„Intelligentes, automatisch gesteuertes Werkzeug zum Fräsen von Knochen"
Beschreibung
Die vorliegende Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren und ein Gerät zur materialabtragenden Bearbeitung von Gewebe am menschlichen oder tierischen Körper, wie beispielsweise auf das Fräsen oder Bohren an Knochen.
Stand der Technik
In vielen chirurgischen Disziplinen ist es nötig, einen Knochenschnitt präzise durchzuführen. Dazu können verschiedenen Methoden angewandt werden. Das Problem des Ablösens von Knochendeckeln kommt in der MKG- und
Neurochirurgie bei unterschiedlichen Eingriffen, wie beispielsweise bei der Behandlung von Tumoren, Infektionen, Verletzungen etc. vor. Hierzu kamen bisher unterschiedliche Methoden zur Anwendung, die sich im wesentlichen in die konventionelle (manuelle) Chirurgie und die computerunterstützte Chirurgie einteilen lassen.
Bei der konventionellen chirurgische Methode werden zum Öffnen von Knochendeckeln zunächst, wie in Fig. 3 gezeigt ist, mit dem „Trepan" mehrere Bohrlöcher gelegt. Anschließend kann durch diese Löcher mit unterschiedlich gebogenen „Raspatorien" die Dura Mater (Gehirnhaut) vom Knochen gelöst werden. Nun wird mit dem Kraniotom (mit aufgesetztem Duraschutz) entlang einer vorher aufgezeichneten Linie der Knochendeckel herausgefräst.
Dabei können Probleme (z.B. durch Verwachsungen) auftreten, wodurch Duraverletzungen nicht immer vermeidbar sind. Auch können Knochenschnitte nicht vorher geplant und auf den Schädel übertragen werden, wie dies bei Navigation und robotergestützten Eingriffen möglich ist.
Ähnlich wie beim GPS, wird beim navigierten Operieren durch zwei externe Kameras die Position eines chirurgischen Instruments vermessen, und mit dem Verfahren der Triangulation werden die exakten Koordinaten in Bezug zum Patienten ausgerechnet. Die „Medical Workstation" berechnet außerdem die Korrelation zwischen den Instrumenten, dem Patienten und den medizinischen Bilddaten (Computertomographien und/oder Magnetresonanztomographien, die durch spezielle Bildverarbeitungsverfahren ein räumliches, dreidimensionales Abbild vom Patienten wiedergeben). Intraoperativ werden die Bilddaten und der reale Patient im OP mittels einiger anatomischer oder künstlicher Landmarken korreliert (= „registriert"). Dazu werden diese Punkte sowohl im Bildmaterial, als auch in der Realität aufgesucht und die Koordinaten derselben vermessen. Anschließend werden diese Punkte mittels mathematischer Optimierungsverfahren korreliert und mit der errechneten Transformation wird der gesamte Patient mit den Bilddaten registriert. Ein ähnliches Verfahren (bei dem mittels Oberflächenscans registriert wird) wurde auch von der eigenen Arbeitsgruppe vorgestellt. Da jedoch der Chirurg dabei seinen Blick zwischen Monitor und Operationssitus ständig wechseln muss, ist die Genauigkeit geringer als bei robotergestützten Eingriffen.
Deshalb wurde die sogenannte "Navigated Control" entwickelt, bei der es möglich ist, den Fräser in „verbotenen Zonen" automatisch abzuschalten oder die Fräsgeschwindigkeit herunterzuregeln. Das ermöglicht es dem Chirurgen, sich auf den Operationssitus zu konzentrieren. Bei „Navigated Control" wird davon ausgegangen, dass es (zwar unerwünscht aber dennoch) möglich ist, den geplanten Weg z.B. aufgrund von Patientenbewegung oder manueller Abweichung des Chirurgen zu „verlassen". Dies würde allerdings am Monitor angezeigt, akustisch ausgegeben und der Fräser würde eventuell abgeschaltet. Der Nachteil dieses Verfahrens besteht darin, dass Abweichungen von der Solllinie möglich sind und manuell korrigiert werden müssen.
Ein ähnliches Projekt wird von einer Arbeitsgruppe der Universität Mannheim verfolgt, das unter dem Namen "Intelligent Tool Drive" (ITD) bekannt
ist. Das Ziel des Projekts ist ein kleiner 5-DOF Manipulator basierend auf einer Parallelkinematik, der die automatische Ausrichtung und Stabilisierung eines Bohrers in medizinischen Anwendungen (Pedikelverschraubung) ermöglicht. Es sollen externe Störgrößen wie unwillkürliche transiente Bewegungen des Bedieners sowie der Handtremor ausgeglichen und die Bohrerspitze stabilisiert werden. Der handgehaltene Operationsroboter ITD soll die Möglichkeiten der Robotik (hohe Präzision) mit denen der Navigation (vereinfachte Orientierung am Patienten) und der Erfahrung des Chirurgen kombinieren. Zusätzlich soll der Tremor der Hand eine Zitterbewegung, die individuell bei ca. 4-5 und 8-12 Hz liegt, kompensieren, um die Bohrer- oder Instrumentenspitze ruhig zu führen. Das System hat jedoch aufgrund seiner Kinematik einen begrenzten Arbeitsraum. Anwendungsgebiete bestehen bei der Vorbohrung von Pedikelschrauben in der Wirbelsäule. Es können mit dem System nicht ohne weiteres Trajektorien gefräst werden.
Ferner werden Roboter in der Chirurgie für die Knochenbearbeitung bisher meist zum Setzen von Bohrlöchern oder beim Ausfräsen von Schäften zum Setzen von Hüftprothesen verwendet. Dazu wurden meist ehemalige Industrieroboter für die Chirurgie entsprechend aufgerüstet, um den Sicherheitsbestimmungen zu entsprechen. Kommerzialisierte, bekannte Roboter sind beispielsweise „Robodoc" (Davies, USA), „Caspar" (Schwerin, DE), „Neuromate" (Davies, USA), „Otto" (Berlin, DE) und „Pathfinder" (England, UK). Von den Erfindern wurde ein Robotersystem zum Fräsen von Trajektorien entwickelt. Dabei leidet der Einsatz eines Roboters an dem Nachteil, dass er einen großen logistischen und technischen Aufwand bei der Sterilisierung sowie bei der Gewährleistung der erforderlichen Sicherheit erfordert.
Die Aufgabe der Erfindung besteht somit in der Schaffung eines Geräts und eines Verfahrens zur materialabtragenden Bearbeitung eines Gewebes am menschlichen oder tierischen Körper, das eine vorgegebene Bearbeitungsbahn präzise einhalten kann, dabei einfach zu betätigen ist und die Nachteile des Stands der Technik vermeidet.
Diese Aufgabe wird mit einem Gerät zur Bahnregelung eines medizinischen Instruments mit den Merkmalen nach Anspruch 1 und 15 sowie mit einem Verfahren mit den Merkmalen nach Anspruch 8 gelöst. Vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung sind in den abhängigen Ansprüchen angeführt.
Die Aufgabe wird erfindungsgemäß durch ein Gerät zur Bahnregelung eines medizinischen Instruments gelöst, dessen Bahn relativ zu einem Gewebe am menschlichen oder tierischen Körper geregelt wird und das folgende Bauteile aufweist: eines oder mehrere Räder bzw. Gleit- oder Rollglieder zur Abstützung des Geräts an dem zu behandelnden Körper; und einen oder mehrere Aktuatoren zur Bewegung des Geräts bzw. Beeinflussung der Bewegung des Geräts entlang einer vorgegebenen bzw. vorgebbaren Bahn auf der Grundlage von in das Gerät eingespeisten Bewegungssignalen, wobei die Bewegungsbahn des Geräts insbesondere durch ein daran anbringbares Lokalisierungssystem zum Erfassen der Position des Geräts erfaßbar ist.
Bisher ist es nicht bekannt, den Grundsatz der „mobilen Robotik", d.h.
Roboter mit Rädern und ohne Kinematik, in der Chirurgie am Menschen zu verwenden. Die Koppelung mit der Navigation erlaubt die lokale, präzise
Steuerung, die Ausführung mit Bremsen oder Motoren als Aktuatoren erlaubt die kompakte, einfache (auch sterilisierbare) Bauweise.
Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung können die Aktuatoren als Bremsen ausgebildet sein, die die vorgegebene Bewegungsbahn des Geräts durch ein entsprechendes Signal von der Regelungseinheit zur Abbremsung zumindest eines der Räder beeinflussen. Durch eine gezielte Abbremsung zumindest eines der Räder kann die Hand des Chirurgen so korrigiert werden, dass die vorbestimmte Bahn im wesentlichen erzielt wird.
Somit kann das Gerät eine präoperativ vorgegebene Bahn sehr genau umsetzen, ohne einen großen Aufwand bei der Vorbereitung und der Sterilisation zu erfordern. Darüber hinaus hat der Chirurg die Möglichkeit, in gewissen Grenzen
von der vorgegebenen Bahn abzuweichen, und er kann sich voll und ganz auf den Operationssitus konzentrieren ohne seinen Blick abwenden zu müssen.
Die Räder können jedoch alternativ auch angetrieben sein und ein Antriebssignal von der Regelungseinheit kann so erteilt werden, dass die
Bewegung des Geräts beeinflusst wird. Dabei wird an Stelle des Abbremsens des einen Rads oder zusätzlich hierzu das gegenüberliegende Rad angetrieben, um die vorher beschriebene Bahnkorrektur auszuführen. Es werden mit dieser Bauweise (der sogenannten aktiven Variante) dieselben Vorteile erzielt wie mit der vorher beschriebenen Bauweise mit den Bremsen als Aktuatoren (der sogenannten passiven Bauweise).
Es ist jedoch auch möglich, die aktive und die passive Bauweise zu kombinieren, d.h. sowohl gebremste Räder als auch angetriebene Räder einzusetzen. Es können darüber hinaus auch freilaufende Räder angeordnet werden.
Beispielsweise wird bei einer Schädeloperation das Gerät durch einen Gleitschuh an dem zu bearbeitenden Gewebeteil, d.h. an dem Schädel geklemmt bzw. geführt, so dass das Gerät auf der einen Seite durch die Räder abgestützt wird und auf der anderen Seite durch den Gleitschuh. Dadurch wird eine sichere Abstützung bzw. Führung des Geräts erzielt, so dass eine unbeabsichtigte Verletzung von benachbarten Gewebeteilen, wie beispielsweise der Gehirnhaut vorteilhafterweise vermieden werden kann.
Das Gerät kann darüber hinaus mit einer Abweichungssteuerungs- einrichtung zum präoperativen Festlegen von zulässigen Abweichungen von der vorgegebenen Bewegungsbahn versehen sein. Mit Hilfe dieser Abweichungs- steuerungseinrichtung kann der Chirurg präoperativ die zulässigen Abweichungen in Abhängigkeit von der Art des geplanten Eingriffs festlegen.
Darüber hinaus wird die Aufgabe erfindungsgemäß durch ein Verfahren zur Bahnregelung eines medizinischen Geräts relativ zu einem Gewebe am
menschlichen oder tierischen Körper mit folgenden Schritten gelöst: Festlegen einer vorgegebenen Bewegungsbahn des Geräts; Abstützen des Geräts zur Bahnregelung an dem zu behandelnden Körper mittels einem oder mehreren Rädern; Erfassen der Bewegungsbahn des Geräts; und Steuern bzw. Regeln von Aktuatoren des Geräts zur Beeinflussung der Bahn des Geräts auf der Grundlage eines Vergleichs der vorgegebenen Bewegungsbahn mit der erfaßten Bewegungsbahn.
Die einzelnen Elemente wie Räder zur Abstützung an dem zu bearbeitenden Gewebeteil, Gleitschuh bzw. Gleitschuhe, Bremsen und / oder
Antriebsmotoren können dabei in beliebiger Anzahl kombiniert werden. Außerdem können auch andere Stützvorrichtungen als der hier beschriebene Gleitschuh eingesetzt werden. Das System bildet somit einen Mittelweg zwischen herkömmlicher
Navigation und der Chirurgie-Robotik. Das erlaubt eine präzise Ausführung von Schnitten bei gleichzeitigen ergonomischen und ökonomischen Vorteilen. Ein ähnliches System ist auch für das Führen von anderen Instrumenten (Endoskop, etc.) geeignet.
Dabei ist das System nicht nur in der Mund-, Kiefer und Gesichtschirurgie (MKG) und Neurochirurgie, sondern auch bei anderen knochenchirurgischen Anwendungen einsetzbar. Diese und andere Aufgaben, Merkmale und Vorteile der Erfindung werden besser verständlich beim Lesen der folgenden Beschreibung im Zusammenhang mit den beigefügten Zeichnungen:
Fig. 1 zeigt ein erfindungsgemäßes Gerät zur materialabtragenden Bearbeitung von Gewebe am menschlichen Körper.
Fig. 2 zeigt eine Explosionzeichnung des Geräts aus Fig. 1.
Fig. 3 zeigt den Einsatz des Geräts als Kraniotom zum Heraussägen eines Knochendeckels. Fig. 4 zeigt ein Blockschaltbild der einzelnen Komponenten der Steuerung bzw. Regelung des Geräts.
Nachfolgend wird die Erfindung unter Bezugnahme auf die Zeichnungen ausführlich erläutert.
Das Gerät weist ein Antriebs- und Fahrsystem zum Abfahren einer vorbestimmten Bahn auf, das im wesentlichen aus einem Rahmen 2 und einem oder mehreren Rädern bzw. Gleit- oder Rollgliedern 4 besteht. Das Gerät soll eine vorbestimmte Bahn an dem zu behandelnden Körper eines Menschen oder Tieres abfahren. Diese Bahn wird beispielsweise präoperativ aus computertomographischen Daten bestimmt. Hierzu wird das Gerät mit den Rädern 4 bei einem ersten Ausführungsbeispiel der Erfindung mittels eines Handgriffs bzw. Handstücks 1 auf den Körper des Patienten aufgesetzt.
Dabei wird die Position eines Werkzeugs 6 (z.B. ein Fräser bzw. Bohrer oder Laser, Ultraschall, Röntgen und dergleichen) durch ein an dem Gerät anbringbares Lokalisierungssystem 9 und / oder durch ein gesondertes Lokalisierungssystem 9 (z.B. mit einer oder mehreren Kameras) gegenüber dem Patienten bestimmt. Derartige Lokalisierungssysteme 9 sind in der einschlägigen Technik hinreichend bekannt und sollen deshalb hier nicht näher beschrieben werden. Dabei beruhen diese Systeme auf mechanischen, optischen, elektromagnetischen oder anderen Grundsätzen oder einer Kombination aus denselben.
Das Lokalisierungssystem 9 sendet ein Signal in Übereinstimmung bzw. entsprechend mit der jeweiligen Position des Werkzeugs 6 bzw. von
entsprechenden Referenzpunkten hiervon an eine Steuerungs- bzw. Regelungseinheit 8, die auf die Bild- bzw. Planungsdaten der Operation Zugriff hat. Die Regelungseinheit 8 ist nun in der Lage, aus den empfangenen Positionsdaten bezüglich der Position des Werkzeugs 6 die Ist-Bahn der Bearbeitung zu bestimmen und diese mit der präoperativ festgelegten bzw. festlegbaren Soll-Bahn zu vergleichen.
Auf der Grundlage dieses Sol st-Vergleichs kann die Regelungseinheit 8 eine Bahnkorrektur bestimmen und ein entsprechendes Signal an einen oder mehrere Aktuatoren 10 des Geräts senden, die eine oder mehrere Bremsen 3a, 3b (bei der "passiven Variante") bzw. einen oder mehrere Motoren bzw. Antriebe (bei der "aktiven Variante") aufweisen.
Der Chirurg bewegt das Gerät bevorzugt manuell anhand des Handgriffs 1 entlang der vorbestimmten Bahn, wobei die Bremsen 3a, 3b durch die
Regelungseinheit 8 so mit Signalen angesteuert werden, dass das Gerät die vorbestimmte Bahn einhält. In anderen Worten wird das Gerät zwar einerseits durch den Chirurgen vorwärtsbewegt und geführt (manuell), aber das Gerät korrigiert dabei die Hand des Chirurgen so, dass die vorbestimmte Bahn im wesentlichen erfüllt wird bzw. dass das Gerät dieser vorbestimmten Bahn im wesentlichen folgt.
Somit werden die Nachteile, die beispielsweise ein Roboter in der klinischen Anwendung aufweist, vermieden. Der Chirurg ist immer noch der Operateur, während seine Hand durch dieses intelligente Gerät unterstützt wird. D.h., dass das Gerät sehr einfach in der Handhabung ist und trotzdem präzise Bearbeitungen ermöglicht.
Die Bremsen 3a, 3b werden vorzugsweise elektrisch angesteuert und wirken mechanisch über einen Bremsklotz 3c auf die Räder 4. Die Bremsen können eine elektromagnetische Bauweise oder eine elektrostriktive Bauweise aufweisen. Des weiteren können die Bremsen 3a, 3b durch Kraftschluss, Formschluss oder magnetisch, z.B. durch Wirbelstrom wirken. Dabei sind die
Materialien der Komponenten der Bremsen 3a, 3b sowie der Räder 4 so ausgewählt, dass ein Abrieb minimal ist und gleichzeitig ein schnelles und zuverlässig gleichbleibendes Ansprechverhalten der Bremsen 3a, 3b gewährleistet ist. Darüber hinaus ist deren Sterilisation einfach und kostengünstig durchzuführen.
Geeignete Materialien sind beispielsweise Kunststoffe, insbesondere auf Carbon-Basis, Metalle, insbesondere Titan- oder Aluminiumlegierungen, Keramiken, Verbundstoffe und dergleichen. Es sind jedoch auch alle anderen geeigneten Werkstoffe einsetzbar.
Bei einem zweiten Ausführungsbeispiel wird das Gerät aktiv durch die Räder 4 angetrieben, d.h. die Räder 4 sind mit (nicht gezeigten) Motoren mit Encodern ausgestattet, die aufgrund der Signale der Regelungseinheit 8 das Gerät im wesentlichen entlang der vorgegebenen Bahn bewegen, Dabei kann entweder auf die Bremsen 3a, 3b verzichtet werden oder das Gerät kann alternativ auch zusätzlich mit den Bremsen 3a, 3b ausgestattet sein. Die Encoder gestatten dabei eine redundante Überwachung und Steuerung zusätzlich zum Lokalisierungssystem 9. Außerdem ist es bei diesem Ausführungsbeispiel möglich, dass der Antrieb der Räder 4 durch einen leichten Druck des Chirurgen auf den Handgriff 1 ausgelöst wird. In anderen Worten, das Gerät fährt erst dann los, wenn der Chirurg einen leichten Druck auf das Gerät in Richtung der vorgegebenen Bahn ausübt. Das Gerät kann dabei jederzeit durch leichten Druck entgegen der Bewegungsrichtung angehalten werden.
Die Steuerung bzw. Regelung der Bremsen 3a, 3b bzw. der Motoren ist dabei so gestaltet, dass gewisse Abweichungen von der vorbestimmten Bahn zugelassen werden. Diese Abweichungen betragen bei planen Probekörpern und regulären Bahnen, wie beispielsweise Geraden und Kreisbögen, weniger als etwa 0,6 mm, vorzugsweise weniger als etwa 0,3 mm. Bei häufigen Richtungswechseln soll die Abweichung von der geplanten Bahn weniger als etwa 1 mm, vorzugsweise weniger als etwa 0,5 mm betragen.
Bei Fräsungen an Kunststoffschädeln, bei denen die Knochendicke variiert, und regulären Bahnen, wie Geraden und Kreisbögen beträgt die Abweichung von der geplanten Bahn weniger als etwa 1 mm, vorzugsweise weniger als etwa 0,5 mm. Bei anatomischen Präparaten liegt der Schnittfehler unterhalb von etwa 1 ,5 mm, vorzugsweise unterhalb von etwa 1 mm.
Je nach Einsatzzweck des Geräts kann dieses jedoch auch so gestaltet sein, dass höhere oder geringere Abweichungen als vorgehend beschrieben zulässig sind.
Darüber hinaus kann das Gerät alternativ so gestaltet sein, dass die zulässige Abweichung über eine Eingabeeinheit eines Computers oder dergleichen präoperativ bestimmt werden kann.
Das Gerät wird vorzugsweise in der Mund-, Kiefer- oder Gesichtschirurgie oder für Schädeloperationen verwendet. Es kann jedoch auch in der Orthopädie beispielsweise zum Verschrauben von Pedikelschrauben verwendet werden. Zur zusätzlichen Führung des Geräts kann dieses außerdem mit einem
Gleitschuh 7 ausgestattet sein, der, wie in Fig. 1 und 2 gezeigt ist, im wesentlichen in einer L-Form ausgebildet ist. Dieser Gleitschuh 7 weist im wesentlichen einen parallel zu einem Werkzeug verlaufenden Steg 7a sowie eine hierzu geneigte, bevorzugt im wesentlichen senkrecht verlaufende Führungsplatte bzw. -element 7b auf. Das zu bearbeitende Körpergewebe, wie beispielsweise ein Knochen, wird dabei zwischen die Führungsplatte 7b auf der einen Seite und die Räder 4 auf der anderen Seite zumindest zeitweise geklemmt bzw. angeordnet. Ein Dickenausgleich des Körpergewebes wird bevorzugt durch eine Feder 5 ermöglicht, die eine Längsverschiebung des Gleitschuhs 7 bevorzugt im wesentlichen entlang der Längserstreckung des Stegs 7a erlaubt.
Der Gleitschuh 7 ermöglicht beispielsweise bei einer Schädeloperation, dass das Gerät an der Schädeldecke geklemmt wird, indem die Führungsplatte 7b
des Gleitschuhs 7 entlang der Innenseite der Schädeldecke gleitet, während die Räder 4 auf der Außenseite derselben abrollen. Somit wird ein zu tiefes Eindringen des Werkzeugs in den Schädel des Patienten hinein vermieden. Nachfolgend wird nun der Betrieb des Geräts anhand einer beispielhaften
Schädeloperation beschrieben.
Nachdem der zu bearbeitende Bereich beispielsweise mittels einer Computertomographie in der Gestalt von Bilddaten in einem Computer bzw. einer Datenbank vorliegt, wird eine Schnittbahn an dem Schädel präoperativ festgelegt. Danach werden, wie in Fig. 3 gezeigt ist, mit einem sogenannten Trepan 26 mehrere Bohrlöcher 21 geformt. Anschließend wird durch diese Bohrlöcher 21 die Dura Mater (Gehirnhaut) mit unterschiedlich gebogenen Ablöseelementen (sogenannten Raspatorien) 22, 23 vom Knochen gelöst.
Das in das Gerät eingespannte Werkzeug 6 kann nun durch eines der Bohrlöcher 21 in den Schädel eingeführt werden und die vorgegebene bzw. vorberechnete Fräsbahn 25 im wesentlichen abgefahren werden, um den Knochendeckel 24 abzutrennen bzw. herauszufräsen. Hierbei wird eine Verletzung des Gehirns dadurch vermieden, dass die Eindringtiefe des
Werkzeugs 6 in den Schädel hinein durch den vorher beschriebenen Gleitschuh 7 vorteilhaft begrenzt ist.
Zum Fräsen der vorgegebenen Bahn 25 werden nun die Räder 4 auf die Außenseite des Schädels aufgesetzt und das Gerät wird mittels des Handgriffs 1 in Richtung der vorgegebenen Bahn 25 bewegt. Abweichungen von der vorgegebenen Bahn werden nun von den Aktuatoren 10 korrigiert.
Bei der sogenannten "passiven Variante" geschieht dies durch gezieltes Abbremsen eines Rads 4, um das Gerät in die Richtung zu dem abgebremsten Rad 4 zu lenken. Bei der "aktiven Variante" kann diese Korrektur durch Antreiben des gegenüberliegenden Rads 4 erfolgen. Es ist jedoch auch möglich, beide
Varianten so zu kombinieren, dass die Räder sowohl mit Bremsen 3a, 3b ausgestattet sind als auch mit Motoren.
Bei der aktiven Variante kann die Vorschubkraft des Geräts auch vollkommen oder teilweise durch den Antrieb der Räder 4 mittels der Motoren aufgebracht werden. Hierzu wird der Vorschub durch die Motoren entweder durch einen separaten Schalter oder durch "Anschieben" des Geräts eingeschaltet, d.h. durch Schieben des auf den Körper des Patienten aufgesetzten Geräts werden die Räder 4 in eine Drehung versetzt. Dadurch wird ein Signal in dem Motor oder einem separaten (nicht gezeigten) Drehwinkel- bzw. Drehzahlsensor erzeugt, das an die Regelungseinheit 8 gesandt wird. Die Regelungseinheit 8 startet ansprechend auf diesen Signaleingang nun den Antrieb der Räder 4.
Andererseits kann das Anhalten des Geräts wiederum entweder durch einen separaten Schalter oder durch Abbremsen des Geräts ausgelöst werden, indem über den Handgriff 1 eine der Bewegungsrichtung des Geräts zumindest teilweise entgegengesetzte Kraft eingeleitet wird. Die Drehzahlsensoren oder die Motoren leiten nun wiederum ein entsprechendes Signal an die Regelungseinheit 8, woraufhin diese die Motoren abschaltet bzw. die Bremsen 3a, 3b aktiviert.
Derartige Drehzahlsensoren sind hinreichend bekannt und sollen deshalb hier nicht näher beschrieben werden. Außerdem ist es auch ein bekanntes Prinzip, die Abbremsung eines Elektromotors mittels des Lastmoments und demgemäß über die aufgenommene Stromstärke zu ermitteln. Dieses soll ebenfalls hier nicht näher beschrieben werden. Die Erfindung ist jedoch nicht auf diese Grundsätze beschränkt, sondern es ist jedes andere Verfahren einsetzbar, mit dem eine manuelle Abbremsung der Motoren durch den Chirurgen ermittelt werden kann. Das Gerät ist jedoch nicht auf die hier beschriebene Bauweise beschränkt und beide Ausführungsbeispiele können beliebig kombiniert werden. Beispielsweise kann das Gerät auch mit mehr als zwei Rädern ausgestattet sein,
wobei sowohl gebremste Räder als auch angetriebene Räder sowie freilaufende Räder zum Einsatz kommen können.
Darüber hinaus können auch andere als der hier beschriebene Gleitschuh 7 oder mehrere Gleitschuhe gleichzeitig eingesetzt werden. Der Gleitschuh 7 kann auch an seiner Spitze mit kleinen Rädern versehen sein, so dass er auf dem zu stützenden Gewebeteil oder an einem vor dem Bearbeitungswerkzeug zu schützendem Gewebeteil wie beispielsweise der Dura Mater abrollt anstatt zu gleiten.
Des weiteren ist es auch möglich, die Bremsen nicht nur mechanisch in der hier beschriebenen Weise auszuführen, sondern auch elektrisch, hydraulisch etc. Das gleiche gilt für die hier beschriebenen in die Räder 4 integrierten Motoren, die vorzugsweise elektrisch angetriebene Motoren sind, jedoch nicht darauf beschränkt sind. Diese können außerdem auch separat von den Rädern 4 angeordnet sein und die Räder 4 über entsprechende Getriebemittel antreiben.
Ferner ist das hier beschriebene Werkzeug 6 nicht auf ein spanendes Werkzeug wie einen Fräser oder Bohrer beschränkt. Es ist auch möglich beispielsweise einen Laser in das erfindungsgemäße Gerät einzuspannen bzw. einzusetzen. Darüber hinaus wäre es auch denkbar ein Diagnosegerät als das medizinische Instrument, wie beispielsweise Ultraschall, Röntgen, Computertomographie, in Verbindung mit dem erfindungsgemäßen Gerät zu verwenden.
Das Gerät ist bei all jenen Anwendungen einsetzbar, bei denen es auf eine präzise Bahnsteuerung relativ zu einem Gewebe am menschlichen oder tierischen Körper ankommt. Obwohl die Erfindung bezüglich eines handgehaltenen Geräts beschrieben ist, ist sie nicht darauf beschränkt. Das erfindungsgemäße Gerät kann (in der passiven Variante) auch in Verbindung mit einem Roboter eingesetzt werden, wobei es anstatt durch die Hand eines Chirurgen durch einen Roboterarm gehalten wird und per Fernsteuerung betätigt wird. Der Roboterarm folgt in einem solchen Fall (ausgestattet mit einem Kraftmomentensensor) den
Vorgaben des erfindungsgemäßen Geräts und überwacht die Bewegungen redundant. Der Roboter kann dann in seiner Eigenschaft als Messsystem auch als Lokalisierungssystem 9 eingesetzt werden. Das hier beschriebene Gerät kann außer zum Abfahren von vorgegebenen
Bahnen 25 auch zum Abfahren von Freiflächen benutzt werden. Dazu wird in der Planung ein zulässiges und ein unzulässiges Gebiet (das z.B. zu schonende Risikostrukturen umfasst) definiert. Die Bremsen 3a, 3b und / oder Aktuatoren im Zusammenspiel mit dem Lokalisierungssystem 9 schränken die Bewegungen auf das zulässige Gebiet ein.
Bezugszeichenliste
Handstück Rahmena, b Bremsenc Bremsklotz Räder Feder Werkzeug Gleitschuha Stegb Führungsplatte Steuerungseinheit Lokalisierungssystem0 Aktuator1 Bohrloch2 Raspatorie3 Raspatorie4 Knochendeckel5 vorbestimmte Bahn6 Trepan