Verfahren zur Steuerung der Therapie von Patienten mit Herzinsuffizienz anhand der in vitro Bestimmung von Schwellenwerten von vasoaktiven Peptiden
Die vorliegende Erfindung betrifft eine neue Anwendung eines diagnostischen in vitro Verfahrens zur Bestimmung von bestimmten vasoaktiven (auf Gefäße wirkenden; vasotropen) endogenen Peptiden in Blutproben zur Steuerung der Therapie von Patienten mit Herzinsuffizienz, indem der Erfolg oder Misserfolg therapeutischer Interventionen anhand der Veränderung der messbaren Konzentrationen derartiger Peptide beurteilt wird.
Von Herzinsuffizienz (engl, heart failure, HF; cardiac insufficiency) wird gesprochen, wenn das Herz nicht mehr in der Lage ist, den Körper ausreichend mit Blut und damit auch mit Sauerstoff zu versorgen. Die Herzinsuffizienz (Herzleistungsschwäche) ist keine eigenständige Krankheit, sondern ein Krankheitsbild mit verschiedenen Ursachen und mehreren charakteristischen Symptomen. Es werden zur genaueren Charakterisierung der verschiedenen Formen der Herzinsuffizienz je nach Ort der Erkrankung, Art der Symptome oder Art der Krankheitsentwicklung verschiedene Begriffe verwendet, von denen insbesondere zu nennen sind Rechts- bzw. Linksherzinsuffizienz (je nachdem, ob das rechte Herz oder das linke
Herz erkrankt ist; left ventricular insufficiency and right- sided heart failure respectively) , Globale Herzinsuffizienz (fortgeschrittene Fälle und/oder wenn beide Herzkammern primär betroffen sind; global heart failure) , systolische Herzinsuffizienz (der Herzmuskel ist nicht mehr in der Lage, kräftig zu pumpen; systolic heart failure) , diastolische Herzinsuffizienz (der Herzmuskel kann nicht mehr richtig entspannen und sich mit Blut füllen; diastolic heart failure) , Vorwärts- und Rückwärtsversagen (unzureichende Blutauswurfleistung bzw. Rückstau des Bluts vor dem Herzen; forward heart failure and backward heart failure respectively) , Stauungsinsuffizenz (dekompensierte Rechtsherzinsuffizienz; congestive heart failure, CHF), chronische Herzinsuffizienz (die Symptome entwickeln sich langsam über Monate bis Jahre; eine plötzliche akute Verschlechterung ist jederzeit möglich; chronic heart failure) und akute Herzinsuffizienz (Entstehen der Herzinsuffizienz innerhalb von Minuten oder Stunden, z.B. nach einem Herzinfarkt; acute heart failure).
Herzinsuffizienz ist in 70% der Fälle durch eine Pumpschwäche des Myokards aufgrund einer koronaren Herzkrankheit bedingt. Sie betrifft vor allem die ältere Bevölkerung.
Die klassischen diagnostischen Maßnahmen zur Erkennung einer Herzinsuffizienz sind körperliche Untersuchungen von Herz und Lunge und auf Ödeme, EKG (auch als Belastungs- und/oder Langzeit -EKG) , Blutdruckmessung, Untraschalluntersuchungen sowie ggf. Röntgenuntersuchungen, Laboruntersuchungen, Lungenfunktionsprüfungen und Bestimmung der SauerstoffSättigung des Bluts. Je nach klinischem und diagnostischem Befund werden potentielle und erkrankte Herzinsuffizienz-Patienten vier Gruppen zugeordnet, und zwar in Anlehnung an die Empfehlungen der New York Heart Association (NYHA) den vier sogenannten NYHA-Stufen I bis IV.
Für die Zuordnung zu den einzelnen NYHA-Stufen gilt: NYHA I = keine Beschwerden
NYHA II = Beschwerden bei stärkerer körperlicher Belastung (z.B. Luftnot nach 3 Etagen Treppensteigen oder beim zügigen Bergaufgehen)
NYHA III = Beschwerden bei leichter körperlicher Belastung (z.B. Luftnot nach 1 Etage Treppensteigen, beim langsamen Bergaufgehen oder beim zügigen Gehen in der Ebene)
NYHA IV = Beschwerden bereits in Ruhe, die unter leichter körperlicher Belastung zunehmen.
In jüngerer Zeit wurde zu diagnostischen und prognostischen Zwecken zunehmend auch die Messung von endogenen vasoaktiven Peptiden herangezogen, deren Konzentrationen bei Herzinsuffizienz gegenüber gesunden Kontrollpersonen in charakteristischer Weise verändert sind (sogenannte Kardiovaskulärmar- ker; vgl. auch (I)) . In diesem Zusammenhang sind in erster Linie zu nennen die natriuretischen Peptide (ANP, BNP, CNP) sowie des weiteren die vasoaktiven Peptide Adrenomedullin (ADM) , Endothelin-1 (ET-I) und Vasopressin (Arginin-Vaso- pressin,- AVP) , um deren Bestimmung es in der vorliegenden Anmeldung geht. Die Freisetzung der letztgenannten drei Peptide wurde erst mit Hilfe von neu entwickelten Assays der Anmelderin, die weiter unten noch genauer erläutert werden, auf einfache und valide Weise messbar. Dabei hat sich gezeigt, dass hohe Konzentrationen von AMP, ET-I und AVP klare Hinweise auf eine schlechte Prognose bzw. einen wahrscheinlich tödliche Ausgang der Erkrankung liefern.
Zur Basisterapie einer diagnostizierten chronischen Herzinsuffizienz gehört heute vor allem eine Behandlung mit ACE- Hemmern (ACE = angiotensin Converting enzyme) , Betablockern sowie insbesondere Diuretika (harntreibenden Substanzen) . Als weitere bei Herzinsuffizienz eingesetzte Therapeutika sind Angiotensin-II-Rezeptoren-Blocker (ARB), blutverdünnende Mittel, Calciumkanalblocker, Digitalis-Präparate (Digita- lisglykoside wie z.B. Digitoxin, Digoxin und davon abgeleitete halbsynthetische Derivate) , Vasodilatoren und Maßnahmen
- A - wie die Erhöhung der Kaliumzufuhr zu nennen. In schweren Fällen (NYHA IV) werden sog. IV-Diuretika sowie, mit einer geringeren Häufigkeit, Präparate wie Dobutamin, Dopamin, Milrinon, Nesiritid, Nitroglycerin oder Nitroprussid angewandt. Bei schweren chronischen oder akuten Verlaufsformen mit drohenden Komplikationen wie einem Lungenödem oder einem kardiogenen Schock müssen die Patienten aufgrund der kritischen Prognose intensivmedizinisch behandelt werden.
Ein großer Teil der im o.g. Sinne behandelten Patienten reagiert auf die Standardtherapien jedoch nur suboptimal, mit der Konsequenz der Auftretens von "Ereignissen" wie Re- Hospitalisierung aufgrund starker Symptome (Atemnot, Kreislaufzusammenbruch) oder Tod. Es ist bisher nur sehr schwer möglich, den Erfolg oder Misserfolg einer gewählten Behandlungsstrategie so frühzeitig zu erkennen, dass die Therapiemaßnahmen gegebenenfalls im Sinne einer Therapieumstellung rechtzeitig geändert werden können, bevor es zu den o.g. "Ereignissen" aufgrund einer Wirkungslosigkeit der vorrangig gewählten Therapiemaßnahmen kommt .
BNP wurde und wird für eine Verwendung zur Therapiekontrolle erprobt, jedoch bislang nicht mit einem überzeugenden Erfolg (5) .
Es ist daher Aufgabe der vorliegenden Erfindung, dem Arzt neue diagnostische Möglichkeiten zur Verfügung zu stellen, die klare und möglichst frühzeitige Hinweise auf den Erfolg der zur Behandlung einer Herzinsuffizienz gewählten Behandlungsmaßnahmen liefern.
Die genannten "Hinweise" sollten dabei als klare, direkt den relevanten Zustand eines Patienten widerspiegelnde Messergebnisse in Zahlenform erhältlich sein, an denen sich der Arzt direkt orientieren kann, so dass eine "Einstellung des Patienten" im Sinne einer Verbesserung der genannten Messwerte direkt als vordergründiges Therapieziel angestrebt
werden kann .
Die genannte Aufgabe wird gemäß der Erfindung durch ein Verfahren zur Steuerung der therapeutischen Behandlung eines Herzinsuffizienz-Patienten gelöst, bei dem man bestimmt, wie sich die Konzentration mindestens eines der vasoaktiven Peptide Adrenomedullin (ADM) , Endothelin-1 (ET-I) und/oder Vasopressin (AVP) im Blut des Patienten nach Beginn einer Therapie ändert und im Falle einer ausbleibenden oder unzureichenden Verminderung der genannten Konzentration die Therapiemaßnahmen als unbefriedigend beurteilt und die Therapiemaßnahmen ändert, während man bei einer ausreichenden Verminderung der genannten Konzentration von einer erfolgreichen Therapie ausgeht.
Speziellere bzw. bevorzugte Ausgestaltungen eines solchen Verfahrens beinhalten die in den Ansprüchen 2 bis 13 angegebenen Maßnahmen.
Die im Rahmen des erfindungsgemäßen Verfahrens zu bestimmenden vasoaktiven endogenen Peptide sind solche, deren Ausschüttung sich im Falle von Herzinsuffizienz in charakteristischer Weise verändert. Die vasoaktiven Peptide gehören dabei sowohl zu endogen gebildeten gefäßerweiternden (vaso- dilatorischen) oder gefäßverengenden (vasokonstriktorischen) physiologisch aktiven Peptiden und sind insbesondere das vasodilatorische Peptid Adrenomedullin (ADM) sowie die vasokonstriktorischen Peptide Endothelin- 1 (ET-I) und Vasopressin (AVP) . Diese werden vorzugsweise unter Verwendung von Assays der Anmelderin bestimmt, mit denen die Freisetzung der eigentlichen vasoaktiven Peptide anhand der Bestimmung von physiologisch inaktiven Co-Peptiden (MR-proADM, CT- ProET-1, CT-proAVP bzw. Copeptin) , die wie die vasoaktiven Peptide aus einem jeweiligen Propeptid-Vorläufer gebildet werden, bestimmt wird.
Ihre Bestimmung im Zusammenhang mit der Therapiesteuerung
von Herzinsuffizienz-Patienten kann als auch als Verwendung als kurzfristiger Surrogatmarker für den Erfolg einer Therapie der Herzinsuffizienz bezeichnet werden.
Es ist als Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens anzusehen, wenn die Bestimmung der o.g. Peptide durch die Bestimmung zusätzlicher klinischer oder biochemischer Parameter ergänzt wird, beispielsweise dadurch, dass man zusätzlich auch noch andere endogene vasoaktive Analyten bestimmt oder mitbestimmt. Es können in diesem Zusammenhang beispielhaft ergänzend genannt werden die Peptide des Renin-Angio- tensin-Aldosteron (RAA) Systems, insbesondere das vasokon- striktorische Peptid Angiotensin II, die sog. Substanz P (SP) , sowie ferner die vasodilatorischen Peptide CGRP1-37, Amylin (IAPP) , Endothelin-3 (ET-3) und das vasoaktive Intestinalpeptid (VIP) . Ferner ist auch eine Mitberücksichtigung von weiteren Nicht-Peptid-Analyten wie NO (z.B. bestimmbar als Nitrit oder Nitrat) zu nennen.
Wenn von einer Bestimmung der jeweiligen Analyten "im Blut" gesprochen wird, umfasst dieser Begriff die Bestimmung in Vollblut, Serum oder Plasma. Die Bestimmung der Analyten führt man vorzugsweise mit Hilfe immundiagnostischer Bestimmungsverfahren in Form von Immunoassays vom Sandwichtyp durch, z.B. mit einem der nachfolgend erläuterten Assays der Anmelderin.
Die Konzentration von Adrenomedullin (ADM) wird vorzugsweise als Konzentration eines midregionalen ProADM-Fragments (MR- proADM) bestimmt, das die Aminosäuren 45-92 des Prä-Proadre- nomedullins umfasst. Ein geeigneter Assay ist beschrieben in EP 1 488 209 Bl bzw. WO 2004/090546 bzw. in (2) . Unter Verwendung dieses Assays werden bei gesunden Personen ADM- Normalkonzentrationen bestimmt, die im Bereich von 0,2 - 0,6 nmol/1 liegen (die Bereichsobergrenze stellt einen Schwellenwert dar, an man sich für die TherapieentScheidung orientiert) . Die Einstellung eines Patienten auf eine solche
Normalkonzentration stellt das o.g. vordergründige Therapieziel der Behandlung einer Herzinsuffizienz dar.
Die Konzentration von Endothelin 1 (ET-I) wird vorzugsweise als Konzentration eines C-terminalen ET-I -Fragments (CT- proET-1) bestimmt, das die Aminosäuren 168-212 des Prä-Pro- endothelins 1 umfasst. Ein geeigneter Assay ist beschrieben in 1 564 558 Bl bzw. WO 2005/078456 und in (3) . Unter Verwendung dieses Assays werden bei gesunden Personen ET-I Normalkonzentrationen bestimmt, die im Bereich von 25 - 70 pmol/1 liegen (die Bereichsobergrenze stellt einen Schwellenwert dar, an man sich für die TherapieentScheidung orientiert) . Die Einstellung eines Patienten auf eine solche Normalkonzentration stellt ebenfalls ein o.g. vordergründiges Therapieziel der Behandlung einer Herzinsuffizienz dar.
Für die Bestimmung der Konzentration von Vasopressin (AVP) ist die Verwendung eines Assays empfehlenswert, mit dem das Propeptid-Fragment CT-proAVP (Copeptin) bestimmt wird und der in näheren Einzelheiten beschrieben wird in der Veröffentlichung WO 2006/018315 bzw. in (4) . Unter Verwendung dieses Assays werden bei gesunden Personen AVP-Normalkonzentrationen bestimmt, die unter 13 pmol/1 (< 13 pmol/1) liegen (der genannte Wert stellt einen Schwellenwert dar, an man sich für die Therapieentscheidung orientiert) . Die Einstellung eines Patienten auf eine solche Normalkonzentration stellt ein weiteres vordergründiges Therapieziel der Behandlung einer Herzinsuffizienz dar.
Die Berücksichtigung nur eines der o.g. Parameter, d.h. die Einstellung eines Patienten auf die Normalkonzentration nur eines der o.g. Parameter, liefert, wie nachfolgend anhand von Messergebnissen in einer Tablle 1 gezeigt wird, bereits Aussagen von hoher Signifikanz für den Therapieerfolg bzw. Therapiemisserfolg .
Wie ebenfalls nachfolgend in einer Tabelle 2 gezeigt, wird
ein Behandlungserfolg jedoch mit einer noch deutlich höheren Signifikanz angezeigt, wenn es gelingt, bei dem Patienten gleichzeitig zwei oder vorzugsweise alle drei genannten Parameter in die angegebenen Normalbereiche zu bringen. Denn obwohl alle Parameter bei Herzinsuffizienz erhöht gefunden werden, sind sie voneinander weitgehend unabhängig und können sich dadurch ergänzen.
Die erfindungsgemäße in vitro Bestimmung eines oder mehrerer Parameter kann man bei einer klinischen Routineanwendung in größerem Maßstab zweckmäßiger Weise auch als Simultanbestimmung mittels einer Chiptechnologie-Messvorrichtung oder im Rahmen einer sog. Point-of-Care (POC) -Bestimmung mit einer immunchromatographisehen Messvorrichtung durchführen. Die Ermittlung und Auswertung des komplexen Messergebnisses einer Multiparameter-Bestimmung erfolgt zweckmäßiger Weise mit Hilfe eines geeigneten Computerprogramms.
Wenn in dieser Anmeldung der Begriff "Konzentration" verwendet wird, meint dieser Begriff nicht, im Sinne einer einengenden Gleichsetzung, nur die in der biologischen Probe messbaren stationären Konzentration des eigentlichen vasoaktiven Peptids.
Die wichtigsten im Rahmen der vorliegenden Erfindung diskutierten, pathophysiologisch freigesetzten vasoaktiven Peptide liegen nur zu einem geringeren Teil frei bzw. unbehindert messbar in biologischen Flüssigkeiten vor. Wesentliche Teile der pathophysiologisch freigesetzten vasoaktiven Peptide werden der biologischen Flüssigkeit durch Bindung an Rezeptoren und andere Membran- oder Gefäßstrukturen rasch entzogen und/oder abgebaut .
Die Messung von inaktiven, aus den gleichen Vorlaufer-Pro- peptiden gebildeten Co-Peptiden, wie sie gemäß der vorliegenden Erfindung unter Verwendung der hierin genannten Assays der Anmelderin bevorzugt erfolgt, spiegelt, anders
als die momentane Konzentration in einer biologischen Flüssigkeit, die Freisetzung der vasoaktiven Peptide im Sinne von "Wirkkonzentrationen" über einen längeren Zeitabschnitt wieder und gestattet eine indirekte Miterfassung auch gebundener oder schnell abgebauter Anteile des vasoaktiven freigesetzten Peptids. Das führt in Verbindung mit der höheren Stabilität solcher Co-Peptide zu höheren messbaren Absolut- konzentrationswerten für den zu bestimmenden Analyten in der biologischen Flüssigkeit, z.B. in Serum oder Plasma.
Die in der vorliegenden Erfindung angesprochenen Konzentrationen sind jedoch nicht notwendigerweise nur die messbaren Konzentrationen solcher inaktiver Co-Peptide, sondern können auch die Konzentrationen anderer messbarer Analyten sein, z.B. kleiner Moleküle wie NO, die jeweils in einem im wesentlichen proportionalen Verhältnis zu den für die genannten inaktiven Co-Peptide messbaren Konzentrationen gebildet werden bzw. in der biologischen Flüssigkeit vorhanden sind. Derartige, in einer biologischen Flüssigkeit (Serum, Plasma) in einem proportionalen Verhältnis zu den vasoaktiven Peptiden bzw. Co-Peptiden vorhandene Analyten können als "Surrogate vasoaktiver Peptide" angesehen werden, deren Bestimmung der direkten Bestimmung der vasoaktiven Peptide oder der entsprechenden Co-Peptide gleichwertig sein kann und in gleicher Weise Werte liefern kann, die im Rahmen der vorliegenden Erfindung ggf. die Messwerte für die Konzentrationen der vasoaktiven Peptide bzw. der Co-Peptide ersetzen können. Die indirekte Bestimmung der vasoaktiven Peptide durch Bestimmung derartiger "Surrogate vasoaktiver Peptide" soll vom allgemeinen Begriff "Bestimmung der Konzentration vasoaktiver Peptide" miterfasst werden.
Bei Erkrankungen mit einem eher chronischen Verlauf ohne plötzliche Verschlechterungen oder Verbesserungen des Zu- stands des Patienten, wie es bei einer chronischen Herzinsuffizienz der Fall sein kann, besteht z.B. eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass sich bezüglich der verschiedenen
krankheitsrelevanten Analyten ohne therapeutische Intervention oder bei einer regelmäßigen, gleichbleibenden therapeutischen Intervention durch Medikamentenverabreichung ein nur wenig variabler, sich nur langsam verändernder stationärer Gesamtzustand ausbildet. In einem solchen Falle sollten die stationär in der biologischen Flüssigkeit des Patienten messbaren Konzentrationen eines aktiven Analyten, im vorliegenden Falle eines vasoaktiven Peptids, im wesentlichen proportional zu den über längere Zeiträume pathophysiolo- gisch freigesetzten Mengen des gleichen Analyten sein, wie sie in Form von physiologisch inaktiven Co-Peptiden mit den Assays der Anmelderin gemessen werden können. Das bedeutet, dass sich die bei der bevorzugten Multiparameter-Bestimmung inaktiver Co-Peptide gemäß der vorliegenden Erfindung festgestellbaren Abweichungen von den Kontrollwerten Gesunder, sowie der krankheitstypische Gang dieser Abweichungen, auch in den in der Regel niedrigeren stationären Konzentrationen der aktiven Analyten widerspiegeln sollten, so dass der konkreten Wahl der gemessenen "Analytenkonzentrationen" kein entscheidender qualitativer Einfluss auf die diagnostische Auswertung zukommen sollte.
Die Erfindung wird nachfolgend im experimentellen Teil unter Bezugnahme auf zwei Tabellen noch näher erläutert.
Die im experimentellen Teil beschriebenen Messungen von MR- proADM, CT-proAVP und CT-proET-1 in Patientenplasmen erfolgte mit den weiter oben erwähnten, in der dort genannten Literatur beschriebenen Assays der Anmelderin, die alle ihrem Wesen nach nichtkompetitive immunoluminometrische Sandwichassays darstellen.
Auf die allgemeinen Ausführungen zur Problematik der Bestimmung von ADM bzw. ET-I bzw. AVP in Patientenproben und die Erläuterungen zur Assaydurchführung in den genannten Patentschriften bzw. den Publikationen (2, 3, 4) wird zur Ergänzung der Ausführungen in der vorliegenden Anmeldung aus-
drücklich Bezug genommen.
Nachfolgend wird die Erfindung anhand von Messergebnissen für die Marker ADM, ET-I und VAP bei Herzinsuffizienz-Patienten noch näher erläutert.
Experimenteller Teil
AssaybeSchreibung
Die Messung von MR-proADM im Plasma erfolgte mit einem immu- noluminometrischen Sandwichassay im wesentlichen so wie im experimentellen Teil der o.g. WO 2004/090546 bzw. in (2) beschrieben wird.
Die Messung von CT-proET-1 im Plasma erfolgte mit einem immunoluminometrischen Sandwichassay im wesentlichen so wie im experimentellen Teil der o.g. WO 2005/078456 bzw. in (3) beschrieben wird.
Die Messung von CT-proAVP (Copeptin) zur Bestimmung von freigesetztem AVP im Plasma erfolgte mit einem immunoluminometrischen Sandwichassay im wesentlichen so wie im experimentellen Teil der WO 2006/018315 bzw. in (4) beschrieben wird.
Messdatenerhebung :
Zur Prüfung der Frage, ob sich die Bestimmung von ET-I (als CT-ProET-1) , ADM (als MR-proADM) und Vasopressin (als CT- proAVP) allein oder in Kombination zur frühzeitigen Erkennung eines Therapieerfolgs und damit zur Steuerung der Therapie von Herzinsuffizienz-Patienten eignet, wurde bei allen Patienten eines Kollektivs von 377 Patienten, die mit dem Leitsymptom Atemnot in Notfallaufnahmen eingeliefert wurden, unmittelbar nach der Aufnahme eine erste Blutprobe genommen .
Noch am Tag der Notfallaufnahme wurde mit therapeutischen Interventionen begonnen, und 4 Tage nach Beginn der Intervention erfolgte eine zweite Blutabnahme.
Alle Patienten wurden anschließend über einen Zeitraum von 12 Monaten observiert, und das Versterben eines Patienten oder seine Rehospitalisierung aufgrund akuter Herzinsuffizienz wurde als "Ereignis" erfasst.
Das Patientenkollektiv bestand aus insgesamt 377 Personen, 288 männlich und 89 weiblich. Das Durchschnittsalter betrug 67 + 11 Jahre, wobei das individuelle Alter der Personen zwischen 42 und 91 Jahren lag. Die Zuordnung der Patienten zu den o.g. NYHA-Klassen war wie folgt:
NYHA I = 21 Patienten; NYHA II = 118; NYHA III = 144; NYHA IV = 94.
Bei insgesamt 354 der 377 Patienten wurde am Tage der Aufnahme für mindestens einen der genannten Marker ein Wert gemessen, der oberhalb des genannten jeweiligen Schwellenwerts bzw. des Normalbereichs für Gesunde lag.
Von diesen 345 Patienten (n = 345) betrug die 12 -Monats- Mortalität 17 % (59 Patienten) , und die 12 -Monats-Rehospitalisierung (einmal oder häufiger) 20 % (70 Patienten) . Daraus ergibt sich eine Gesamt -Ereignishäufigkeit von 38 % (129 Patienten) .
In der nachfolgenden Tabelle werden die für die einzelnen Marker für Patienten mit Ereignissen (129 Patienten) erhaltenen Messergebnisse am Tag der Notaufnahme sowie am vierten Tag danach, d.h. am Tag 4 nach Beginn der therapeutischen Intervention, wiedergegeben.
Tabelle 1
Tabelle 2
Aus Tabelle 1 (letzte Spalte) ist abzulesen, dass bei Berücksichtigung nur eines einzelnen Markers bereits eine signifikante Korrelation zwischen der ereignisfreien 12- Monats-Überlebenszeit und der Normalisierung der Werte für den jeweiligen Marker nach 4 Tagen erhalten wird (nur 2,2 bzw. 3,2 bzw. 6,7 Ereignisse in den Gruppen der "einfach normalisierten Patienten").
Tabelle 2 ist zu entnehmen, dass die Korrelation noch einmal erheblich, im Ergebnis überraschend, verbessert wird, wenn man gleichzeitig die Messergebnisse für MR-proADM sowie für CT-proET-1 berücksichtigt (nur noch 0,6 Ereignisse in der Gruppe der "doppelt normalisierten Patienten"). Wird zusätzlich als dritter Marker CT-proAVP berücksichtgt , wird eine Gruppe "dreifach normalisierter Patienten" erhalten, in der es zu keinerlei Ereignissen mehr kam.
Der Arzt kann somit als kurzfristiges Therapieziel seiner therapeutischen Interventionen die Normalisierung oder zumindest Absenkung der gemessenen Werte für die genannten Marker betrachten. Er könnte auf diese Weise schnell, d.h.
bereits nach etwa 4 Tagen (der Zeitraum kann auc etwas kürzer oder auch länger sein) , Responder (die auf die gewählte Therapie ansprechen) von Non-Respondern (die auf die gewählte Therapie nicht ansprechen) unterscheiden und bei den Non-Respondern ggf. ein Umstellung der Therapie einleiten. Eine solche frühzeitige Anpassung der Therapie bei einem anhand der messbaren Markerkonzentrationen erkennbaren Ausbleiben des Therapierfolgs kann lebensrettend bzw. lebensverlängernd sein.
Ist der Patient therapieresistent und spricht auf keine der gewählten Therapien an, erleichtert das ggf. die schnelle Entscheidung für schwerwiegendere Eingriffe z.B. chirurgischer Art .
Literatur
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2. NILS G. MORGENTHALER, JOACHIM STRUCK, CHRISTINE ALONSO, ANDREAS BERGMANN, Measurement of Midregional Proadreno- medullin in Plasma with an Immunoluminometric Assay, Clinical Chemistry 51:10, 2005, 1823-1829
3. JANA PAPASSOTIRIOU, NILS G. MORGENTHALER, JOACHIM STRUCK, CHRISTINE ALONSO, ANDREAS BERGMANN, Immunoluminometric Assay for Measurement of the C-Terminal Endo- thelin-1 Precursor Fragment in Human Plasma, Clinical Chemistry 52:6, 2006, 1144-1151
4. NILS G. MORGENTHALER, JOACHIM STRUCK, CHRISTINE ALONSO, ANDREAS BERGMANN, Assay for the Measurement of Copep- tin, a Stable Peptide Derived from the Precursor of Vasopressin, Clinical Chemistry 52:1, 2006, 112-119
5. VAN CHENG, RADMILA KAZANAGAR, ALEX GARCIA, LESLIE LE- NERT, PADMA KRISHNASWAMY, NANCY GARDETTO, PAUL CLOPTON, ALAN MAISEL, A Rapid Bedside Test for B-Type Peptidre Prdicts Treatment Outcomes in Patients Admitted for Decompensated Herat Failure: A Pilot Study, J Am Coli Cardiol 2001; 37:386-391