dem (noch nicht belasteten) Bauteil.
Da diese Verbundspannung TES der Eigenspannung wiederum nur auf die veränderliche Gewindesteigung zurückzuführen ist, ist sie durch geeignete Konstruktion des Gewindes im gewissen Rahmen frei vorgebbar. Gemäß der vorliegenden Erfindung wird das Gewinde dann so konstruiert, daß die Verbundspannung TES der Eigenspannung einen Verlauf hat, daß sie der „normalen" Verbundspannung r, die sich durch die Belastung des Bauteils ergibt, zumindest abschnittsweise entgegengesetzt ist. Dadurch können die Maxima in der effektiven oder kombinierten Verbundspannung, die sich aus einer Überlagerung von τ und TES ergibt, im Vergleich zu den Maxima von T allein, erheblich abgesenkt werden, so daß ein Versagen des Verbundes erst bei viel höheren Belastungen auftritt.
Die konkrete Form des Gewindes muß wie gesagt an den zu erwartenden Spannungsverlauf im Verbund bei Belastung angepaßt werden. Dies kann auf verschiedene Weisen praktisch umgesetzt werden, die sich durch den Grad ihrer Komplexität unterscheiden.
Zunächst ist es möglich, für eine spezielle geplante Anwendung das geeignete Gewinde zu konstruieren. Wenn beispielsweise eine Hallendachkonstruktion aus Holz entworfen wird, werden bei den statischen Berechnungen Armierungen in Holzträgern, beispielsweise Brett- schichtträgem, berücksichtigt. Bei einer Anwendung der Erfindung könnte dann für eine jede Armierungsschraube die unter Belastung auftretende Verbundspannung ermittelt werden, beispielsweise durch analytische Berechnungen, wie sie unten näher erläutert werden, oder durch Computersimulationen mit Finite-Elemente-Modellen (FEM). Dann kann für eine jede lokal auftretende Spannungsverteilung ein dazu nahezu optimal passendes Gewinde konstruiert werden, durch welches Spitzen in der Verbundspannung abgesenkt werden, und das Potential der Erfindung optimal ausgeschöpft werden. Jedoch müßten dazu individuell konstruierte Armierungsschrauben in kleinen Stückzahlen hergestellt werden, was die Kosten der Armierungsschrauben verglichen mit herkömmlichen Standard- Armierungsschrauben erhöht.
Eine weitere Umsetzung der Erfindung besteht darin, standarisierte Schrauben oder Gewinde- Stangen für Standardanwendungen bereitzustellen. Beispielsweise verlaufen die Verbundspannungen für Verbindungen zur Lasteinleitung in der Regel hyperbolisch, und sie sind im Prinzip für alle Schraubenverbindungen ähnlich. Die maximalen Verbundspannungen treten dabei in der Regel am Lasteinleitungspunkt auf, das heißt am Bauteilrand. Bei gleicher Dehn- steifigkeit und kurzen Verbundlängen kann ein weiteres Maximum der Verbundspannung im Bereich des führenden Endes der Armierungsschraube auftreten. Da die Verbundspannungsverläufe in unterschiedlichen Anwendungen ähnlich sind, ist es möglich für bestimmte Werkstoffkombinationen (beispielsweise Stahl/Holz, Stahl/Leichtmetall und Stahl/Kunststoff) Standardgewindeformen zu entwerfen, die möglicherweise nicht in allen Anwendungen das volle Potential der Erfindung ausschöpfen, jedoch grundsätzlich zu einer kombinierten Ver- bundspannung führen, deren Maxima im Vergleich zu einer Verwendung eines herkömmlichen Gewindes mit konstanter Gewindesteigung wesentlich verringert sind.
Ein Beispiel für eine vorteilhafte Gestaltung eines Standardgewindes für die Lasteinleitung sieht einen Verbund-Gewindeabschnitt vor, der in ein Bauteil einschraubbar ist, um mit dem Bauteil einen Verbund zu bilden, und der ein erstes, beim Einschrauben führendes Ende und ein zweites Ende hat, wobei die Gewindesteigung in der dem zweiten Ende benachbarten Hälfte des Verbund-Gewindeabschnittes ein erstes lokales Extremum aufweist. Bei diesem ersten lokalen Extremum handelt es sich um ein Maximum, wenn eine Drucklast in das Bau-
teil eingeleitet werden soll, und um ein Minimum, wenn eine Zuglast eingeleitete werden soll. Durch dieses lokalen Extremum in der Nähe des zweiten Endes des Verbundes, das heißt in der Nähe des Randes des Bauteils, läßt sich das bekannte Maximum der Verbundspannung unter Belastung am zweiten Ende des Verbund-Gewindeabschnitts verringern, wie unten an- hand eines Ausfuhrungsbeispiels näher erläutert wird.
Der oben genannte Verbund-Gewindeabschnitt ist der Teil des Gewindes, der zum Bilden des Verbundes bestimmt ist, und über dessen Länge die Gewindeform überhaupt wirksam ist. Wenn die Länge des Verbund-Gewindeabschnitts auf eins normiert ist, befindet sich das ge- nannte erste lokale Extremum vorzugsweise in einem Abstand von 0,6 bis 0,9, und vorzugsweise von 0,7 bis 0,85 vom ersten Ende.
Ferner kann die Gewindesteigung ein zweites lokales Extremum aufweisen, welches in der dem ersten Ende benachbarten Hälfte liegt und eine Krümmung aufweist, die derjenigen des ersten lokalen Extremums entgegengesetzt ist. Wenn das erste lokale Extremum ein Maximum ist, ist somit das zweite lokale Extremum ein Minimum und umgekehrt. Durch dieses zweite lokale Extremum kann ein weiteres Maximum in der Verbundspannung durch Belastung kompensiert werden, welches am ersten Ende des Verbund-Gewindeabschnitts, das heißt im Bereich des führenden Endes der Schraube oder Gewindestange vorliegt.
Das zweite lokale Extremum befindet sich vorzugsweise in einem Abstand von 0,05 bis 0,4 und besonders vorzugsweise von 0,1 bis 0,3 vom ersten Ende des Verbund- Gewindeabschnittes.
Nach einer vorteilhaften Weiterbildung des Verfahrens der Erfindung wird im Falle der Armierung eine Schraube oder Gewindestange verwendet, bei der die Gewindesteigung in einem an das erste Ende angrenzenden Abschnitt ausgehend von einem Wert p0 am ersten Ende um einen Wert Δp abfällt, in einem mittleren Abschnitt unterhalb von p0 - Δp bleibt und in einem an das zweite Ende angrenzenden Abschnitt wieder über den Wert p0 - Δp ansteigt. Grob ge- sprochen entspricht dies einem Gewindeverlauf, bei dem die Gewindesteigung am Anfang und am Ende des Verbund-Gewindeabschnitts hoch und in einem dazwischen liegenden Abschnitt gering ist, was bedeutet, daß die Gewindeflanken in diesem mittleren Abschnitt näher beieinander liegen und daß das Bauteil in diesem mittleren Abschnitt daher komprimiert wird.
Diese qualitative Veranschaulichung wird unten anhand konkreter Berechnungen präzisiert. Durch eine derartige Gewindeform kann im Inneren des armierten Bauteils ein nahezu konstanter Druck erzeugt werden, der für viele Anwendungen vorteilhaft ist.
Wenn man wiederum annimmt, daß die Länge des Verbund-Gewindeabschnittes auf eins normiert ist, hat der erste und/oder der zweite Abschnitt vorzugsweise eine Länge von zwischen 0,07 und 0,35, besonders vorzugsweise zwischen 0,1 und 0,3 und insbesondere zwischen 0,15 und 0,25.
Die Steigung im mittleren Abschnitt muß nicht konstant sein, aber sie sollte zum Erzeugen des erwünschten Effektes um weniger als ± 0,5 Δp, vorzugsweise um weniger als ± 0,3 Δp variieren.
Ferner weichen die Gewindesteigungen am ersten und am zweiten Ende des Verbund- Gewindeabschnitts um weniger als 50%, vorzugsweise weniger als 30% und besonders vorzugsweise um weniger als 10% der gesamten Variation der Gewindesteigung im Verbund- Gewindeabschnitt voneinander ab. Bei bevorzugten Ausführungsformen liegen die Gewindesteigungen am ersten und zweiten Ende des Verbund-Gewindeabschnitts also relativ dicht beieinander, und in den unten gezeigten Ausführungsbeispielen sind sie sogar identisch.
Ein weiterer Aspekt der Erfindung betrifft ein Verfahren zum Befestigen eines ersten Teils an einem zweiten Teil mit Hilfe einer Schraube oder Gewindestange, bei dem die Schraube oder Gewindestange eine Gewindesteigung hat, die in Längsrichtung der Schraube bzw. Gewinde- stange variiert, wobei die Variation der Gewindesteigung so bemessen ist, daß die Span- nungsverteilung, die sich bei Festziehen der Schraube im zweiten Teil ergibt, gleichförmiger ist als bei Verwendung einer Schraube mit konstanter Ganghöhe und gleichem Befestigungsdruck. Bei dieser Ausführung der Erfindung geht es also nicht darum, Verbundspannungen bei äußerer Belastung abzubauen, sondern die Spannungsverteilung, die sich durch das Festziehen der Schraube im zweiten Teil ergibt durch Überlagerung einer geeigneten Eigenspan- nungsverteilung gleichförmiger zu gestalten.
Eine vorteilhafte Anwendung dieses Verfahrens besteht beispielsweise in der Verbindung von Leichmetallteilen, insbesondere Teilen, die Aluminium oder Magnesium enthalten. Zum Bei-
spiel könnte mit diesem Verfahren ein Zylinderkopf an einem Motorblock festgeschraubt werden, der aus Leichtmetall besteht. Das Problem bei derartigen Verbindungen besteht darin, daß das Leichtmetall bei thermischer Belastung beginnt zu kriechen, wodurch die Verbindung geschwächt wird. Das Ausmaß des Kriechens hängt wiederum von der Stärke der Spannung ab. Wenn es also gelingt, mit dem erfindungsgemäßen Verfahren Spannungen im zweiten Teil oder Verbundspannungen gleichförmiger auszubilden, als mit herkömmlichen Schrauben, kann auch der Kriecheffekt wesentlich verringert werden.
Bei einer derartigen Anwendung würde es sich jedenfalls lohnen, die Schraube exakt für die geplante Anwendung zu konstruieren, da sie aufgrund der hohen Stückzahl hergestellter Motoren ebenfalls in hohen Stückzahlen hergestellt würden, was den Aufwand des Ermitteins der Spannungsverteilung und der Konstruktion der Schraube wirtschaftlich macht.
Weitere Vorteile und Merkmale der vorliegenden Erfindung ergeben sich aus der folgenden Beschreibung, in der die Erfindung anhand von Ausführungsbeispielen unter Bezugnahme auf die beigefügten Figuren näher erläutert wird. Darin zeigen:
Figuren 1 und 2 den Verlauf dreier typischer Verbundspannungen beim Einleiten einer
Druck- bzw. Zuglast; Figuren 3 und 4 den Verlauf der Axialspannungen im Bauteil für die Fälle von Figur 1 bzw. 2;
Figuren 5 und 6 den Dehnungsverlauf im Bauteil für die Fälle von Figur 1 bzw. Figur 2;
Figuren 7 und 8 den Verlauf der Axialspannung der Schraube für die Fälle von Figur 1 bzw. Figur 2; Figuren 9 und 10 den Verlauf der Dehnung der Schraube für die Fälle von Figur 2 bzw.
Figur 2;
Figuren 11 und 12 Verläufe geeigneter Verbundspannungen, die durch Eigenspannung erzeugt werden, um die Maxima der Verbundspannungen von Figur 1 bzw. 2 zumindest teilweise zu kompensieren; Figuren 13 und 14 Verläufe von Dehnungszuständen des Gewindes aufgrund der Eigenspannung;
Figuren 15 und 16 Verläufe von Axialspannungen im Bauteil aufgrund der Eigenspannung;
Figuren 17 und 18 Verläufe von Axialspannungen im Bauteil, wie sie sich durch die Kombination von Eigenspannung und äußerer Last ergeben;
Figuren 19 und 20 Verläufe von kombinierten Verbundspannungen, die sich durch eine Überlagerung der Verbundspannung durch eine äußere Last und der Ver- bundspannung durch die Eigenspannung ergeben;
Figuren 21 bis 26 jeweils den Vergleich zwischen der kombinierten Verbundspannung und der Verbundspannung aus der Last allein;
Figuren 27 und 28 die Verläufe von Gewindesteigungen, die zu den Verläufen der Eigenspannung führen, die den Figuren 11 bis 26 zugrunde liegen; Figur 29 fünf Ansatzfunktionen zur Konstruktion einer Eigenspannungsverteilung für einen Armierungsverbund;
Figur 30 die erste Ableitung der Funktionen von Figur 29;
Figur 31 fünf Eigenspannungszustände im Bauteil, wie sie sich aus den Funktionen von Figuren 29 und 30 ergeben; Figur 32 Verläufe von Dehnungen im Bauteil aufgrund der Eigenspannungszustände von Figur 31 ;
Figur 33 Verläufe der Verbundspannungen durch die Eigenspannung für die Fälle von Figuren 29 bis 32, und
Figur 34 die Verläufe der Gewindesteigungen, die die Verbundspannungen von Figur 33 erzeugen.
Im folgenden sollen die Prinzipien der Erfindung anhand von zwei Ausführungsbeispielen im Detail erläutert werden. Das erste Ausführungsbeispiel betrifft die Einleitung einer Last über eine Schraube bzw. Gewindestange in ein Bauteil. Das zweite Ausführungsbeispiel betrifft die Armierung eines Bauteils mittels einer Schraube bzw. Gewindestange. Der Einfachheit halber wird im Folgenden nur auf eine „Schraube" bezug genommen, es versteht sich jedoch, daß alles hier Gesagte ebenso für eine Gewindestange gilt.
In beiden Ausführungsbeispielen werden in einer analytischen Berechnung die relevanten Größen Verbundspannung, Dehnung und Axialspannung der Schraube, Dehnung und Axialspannung des Bauteils und Schlupf zwischen Schraube und Bauteil in geschlossener Form ermittelt, wobei in der Berechnung das Bauteil im Verbund durch einen sogenannten Ersatzzylinder ersetzt wird. Ferner wird die Konstruktion eines Gewindes mit veränderlicher Ge-
windesteigung angegeben, welche geeignet ist, die auftretende Verbundspannung unter Belastung zumindest teilweise zu kompensieren.
Die folgende Herleitung und die Ausführungsbeispiele dienen jedoch nicht nur zur Erläute- rung der Prinzipien der Erfindung. Vielmehr können in vielen Fällen bereits mit der im folgenden skizzierten analytischen geschlossenen Lösung für die Spannungsverhältnisse und der Konstruktion einer geeigneten Gewindesteigungsvariation in der Praxis Schrauben konstruiert werden, mit denen im Belastungsfall die maximal auftretenden Verbundspannungen ganz erheblich verringert werden können, wodurch die Versagenslast erhöht wird. Außerdem las- sen sich bereits durch die folgende analytische Herleitung charakteristische Gewindeformen ermitteln, die bei typischen Lastsituationen, wie sie bei der Lasteinleitung und der Armierung auftreten, die auftretende Verbundspannung erheblich verringern.
Für komplexere Fälle, in denen eine geschlossene analytische Lösung nicht mehr möglich ist, beispielsweise aufgrund von geometrischen oder werkstoffbedingten Nichtlinearitäten, können die entsprechenden Ergebnisse mit numerischen Methoden hergeleitet werden, beispielsweise durch Finite-Elemente-Modelle (FEM).
Im folgenden wird zunächst der mathematische Apparat zum Ermitteln der Verbundspannung unter Last und zur Konstruktion geeigneter Schrauben mit veränderlicher Gewindesteigung vorgestellt. In den nachfolgenden Abschnitten 2 und 3 wird der mathematische Apparat verwendet, um für realistische Beispielfälle der Lasteinleitung bzw. der Armierung geeignete Gewindeformen zu konstruieren.
1. Mathematische Grundlagen
Bei der vorliegenden Erfindung ist eine Schraube mit einem Gewinde vorgesehen, dessen Steigung bzw. Ganghöhe in Längsrichtung der Schraube variiert. Der räumliche Verlauf des Schwerpunkts des Flankenquerschnitts des Gewindes wird durch die folgende Leitkurve pa- rameterisiert:
in der die folgenden Variablen verwendet werden:
x : Normierte Länge mit Q < x < 1
r{x) : Radius des Schwerpunkts des Flankenquerschnitts ' x-Koordinate der Leitkurve
τ
b (
x) '■ Verlauf der Verbundspannung
£t O) : Verlauf der Bauteildehnung
In der obigen Darstellung entspricht die x-Koordinate der Längsrichtung der Schraube. Bei einer herkömmlichen Schraube mit konstanter Gewindesteigung wäre die Funktion f (x) der Leitkurve eine lineare Funktion von x. Bei der vorliegenden Erfindung hingegen wird der Verlauf von f so gewählt, daß durch eine variable Gewindesteigung der Schraube eine Eigenspannung im Verbund zwischen Bauteil und Schraube erzeugt wird, welche der unter Belastung auftretenden Verbundspannung in einer Weise entgegenwirkt, daß zumindest die Spitzen der Verbundspannung unter Belastung abgemildert werden. Die geeignete Funktion f ist daher nicht nur eine Funktion der Koordinate x, sondern auch abhängig von der unter Belastung zu erwartenden Verbundspannung Tb (x) und der Dehnung et (x) des Bauteils unter Belastung.
Kräfte zwischen dem Bauteil und der Schraube werden über Verbundspannungen % übertragen, die allgemein wie folgt definiert sind:
dT = Tb • ds • 7T • dx (2)
wobei dT die infinitesimale Änderung der Axialkraft ist, die auf einen infinitesimalen Schraubenabschnitt dx wirkt, und ds • ir dem Umfang der Schraube entspricht. Ohne Verbundspannung Tb könnte keine Last über die Schraube in das Bauteil eingeleitet werden, und nur durch die Verbundspannung kann im Falle einer Armierung Zug- oder Druckkraft innerhalb des Bauteils auf die Armierung übertragen werden.
In den folgenden Berechnungen wird das Bauteil durch einen Ersatzzylinder mit einem Durchmesser dt repräsentiert. Die Vorraussetzungen für die Bestimmung der Leitkurve sind dann:
- die Kenntnis des Belastungszustandes der Verbindung,
die Kenntnis des Verbundgesetzes zwischen Gewinde und Bauteil, und
die Kenntnis des Durchmessers dt des repräsentativen Ersatzzylinders.
Dabei können das Verbundgesetz und der Durchmesser dt des Ersatzzylinders gegebenenfalls in Experimenten ermittelt werden.
Die Abmessungen und Eigenschaften des Gewindes und des Bauteils werden wie folgt bezeichnet:
Tabelle 1 :
Ferner werden die folgenden Hilfsgrößen definiert:
Die relative Verschiebung zwischen dem Gewinde und dem Bauteil, die man auch als „Schlupf δ bezeichnet, entspricht dem Integral über die Differenz der Dehnungen es der Schraube und et des Bauteils:
Die Dehnungsdifferenz es - e
t stellt die erste Ableitung des Schlupfes δ dar, und die Verbundspannung T
b entspricht der zweiten Ableitung des Schlupfes δ:
Mit einem lineareren Verbundgesetz:
erhält die inhomogene Differentialrechnung 2. Ordnung des verschieblichen Verbundes folgende Form:
Wenn die Koordinate x so gewählt wird, daß gilt: 0 <x <1 , und ferner eine Hilfsgröße λ definiert wird als:
ergibt sich die folgende Lösung für den Schlupf δ(x):
Aus der Lösung für den Schlupf lassen sich die folgenden Zustandsgrößen des Verbundes bestimmen:
Dehnung der Schraube:
Dehnung des Bauteils:
Axialspannung des Bauteils: Axialspannung der Schraube:
Verbundspannung:
wobei gilt :
Die obige Beschreibung der Verbundspannung Tb und der Dehnungen 6s der Schraube und et des Bauteils gelten zunächst allgemein, unabhängig von der speziellen Ausbildung des Ge- windes und beispielsweise auch in Fällen, in denen gar kein Gewinde verwendet wird, sondern z.B. ein Metallstab in ein Bauteil eingeklebt oder eingegossen ist. Durch die Verwendung einer Schraube mit einem Gewinde, dessen Steigung in Längsrichtung der Schraube variiert, läßt sich jedoch zusätzlich zu der unter Belastung auftretenden „üblichen" Verbundspannung Tb eine zusätzliche Vorspannung im Bauteil und in der Schraube erzeugen, die hier als „Eigenspannung" bezeichnet wird. Die „Eigenspannung" ist eine Vorspannung, die sich allein durch die Variation der Gewindesteigung der Schraube ergibt und die bereits vorliegt, wenn die Schraube in das nicht belastete Bauteil eingeschraubt ist.
Die Eigenspannung erzeugt ihrerseits eine Verbundspannung TES , die im Belastungsfall mit Tb überlagert wird. Im Rahmen der Erfindung wird die Gewindesteigung dann so variiert, daß die Verbundspannung TES der Eigenspannung der Verbundspannung Tb durch Belastung derart entgegenwirkt, daß Spitzen in der Eigenspannung Tb durch Belastung abgemildert werden.
Der Eigenspannung entspricht eine Dehnung €ES(X), die das Bauteil aufgrund der Eigenspannung erfährt. Der Zusammenhang zwischen der Verbundspannung der Eigenspannung TES und der Dehnung €ES des Bauteils in Folge der Eigenspannung ist wie folgt:
Ferner kann durch die Eigenspannung keine virtuelle Arbeit verrichtet werden, das heißt es gilt:
was bedeutet, daß die mittlere Verbundspannung der Eigenspannung τ
mEs = O ist, daß also gilt:
Der erste Schritt bei der Herleitung einer geeigneten Gewindeform bzw. Leitkurve des Gewindes besteht also darin, eine geeignete Verbundspannung TES der Eigenspannung vorzugeben und aus dieser dann den entsprechenden Dehnungsverlauf €ES(X) des Bauteils in Folge der Eigenspannung zu ermitteln. Aus dem Dehnungsverlauf €ES(X) läßt sich dann der gewünschte Verlauf der Leitkurve wie folgt ermitteln:
Es sei pθ die Nennsteigung bzw. mittlere Steigung des Gewindes, welche variiert werden soll. Die tatsächliche, variable Steigung p(x) des Gewindes wird dann wie folgt ausgedrückt:
wobei die Variation der Steigung dp an der Stelle x gegeben ist durch:
Somit ergibt sich folgende Leitkurve für das Gewinde mit den gewünschten Eigenschaften:
Die Leitkurve gemäß der obigen Gleichung (14) beschreibt somit den räumlichen Verlauf des Schwerpunkts des Flankenquerschnitts der Schraube, wenn sie nicht in das Bauteil eingeschraubt ist, das heißt wenn die Schraube an sich nicht gedehnt ist. Mit anderen Worten kann
die Schraube mit den gewünschten Eigenschaften anhand der in Gleichung (14) definierten Leitkurve hergestellt werden.
2. Ausführungsbeispiel: Lasteinleitung
Bei der Verbindung zwischen einer Schraube und einem Bauteil zur Lasteinleitung sollen Lasten über die Schraube in das Bauteil eingeleitet bzw. aus dem Bauteil ausgeleitet werden. Diese Einwirkungen geben den Spannungszustand im Verbund maßgeblich vor.
In Figur 1 sind drei typische Verläufe der Verbundspannung bei der Einleitung einer Drucklast in ein Bauteil gezeigt. Figur 2 zeigt die entsprechenden Verläufe der Verbundspannung für den Fall, daß eine Zuglast in das Bauteil eingeleitet wird.
Die drei typischen Verbundspannungsverläufe sind durch die Indices 0,1 und 2 charakterisiert. Die selben Indices 0,1 und 2 werden in den folgenden Figuren 1 bis 28 verwendet, um für die drei in Figuren 1 und 2 gezeigten Verbundspannungsverläufe die zugehörigen weiteren Parameter zu bezeichnen. Die Situation der Lasteinleitung mit einer Verbundspannung τ(x)0, wie sie in Figuren 1 und 2 gezeigt ist, wird in der folgenden Beschreibung daher auch als
„Fall 0" bezeichnet. Die Verbundspannung ,,τ" enspricht der Variablen „Tb" aus dem vorhergehenden Abschnitt. Ebenso werden die Lasteinleitungen mit Verbundspannungen τ(x)i und τ(x)2, wie sie in Figuren 1 und 2 gezeigt sind, als „Fall 1" bzw. „Fall 2" bezeichnet.
Wie den Figuren 1 und 2 zu entnehmen ist, ist der Fall 0 durch einen symmetrischen Verlauf der Verbundspannung τ(x)o charakterisiert. Ein derartiger symmetrischer Verbundspannungsverlauf ist typisch für Situationen, in denen die Dehnsteifϊgkeiten des Bauteils und der Schraube gleich oder ähnlich sind und in denen die Verbundlänge kurz ist. Wie in Figuren 1 und 2 zu erkennen ist, stellen sich im Fall 0 die Maxima der Verbundspannung τ(x)0 am Anfang und am Ende der Verbundlänge ein.
Der Fall 2 beschreibt einen asymmetrischen Verbundspannungsverlauf, wie er sich typischerweise bei ungleichen Dehnsteifigkeiten und kurzen Verankerungslängen ausbildet. Der für solche Fälle typische Verbundspannungsverlauf τ(x)j zeichnet sich durch ein stärker ausgeprägte Maximum am Anfang des Verbundes aus, das heißt an der Außenseite des Bauteils bei x = 1. Jedoch stellt sich im Fall 1 auch ein etwas weniger stark ausgeprägtes Maximum der Verbundspannung τ(x)\ am Ende des Verbundes, d.h. bei x = 0 ein.
Der Fall 2 zeichnet sich durch einen asymmetrischen Verlauf der Verbundspannung T(X)2 aus, bei dem sich ein Maximum der Verbundspannung τ(x)2 am Anfang des Verbundes (bei x = 1) einstellt und die Verbundspannung τ(x)2 bis zum Ende des Verbundes (x = O) kontinuierlich abfällt. Ein derartiger Verbundspannungsverlauf ist typisch für ungleiche Dehnsteifigkeiten der Schraube und des Bauteils und lange Verbundlängen.
Bei der folgenden Berechnung der Dehnungen und Axialspannungen in der Schraube und im Bauteil wurden die folgenden Zahlenwerte für die in dem vorhergehenden Abschnitt 1 definierten Größen verwendet:
ds = 6,
dt = 20,
Es = 210.000,
E1 = 400, und
lb = 160.
Figur 3 zeigt die Axialspannung σt(x) im Bauteil für die Fälle 0, 1 und 2 im Falle einer Druck- last, und Figur 4 im Falle einer Zuglast.
Figur 5 zeigt die Dehnung et(x) im Bauteil für die Fälle 0, 1 und 2 für den Fall einer Drucklast, und Figur 6 für den Fall einer Zuglast.
In Figuren 3 und 4 ist zu erkennen, daß die Axialspannung σt(x)0 für den Fall 0 am Anfang und am Ende der Verbundlänge stark zunimmt, während sie in der Mitte des Verbundes ledig- lieh moderat ansteigt. Der rapide lokale Anstieg der Axialspannungen an den Enden des Verbundes weist bereits auf eine Versagensquelle bei der Lasteinleitung hin. Im Fall 1 und 2 konzentriert sich der starke Anstieg der Axialspannung hingegen auf den Anfang des Verbundes, das heißt auf den Bereich von x = 0,7 bis x = 1.
Figur 7 zeigt die Axialspannung σs(x) in der Schraube für die drei Fälle 0, 1 und 2 über die Länge des Verbundes im Falle einer Drucklast, und Figur 8 für den Fall einer Zuglast.
Figur 9 zeigt die Dehnung es(x) der Schraube für die drei Fälle 0, 1 und 2 für den Fall einer Drucklast und Figur 10 für den Fall einer Zuglast. Durch Vergleich der Figuren 3 bis 6 einer-
seits und der Figuren 7 bis 10 andererseits erkennt man den komplementären Verlauf in Spannung und Dehnung zwischen Bauteil und Schraube.
Wie im vorhergehenden Abschnitt 1 erläutert wurde, läßt sich durch geeignete Variation der Steigung des Gewindes der Schraube eine Eigenspannung im Verbund erzeugen, die bereits ohne Last wirkt. Gemäß der Erfindung soll die Variation der Steigung zu einer Verbundspannung TES(X) in Folge der Eigenspannung fuhren, die der in Figuren 1 und 2 gezeigten Verbundspannung unter Lasteinwirkung derart entgegenwirkt, daß die Spitzen in der Verbundspannung unter Last zumindest teilweise kompensiert werden.
In Figur 11 sind für den Fall der Drucklast drei Verbundspannungsverläufe TES(X) der Eigen- Spannung für die Fälle 0, 1 und 2 gezeigt, die den Maxima in der Verbundspannung τ(x) unter Last von Figur 1 entgegenwirken und daher geeignet sind, letztere zumindest teilweise, zu kompensieren.
Auf ähnliche Weise sind in Figur 12 die Verbundspannungen TES(X) der Eigenspannung für die Fälle 0, 1 und 2 gezeigt, die den Verbundspannungen unter Zuglast von Figur 2 entge- genwirken.
Figuren 13 und 14 zeigen die Dehnung eεs(x) des Bauteils aufgrund der Eigenspannung, die mit der Verbundspannung τEs(x) der Eigenspannung gemäß Gleichung (9) zusammenhängt. Die Dehnungsverläufe €ES(X) von Figur 13 und Figur 14 können gemäß Gleichung (14) verwendet werden, um die Leitkurve der Schraube zu berechnen, die die gewünschte Eigenspan- nung erzeugt.
Wie eingangs erwähnt wurde, ist der Ausgangspunkt für die Konstruktion der Schraube die Wahl des gewünschten Verlaufs der Verbundspannungen T
ES(X) der Eigenspannung von Figuren 11 und 12 bzw. der gewünschte Verlauf der Dehnung des Bauteils €
ES(X) unter der Eigenspannung von Figuren 13 und 14. Die naheliegendste Wahl bestünde darin, die Verbundspan- nungen τ(x), wie sie in Figuren 1 und 2 gezeigt sind, zu invertieren, um die erwünschte Verbundspannung T
ES(X) der Eigenspannung zu erhalten. Eine derartige Verbundspannung der Eigenspannung läßt sich jedoch faktisch nicht unbedingt erzeugen, weil sie beispielsweise mit der Bedingung verschwindender virtueller Arbeit gemäß Gleichungen (10) und (11) nicht vereinbar ist. Statt dessen wurde in dem hier gezeigten Beispiel der Verlauf der Dehnung €
ES(X) des Bauteils in Folge der Eigenspannung als Linearkombination von Gewichtsfunktionen und der Lösung für die Dehnungen des Bauteils e
t(x) unter Last wie folgt angesetzt:
wobei die Gewichtsfunktionen fkao(x) und fka^x) wie folgt definiert sind:
Durch geeignete Wahl der Koeffizienten ao,i und a1 }i in den Gewichtfunktionen kann dann der gewünschte Verlauf von €ES(X) generiert werden.
Der Verlauf der durch die Eigenspannung hervorgerufenen Axialspannung σεs(x) für die drei Fälle 0, 1 und 2 ist in Figur 15 für Druckbelastung und in Figur 16 für Zugbelastung gezeigt. Figuren 17 und 18 zeigen die kombinierte Axialspannung im Bauteil, wenn sowohl die Eigenspannung als auch die Last wirkt. Diese kombinierte Axialspannung wird hier mit ffuc(x) = O7(X) + σEs(x) bezeichnet. Wie Figuren 17 und 18 zu entnehmen ist, ergibt sich für die kombinierte Axialspannung σuc(x) eine über die Länge des Verbundes gleichmäßig ansteigende bzw. abfallende Axialspannung. Diese gleichmäßige Zu- oder Abnahme der Axialspannung ist wesentlich verträglicher für den Verbund als die sich lokal stark ändernden Axialspannungen unter Last ohne erfindungsgemäße Eigenspannungsverteilung, wie sie in Figuren 3 und 4 insbesondere am Anfang des Verbundes zwischen x = 0,7 und x = 1 auftreten. Durch den gleichförmigeren Spannungsverlauf werden Spannungsspitzen in der Verbundspannung vermieden und wird die Haltbarkeit des Verbundes verstärkt.
Figuren 19 und 20 zeigen die kombinierte Verbundspannung τLκ(x), die der Summe der Verbundspannung τ(x) unter Last und der Verbundspannung TES(X) aufgrund der Eigenspannung entspricht. Die kombinierte Verbundspannung hat zwar immer noch Maxima am Anfang des Verbundes, jedoch sind diese weitaus geringer ausgeprägt als bei der Verbundspannung T (x) aufgrund der Last allein, wie den Figuren 21 bis 26 zu entnehmen ist, in denen für die unterschiedlichen Fälle 0, 1 und 2 und für Druck- und Zugbelastung die Verbundspannung τ(x)
aufgrund der Belastung und die kombinierte Verbundspannung TLK(X) gegenübergestellt sind. Wie den Figuren 21 bis 26 zu entnehmen ist, können durch die erfindungsgemäße Variation der Gewindesteigung der Schraube die Spitzen der kombinierten Verbundspannung τLκ(x) auf rund ein Drittel der Spitzen der Verbundspannungen τ(x) reduziert werden, wie sie sich bei einer gleichförmigen Gewindesteigung unter Last ergeben würden.
Wie den Figuren 21 bis 26 zu entnehmen ist, ist die kombinierte Verbundspannung TLK(X) im Mittel genauso hoch, wie die Verbundspannung τ(x) unter Belastung, nur ist sie gleichförmiger über die Verbundlänge verteilt, so daß die Spitzen in der Verbundspannung abgebaut sind. Aus den Gleichungen (10) und (11) ist unmittelbar klar, daß die mittlere Verbundspannung durch die Eigenspannung nicht geändert werden kann, weil die virtuelle Arbeit der Eigenspannung null ist, und dies ist auch nicht der Zweck der Erfindung. Vielmehr muß ja im Falle der Lasteinleitung eine gewisse Netto-Verbundspannung vorliegen, um Kraft von der Schraube auf das Bauteil übertragen zu können. Zweck der Erfindung ist vielmehr einen gleichförmigeren Verlauf der kombinierten Verbundspannung zu erzeugen und dadurch Spitzen in der Verbundspannung, an denen der Verbund andernfalls versagen könnte, abzubauen.
In Figur 27 ist der Verlauf der veränderlichen Gewindesteigung p(x) gezeigt, wie er sich gemäß Gleichung (12) und (13) für die drei Fälle 0, 1 und 2 entsprechend den Verläufen der Dehnung €ES von Figur 13 ergibt. Da die Eigenspannungsverläufe τ(x)o, τ(x)i und T(X)2 von Figur 1 typisch für die Lasteinleitung einer Drucklast in ein Bauteil sind, zeigt Figur 27 den typischen Verlauf einer veränderlichen Gewindesteigung, mit dem die Spitzen in der Verbundspannung von Figur 1 zumindest teilweise kompensiert werden können. In allen drei Fällen zeichnet sich der Verlauf der Gewindesteigung durch ein Maximum in der zweiten Hälfte des Gewindes, das heißt in dem Bereich von 0,5 < x < 1 aus. Ein guter Effekt bezüglich der Homogenisierung der Verbundspannung τ läßt sich erreichen, wenn dieses Maximum zwischen x = 0,6 und 0,9, vorzugsweise zwischen x - 0,7 und x = 0,85 liegt.
Ferner ändert sich die Krümmung des Graphen der Gewindesteigung in einem mittleren Abschnitt der Verbundlänge, so daß sich für den Fall 0 und für den Fall 1 ein Maximum in der ersten Hälfte der Verbundlänge, das heißt in dem Bereich 0 < x < 0,5 ergibt. Dieses Maximum liegt vorzugsweise in einem Bereich von 0,05 < x < 0,4 und besonders vorzugsweise in einem Bereich von 0,1 < x < 0,3.
Wie Figur 28 zu entnehmen ist, ist der Verlauf für den Fall einer Zugbelastung gerade umgekehrt, das heißt die Gewindesteigung hat ein Minimum in der zweiten Hälfte und optional ein Maximum in der ersten Hälfte der Verbundlänge.
Diese Standardverläufe der Gewindesteigung für die Einleitung von Druck- bzw. Zuglast können für Standardanwendungen bereitgestellt werden, in denen die Gewindesteigung nicht auf die im Einzelfall konkret erwartete bzw. berechnete Verbundspannung abgestimmt wird. Statt dessen ist es möglich, für bestimmte Materialkombinationen, beispielsweise Gewindestangen bzw. Schrauben aus Stahl mit Bauteilen aus Massivholz oder Beton, Standardschrauben oder Gewindestangen herzustellen, die eine standardmäßige Variation der Gewindestei- gung aufweisen, wie sie oben beschrieben wurde. Durch derartige Standardschrauben bzw. Gewindestangen kann die unter Belastung auftretende maximale Verbundspannung immer noch deutlich abgemildert werden, selbst wenn mit einer solchen Standardlösung nicht das volle Potential der Erfindung ausgeschöpft wird. Dafür lassen sich die Standardschrauben bzw. Gewindestangen in großen Stückzahlen kostengünstig herstellen, und sie stellen immer noch eine wesentliche Verbesserung gegenüber herkömmlichen Schrauben bzw. Gewindestangen mit konstanter Gewindesteigung dar.
3. Ausführungsbeispiel: Armierung
Auch bei einer Armierung mit einer Schraube bzw. Gewindestange lassen sich Spitzen in der Verbundspannung bei Belastung durch eine geeignete Eigenspannungsverteilung zumindest teilweise kompensieren. Die Gedankengänge zur Konstruktion der geeigneten Armierungsschraube bzw. -gewindestange sind ähnlich wie bei dem vorstehend beschriebenen Fall der Lasteinleitung. Ein wesentlicher Unterschied besteht jedoch darin, daß es einen vergleichbar typischen Verbundsspannungsverlauf, wie er in Figuren 1 und 2 für die Lasteinleitung gezeigt ist, im Falle der Armierung nicht unbedingt gibt, statt dessen ist das Spektrum möglicher Ver- bundspannungsverläufe unter Belastung breiter und komplexer. Es hängt von der Gesamtkonstruktion des Bauteiles und seiner Belastung ab, welche Verbundspannung zwischen dem Bauteil und der Armierung unter Last auftreten werden. Grundsätzlich ist es jedoch möglich, Verbundspannungen zwischen dem Bauteil und der Armierung durch analytische Berechnungen oder Computersimulationen vorherzusagen, und dann kann die Leitkurve des Gewindes auf die oben beschrieben Weise so berechnet werden, daß die erzeugte Eigenspannung in der Tat die Spitzen in der Verbundspannung kompensiert.
Auch in den folgenden Beispielen für die Armierung wird ein analytisches Modell mit Ersatzzylinder verwendet. Für die Armierung sind folgende Randbedingungen zu beachten:
1. Die virtuelle Arbeit der Eigenspannung über die Verbundlänge muß null betragen, und
2. die axialen Spannungen für x = 0 und x = 1 müssen null betragen.
Im folgenden wird davon ausgegangen, daß ein geeigneter Eigenspannungszustand σεs(x) durch die Armierung erzeugt werden soll. Dann machen wir den Ansatz
wobei f(x) eine Ansatzfunktion ist mit f(0) = 0 und f(l) = 0. σ
0 entspricht dem angestrebten Betrag der maximalen Vorspannung.
Der zugehörige Dehnungszustand ergibt sich dann folgendermaßen:
wobei EmES5 die mittlere Dehnung, gegeben ist als:
Aus dem Verlauf der Dehnung 6ES(X) aufgrund der Eigenspannung kann dann wiederum die Leitkurve nach der obigen Gleichung (16) berechnet werden.
Die Ansatzfunktion f(x) ist so zu wählen, daß sie unter Einhaltung der Randbedingungen dem invertierten Spannungszustand unter Belastung möglichst nahe kommt. Figur 29 zeigt Ansatzfunktionen f(x), die mit Indices von 0 bis 4 gekennzeichnet sind und in typischen Armierungsanwendungen Verwendung finden. Dabei entspricht
f(x)0: einer symmetrischen Ansatzfunktion mit parabelförmigen Verlauf über die Veranke- rungslänge,
f(x)i: einer symmetrischen Ansatzfunktion, die ansteigt, dann über eine weite Strecke nahezu konstant ist und wieder abfällt,
f(x)2: einer symmetrischen Ansatzfunktion mit zwei Maxima und einem Minimum,
f(x)3: einer asymmetrischen Ansatzfunktion, und
f(x)4: einer Ansatzfunktion mit Zug- und Druckzustand über der Verankerungslänge.
Figur 30 zeigt die erste Ableitung der Funktionen f(x)0 bis f(x)4 aus Figur 29.
Figur 31 zeigt die den Ansatzfunktionen f(x)0 bis f(x)4 entsprechenden Spannungsverläufe tfεs(x)o bis ffEs(x)4, und Figur 32 die zugehörigen Verläufe der Dehnung €ES(X)- Figur 33 zeigt die Verläufe der Verbundspannungen, wie sie durch die Eigenspannung erzeugt werden. Schließlich zeigt Figur 34 die zugehörigen Verläufe der veränderlichen Steigung.
Unter den fünf vorgestellten Ansatzfunktionen ist die Funktion f(x)t besonders hervorzuheben. Wie Figur 31 zu entnehmen ist, ergibt sich für diesen Fall ein Spannungsverlauf σεs(x)i, bei dem 0ES(X)I zwischen x = 0 und x = 0,2 relativ rasch auf einen negativen Wert abfällt, zwischen x = 0,2 und x = 0,8 ungefähr konstant auf diesem niedrigen Wert bleibt und dann zwischen x - 0,8 und x = 1 wieder auf 0 ansteigt. Mit anderen Worten führt dieser Fall zu einer Eigenspannung der Armierung, bei der das Bauteil über den größten Teil der Armierungslänge unter einem konstanten Druck gehalten wird. Diese Eigenspannungsverteilung ergibt sich aus dem Verlauf der Gewindesteigung p(x)u die in einem erstem Abschnitt zwischen x = 0 und x = 0,2 um einen Wert Δp abfällt, der im gezeigten Auführungsbeispiel ca. 0,3 beträgt, in einem mittleren Abschnitt zwischen x = 0,2 und x = 0,8 unterhalb von p(x=0)] - Δp bleibt und erst in einem dritten Abschnitt, zwischen x = 0,8 und x = 1 wieder über den Wert p(x=0) i - Δp steigt.
Obwohl es wie eingangs erwähnt weniger Standardanwendungen für Armierung gibt, als für die Lasteinleitung, gibt es doch für eine Armierung, die auf die beschriebene Weise über ei- nen großen Teil des Verbundes einen konstanten Druck erzeugt, vielfältige Anwendungen. Daher stellt zumindest die Gewindeform gemäß p(x)i einen Standardverlauf dar, der auf vorteilhafte Weise standardmäßig in Armierungen verwendet werden kann, ohne eine konkrete Untersuchung der Verläufe der Verbundspannung unter Belastung durchzuführen. Statt dessen können Standard-Armierungsschrauben für bestimmte Werkstoffkombinationen herge- stellt werden, bei denen das Gewinde qualitativ den Verlauf von p(x)] von Figur 34 aufweist,
und diese Armierungsschrauben führen in einer Vielzahl von Standardanwendungen zu wesentlich höherer Belastungsstabilität als gewöhnliche Armierungsschrauben oder Gewindestangen mit konstanter Gewindesteigung.
Die in der vorstehenden Beschreibung vorgestellten Merkmale können in beliebigen Kombi- nationen von Bedeutung sein.