Titel: "Doppelprogressives Brillenglas"
BESCHREIBUNG
5 Die Erfindung bezieht sich auf ein doppelprogressives Brillenglas.
Einfache progressive Brillengläser wie auch doppelprogressive Brillengläser sind vom Stand der Technik her be-
10 kannt. Beispielsweise beschreibt die DE 197 01 312 AI ein Brillenglas mit sphärischer Vorderseite und multifokaler Rückseite, sowie ein Verfahren zu seiner Herstellung. Die • DE 33 31 757 AI beschreibt ein progressives Brillenglas mit konvexer asphärischer Vorderfläche und konkaver
15 asphärischer Innenfläche.
Jedoch hat es sich bei Brillengläsern mit progressiven Rückflächen gezeigt, daß im stärkeren Plusbereich die sphärischen Vorderflächen krümmer gestaltet werden müssen
20 als die Vorderflächen im Fernbereich von Gläsern mit progressiven Vorderflächen. Dies wird vom Brillenträger sowohl aus optischen wie auch aus kosmetischen Gründen als Nachteil empfunden. Der Grund hierfür liegt in der Geometrie der Linsen: Konstruiert man beispielsweise ein Glas
25 mit Fernteilwirkung +5 dpt, so verwendet man im Falle progressiver Vorderflächen beispielhaft eine Vorderfläche mit einem Flächenbrechwert von +7 dpt, der im Nahbereich auf angenähert +10 dpt ansteigt, wenn das Glas eine Addition von 3 dpt aufweisen soll. Die sphärische Rückfläche
30 hat dann in etwa -2 dpt Flächenbrechwert, was im Fernbereich eine Wirkung von ca. + 5 dpt bewirkt.
Wenn man im Falle progressiver Rückflächen eine sphärische Vorderfläche wählen würde, die so flach ist wie der Fernbereich des Glases mit progressiver Vorderfläche (d.h.7 dpt) , müsste die Rückfläche im Fernbereich einen Flächenbrechwert von -2 dpt aufweisen. Bei progressiven Rückflächen muß die mittlere Krümmung vom Fern- zum Nahbereich abnehmen und nicht etwa zunehmen, wie es bei progressiven Vorderflächen der Fall wäre. Somit muß der Flächenbrechwert von -2 dpt um 3 dpt auf +1 dpt ansteigen, um eine Addition von 3 dpt zu bewirken. Diese Flächengestaltungsform wird Krümmungsu kehr genannt. Die Fläche ist nicht mehr nur, wie das bei konventionellen Produkten der Fall ist, konkav, sondern hat in einem Vertikalschnitt einen S-förmigen Verlauf. Jedoch weisen Rückflä- chen mit Krümmungsumkehr bestimmte Trageeigenschaften auf, die beim Brillenträger zu Problemen führen können. Ein Problem ist die relative Nähe der Rückfläche zum Auge, wenn man solche Gläser in konventionelle Fassungen einschleift. Da die Wimpern dann am Glas anstoßen, führt dies häufig zu Irritationen. Ein weiteres Problem stellen die verstärkt auftretenden Reflexe da, welche sich störend auswirken und den Kontrast beim Sehen reduzieren. Um diese Effekte zu vermeiden, kann man bei Gläsern mit progressiver Rückfläche nur die Krümmung der Vorderfläche erhöhen, was jedoch die Gläser dicker und kosmetisch nicht ansprechend macht. Auch steigt dadurch die Eigenvergrößerung der Gläser, was dazu führt, daß der sogenannte „Kuhaugeneffekt" verstärkt wird.
Aufgabe der Erfindung ist daher die Bereitstellung eines Brillenglases, mit dem die geschilderten Nachteile des Standes der Technik vermieden werden.
Diese Aufgabe wird dadurch gelöst, daß bei dem doppelprogressiven Brillenglas die progressive Wirkung auf Vorder- und Rückfläche der doppelprogressiven Brillengläsern verteilt und durch den Quotienten Q
Q = Addvfl I Addcesamt
beschrieben wird, wobei AddVfi der Zuwachs des Flächen- brechwertes längs der Hauptlinie auf der Vorderfläche zwischen dem Fernbereich und dem Nahbereich und AddGesamε der Zuwachs des gesamten Brechwertes längs der Hauptlinie zwischen dem Fernbereich und dem Nahbereich darstellen und der Anteil Q mit wachsender Fernteilwirkung F steigt:
dQ{F)
≥ O dF
Es sprechen verschiedene Gründe dafür, nicht die gesamte Addition auf die Rückfläche zu legen: Um Reflexe, die ein Betrachter sieht, der dem Brillenträger gegenüber steht, räumlich klein zu halten, sollte die Vorderfläche nicht zu flach gestaltet werden. Denn ansonsten „blitzt" bei ungünstiger Beleuchtung und Kopfbewegung das gesamte Brillenglas im Reflex auf, was den Betrachter irritiert. Wird die Vorderfläche progressiv gestaltet, so ergeben sich ästhetischere Reflexe, weil wenigstens der untere
Teil des Glases eine höhere Krümmung aufweist. Ein weiterer Grund ist die schlechte Fertigbarkeit progressiver Rückflächen bei starken Minuswirkungen.
Aufgrund der Dynamik der notwendigerweise kleinen Werkzeuge beim Schleifen und Polieren ist es günstiger, nur einen geringen Anteil der Addition auf der Rückfläche zu haben. Somit hat es sich als vorteilhaft erwiesen, d. h. mit Ausnahme extremer Minuswirkungen nicht die gesamte Addition auf die Rückfläche zu legen.
Es ist nun erkannt worden, daß die negativen Auswirkungen von Gläsern mit progressiven Rückflächen vermieden werden können, wenn man im Plusbereich einen erheblichen Teil der Addition auf die Vorderfläche überträgt. Auch ist erkannt worden, daß es im Minusbereich günstiger ist, einen gewissen Teil der Addition auf der Rückfläche zu implementieren. Um die Aufteilung des Brechwertzuwachses auf Vorder- und Rückfläche zu beschreiben, werden nachfolgen- de Definitionen eingeführt:
Addyfi = Zuwachs des Flächenbrechwertes längs der Hauptlinie auf der Vorderfläche zwischen dem Fernbereich und dem Nahbereich.
Addcesamc = Zuwachs des gesamten Brechwertes längs der Hauptlinie zwischen dem Fernbereich und dem Nahbereich, hervorgerufen durch die dioptrische Wirkung sowohl der Vorder- als auch der Rückfläche.
Der auf die Vorderfläche entfallende Anteil an der Addition ergibt sich durch eine dimensionslose Kennzahl, den Quotienten Q
Q = Addvfl I AddGesa l .
Aus dieser Definition ergeben sich verschiedene Fälle:
Bei einem konventionellen Gleitsichtglas, bei dem die progressive Fläche vorne liegt und die Rückfläche eine (A-Sphäre) oder ein (A-)Torus ist, leistet die Rückfläche keinen Beitrag zur Addition. Somit ist AddVfi = Addcesamt und der Quotient Q = 1.
Bei einem Gleitsichtglas, bei dem sich die progressive Fläche hinten befindet und die Vorderfläche eine
(A-) Sphäre oder (A-)Torus ist, liefert dagegen die Vorderfläche keinen Beitrag zur Addition. Somit ist Addvfi = 0 dpt und bei endlicher Gesamtaddition Addcesam wird der Quotient Q = 0.
Bei einem Gleitsichtglas mit zwei progressiven Flächen muss der Wert Q nicht notwendig zwischen 0 und 1 liegen. Q kann einen Wert von <0 aufweisen, und zwar dann, wenn die Vorderfläche eine degressive Wirkung hat. Die Rück- fläche muß dann eine Addition aufweisen, die größer ist als der verordnete Wert. Dagegen kann Q auch größer als 1 sein. Dies ist dann der Fall wenn die Vorderfläche eine Addition aufweist, die größer als die verordnete ist. Dann muß die zu starke Wirkungszunähme der Vorderfläche
durch eine Wirkungsabnahme auf der Rückfläche kompensiert werden .
Ferner steigt der Anteil Q nach einer linearen Funktion der Fernteilwirkung F:
mit Q0 = 0 , 5 und Qx = 0 , 04/dpt .
Weiter kann der Anteil Q nach einer annähernd linearen Funktion der sphärischen Fernteilwirkung F ansteigen:
Q{F) = Q ± dQo + {Q ± dQx) F
mit Q0 = 0,5 und Qi = 0,04/dpt und dQ0 = 0,2 und dQi = 0,02/dpt.
Erfindungsgemäß ist es nun günstiger, im Fernbereich ne- gativer Fernwirkungen tendenziell einen größeren Anteil der progressiven Wirkung auf die Rückfläche zu legen. Im stärkeren Minusbereich kann es sogar sinnvoll sein, Q negativ zu wählen.
Im Plusbereich ist es, wie bereits erwähnt, günstiger, einen hohen Anteil der Addition auf der Vorderfläche zu haben. Somit kann es sich im stärkeren Plusbereich als vorteilhaft erweisen, Q sogar größer 1 zu wählen.
Diese Erkenntnise führen dazu, daß man den Additionsanteil Q wirkungsabhängig gestalten muß. Dies ist beispielhaft mit dem folgendem Modell möglich:
Tabelle 1: Abhängigkeit des Quotienten Q von der Wirkung und die Toleranzbreiten
Es ist auch möglich, einen anderen Übergang zu wählen, nämlich den, der in Tabelle 2 beschrieben ist.
Tabelle 2: Abhängigkeit des Quotienten Q von der Wirkung und die Toleranzbreiten
Die Erfindung wird nachstehend ohne Beschränkung des allgemeinen Erfindungsgedanken anhand von Ausführungsbei- spielen unter Bezugnahme auf die Zeichnungen exemplarisch beschrieben, auf die im Übrigen hinsichtlich der Offenbarung aller im Text nicht näher erläuterten erfindungsgemäßen Einzelheiten ausdrücklich verwiesen wird.
Es zeigen:
Fig. 1 die Abhängigkeit des Anteils (Q)der Vorderfläche an der Addition von der Fernwirkung.
Fig. 2 die Abhängigkeit des Anteils (Q) der Vorderfläche an der Addition von der Fernwirkung.
Aus der Fig. 1 ist deutlich der Anstieg der Kurve zu er- kennen, wobei in den extremeren Wirkungsbereichen der Anstieg leicht abgeflacht ist. In Fig. 2 ist die graphische Darstellung der tabellierten Werte von Tabelle 2 gegeben. Man erkennt deutlich einen rein linearen Anstieg, wobei
in den extremen Wirkungsbereichen der Anstieg nicht abgeflacht ist. Bei beiden Figuren erstreckt sich der Schutzumfang schlauchförmig über den Bereich zwischen oberer und unterer Grenze.