Verwendung von basischen Amingruppen enthaltenden Polymerisaten in kosmetischen, dermatologischen oder pharmazeutischen Formulierungen
Beschreibung
Die vorliegende Erfindung betrifft die Verwendung von basischen Amingruppen enthaltenden Polymerisaten als Komplexierungsmittel für saure Carboxylgruppen enthaltende Wirkstoffe, insbesondere für die verzögerte Freisetzung von Salicylsäure in kosmetischen, dermatologischen oder pharmazeutischen Formulierungen.
Salicylsäure wird als Wirkstoff in kosmetischen und topischen Formulierungen verwendet. Schuppenflechten werden mit Salben enthaltend 2% Salicylsäure behandelt. Als keratolytisches Hilfsmittel weicht und quillt Salicylsäure die Epidermis auf. Bei Konzentrationen größer als 2% ist Salicylsäure ein wirksames Anti-Akne-Mittel und zeigt bakterizide Wirkung. Die Bildung von Sal- zen der Salicylsäure, beispielsweise Na-Salicylat, aus Salicylsäure und Natriumhydroxid verbessert zwar wesentlich die Wasserlöslichkeit der freien Säure hat aber ebenfalls wesentlichen Einfluss auf die Bioverfügbarkeit.
Salicylsäure ist praktisch unlöslich in Wasser (= 0,2 % bei Raumtemperatur). Um Salicylsäure in kosmetischen, dermatologischen oder pharmazeutischen Formulierungen löslich zu machen, benötigt man Cosolvenzien, beispielsweise Ethanol, Isopropanol oder Dimethylsulfoxid. Bedingt durch den niedrigen pH-Wert dieser Lösungen wirken sie oft reizend für die Haut. In J. B. Wil- kinson, R. J. Moore, Harn s Cosmeticology (7* Edition), 1982, Chemical Publishing Co. Inc., New York, New York, pp. 19, 45, 122, 687, 366 werden kosmetische Formulierungen mit Sali- cylsäure beschrieben.
WO 98/17247 offenbart topische Formulierungen zur Hautaufhellung enthaltend Koji-Säure, Salicylsäure, 20-30% eines wasserlöslichen Glykolethers und Wasser.
WO 98/33471 beschreibt die Herstellung einer hydroalkoholischen nicht-reizenden anti-Akne- Formulierung mit Salicylsäure. Die Gegenwart eines Phosphatesters oder von Salzen eines nicht-sacchariden C2-Cι8 polyhydrischen Alkohols verringert die reizende Wirkung der Salicylsäure.
WO 98/56343 offenbart wässrige kosmetische Formulierungen mit Cyclodextrinen als Lösungsvermittler.
WO 95/04517 offenbart die Herstellung kosmetischer Formulierungen aus einer wässri- gen/alkoholischen Lösung von Salicylsäure und Polyvinylpyrrolidon (Luviskol®K17) als Komple- xierungsmittel.
WO 99/13857 offenbart wässrige Lösungen von Salicylsäure und einem Propylenglykolalky- lester als Lösungsvermittler.
WO 93/07903 offenbart kosmetische Formulierungen enthaltend ein hochmolekulares kationisches Polymer und 2% Salicylsäure zur Akne-Behandlung.
WO 93/07902 beschreibt die Verwendung von nicht-ionischen Acrylamid-Polymeren in topischen Formulierungen mit Salicylsäure.
Nachteilig an den offenbarten Formulierungen ist zum einen die Verwendung von alkoholischen Lösungen, die reizende Wirkungen bei Anwendungen auf der Haut zeigen, und zum anderen die fehlende Kontrolle der Freisetzungsrate der Salicylsäure.
Aufgabe der vorliegenden Erfindung war daher die Entwicklung einer sowohl für kosmetische, dermatologische als auch für pharmazeutische Formulierungen geeigneten Zusammensetzung, die nicht reizend auf die Haut wirkt und gleichzeitig eine kontrollierte Freisetzung der Salicylsäure ermöglicht.
Erfindungsgemäß gelöst wurde die Aufgabe durch die Verwendung von Polymerisaten enthaltend
(a) 10-100 % Gew.-% wenigstens eines basische amingruppen-enthaltenden Monomers
(b) 0-90% Gew.-% wenigstens eines ethylenisch ungesättigten Monomers
(c) 0-10% Gew.-% wenigstens eines mindestens zwei ethylenisch ungesättigte reaktive Gruppen enthaltenden Vernetzers,
wobei die Summe von a), b) und c) in Gew.-% 100 beträgt als Zusatz für kosmetische, dermato- logische oder pharmazeutische Formulierungen.
Geeignete unter a) aufgeführten Monomere sind Monomere mit einer tertiären Amingruppe, beispielsweise N-Vinylimidazol, Methylvinylimidazol, Vinylpyridin, N-Vinyl-N-methylacetamid,
Dimethylaminoethylmethacrylat, Acrylamid, Vinylformamid, Vinylamin oder Isopropylacrylamid eingesetzt. Besonders bevorzugt wird N-Vinylimidazol eingesetzt.
Unter den unter b) aufgeführten Monomeren versteht man beispielsweise Styrol und seine Deri- vate, Acrylsäure, Acrylate, Methacrylsäure, Methacrylate oder Vinyl-Monomere wie N-Vinyl- lactame. Bevorzugt werden als Monomere N-Vinyllactame eingesetzt, insbesonders bevorzugt N-Vinylpyrrolidon.
Unter den unter c) aufgeführten Vernetzern versteht man Verbindungen mit mindestens 2 ethy- lenisch ungesättigten, nichtkonjugierten Doppelbindungen im Molekül. Geeignete Vernetzer sind zum Beispiel Acrylester, Methacrylester, Allylether oder Vinylether von mindestens zweiwertigen Alkoholen. Die OH-Gruppen der zugrundeliegenden Alkohole können dabei ganz oder teilweise sein; die Vernetzer enthalten aber mindestens zwei ethylenisch ungesättigte Gruppen. Weitere Vernetzer sind beispielsweise Divinylbenzol, Divinylethylenhamstoff oder Bis(meth)acrylate. Vorzugsweise werden solche Vernetzer eingesetzt, die in der Monomermischung löslich sind.
Bevorzugt werden Polymerisate verwendet, enthaltend
(a) 10-100 Gew.-% N-Vinylimidazol und (b) 0-90 Gew.-% N-Vinylpyrrolidon
wobei die Summe von a) und b) 100 Gew.-% beträgt.
Die Gew.-%- Verhältnisse von N-Vinylpyrrolidon zu N-Vinylimidazol liegen vorzugsweise bei 80 : 20 bis 50 : 50. Besonders bevorzugt ist das Verhältnis N-Vinylpyrrolidon zu N-Vinylimidazol 50 : 50.
Die Herstellung der Polymerisate erfolgt nach an sich bekannten Verfahren der radikalisch initiierten Polymerisation, z.B. durch Lösungspolymerisation, Emulsionspolymerisation, Suspensi- onspolymerisation, Fällungspolymerisation, Umgekehrte Suspensionspolymerisation, Umgekehrte Emulsionspolymerisation oder durch die sogenannte Popcorn-Polymerisation, bei der die wachsenden Polymerketten miteinander in An- oder Abwesenheit eines Vernetzers vernetzen.
Die erfindungsgemäßen Polymerisate sind in der Lage die eingesetzten Wirkstoffe zu komple- xieren und damit deren Wasserlöslichkeit zu erhöhen. Außerdem lässt sich durch den Einsatz der erfindungsgemäßen Polymere die Freisetzungsrate kontrolliert einstellen.
Bevorzugt werden als Wirkstoffe Ascorbinsäure, α- oder ß-Hydroxysäuren eingesetzt. Insbesondere bevorzugt wird Salicylsäure eingesetzt.
Die erfindungsgemäßen Polymerisat-Wirkstoff-Komplexe werden in pharmazeutischen, kosme- tischen oder dermatologischen Formulierungen, insbesondere für topische Anwendungen eingesetzt.
Ein weiterer Gegenstand der Erfindung sind kosmetische, dermatologische oder pharmazeutische Formulierungen enthaltend
(a) 10-100 % Gew.-% wenigstens eines basische Amingruppen-enthaltenden Monomers
(b) 0-90% Gew.-% wenigstens eines ethylenisch ungesättigten Monomers
(c) 0-10% Gew.-% wenigstens eines mindestens zwei ethylenisch ungesättigte reaktive
Gruppen enthaltenden Vernetzers
(d) sowie weitere, übliche Hilfsstoffe.
Bevorzugt enthalten die kosmetischen oder pharmazeutischen Formulierungen N-Vinylimidazol und N-Vinylpyrrolidon im Verhältnis 1:1. Bevorzugt weisen die Formulierungen eine verzögerte Freisetzung des Wirkstoffes auf.
Die pharmazeutischen, dermatologischen oder kosmetischen Formulierungen können neben den erfindungsgemäßen Polymerisaten und geeigneten Lösungsmitteln noch in der Kosmetik oder in pharmazeutischen Formulierungen übliche Zusätze enthalten, wie Emulgatoren, Konservierungsmittel, Parfümöle, kosmetische Wirkstoffe wie Phytantriol, Vitamine und Provitamine, beispielsweise Vitamin A, E und C, Retinol, Bisabolol, Panthenol, natürliche und synthetische Lichtschutzmittel, Naturstoffe, Trübungsmittel, Lösungsvermittler, Mikropigmente wie Titanoxid oder Zinkoxid, Reflektoren, Proteine, Ceramid, AHA-Säuren, Fruchtsäuren, Collagen, Eiweiß- hydrolysate, Stabilisatoren, pH-Wert-Regulatoren, Farbstoffe, Salze, Verdicker, Gelbildner, Konsistenzgeber, Silikone, Feuchthaltemittel, Rückfetter und weitere übliche Additive.
Die kosmetischen, dermatologischen oder pharmazeutischen Formulierungen können je nach Anwendungsform als Emulsion, Gel, Lotion, Creme, Salbe oder in Form von Lösungen appliziert werden und können beispielsweise zur Behandlung der Akne eingesetzt werden.
Die erfindungsgemäßen Polymerisate sind in den kosmetischen oder pharmazeutischen Formulierungen in einer Menge im Bereich von etwa 0.001 bis 20 Gew.-%, bevorzugt 0,1 bis 10 Gew.- %, bezogen auf das Gesamtgewicht des Mittels enthalten.
Die nachfolgenden Beispiele sollen die Erfindung näher erläutern, ohne sie jedoch darauf einzuschränken.
Beispiel 1
60 g Vinylpyrrolidon (0,54 mol) werden in 200 g Isopropanol gelöst. Die Lösung wird unter N2- Atmosphere auf 80 °C erhitzt und anschließend wird zu dieser Lösung eine Lösung aus Vinylpyrrolidon (120 g, 1,08 mol) und Vinylimidazol (20 g, 0,21 mol) in 100g Isopropanol über einen Zeitraum von 6 Stunden zugetropft. Gleichzeitig wird eine Lösung von t-Butylperpivalat (9 g, 0,052 mol) in Isopropanol (50 g) tropfenweise über einen Zeitraum von 6,5 Stunden zugegeben. Die Zugabe der Lösungen erfolgt unter N2.
Nach Beendigung der Zugabe wird eine Lösung von t-Butylperpivalat (1 ,5 g, 0,009 mol) in Isopropanol (17,5 g) über einen Zeitraum von 1 Stunde zugegeben. Die Reaktionslösung wird anschließend über Wasserdampf destilliert und man erhält ein N-Vinylpyrrolidon-N- Vinylimidazol-Copolymer (9:1 ) (w:w) (185 g, 92,5%)
Beispiel 2
Es wird wie in Beispiel 1 verfahren, aber in der ersten Stufe werden 100 g N-Vinylpyrrolidon (0,9 mol) und 40 g N-Vinylimidazol (0,43 mol) zugegeben. Man erhält ein N-Vinylpyrrolidon-N- Vinylimidazol-Copolymer (90:20) (w:w) (192 g, 96 %).
Beispiel 3
Es wird wie in Beispiel 1 gearbeitet. Zugabe N-Vinylpyrrolidon in der ersten Stufe 80 g (0,72 mol) und N-Vinylimidazol 60 g (0,64 mol). Man erhält ein N-Vinylpyrrolidon-N-Vinylimidazol Copoly- mer (70:30) (w:w) (188 g, 94 %).
Beispiel 4
Es wird wie in Beispiel 1 gearbeitet. Zugabe N-Vinylpyrrolidon in der ersten Stufe 60 g (0,54 mol) und N-Vinylimidazol 80 g (0,85 mol). Man erhält ein N-Vinylpyrrolidon-N-Vinylimidazol Copoly- mer (60:40) (w:w) (183 g, 97 %).
Beispiel 5
Es wird wie in Beispiel 1 gearbeitet. Zugabe N-Vinylpyrrolidon in der ersten Stufe 40 g (0,36 mol) und N-Vinylimidazol 100 g (1,06 mol). Man erhält ein N-Vinylpyrrolidon-N-Vinylimidazol- Copolymer (50:50) (w:w) (194 g, 97 %).
Beispiel 6
60 g N-Vinylpyrrolidon (0,54 mol) werden in 200 g Isopropanol gelöst. Die Lösung wird unter N2- Atmosphere auf 80 °C erhitzt und anschließend wird zu dieser Lösung eine Lösung aus N-Vinylimidazol (140 g, 1 ,48 mol) in 100g Isopropanol über einen Zeitraum von 6 Stunden zugetropft. Gleichzeitig wird eine Lösung von t-Butylperpivalat (89 g), in Isopropanol (50 g) tropfenweise über einen Zeitraum von 6,5 Stunden zugegeben. Die Zugabe der Lösungen erfolgt unter N2.
Nach Beendigung der Zugabe wird eine Lösung von t-Butylperpivalat (2,6 g) in Isopropanol
(17,5 g) über einen Zeitraum von 1 Stunde zugegeben. Die Reaktionslösung wird anschließend über Wasserdampf destilliert und man erhält Polyvinylimidazol (180 g, 90 %)
Beispiel 7
Als Vergleichsbeispiel wird ein Homopolymer von N-Vinylpyrrolidon (Luviskol® K30, BASF AG) eingesetzt.
Isothermische Titration μ-kalorimetrische (ITC) Analyse
Das allgemeine Prinzip einer isothermischen Titrations-Mikrokalorimetrie (ITC) ist die Messung der Wärme Q [J], die durch das Vermischen zweier Flüssigkeiten unterschiedlicher Zusammensetzung hervorgerufen wird. Die Versuche werden mit einer Serie definierter kleiner Mengen der zu bestimmenden Substanz durchgeführt und in eine Reaktionszelle injiziert. Für fest definierte Systeme erlaubt diese Methode eine komplette, thermodynamische Bestimmung des jeweiligen Systems.
In der nachfolgenden Untersuchung wurden die Versuche wie folgt durchgeführt:
Eine ethanolische Lösung mit einer bekannten Konzentration der erfindungsgemäßen Polymerisate (0,888 Gew.-%) wird mit einer ethanolischen Lösung von Salicylsäure (5,52 Gew.-%) in 10μl Stufen titriert. Die ermittelten Wärmekapazitäten wurden mit der entsprechenden Wärmekapazität der verdünnten Lösung korrigiert (Titration von Ethanol mit ethanolischer Lösung von
Salicylsäure). Durch die schlechte Löslichkeit von Salicylsäure in Wasser, war es nicht möglich, eine Lösung mit geeigneten Salicylsäurekonzentrationen herzustellen. Daher wurde in den ITC- Untersuchungen Ethanol als Lösungsmittel verwendet.
Die Ergebnisse der Untersuchung sind in Figur 1 dargestellt.
Es wurde kein Wärmeaustausch bei der Titration von Salicylsäure und Luviskol® K30 festgestellt, was auf die fehlende Komplexierung zwischen Salicylsäure und dem Polymer hindeutet. Dahingegen wurden für die N-Vinylimidazol-enthaltenden Polymerisate, je nach verwendetem Polymerisat, Wärmekapazitäten bis zu 15 kJ/ml gemessen.
Eine Reihe hochvernetzter unlöslicher Polymerisate, enthaltend N-Vinylpyrrolidon und/oder N-Vinylimidazol-Monomere wurden mit der Methode der sogenannten Popcorn-Polymerisation hergestellt. Diese Divergan®-Polymere werden beispielsweise in der Getränkeindustrie als Fil- terhilfsmittel für Bier, Wein oder Fruchtsäfte verwendet. Divergan®F (BASF) ist ein Popcorn N-Vinylpyrrolidon Homopolymer; Divergan®HM (BASF) ist ein hochvernetztes N-Vinyl- pyrrolidon:N-Vinylimidazol (1 :9) Copolymer.
Es war möglich wässrige Lösungen mit bekannten Konzentrationen von Salicylsäure mit ver- schiedenen Mengen an Divergan® herzustellen. Die Mischungen wurden geschüttelt und die feste Phase wurde durch Zentrifugation von der flüssigen Phase abgetrennt. Die Konzentration an freier Salicylsäure wurde mit UV/VIS-Spektroskopie bestimmt und die Differenz zwischen Anfangskonzentration Salicylsäure und freier Salicylsäure ergibt den Anteil an Polymergebundener Salicylsäure.
Es wurde gefunden, dass im Falle der N-Vinylimidazol-enthaltenden Polymere 97% der Salicylsäure gebunden vorliegen, wenn 0,1 g Divergan®HM zu der wässrigen Lösung von Salicylsäure (SA) ([SA] = 4,9 10"5M]) zugesetzt wurden. Dagegen wurde gefunden, dass nur 4,6% Salicylsäure gebunden vorliegen, wenn derselben Lösung 0,1 g Divergan®F (Homo-N- Vinylpyrrolidon Polymer) zugesetzt werden.
Durch Variation der relativen Anteile an unlöslichem Polymer und Salicylsäure konnte die Bindungskonstante Ka durch thermodynamische Analyse bestimmt werden.
Bindungskonstante Ka für Divergan®F in Wasser bei 25°C, Ka = 2 M"1 ; ΔG° = 1 ,72 kJ/mol. Bindungskonstante Kg für Divergan®HM in Wasser bei 25°C, Kg = 1171 M"1; ΔG° = 17,50 kJ/mol.