Beschreibung
Verfahren zum Erkennen des Aussteuerpunkts eines Unterdruck- Bremskraftverstärkers
Die Erfindung betrifft eine Vorrichtung zum Ermitteln des Aussteuerpunkts eines Unterdruck-Bremskraftverstärkers gemäß dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1, sowie ein entsprechendes Verfahren gemäß dem Oberbegriff des Patentanspruchs 3.
Unterdruck-Bremskraftverstärker dienen zum Verstärken der am Fuß-Bremspedal eines Kraftfahrzeugs ausgeübten Bremskraft. Wegen ihrer einfachen und kostengünstigen Bauweise sind sie der am meisten verbreitete Verstärkertyp in Kraftfahrzeugen.
Fig. 1 zeigt eine schematische Darstellung eines herkömmlichen Unterdruck-Bremskraftverstärkers (UBKV) , wie er aus dem Stand der Technik bekannt ist. Der UBKV umfasst im wesentlichen eine Arbeitskammer 2, eine Vakuumkammer 1 mit einem Unterdruckanschluss 3 und eine Membran 7, die die beiden Kammern 1,2 voneinander trennt. Am Unterdruckanschluss 3 ist eine Unterdruckquelle (nicht gezeigt) angeschlossen, die z. B. vom Verbrennungsmotor angetrieben wird und in der Vakuumkammer 1 einen vorgegebenen Unterdruck erzeugt. Im Zentralbereich des UBKV 8 ist ein Doppelventil 4 angeordnet, das zwei Funktionen erfüllt, nämlich a) die Arbeitskammer 2 von der Vakuumkammer 1 zu trennen bzw. die beiden Kammern 1,2 miteinander zu verbinden und b) die Arbeitskammer 2 zu belüften bzw. von der Umgebungsluft zu trennen.
Im ungebremsten Zustand ist die Verbindung zwischen der Vakuumkammer 1 und der Arbeitskammer 2 offen. In beiden
Kammern 1,2 herrscht somit der gleiche Unterdruck. Bei einer Betätigung des Fuß-Bremspedals werden die beiden Kammern 1,2 voneinander getrennt und die Arbeitskammer 2 belüftet. Abhängig von der über die Kolbenstange 6 ausgeübten Bremskraft F stellt sich ein Druckniveau zwischen dem Unterdruck in der Vakuumkammer 1 und Umgebungsdruck ein. Die aus der Druckdifferenz resultierende Kraft auf die Arbeitsmembran 7 verstärkt dabei die am Bremspedal ausgeübte Bremskraft. Der vom UBKV 8 erzeugte Hilfskraftanteil ist im wesentlichen abhängig vom konstruktiven Aufbau des UBKV 8 und von dem in der Vakuumkammer 1 herrschenden Unterdruck. Nach dem Lösen des Bremspedals wird die Belüftung mit Umgebungsluft unterbrochen und das Kammerventil wieder geöffnet. Dadurch werden beide Kammern 1,2 von der Unterdruckquelle mit Unterdruck beaufschlagt.
Fig. 2 zeigt eine typische Übertragungskennlinie eines UBKV 8, die den im Bremssystem wirkenden Bremsdruck p (Vordruck) über der am Fuß-Bremspedal ausgeübten Kraft F darstellt. Der UBKV 8 geht ab einer vorgegebenen Mindestkraft F0, die zur Betätigung der mechanischen Komponenten erforderlich ist, in Funktion und verstärkt dann den Bremsdruck p linear mit zunehmender Bremskraft F. Der Verstärkungsfaktor ist dabei mit k bezeichnet. Im linearen Bereich der Kennlinie nimmt der Hilfskraftanteil bis zu einem Aussteuerpunkt 11 (AP) stetig zu. Im Aussteuerpunkt 11 ist die maximale Druckdifferenz zwischen der Arbeitskammer 2 und der Vakuumkammer 1 erreicht. In der Arbeitskammer 2 herrscht dann Umgebungsluftdruck. Bei einem noch weiteren Anstieg der Bremskraft F am Fuß- Bremspedal erhöht sich der Bremsdruck p nur noch unverstärkt.
Herkömmliche UBKV 8 sind üblicherweise derart konstruiert, dass der Aussteuerpunkt 11 auch bei maximaler Betätigung des Fuß-Bremspedals nicht oder nicht wesentlich überschritten wird. Bei zu klein dimensionierten UBKVn 8 oder bei unzureichender Unterdruckversorgung in der Vakuumkammer 1 liegt der Aussteuerpunkt 11' jedoch unterhalb des Blockier-
Druckniveaus 14. Die Bremskraft F wird in diesem Fall nur noch bis zum Aussteuerpunkt AP' linear verstärkt und danach nur noch unverstärkt übertragen (Linie 13) . Dies führt dazu, dass nach Überschreiten des Aussteuerpunkts AP' eine weitere Erhöhung der Bremskraft einen wesentlich erhöhten Kraftaufwand am Bremspedal erfordert.
Zur Behebung dieses Problems ist es bekannt, bei Erreichen des Aussteuerpunkts 11 auf eine hydraulische Verstärkung umzuschalten und das Hydroaggregat eines Fahrdynamik- regelungssystems (z.B. ESP) zu aktivieren, um zusätzlich Bremsdruck aufzubauen. Hierzu ist es erforderlich, den Aussteuerpunkt genau zu erkennen und im richtigen Zeitpunkt auf die hydraulische Verstärkung umzuschalten.
Aus dem Stand der Technik ist es bekannt, die Druckdifferenz zwischen der Arbeits- 2 und Vakuumkammer 1 mittels eines in der Arbeits- 2 und eines in der Vakuumkammer 1 angeordneten Drucksensors zu messen und bei Erreichen eines Maximums der Druckdifferenz auf die hydraulische Verstärkung umzuschalten. Hierzu sind jedoch zwei Drucksensoren erforderlich. Dies ist relativ aufwändig.
Es ist daher die Aufgabe der vorliegenden Erfindung, den Aussteuerpunkt mit geringerem sensorischen Aufwand zu erkennen.
Gelöst wird diese Aufgabe gemäß der Erfindung durch die im Patentanspruch 1 sowie im Patentanspruch 3 angegebenen Merkmale. Weitere Ausgestaltungen der Erfindung sind Gegenstand von Unteransprüchen.
Ein wesentlicher Gedanke der Erfindung besteht darin, nur in der Vakuumkammer einen Drucksensor vorzusehen und den Aussteuerpunkt allein aus dem Vakuumkammerdruck mittels einer mathematischen Funktion zu berechnen. In der Arbeitskammer
des Unterdruck-Bremskraftverstärkers ist vorzugsweise kein Drucksensor vorgesehen.
Wenn der im Bremssystem herrschende Bremsdruck (der z.B. mittels eines Vordrucksensors gemessen werden kann) den berechneten Aussteuerpunkt erreicht, wird vorzugsweise automatisch auf eine hydraulische Verstärkung umgeschaltet bzw. die hydraulische Verstärkung deaktiviert. Die Berechnung des Aussteuerpunkts mittels einer mathematischen Funktion hat den wesentlichen Vorteil, dass der Aussteuerpunkt unter Verwendung nur eines einzigen Drucksensors ermittelt werden kann. Dadurch wird es möglich, einen für den Fahrer nicht mehr wahrnehmbaren Übergang zwischen pneumatischer und hydraulischer Verstärkung zu erreichen.
Die mathematische Funktion zur Berechnung des Aussteuerpunkts Pap ist vorzugsweise eine Geradengleichung der Form:
pap=m• pv+b
wobei pAp den Bremsdruck im Aussteuerpunkt, pv den in der
Vakuumkammer herrschenden Unterdruck und m,b zwei Variablen bezeichnen .
Die Variablen m,b sind abhängig vom Aufbau des Unterdruck- Bremskraftverstärkers und müssen zunächst für jeden Typ separat kalibriert werden. Hierzu wird im Testbetrieb vorzugsweise folgendes Kalibrierverfahren durchgeführt:
Die Arbeitskammer wird zunächst belüftet und der Druckunterschied zwischen Arbeitskammer und Vakuumkammer aufgebaut, bis der Aussteuerpunkt sicher überschritten ist. Danach wird der Druckunterschied wieder abgebaut, wobei das Ausgangssignal des Vakuumkammer-Drucksensors ausgewertet wird. Der Aussteuerpunkt befindet sich genau dort, wo der Druckverlauf in der Unterdruckkammer ein Minimum aufweist. Der im Aussteuerpunkt herrschende Unterdruck sowie der
Bremsdruck (z.B. Vordruck) werden dann gespeichert, wobei die beiden Werte (Vakuumkammerdruck; Bremsdruck) ein erstes Wertepaar bilden. Die genannten Verfahrensschritte werden dann bei einem unterschiedlichen Vakuumkammerdruck wenigstens ein zweites Mal wiederholt. Daraus ergibt sich wenigstens ein zweites Wertepaar (Vakuumkammerdruck; Bremsdruck) . Mit zwei Wertepaaren ist die vorstehend genannte Geradengleichung eindeutig bestimmt und die Parameter m,b können berechnet werden.
Der Aussteuerpunkt pap wird im Fahrbetrieb des Fahrzeugs abhängig vom Vakuumkammerdruck vorzugsweise regelmäßig neu berechnet. Wenn in einem Bremsmanöver der Bremsdruck den berechneten Aussteuerpunkt erreicht, kann die hydraulische Bremskraftverstärkung genau im richtigen Zeitpunkt aktiviert bzw. deaktiviert werden.
Die Funktion zur Berechnung des Aussteuerpunkts ist vorzugsweise in einem Steuergerät hinterlegt und wird von diesem berechnet. Das Steuergerät ist vorzugsweise mit dem in der Vakuumkammer angeordneten Drucksensor und einem
Vordrucksensor zur Messung des Bremsdrucks verbunden.
Die Erfindung wird nachstehend anhand der beigefügten Zeichnungen beispielhaft näher erläutert. Es zeigen:
Fig. 1 eine schematische Darstellung eines aus dem Stand der Technik bekannten Unterdruck-Bremskraftverstärkers;
Fig. 2 eine typische Verstärkungskennlinie eines Unterdruck- Bremskraftverstärkers;
Fig. 3 den Verlauf verschiedener Kenngrößen; und
Fig. 4 die wesentlichen Verfahrensschritte eines Kalibrierverfahrens.
Fig. 1 zeigt einen aus dem Stand der Technik bekannten Unterdruck-Bremskraftverstärker 8 (UBKV) . Bezüglich der technischen Erläuterung wird auf die Beschreibungseinleitung verwiesen. Im Unterschied zu bekannten UBKV umfasst der dargestellte UBKV 8 eine Sensorik zur Bestimmung des Aussteuerpunkts 11. Diese umfasst einen in der Vakuumkammer 1 angeordneten Drucksensor 9, dessen Ausgangssignal von einem Steuergerät 15 ausgewertet wird. Das Steuergerät 15 berechnet den Aussteuerpunkt 11 anhand einer mathematischen Funktion, die das Verstärkungsverhalten des UBKV 8 mittels einer Geradengleichung approximiert, wobei gilt:
pap=m• pv+b
wobei PAP den Bremsdruck im Aussteuerpunkt, pv den in der Vakuumkammer herrschenden Unterdruck und m,b zwei Variablen bezeichnen .
Wenn der im Bremssystem herrschende Bremsdruck p gleich dem berechneten Wert pAp ist, ist der Aussteuerpunkt erreicht. In diesem Fall kann z.B. ein Hydroaggregat (nicht gezeigt) aktiviert bzw. deaktiviert werden, um eine hydraulische Verstärkung des Bremsdrucks p automatisch zu- bzw. abzuschalten, so dass der Bremsdruck p auf der Geraden 16 (siehe Fig. 2) verläuft. Der im Bremssystem herrschende Bremsdruck p wird z.B. mittels eines Vordrucksensors 17 gemessen, der ebenfalls mit dem Steuergerät 15 verbunden ist. Die kontinuierliche Bremskraftverstärkung wird dadurch nicht unterbrochen .
Fig. 3 zeigt verschiedene Druckverläufe im Bremssystem, wobei das Bezugszeichen 20 den Druckverlauf in der Vakuumkammer 1 (Ausgangssignal des Drucksensors 9) , das Bezugszeichen 21 den in der Arbeitskammerdruck und das Bezugszeichen 22 den Bremsdruck (Vordruck) bezeichnen. Die Luftdrücke 20,21 sind dabei relativ zum Umgebungsdruck aufgezeichnet, der auf der
Höhe des oberen Plateaus des Arbeitskammerdrucks 21 liegt. Der Druckverlauf wird im Folgenden noch näher kommentiert.
Die Variablen m,b der Verstärkerfunktion sind von Verstärker zu Verstärker unterschiedlich und müssen zunächst kalibriert werden. Dies kann mittels eines Kalibrierverfahrens durchgeführt werden, das beispielhaft in Fig. 4 dargestellt ist .
In Schritt 25 wird zunächst die Arbeitskammer 2 belüftet und der Differenzdruck zwischen den beiden Kammern 1,2 erhöht, bis der Aussteuerpunkt 11 sicher überschritten ist. Dies zeigt sich in Fig. 3 am Erreichen eines Plateaus im Arbeitskammerdruck 21, wo der Druck gleich dem Umgebungsluftdruck ist.
Der Druckunterschied wird danach in Schritt 26 wieder abgebaut und dabei das Ausgangssignal des Drucksensors 9 (Kennlinie 20) ausgewertet. Die Verstärkungskennlinie von Fig. 2 wird dabei in Rückwärtsrichtung von oben nach unten durchlaufen. Durch die Reduktion der Bremskraft erhöht sich zunächst das Volumen der Vakuumkammer 1 und der Druck 20 in der Vakuumkammer 1 sinkt. Das Erreichen des Aussteuerpunkts 11 ist durch ein Minimum 23 im Druckverlauf 20 gekennzeichnet. Genau im Minimum 23 öffnet das Ventil 4 zwischen den Kammern 1,2, wodurch ein Druckausgleich zwischen den Kammern 1,2 stattfindet. Dies führt wiederum zu einem Anstieg des Drucks 20 in der Vakuumkammer 1. (Wegen der in diesem Beispiel fehlenden Unterdruckquelle bleibt der Vakuumkammerdruck 20 auf diesem Niveau.)
Das Minimum 23 im Druckverlauf 20 wird in Schritt 27 durch Signalauswertung detektiert.
Der im Aussteuerpunkt 11 herrschende Vakuumkammerdruck 20 ebenso wie der zu diesem Zeitpunkt im Bremssystem herrschende Bremsdruck p werden dann in Schritt 28 gespeichert. Die
vorstehend genannten Verfahrensschritte werden danach wenigstens einmal wiederholt und ein neues Wertepaar (Vakuumkammerdruck; Bremsdruck) gemessen. Mit zwei Wertepaaren ist die vorstehend genannte Funktion eindeutig bestimmt, so dass die Parameter m,b berechnet werden können.
Der Aussteuerpunkt pAp kann somit im Betrieb des Fahrzeugs jederzeit genau erkannt werden, wobei allein der in der Vakuumkammer 1 herrschende Unterdruck berücksichtigt werden muss. Auf einen zusätzlichen Drucksensor in der Arbeitskammer 2 des UBKV 8 kann verzichtet werden.
Bezugszeichenliste
1 Vakuumkammer
2 Arbeitskämmer
3 Unterdruckanschluss
4 Doppelventil 5 Druckstange
6 Kolbenstange
7 Arbeitsmembran
8 Unterdruck-Bremskraftverstärker
9 Drucksensor 10 Bremsdrucksensor
11 Aussteuerpunkt
12 unverstärkter Bereich
13 unverstärkter Bereich bei reduziertem Unterdruck
14 Blockier-Bremsdruck 15 Steuergerät
16 Verstärkungsgerade
20 Druck in Vakuumkammer
21 Druck in Arbeitskammer
22 Bremsdruckverlauf 25-28 Verfahrensschritte p Bremsdruck