, Verfahren zur Herstellung aminofunktioneller Polyurethan-Prepolymere
Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung aminofunktioneller Polyurethan- Prepolymere, sowie deren Verwendung zur Modifizierung und Herstellung von Epoxidharzen und Polyurethanen.
Beschichtungen aus Epoxidharzen zeichnen sich durch hohe Härte, gute Chemikalienbeständigkeit und hervorragende Metallhaftung aus. Zur Herstellung lösemittelfreier Epoxidharz-Formulie¬ rungen werden in der Regel niedermolekulare Epoxide in Kombination mit monomeren Diaminen eingesetzt, da höhermolekulare Komponenten eine für die Verarbeitung viel zu hohe Viskosität ergeben würden. Die aus diesen Epoxidharz-Formulierungen hergestellten Beschichtungen sind aufgrund der hohen Vemetzungsdichte dann aber meist zu spröde und für den praktischen Einsatz ungeeignet.
Durch Zusatz geeigneter Weichmacher kann die Sprödigkeit der genannten Epoxidharze reduziert werden, jedoch erhält man dadurch ein Dreistoffsystem verbunden mit einem entsprechend höhe¬ ren Aufwand bei der Formulierung.
Darüber hinaus sind die üblicherweise eingesetzten monomeren Diamine aufgrund ihrer Flüchtig¬ keit schwer zu handhabende Stoffe, die besondere Schutzmaßnahmen erfordern.
Es wurde daher vorgeschlagen, zur Flexibilisierung derartiger Epoxidharze aminofunktionelle Polyurethan-Prepolymere einzusetzen, welche beispielsweise durch Hydrolyse der entsprechenden Ketimine erhalten werden können (US-A 3 993 708, DE-A 2 546 536). Weitere Verfahren zur Herstellung aminofunktioneller Polyurethan-Prepolymere sind darüber hinaus die Hydrolyse iso-
. cyanatfunktioneller Polyurethan-Prepolymere in Gegenwart starker Basen (DE-A 2 948 419) oder in Mischungen von Wasser mit speziellen Lösungsmitteln wie beispielsweise Dimethylformamid
(DMF) (EP-A 0 219 035), die Umsetzung NCO-funktioneller Prepolymere mit tertiären Alkoholen und anschließendem thermischen Abbau (DE-A 1 270 046) sowie die Hydrogenolyse von O- Benzyloxyurethanen (DE-A 3 035 639).
Die genannten Verfahren weisen jedoch den Nachteil auf, dass Kopplungsprodukte, wie z.B. Ke- tone im Ketimin-V erfahren, erst aufwendig entfernt oder das eigentliche Produkt aus wässriger Phase extrahiert werden muss (Hydrolyse-Verfahren). Während die Thermolyse tertiärer Alkylu- rethane eine wenig schonende Methode ist und zu stark gefärbten Produkten führt, wird bei der Hydrogenolyse von O-Benzyloxyurethanen das Blockierungsmittel zu Toluol und Kohlendioxid zersetzt und kann daher nicht erneut in die Reaktion eingesetzt werden.
In JP-A 61215397 werden Umsetzungsprodukte von organischen Isocyanaten (z.B. Toluylendiiso- cyanat) und Arylsilanolen wie Triphenylsilanol beschrieben, welche in der üblichen Weise als (reversibel) blockierte Isocyanate eingesetzt werden können.
JP-A 62074919 beschreibt ebenso mit Triphenylsilanol blockierte, aliphatische Isocyanate (z.B. 1,6-Hexandiisocyanat), welche in Kombination mit bestimmten Katalysatoren als Härter für Epo- xide eingesetzt werden können. Über die in situ Bildung oder gar Herstellung von Aminen wurde dabei nicht berichtet.
Die Möglichkeit des hydrolytischen Abbaus der beschriebenen Silylurethane, also die Reaktion der Silylurethane mit Wasser unter Abspaltung von Silanol und CO2, wurde in den beiden genannten Anmeldungen nicht erkannt.
Es wurde nun gefunden, dass aminofunktionelle Polyurethan-Prepolymere glatt und unter milden Bedingungen aus den entsprechenden silylurethangruppenhaltigen Prepolymeren durch hydrolyti¬ schen Abbau erhalten werden können. Die erhaltenen Produkte zeichnen sich durch eine geringe Farbe und niedrige Viskosität aus.
Gegenstand der Erfindung ist daher ein Verfahren zur Herstellung aminofunktioneller Polyu¬ rethan-Prepolymere, bei dem
a) zunächst ein NCO-funktionelles Polyurethan-Prepolymer durch Reaktion von einem oder mehreren Di- und/oder Polyisocyanaten mit mindestens einer isocyanatreaktiven Verbin¬ dung einer Funktionalität von mindestens 1,5 hergestellt wird und danach die freien NCO- Gruppen mit
b) mindestens einer, eine oder mehrere Silanol-Gruppen aufweisenden Verbindung, zu den entsprechenden Silylurethanen umgesetzt werden, welche schließlich
c) durch Hydrolyse und/oder Alkoholyse unter Decarboxylierung zu Aminen abgebaut wer¬ den.
Zur Herstellung der erfindungsgemäßen Prepolymere können in a) prinzipiell alle aliphatischen, cycloaliphatischen, aromatischen oder heterocyclischen organischen Di- und Polyisocyanate mit mindestens zwei Isocyanatgruppen pro Molekül sowie deren Gemische eingesetzt werden. Bei¬ spielhaft seien aliphatische Di- oder Triisocyanate wie z.B. 1,4-Butandiisocyanat, 1,5- Pentandiisocyanat, 1,6-Hexandiisocyanat (Hexamethylendiisocyanat, HDI), 4-Isocyanatomethyl- 1,8-octandiisocyanat (Triisocyanatononan, TEST) oder cyclische Systeme, wie z.B. 4,4'-Me- thylenbis(cyclohexylisocyanat) (Desmodur®W, Bayer MaterialScience AG, Leverkusen), 3,5,5-
Trimethyl-l-isocyanato-3-isocyanatomethylcyclohexan (Isophorondiisocyanat, IPDI) sowie ω.ω'- Diisocyanato-l,3-dimethylcyclohexan (HβXDI) oder aromatische Polyisocyanate wie z.B. 1,5- Naphthalendiisocyanat, 4,4'-, 2,4'- und 2,2'-Diisocyanatodiphenylmethan (MDI) bzw. Roh-MDI, Diisocyanatomethylbenzol (Toluylendiisocyanat, TDI)3 insbesondere das 2,4- und das 2,6-Isomere und technische Gemische der beiden Isomeren sowie 1,3-Bis(isocyanatomethyl)benzol (XDI) ge¬ nannt.
Bevorzugte in a) eingesetzte Verbindungen sind aliphatische Polyisocyanate wie 1,4-Butandiiso- cyanat, 1,5-Pentandiisocyanat, 1 ,6-Hexandiisocyanat (Hexamethylendiisocyanat, HDI), 4-Iso- cyanatomethyl-l,8-octandiisocyanat (Triisocyanatononan, TIN) oder cyclische Systeme, wie z.B. 4,4'-Methylenbis(cyclohexylisocyanat) (Desmodur®W, Bayer MaterialScience AG, Leverkusen), 3,5,5-Trimethyl-l-isocyanato-3-isocyanatomethylcyclohexan (Isophorondiisocyanat, IPDI) sowie ω.ω'-Diisocyanato-l ,3-dimethylcyclohexan (H6XDI).
Ebenfalls im Sinne der Erfindung können in a) die an sich bekannten Folgeprodukte der vorste¬ hend genannten Isocyanate mit Biuret-, Isocyanurat-, Iminooxadiazindion-, Uretdion-, Allophanat und/oder Urethanstruktur verwendet werden.
Als isocyanatreaktive Verbindungen werden in a) die dem Fachmann an sich aus der Polyurethan¬ chemie bekannten Polyhydroxy-Verbindungen einer OH-Funktionalität > 1,5 verwendet, wie bei¬ spielsweise niedermolekulare Diole (z.B. 1,2-Ethandiol, 1,3- bzw. 1,2 Propandiol, 1,4-Butandiol), -Triole (z.B. Glycerin, Trimethylolpropan) und Tetraole (z.B. Pentaerythrit) aber auch höhermole- kulare Polyetherpolyole, Polyesterpolyole, Polycarbonatpolyole sowie Polythioetherpolyole. Be¬ vorzugte Polyhydroxyverbindungen sind Substanzen der vorstehend genannten Art auf Polyether- basis.
Unter „niedermolekular" im Rahmen der Erfindung werden zahlenmittlere Molekulargewichte unter 500 g/mol, bevorzugt 62-499 g/mol verstanden. Unter „höhermolekular" im Sinne der Erfin- düng werden zahlenmittlere Molekulargewichte von 500-100 000 g/mol verstanden.
Besonders bevorzugte isocyanatreaktive Verbindungen in a) sind Polyetherpolyole der vorstehend genannten Art einer OH-Funktionalität > 1,9, bevorzugt > 1,95, und eines Molekulargewichtsbe¬ reichs von 500 bis 20.000 g/mol, bevorzugt 1.000 bis 12.000 g/mol, besonders bevorzugt 2.000 bis 6.000 g/mol, die in an sich bekannter Weise durch Alkoxylierung von geeigneten Starter- Molekülen zugänglich sind.
Ganz besonders bevorzugte isocyanatreaktive Verbindungen sind Polyetherpolyole der vorstehend genannten Art mit einem Gehalt an ungesättigten Endgruppen von kleiner oder gleich 0,02 Milli-
- A - äquivalenten pro Gramm Polyol, bevorzugt kleiner oder gleich 0,015 Milliäquivalenten pro Gramm Polyol, besonders bevorzugt kleiner oder gleich 0,01 Milliäquivalenten pro Gramm Polyol (Bestimmungsmethode ASTM D2849-69) sowie einer Molekulargewichtsverteilung (PoIy- dispersität; PD = Mw/Mn) von 1,0 bis 1,5. Diese sind in an sich bekannter Weise z.B. nach US-A 5 158 922 (z.B. Beispiel 30) oder EP-A 0 654 302 (S. 5, Z. 26 bis S. 6, Z. 32) durch Alkoxylierung von geeigneten Starter-Molekülen, insbesondere unter Verwendung von Doppelmetallcyanid- Katalysatoren (DMC-Katalyse), herstellbar.
Geeignete Starter-Moleküle für die Herstellung der genannten Polyetherpolyole sind beispiels¬ weise einfache, niedermolekulare Polyole der vorstehend genannten Art, Wasser, organische PoIy- amine mit mindestens zwei N-H-B indungen oder beliebige Gemische derartiger Starter-Moleküle-. Für die Alkoxylierung geeignete Alkylenoxide sind insbesondere Ethylenoxid und/oder Propyle- noxid, die in beliebiger Reihenfolge oder auch im Gemisch bei der Alkoxylierung eingesetzt wer¬ den können.
Bevorzugte Starter-Moleküle zur Herstellung der Polyetherpolyole sind Ethylenglykol, Propylen- glykol-1,3- und Butandiol-1,4, Hexandiol-1,6, Neopentylglykol, 2-Ethylhexandiol-l,3, Glyzerin, Trimethylolpropan, Pentaerythrit sowie niedermolekulare, Hydroxylgruppen aufweisende Ester derartiger Polyole mit Dicarbonsäuren oder niedermolekulare Ethoxylierungs- oder Propoxylie- rungsprodukte derartiger Polyole. Selbstverständlich können auch beliebige Gemische der vorste¬ hend genannten Verbindungen eingesetzt werden.
In b) des erfindungsgemäßen Verfahrens werden Silanole der allgemeinen Formel (I)
(HO)aSiR4_a (I)
eingesetzt, wobei
R für gleiche oder verschiedene, gegebenenfalls verzweigte und/oder substituierte Ci-Cg- Alkyl- oder Phenylreste steht und
a gleich 1 oder 2 ist.
Bevorzugt sind Silanole der Formel (I), wobei R die vorstehend definierte Bedeutung hat und a gleich 1 ist.
Ganz besonders bevorzugt wird in c) zur Silylurethanbildung Triphenylsilanol eingesetzt.
Im erfindungsgemäßen Verfahren werden die in a) eingesetzten Polyisocyanate bezogen auf die isocyanatreaktiven Gruppen der ebenfalls in a) eingesetzten isocyanatreaktiven Verbindungen stets
im Überschuss eingesetzt. Nach beendeter Reaktion können die unreagierten Polyisocyanate gege¬ benenfalls, beispielsweise destillativ durch Dünnschichtdestillation, aus dem Reaktionsgemisch entfernt werden.
Bevorzugt beträgt in a) das Molverhältnis der isocyanatreaktiven Gruppen der isocyanatreaktiven Verbindungen zu den NCO-Gruppen der Di- oder Polyisocyanate 1 : 1,5 bis 1 : 20, besonders be¬ vorzugt 1 : 1,8 bis 1 : 5 und ganz besonders bevorzugt 1 : 1,95 bis 1 : 2,05.
Die Herstellung der NCO-gruppenhaltigen Polyurethan-Prepolymere erfolgt im Allgemeinen bei 20 bis 14O0C, bevorzugt bei 40 bis 1000C.
Gegebenenfalls kann die Umsetzung auch in Gegenwart gebräuchlicher (Urethanisierungs-) Kata- lysatoren durchgeführt werden, wobei Zinnverbindungen wie Dibutylzinndilaurat, Zinndioctoat und tertiäre. Amine wie 1,4-Diazabicylooctan (DABCO) beispielhaft genannt seien.
Darüber hinaus kann die Herstellung in geeigneten Lösungsmitteln durchführt werden, wobei vor¬ zugsweise inerte, Lösungsmittel wie Ethylacetat, Butylacetat, Methpxypropylacetat, Methylethyl- keton, Methylisobutylketon, Toluol, Xylol, aromatische oder (cyclo-) aliphatische Kohlenwasser- Stoffgemische oder beliebige Gemische der genannten eingesetzt werden können. Bevorzugt wird die Umsetzung jedoch ohne die Verwendung von Lösungsmitteln durchgeführt.
Die anschließende Herstellung der Silylurethane in Schritt b) erfolgt durch Umsetzung der vorste¬ hend beschriebenen, aus a) erhaltenen NCO-Gruppen aufweisenden Polyurethan-Prepolymere mit den Silanolen.
Die Menge, der in b) eingesetzten Silanole, wird in der Regel dabei so gewählt, dass alle freien Isocyanatgruppen des aus a) erhaltenen Prepolymers zum Silylurethan umgesetzt werden (Molver¬ hältnis Si-OH-Gruppen zu NCO-Gruppen mindestens gleich 1). Ein geringer Überschuss des SiIa- nols kann zweckmäßig sein, um eine vollständige Reaktion aller Isocyanatgruppen zu gewährleis¬ ten. In der Regel beträgt der Überschuss aber nicht mehr als 20 Mol-%, bevorzugt nicht mehr als 15 Mol-% und besonders bevorzugt nicht mehr als 10 Mol-%, bezogen auf die zu silylierenden Isocyanatgruppen.
Die Umsetzungsreaktion der Prepolymere mit den Silanolen der Formel (I) wird in prinzipiell glei- eher Weise wie die bereits beschriebenen Prepolymerherstellung durchgeführt. Das bedeutet, dass bei Temperaturen von typischerweise 20 bis 14O0C, gegebenenfalls in Gegenwart gebräuchlicher Urethanisierungskatalysatoren der genannten Art sowie gegebenenfalls unter Verwendung geeig¬ neter (inerter) Lösungsmittel gearbeitet wird.
Im letzten Schritt erfolgt dann die Hydrolyse oder Alkoholyse, wobei die Silylurethane zu den entsprechenden aminofunktionellen Polyurethan-Prepolymeren unter Decarboxylierung abgebaut werden.
Zum Abbau der Silylurethane wird Wasser oder ein Alkohol in der Regel mindestens stöchio- metrisch, d.h. im Molverhältinis 1 : 1 in Bezug auf die Silylurethangruppen, bevorzugt im Über- schuss zugesetzt.
Als Alkohol sind prinzipiell alle primären, sekundären und tertiären aliphatischen CrC3o-Alkohole geeignet. Bevorzugt sind dabei jedoch primäre Ci-Cg-Alkohole. Als Beispiele seien Methanol, Ethanol, Propanol, n-Butanol, n-Pentanol und Hexanol genannt.
Bei der Hydrolyse werden die eingangs eingesetzten Silanole zurückgebildet, welche dann wieder erneut in die Silylurethanbildung eingesetzt werden können. Im Falle der Alkoholyse werden zu¬ nächst Alkoxy-Organosilane gebildet, welche mit Wasser erst wieder in die entsprechenden Sila¬ nole überfuhrt werden müssen, bevor sie erneut in das erfindungsgemäße Verfahren eingesetzt werden können.
In einer bevorzugten Ausführungsform wird das Di- oder Polyisocyanat in einem geeigneten Reak¬ tionsgefäß vorgelegt und gegebenenfalls unter Rühren auf 60 bis 1000C erwärmt. Nach Erreichen der gewünschten Temperatur wird dann unter Rühren die isocyanatreaktive Komponente zuge¬ geben und solange gerührt, bis der theoretische NCO-Gehalt des nach der gewählten Stöchiometrie zu erwartenden Polyurethan-Prepolymers erreicht oder geringfügig unterschritten ist. Anschlie- ßend wird bei einer Temperatur in den vorstehend bei der Prepolymerbildung genannten Bereichen das Silanol aus b) zugesetzt und solange erwärmt, bis der Gehalt an freien Isocyanatgruppen klei¬ ner als 0,5 Gew.-%, bevorzugt kleiner als 0,2 Gew.-%, besonders bevorzugt kleiner als 0,1 Gew.-%, ist. Das so erhaltene, blockierte Polyurethan-Prepolymer wird gegebenenfalls in ei¬ nem Lösungsmittel gelöst und dann bei Temperaturen von 0 bis 300C durch Zugabe stöchiometri- scher Mengen Wasser hydrolysiert. Das (zurückgebildete) Silanol kann danach ebenso wie das gegebenenfalls eingesetzte Lösungsmittel mit geeigneten Verfahren (Filtration, Destillation, o.a.) aus dem Produkt abgetrennt werden.
Alternativ kann das erfindungsgemäße Verfahren auch so geführt werden, dass zuerst die isocya- natreaktiven Verbindungen vorgelegt und dann mit den Polyisocyanaten vermischt werden.
Die erfindungsgemäß hergestellten aminofunktionellen Polyurethan-Prepolymere zeichnen sich durch eine besonders geringe Farbe und niedrige Viskosität aus, verglichen mit analogen Polyme¬ ren, die nach anderen Verfahren hergestellt wurden.
Typischerweise haben sie Viskositäten von 500 bis 200.000 mPas (23°C; gemessen mit einem Rotationsviskosimeter), bevorzugt 500 bis 50.000 mPas, besonders bevorzugt 500 bis 10.000 mPas.
Darüber hinaus weisen die erfindungsgemäß erhältlichen aminofunktionellen Polyurethan- Prepolymere typischerweise zahlenmittlere Molekulargewichte von 500 bis 25000 g/mol, bevor¬ zugt 1000 bis 10000 g/mol und besonders bevorzugt 1000 bis 5000 g/mol auf.
Daher lassen sie sich beispielsweise besonders gut in lösemittelarmen oder -freien Reaktivsyste¬ men einsetzen, da sie ihnen aufgrund ihrer Viskosität besonders vorteilhafte Verarbeitungseigen¬ schaften, wie z.B. gute Fließfähigkeit oder Verlaufseigenschaften, verleihen, so dass besonders hochwertige und gleichmäßige Beschichtungen oder Verklebungen erhalten werden können.
Bevorzugte Reaktivsysteme enthalten die erfindungsgemäß hergestellten aminofunktionellen PoIy- urethan-Prepolymere sowie Polyole, Polyisocyanate oder Epoxide.
Reaktivsysteme mit besonders niedriger Viskosität auf Basis von Epoxiden und deren Herstellung sind ein weiterer Gegenstand der Erfindung.
Die erfindungsgemäßen Reaktivsysteme auf Basis von Epoxiden enthalten
A) ein oder mehrere aminofunktionelle Polyurethan-Prepolymere der erfindungsgemäßen Art,
B) oxirangruppenaufweisende Verbindungen, die im Durchschnitt mehr als eine Oxirangrup- pe pro Molekül enthalten,
C) gegebenenfalls zusätzlich ein oder mehrere niedermolekulare organische Amine mit min- destens zwei primären Aminogruppen und
D) gegebenenfalls Katalysatoren und/oder Additive.
Als Verbindungen der Komponente B) können alle oxirangruppenaufweisenden Verbindungen, wie z.B. Epoxidharze, verwendet werden, die im Durchschnitt mehr als eine Epoxidgruppe pro JVIolekül enthalten. Beispielsweise geeignet sind Glycidylether von mehrwertigen Alkoholen wie z.B. Butandiol, Hexandiol, Glycerin, hydriertem Diphenylolpropan oder mehrwertigen Phenolen wie z.B. Resorcin, Diphenylolpropan-2,2 (Bisphenol A) Diphenylolmethan (Bisphenol F) oder Phenol-Aldehyd-Kondensaten. Es können auch Glycidylester mehrwertiger Carbonsäuren, wie Hexahydrophtalsäure oder dimerisierte Fettsäure verwendet werden.
Bevorzugt ist der Einsatz von flüssigen Epoxidharzen auf Basis von Epichlorhydrin und Dipheny- lolpropan-2,2 (Bisphenol A) oder Diphenylolmethan (Bisphenol F) oder deren Mischungen. Gege¬ benenfalls kann mit monofunktionellen Epoxidverbindungen die Viskosität der Mischungen ge¬ senkt werden und dadurch die Verarbeitung verbessert werden. Beispiele hierfür sind aliphatische und aromatische Glycidylether wie Butylglycidylether, Phenylglycidylether oder Glycidylester wie Versaticsäureglycidylester oder Epoxide wie Styroloxid oder 1,2-Epoxidodecan.
In den erfindungsgemäßen Reaktivsystemen liegen im allgemeinen pro Epoxidgruppe der Kompo¬ nente B) 0,2 bis 1,0, bevorzugt 0,5 bis 1,0, primäre Aminogruppen der Komponente A) vor.
Zur Verbesserung der mechanischen Eigenschaften können neben den aminofunktionellen Polyu- rethan-Prepolymeren zusätzlich noch niedermolekulare Amine (Komponente C)) zugesetzt wer¬ den. Dies sind in der Regel Polyamine, die mindestens zwei primäre Aminogruppen pro Molekül und gegebenenfalls noch sekundäre Aminogruppen aufweisen und bevorzugt ein zahlenmittleres Molekulargewicht von 60 bis 499 g/mol aufweisen. Geeignet sind beispielsweise Ethylendiamin, 1,2- und 1,3-Diaminopropan, 1,4-Diaminobutan, 2,2,4- und/oder 2,4,4-Trimethylhexamethylen- diamin, die isomeren Xylylendiamine, 1,2- und 1,4-Diaminocyclohexan, 4,4'-Diaminodicyclo- hexylmethan, 1,3-Diaminocyclopentan, 4,4'-Diaminodicyclohexylsulfon, 4,4'-Diaminodicyclo- hexylpropan- 1 ,3 , 4,4'-Diaminodicyclohexylpropan-2,2, 3,3 '-Dimethyl-4,4'-diaminodicyclohexylme- than, 3-Aminomethyl-3,3,5-trimethylcyclohexylamin (Isophorondiamin), 3(4)-Aminomethyl-l- methylcyclohexylamin oder technisches Bisaminomethyltricyclodecan oder auch solche Polyami- ne, die neben mindestens zwei primären Aminogruppen noch sekundäre Aminogruppen aufweisen, wie beispielsweise Diethylentriamin oder Triethylentetramin.
Bevorzugt werden die Polyamine, insbesondere Diamine des genannten Molekulargewichts¬ bereichs, eingesetzt, die einen oder mehrere cycloaliphatische Ringe aufweisen. Hierzu gehören beispielsweise 1,2- und 1,4-Diaminocyclohexan, 4,4'-Diaminodicyclohexylmethan, 1,3-Diamino- cyclopentan, 4,4'-Diaminodicyclohexylsulfon, 4,4'-Diaminodicyclohexylpropan-l,3, 4,4'-Diamino- dicyclohexylpropan-2,2, 3,3'-Dimethyl-4,4'-diaminodicyclohexylmethan, 3-Aminomethyl-3,3,5- trimethylcyclohexylamin (Isophorondiamin), 3(4)-Aminomethyl-l-methylcyclohexylamin oder technisches Bisaminomethyltricyclodecan.
Ebenfalls einsetzbar als Verbindungen der Komponente C) sind Addukte, die durch Umsetzung eines Überschusses der genannten Polyamine mit Epoxidharzen der nachstehend genannten Art hergestellt werden.
Des weiteren sind auch Polyamidharze als Bestandteile der Komponente C) geeignet. Derartige Polyamidharze, zu denen die Polyaminoamide und die Polyaminoimidazoline gehören, werden z.B. von der Henkel KGaA, Düsseldorf, DE unter dem Handelsnamen „Versamid® " vertrieben.
Selbstverständlich ist es auch möglich Gemische der genannten Polyamine als Komponente . C) einzusetzen.
Zur Herstellung von gebrauchsfertigen Mischungen können den Reaktivsystemen in Komponente D) neben A) , B) und gegebenenfalls C) die üblichen Hilfs- und Zusatzmittel wie beispielsweise Füllstoffe, Lösungsmittel, Verlaufshilfsmittel, Pigmente, Lösungsmittel, Reaktionsbeschleuniger oder Viskositätsregulatoren beigemischt werden. Beispielhaft genannt seien Reaktionsbeschleuni- ger wie Salicylsäure, Bis(dimethylaminomethyl)phenol oder Tris(dimethylaminomethyl)phenol, Füllstoffe wie Sand, Gesteinsmehl, Kieselsäure, Asbestmehl, Kaolin, Talkum, Metallpulver, Teer, Teerpech, Asphalte, Korkschrote, Polyamide, Weichmacher wie beispielsweise Phtalsäureester oder andere Viskositätsregulatoren wie beispielsweise Benzylalkohol.
Selbstverständlich kann der gebrauchsfertigen Mischung gegebenenfalls bis zu 20 Gew.-%, be- vorzugt bis zu 10 Gew.-%, besonders bevorzugt bis zu 5 Gew.-% eines Lösemittels oder Lacklöse¬ mittels der zuvor bereits beschriebenen Art für applikationstechnische Zwecke zugefügt werden. Sollte an dieser Stelle Lösemittel eingesetzt werden, kann auch bei einem eventuellen Einsatz von Lösemitteln während der Herstellung der erfϊndungsgemäßen PU-Prepolymere auf das Entfernen des Lösemittels verzichtet werden. Bevorzugt sind allerdings lösemittelfreie gebrauchsfertige Mi- schungen.
Darüber hinaus zeigen die erfϊndungsgemäß zu verwendenden Polyurethan-Prepolymere eine her¬ vorragende Verträglichkeit mit der Komponente B) und gegebenenfalls C), da die Reaktion von Epoxidharz/Amin so eingestellt werden kann, dass die Reaktivsysteme einen verträglichen Blend bei Raumtemperatur ergeben.
Ein weiterer Gegenstand der Erfindung ist die Verwendung der erfindungsgemäßen Reaktivsyste¬ me zur Herstellung von Beschichtungen, Klebstoffen, Dichtungsmassen, Vergussmassen oder jFormteilen auf allen Anwendungsgebieten, wo gute Haftung, Chemikalienfestigkeit, sowie hohe Schlag- und Stoßfestigkeit, verbunden mit guter Flexibilität und Elastizität gefordert werden. Be¬ sonders gut geeignet sind die erfindungsgemäßen Systeme als Korrosionsschutzbeschichtungen. Insbesondere bei Belastung mit aggressiven Medien, wie beispielsweise bei der Ballasttank- Beschichtung zeichnen sich die Systeme durch eine gute Nasshaftung und eine gute Haftung unter Kathodenschutzbedingungen aus.
Beispiele
Vorbemerkung:
Soweit nicht abweichend angegeben sind alle Prozentangaben als Gewichtsprozent zu verstehen.
Die Bestimmung der NCO-Gehalte der Isocyanat-fiinktionellen Prepolymere erfolgte mittels Rück- titration von im Überschuß zugesetztem Di-n-butylamin mit 0,1 N Salzsäure unter Verwendung von Bromphenolblau als Indikator, wobei die Probe in ca. 50 ml Aceton gelöst wurde.
Bei der Umsetzung mit Triphenylsilanol wurde die Reaktion mittels Infrarotspektroskopie (IR) verfolgt (NCO-Bande bei 2270 cm'1)
Die Bestimmung der Amin-Gehalte erfolgte durch Titration mit 0,1 N Salzsäure, wobei die Probe in ca. 50 ml Aceton gelöst wurde, unter Verwendung von Bromphenolblau als Indikator.
Beispiel 1:
a) Herstellung des Isocyanat-funktionellen Polyurethan-Prepolymers:
Unter Rühren wurden Hexamethylendiisocyanat (10 VaI) und ein Polypropylenglycol (1 VaI), welches mittels DMC-Katalyse (Basen-frei) hergestellt worden war und ein mitt- leres Molekulargewicht von 2000 g/mol sowie eine OH-Zahl 56 aufwies, solange auf
1000C erwärmt, bis der theoretische NCO-Gehalt von 20,7 Gew.-% erreicht war. Nach Zu¬ gabe von 200 ppm Dibutylphosphat wurde das überschüssige Hexamethylendiisocyanat dann mittels Dünnschichtdestillation (14O0C, ca. 0,5 mbar) entfernt und es wurde ein iso- cyanatfunktionelles Prepolymer mit einem NCO-Gehalt von 3,3 Gew.-% erhalten.
b) Blockierung mit Triphenylsilanol:
82,2 g des nach a) erhaltenen NCO-funktionellen Prepolymers wurden zusammen mit 17,8 g Triphenylsilanol unter Rühren auf 750C erwärmt. Dann wurden 100 ppm Dibutyl- zinn(H)dilaurat zugegeben und die Reaktionsmischung solange gerührt, bis im IR- Spektrum keine NCO-Bande mehr sichtbar war.
c) Hydrolyse zum aminofunktionellen Polyurethan-Prepolymer:
1,74 g des nach b) erhaltenen Produktes wurden unter Rühren in 100 ml Aceton gelöst und mit einem großen Überschuss Wasser (ca. 10 ml) versetzt. Die Titration ergab einen NHr Gehalt von 0,98 Gew.-%.
(Theoretischer NH^-Gehalt: 1,03 %, entsprechend einem Umsatz der Silylurethangruppen- von 95 %).
Beispiel 2:
a) Herstellung des Isocyanat-funktionellen Polyurethan-Prepolymers und Blockierung mit Triphenylsilanol:
17,2 g Hexamethylendiisocyanat und 20 mg Dibutylzinn(II)dilaurat wurden unter Rühren auf 800C erwärmt. Danach wurden innerhalb von 5 Stunden 204,5 g eines difunktionellen Polyproplylenglycols zugegeben, welcher mittels DMC-Katalyse (Basen-frei) hergestellt worden war und ein mittleres Molekulargewicht von 4000 g/mol sowie eine OH-Zahl 28 aufwies. Nach Erreichen eines NCO-Gehaltes von 1,54 % (theoretischer NCO-Gehalt: 1,9 %) wurden schließlich noch 28,3 g Triphenylsilanol und weitere 20 mg Dibutylzinn-
(ü)dilaurat zugegeben und die Reaktionsmischung solange bei 8O0C gerührt, bis im IR keine NCO-Bande mehr erkennbar war.
b) Hydrolyse zum aminofunktionellen Polyurethan-Prepolymer:
Die in der unten stehenden Tabelle angegebene Menge des Silylurethans aus a) wurde un- ter Rühren in soviel Aceton gelöst, dass eine 25 %ige Lösung erhalten wurde; danach wur¬ de bei Umgebungstemperatur die angegebene Menge entionisiertes Wasser zugegeben. Nach 15 Minuten Rühren wurde der NH^-Gehalt bestimmt, danach wurde die Probe am Rotationsverdampfer vom Aceton befreit und nochmals der NH2-Gehalt bestimmt. Die Er¬ gebnisse finden sich ebenso in Tabelle 1.
Tabelle 1
(Theoretischer NH2-Gehalt: 0,52 %, entsprechend einem Umsatz der Silylurethangruppen von 94 %).
Beispiel 3:
a) Herstellung eines Isocyanat-funktionellen Polyurethan-Prepolymers und Blockierung mit Triphenylsilanol:
262,0 g eines Polyethylenglycols mit einer OH-Zahl von 110 und eines Molgewichts von 1000 g/mol wurden zunächst 8 Stunden unter Vakuum (20 mbar) bei 1000C gerührt, um Reste von Wasser zu entfernen. Danach wurden 88,0 g Hexamethylendiisocyanat zugege¬ ben, und es wurde solange unter Rühren auf 100 0C erwärmt, bis ein NCO-Gehalt von 6,28 Gew.-% erreicht war.
Zu 349,9 g des so hergestellten Prepolymers wurden jetzt noch 50 mg Dibutylzinn(H)- dilaurat und 144,6 g Triphenylsilanol zugegeben und die Reaktionsmischung solange bei 8O0C gerührt, bis im IR keine NCO-Bande mehr erkennbar war.
b) Hydrolyse zum aminofunktionellen Polyurethan-Prepolymer und Rückgewinnung des ein¬ gesetzten Triphenylsilanols:
3,84 g des wie zuvor beschrieben hergestellten blockierten Polyurethan-Prepolymers wur¬ den bei Umgebungstemperatur mit 150 g Wasser versetzt und 1 Stunde gerührt. Der farb¬ lose Niederschlag wurde abfiltriert, zweimal mit je 10 ml Wasser gewaschen und danach im Trockenschrank getrocknet (1050C, 4 Stunden). Es wurden 1,07 g Triphenylsilanol, entsprechend 95 % der Theorie, zurückerhalten.
Das zunächst klare Filtrat wurde am Rotationsverdampfer von flüchtigen Bestandteilen be¬ freit, wonach schließlich 2,65 g eines farblosen Wachses erhalten wurden (99 % der Theo¬ rie). Die Titration ergab einen NH2-GeImIt von 1,67 Gew.-%, entsprechend 75 % der Theo¬ rie.