Füllstoff auf der Basis von Holzfasern zur Herstellung von Kunststoff- Formkörpern
Die Erfindung bezieht sich auf einen Füllstoff nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1.
Ein gattungsgemäßer Füllstoff ist aus einem Vortrag von Erik Sehnal "Extru- sion of natural fibre materials - a field with new opportunities" bekannt, der im
Rahmen des "3rd International Wood and Natural Fibre Composites Symposium" am 19. - 20. September 2000 gehalten und als Vortragsmanuskript gleichzeitig veröffentlicht worden ist. Darin geht es um die Extrusion von Compounds mit sehr hohem Füllgrad von 70 bis 90 % an natürlichen Fasern, die als Pellets vorliegen und in einem konischen Doppelschneckenextruder verarbeitet wurden. Einzelheiten über die Pellets sind aber ebensowenig offenbart wie der Veröffentlichung der Vortragsunterlagen von Wolfgang Breuning "Werkzeugtechnologie der Extrusionswerkzeuge für Faserstoffe" von der gleichen Veranstaltung.
Nach der WO 96/34045 sind in einem Gemisch aus Holzfasern und thermoplastischem Kunststoff 40 bis 80 % langgestreckter Holzpartikel, also Holzfasern zugegen, vorzugsweise 50 bis 70 %. Besonderer Wert wird auf die Vermeidung von hohen Beanspruchungen des Fasermaterials gelegt. Es erfolgen keine Extrusion und keine Pultrusion, sondern ein Vorschub der
Masse mittels eines Kolbens. Die bekannte Vorrichtung umfasst hintereinander
einen bei niedrigem Druck arbeitenden Compounder eine rotierende Verdrängungspumpe, die die Kunststoffmischung weiter fördert ein Verteilerkopf - eine Orientierungseinrichtung einen im wesentlichen prismatischen Formkopf, dessen Längsrichtung mit der Vorzugsrichtung der Partikel übereinstimmt und der so lang ist und der in Längsrichtung ein solches Temperaturprofil aufweist, dass das Produkt an der Mündung unter seine VICAT- Erweichungstemperatur abgekühlt ist.
Die Fasern können Holzfasern aus Weichholz oder Hartholz sein und mit anderen Fasern vermischt sein, insbesondere silikatischen Fasern bzw. Glasfasern, und es können auch sonstige Verstärkungsfasern auf Cellulosebasis zugegen sein, wie z. B. Flachs und Hanf. Ebenso sind chemische Zusätze zur Verbesserung der Produkteigenschaft vorgesehen.
Der apparative Aufwand insbesondere in Gestalt der speziellen Zusatzeinrichtungen zur Bereitstellung der hoch gefüllten Kunststoffkörper ist hierbei erheblich.
Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine hoch gefüllte Formmasse mit geringerem Aufwand bereitzustellen, die aber dennoch vergleichbare Produkteigenschaften besitzt.
Diese Aufgabe wird durch den einen Füllstoff nach Anspruch 1 gelöst.
Es wurde gefunden, dass die Einbringung der Holzfasern in Form eines aus gebrochenen Pellets bestehenden Granulats eine wesentliche Verbesserung der homogenen Verteilung der Fasern in der Kunststoffmasse ermöglicht.
Die für andere Zwecke, z.B. für Brennzwecke, bekannten Pellets dieser Art sind sehr fest und haben an ihrer Oberfläche häufig stark komprimierte und verhornte Zonen. Dies ist für die Brennfunktion erwünscht, denn die Brenn-
pellets sollen im Ofen nicht zerfallen, sondern stetig von außen nach innen abbrennen. Die erfindungsgemäßen Pellets unterscheiden sich davon dadurch, daß sie nicht unter sehr hohem Druck, sondern unter dem Aspekt einer alsbaldigen Desintegration pelletisiert sind. Der Zusammenhalt wird nicht in erster Linie durch hohen Kompressionsdruck, sondern mindestens zum
Teil durch die Beimischung des als Bindemittel fungierenden höchstens 20 %igen Anteils an thermoplastischem Kunststoff gewährleistet, was eine Verringerung des Pelletisierungsdrucks erlaubt. Die Druckwerte liegen deutlich unter denen, die z.B. bei den Brennpellets zur Anwendung kommen. Das Material soll unter Mitwirkung des Kunststoffs gerade so weit zusammenhalten, daß eine störungsfreie Handhabung bei gleichzeitiger durchgreifender Redispergierbarkeit gewährleistet ist. Durch das Aufbrechen der Pellets werden die verhärteten Oberflächen-Zonen, soweit überhaupt vorhanden, durchbrochen und bietet der Füllstoff außerdem innere Bereiche der Pellets dar, die nicht stark komprimiert sind und sich daher bereitwilliger mit dem
Kunststoff der Formmasse vermischen. Dadurch verlieren die schalenförmi- gen stärker komprimierten und verhornten Außenzonen ihren Rückhalt und gehen ebenfalls leichter in homogener Verteilung in die Formmasse über. Die mittlere Partikelgröße des gebrochenen Granulats kann z.B. etwa 3 mm betragen. Die definierte Bemessung der Faserlängen des Ausgangsmaterials, d.h. der Fasern in den Pellets, beläßt nur die verstärkungswirksamen Fasern in der Mischung. Besonders wichtig ist der Feuchtegehalt der Fasern in den Pellets. Die Feuchte verdampft schlagartig bei Berührung mit der heißen Form, z.B. mit dem Extruder, und entfaltet eine Redispergierung för- dernde Sprengwirkung. Es hat sich auch gezeigt, daß die Erfindung es erübrigt, die gesamte Formmasse in Form eines Compounds vorzulegen. Vielmehr können Kunststoff, z.B. Polypropylen, und Füllstoff separat und gleichzeitig, z.B. in einen Extruder eingegeben werden, ohne daß Mischungsprobleme auftreten.
Die Pellets können dadurch hergestellt sein, daß die Holzfasermasse durch eine Lochdüse gepreßt und die sich ergebenden Stränge von etwa 4 bis 8 mm Durchmesser auf eine Länge von etwa 5 bis 20 mm geschnitten werden.
Bei der Erfindung wird die Redispergierung, d.h. die gleichmäßige Verteilung des zunächst in den Pellets konzentrierten Füllstoffs, durch eine besondere Gestaltung der Eigenschaften dieser Pellets gefördert und im Falle des Ex- trudierens der Extruder von einem Teil dieser Aufgabe entlastet. Die unter dem Gesichtspunkt der Redispergierung erforderliche Aufenthaltszeit der Formmasse im Extruder kann verkürzt werden. Unter anderem durch die verringerten Redispergierungszeiten des erfindungsgemäßen Füllstoffs verringern sich die Zykluszeiten auch bei anderen Formverfahren, wobei hierbei auch die hohen mit der Erfindung erreichbaren und verarbeitbaren Füllgrade eine wesentliche Rolle spielen, die eine rasche Verfestigung des Extrudats bzw. eine rasche Entformbarkeit beim Pressen und Spritzen zur Folge haben.
Der bei der Herstellung der Pellets eingesetzte thermoplastische Kunststoff kann mit dem bei der Herstellung des eigentlichen Formkörpers verwendeten Kunststoff übereinstimmen, was die bevorzugte Arbeitsweise sein wird. Zwingend ist dies jedoch nicht, denn es kann sowohl ein anderer thermoplastischer Kunststoff Verwendung finden als auch für den Formkörper ein Du- roplast verarbeitet werden.
Der die Merkmale a) bis g) aufweisende Füllstoff hat eine hohe Rieselfähigkeit und gute Dosiereigenschaften.
Die natürlichen Fasern auf Cellulosebasis sollen in erster Linie Holzfasern sein (Anspruch 2). Es kommen jedoch auch andere Fasern wie Sisal, Hanf, verschiedene Stroharten und dergleichen in Betracht.
Die Entfernung der Feinanteile gemäß Anspruch 3 fördert die Redispergier- barkeit des Füllstoffs und konzentriert die Belastung der Formmassen mit
Füllstoff auf solche Anteile, die eine Verstärkungswirkung beisteuern können.
Das gebrochene einsatzfertige Granulat kann gemäß Anspruch 4 vor der Zugabe in den Extruder oder das sonstige Formwerkzeug eine mittlere Partikelgröße von etwa 2 bis 10 mm aufweisen. Diese Partikelgröße ist zu unterscheiden von der Länge der einzelnen Fasern in den Pellets bzw. dem Gra- nulat.
Gemäß Anspruch 5 kann das Granulat insbesondere einen Feuchtegehalt von etwa 8 % aufweisen, was in der Praxis ausreichende Unterstützung der Redispergierung ergibt, ohne in die Nähe des Grenzfeuchtegehalts von 12 % zu kommen, oberhalb dessen z.B. ein Extruder infolge übermäßiger Wasserdampfbildung nicht mehr zufriedenstellend zu betreiben ist.
Der Feuchtegehalt der Pellets kann gemäß Anspruch 6 schon in den diese bildenden Fasern vorhanden sein oder gemäß Anspruch 7 durch eine nach- fragliche Befeuchtung der fertigen Pellets erzielt werden.
Die die Feuchte ergebende Flüssigkeit kann gemäß Anspruch 8 aus Wasser und einem Pelletisierungshilfsmittel bestehen.
Die Fasern können gemäß Anspruch 9 in einer Mischung auf ausgewählte
Faserlängenbereiche fraktionierter Komponenten vorliegen.
Gemäß Anspruch 10 kann eine solche Mischung beispielsweise Faserkomponenten mit mittleren Faserlängen von etwa 150 bis 300 μm, etwa 800 bis 2000 μm und/oder von etwa 2000 bis 6000 μm umfassen.
Gemäß Anspruch 11 sind die Holzfasern, wenn solche eingesetzt werden, vorzugsweise Weichholzfasern, weil Weichholz sich einfacher zerfasern läßt als Hartholz.
Vorzugsweise werden die Holzfasern durch Fibrillieren von Holz gewonnen (Anspruch 12).
Es empfiehlt sich gemäß Anspruch 13, daß der Füllstoff die Verarbeitungsund/oder die Gebrauchseigenschaften der fertigen Formmasse fördernde Zusätze in Gestalt von Pulver- oder Flüssigadditiven enthält. Dies können z.B. Koppler, Gleitmittel, Antioxidanzien, UV-Stabilisatoren, Flammen- Schutzmittel, Schlagzähigkeitsverbesserer und dergleichen sein.
Als thermoplastische Kunststoffe, die in dem Füllstoff als Bindemittel wirken, kommen insbesondere die in Anspruch 14 angegebenen Typen in Betracht.
Gemäß Anspruch 15 kann es schon ausreichen, wenn die thermoplastischen
Kunststoffe nur in einem Gewichtsanteil von höchstens 20 %, bezogen auf die Fasermenge, zugegen sind.
Der erfindungsgemäße Füllstoff ist zur Weiterverarbeitung der damit herge- stellten Formmasse durch Extrusion, Pressen oder Spritzen vorgesehen (Ansprüche 16, 17 und 18).
Ein wichtiger Aspekt der Erfindung ist der hohe Füllgrad der hergestellten Formmasse bzw. des entsprechenden Formkörpers. Gemäß Anspruch 19 bzw. 20 soll der Füllstoff in einer einem Füllgrad von mindestens 70 %, vorzugsweise sogar von mehr als 80 % entsprechenden Menge zugegen sein.
Anspruch 21 betrifft besondere Ausführungsbeispiele unter Verwendung der Erfindung hergestellter Formkörper. Bei relativ großen Formkörpern mit Ab- messungen in der Größenordnung bis etwa 1 m, die hohen mechanischen
Beanspruchungen unterliegen, kommt die hohe Formsteifigkeit und Schlagzähigkeit der mit der erfindungsgemäßen Formmasse gefertigten Formkörper zur Geltung. Der E-Modul kann im Bereich von 3000 bis 5000 N/mm2 liegen Getränkekästen und Transportpaletten sind Beispiele für solche Formkörper, bei denen auch das im Verhältnis zur Festigkeit geringe Gewicht eine wichtige Rolle spielt. Ein weiteres Beispiel sind Plansichtrahmen für die mechanische Siebung. Diese Plansichtrahmen lassen sich als Spritzteil herstellen, aber auch aus extrudierten Profilen, die sich an den Ecken verleimen lassen.
Die Verarbeitung wie z.B. das Aufnageln der Gaze funktioniert wie bei Holz. Besonders vorteilhaft ist jedoch, daß sich ein erfindungsgemäßer Plansichtrahmen auch unter extrem feuchten Bedingungen nur mit maximal 2 % Feuchtigkeit anreichert und dadurch formstabil bleibt.
Die Erfindung verkörpert sich gemäß Anspruch 22 auch in einem Verfahren zur Herstellung eines Formkörpers, bei welchem der thermoplastische Kunststoff mit dem Füllstoff zusammen in einen konischen Doppelschnek- kenextruder eingegeben und die Mischung in dem Doppelschneckenextruder homogenisiert, plastifiziert und zu einem strangförmigen Formkörper extru- diert wird.
Bei einer weiteren Ausführungsform nach Anspruch 23 wird der thermoplastische Kunststoff in Granulat- oder Pulverform mit Füllstoff nach einem der Ansprüche 1 bis 15 zusammengemischt und diese Mischung in einer Pelletpresse plastifiziert und zu homogenen Pellets verarbeitet, welche für die Verarbeitung in handelsüblichen Kunststoffformmaschinen wie Spritzmaschinen oder Extruder geeignet sind.
In der Zeichnung sind mit der erfindungsgemäßen Formmasse hergestellte beispielhafte Formkörper wiedergegeben.
Fig. 1 zeigt eine perspektivische Ansicht eines extrudierten Hohlkammer-Profils für Innenausbauzwecke;
Fig. 2 zeigt eine perspektivische Ansicht eines gespritzten Getränkekastens;
Fig. 3 zeigt eine Unteransicht einer gepreßten Transportpalette;
Fig. 4 zeigt einen Querschnitt nach der Linie IV-IV in Fig. 3.
Die Darstellung des extrudierten Profils 10 in Fig. 1 gibt etwa die natürliche Größe des Profils 10 mit seinen beiden einander parallelen Hohlkammern 1 ,2 von etwa rechteckigem Querschnitt wieder, ebenso die Wandstärke. Die Steifigkeit dieses Profils 10 kann dadurch charakterisiert werden, daß es nicht möglich ist, mit der Hand an einem Profilstück einer Länge von etwa 30 cm irgendwelche erkennbaren Verformungen herbeizuführen. Der E-Modul liegt bei einem Ausführungsbeispiel bei 4500 N/mm2 . Das Aussehen des Profils 10 gleicht demjenigen von Holz, die Oberfläche ist sehr glatt.
Bei dem Getränkekasten 20 der Fig. 2 liegen die Seitenlängen des Grundrisses und die Höhe etwa im Bereich von 30 bis 50 cm. Die Gestaltung im einzelnen kann sehr verschieden sein, doch ist die Bruch- und Verschleißfestigkeit eines solchen Getränkekastens 20, der ja beim Transport einer recht rauhen Behandlung ausgesetzt ist, ganz erheblich und liegt deutlich über den entsprechenden Werten der üblichen Kunststoffkästen.
Ein besonderer Vorteil der Erfindung liegt darin, daß sich ein Formkörper wie der Getränkekasten 20 trotz des hohen Füllgrades in der Größenordnung von 80 % und mehr im Spritzverfahren herstellen läßt.
Dies gilt auch für die Transportpalette 30 der Fig. 3 und 4, deren rechteckiger Grundriß eine Länge der längeren Seite in der Größenordnung 1 m aufweist. Auch die Transportpalette 30 weist ein geringes Gewicht und eine erhebliche Widerstandsfähigkeit gegen rauhe Beanspruchung auf.