Elastische Biuret-modifizierte Polyurethanschaumstoffe sowie ein Verfahren zu ihrer Herstellung
Die Erfindung betrifft die Herstellung von elastischen PolyurethanschaumstofFen durch Umsetzung von Biuret-modifiziertem Polyisocyanat mit Polyether- bzw. Poly- esterpolyolen.
Die Herstellung von Polyurethanschaumstoffen ist hinlänglich bekannt (PUR-Hand- buch, G. Oertel 1993, Bd. 7, S. 236 ff). Polyurethanschaumstoffe finden Verwendung in der Möbel- und Automobilbranche und werden als Blockschaumware z.B. zur Herstellung von Matratzen eingesetzt.
Bei der Weichformschaumherstellung sind zwei Herstellungsverfahren von Bedeutung:
a) Der Heißschaum ist durch geringe Rohdichte der Schaumformteile (< 35 kg/m3) und einer notwendigen Wärmebehandlung nach dem Schäumprozeß (hot eure = HC-Schaum) charakterisiert.
b) Der Kaltschaum (high resilient = HR-Schaum) verzichtet auf eine nachträgliche Wärmebehandlung und liefert Schaumteile üblicherweise in einer Rohdichte >30 kg/m3.
Der Kaltformschaum ist sowohl mit Diphenylmethandiisocyanat (MDI; MDI-Ab- mischungen oder Prepolymer) als auch mit Toluylendiisocyanat (TDI), wobei hier auch Abmischungen mit MDI bis zu einem Mischungsverhältnis von 30:70 zu verstehen sind, als Isocyanatkomponenten herstellbar.
Vorteilhaft beim MDI-Kaltformschaum ist die Tatsache, daß man zur Einstellung von Schaumstofϊhärten üblicherweise auf den Zusatz von stofflialtigen Polyethern z.B. mit Styrolacrylnitril (SAN) bzw. Polyharnstoffdispersion (PHD) als Füllstoff in der Polyolkomponente verzichten kann und daß nur durch Änderung des Mischungsverhältnisses (ausgedrückt durch die sogenannte Kennzahl) der Komponente A
(= Polyolformulierung) zu B (= Isocyanat) deutliche Härteänderungen eingestellt werden können (dual-hardness-Effekt).
Die resultierenden Rohdichten liegen üblicherweise bei >45 kg/m3 für Sitzschauman- Wendungen.
Für TDI-basierten Kaltschaum ist es Stand der Technik, daß durch Zusatz von ftill- stofϊhaltigen Polyethern die gewünschten Schaumhärten eingestellt werden. Die Möglichkeit der Kennzahlvariation (•= Änderung des Mischungsverhältnisses) zur Ein- Stellung der Schaumhärten ist limitiert. Daher ist es für Schaumteile mit dual- hardness-Effekt notwendig, über zwei unterschiedliche Polyolformulierungen, die sich hinsichtlich des Feststoffgehaltes deutlich unterscheiden, verschiedene Härtebereiche herzustellen. Die relevanten Rohdichten liegen hierbei >30 kg/m3. Ein weiterer Unterschied zum MDI-Kaltformschaum liegt in den Reaktionszeiten (Start-, Fadenzieh-, Steig- und Klebfreizeit) und dem Zeitraum, nach dem das Schaumteil aus der Form entnommen werden kann (= Entformzeit). TDI-basierte Kaltformschaumstoffe haben gegenüber MDI-Kaltformschaumstoffen bei vergleichbarer Katalyse deutlich verlängerte Klebfrei- und Entformzeiten, was einer höheren Produktivität entgegensteht.
Weiterhin nachteilig ist beim TDI-basierten Kaltschaum die Tatsache, daß mit zunehmendem Wassergehalt und/oder Feststoffgehalt der Schäumprozeß deutlich unsicherer wird, was sich in Schauminstabilität ausdrückt. Dies bedeutet letztendlich eine enge Verarbeitungsbandbreite, wodurch eine stabile Schaumproduktion nur schwer möglich ist und demzufolge die Ausschußrate bzw. Nacharbeit deutlich steigt. Dies wird besonders deutlich, wenn als Isocyanat reines, nicht mit MDI abgemischtes
TDI (vorzugsweise TDI 80) eingesetzt wird.
Zusätzlich kommt seitens des Marktes immer stärker die Forderung nach Gewichtseinsparung bei gleichbleibenden physikalischen Schaumeigenschaften. Im Mittelpunkt steht dabei die Schaumstofϊhärte. Um diese Anforderung zu erfüllen, muß auf der
Seite der Polyolkomponente z.B. der Wassergehalt und/oder der Feststoffgehalt deutlich angehoben werden (EP-A-0 703 254), was dann zu den oben erwähnten Nachteilen fuhren kann. Auch die Erhöhung der Produktivität durch Reduzierung der
Entformzeit, wie für MDI-Kaltschaum üblich, von derzeit ca. 4 bis 5 Minuten auf <2,5 Minuten wird mit zunehmendem Nachdruck für TDI-Kaltformschaum verlangt.
Aufgabe der vorliegenden Erfindung war es daher, elastische TDI-basierte Poly- urethanformschaumstoffe (Kaltformstoffe) geringer Rohdichte mit hoher Schaum- stofϊhärte, guter Dual-hardness-Fähigkeit und möglichst kurzer Klebfreizeit und Entformzeit zur Verfügung zu stellen.
Überraschenderweise wurde jetzt gefunden, daß die Verwendung von Biuret-modifi- ziertem TDI bei der Herstellung von flexiblen Kalt(form)schaumstoffen zu bemerkenswerten Vorteilen, insbesondere bei Verwendung von Polyolkomponenten mit hohem Wasser- und Feststoffgehalt, führt.
Gegenstand der Erfindung sind daher elastische Polyurethan-Formschaumstoffe (Kaltformstoffe) mit einer Dichte von 25 bis 60 kg/m3, welche erhältlich sind durch die Umsetzung
a) eines Polyisocyanats, enthaltend ein Toluylendiisocyanat mit Biuretstruktur mit einem NCO-Wert im Bereich von 33 bis 47 Gew.-%,
b) einer Polyetherpolyolkomponente mit einem mittleren Molekulargewicht von 1.000 bis 12.000, einer Funktionalität >2, einem Gesamtwassergehalt <8 Gew.-Teilen und gegebenenfalls einem Feststoffgehalt <40 Gew.-Teilen,
c) gegebenenfalls einer weiteren Polyolkomponente mit einem mittleren
Molekulargewicht von 62 bis 1.000 und einer Funktionalität >2,
d) gegebenenfalls weiteren an sich bekannten Hilfs-, Zusatz- und Flammschutzmitteln,
e) gegebenenfalls Treibmitteln
unter Einhaltung einer NCO-Kennzahl von 30 bis 180, vorzugsweise 60 bis 140, besonders bevorzugt 80 bis 120, bezogen auf die Summe der Komponenten a) bis e).
Besonders bevorzugt sind solche erfindungsgemäßen Polyurethan-Schaumstoffe, bei denen bei der Herstellung der NCO-Wert des TDI mit Biuretstruktur der Polyiso- cyanatkomponente a) entweder im Bereich von 33 bis 40 Gew.-% oder im Bereich von 40 bis 47 Gew.-% liegt.
In vorteilhafter Weise zeigen die erfindungsgemäßen Schäume bei einem NCO-Wert im Bereich von 33 bis 40 Gew.-% gegebenenfalls selbst ohne Feststoffzusatz eine gute ansonsten nur bei MDI-Kaltschäumen erreichbare Dual-hardness-Charakteristik. Im NCO-Wertbereich von 40 bis 47 Gew.-% kann mit einem deutlich geringeren Feststoffgehalt eine gute Dual-hardness-Charakteristik als bei vergleichbaren aus unmodifizierten TDI (z.B. TDI 80) hergestellten Schäumen erreicht werden.
Bei der Herstellung der erfindungsgemäßen Schaumstoffe kann bevorzugt eine Iso- cyanatkomponente a), die nach erfolgter Biuretisierung mit TDI, MDI, polymerem MDI abgemischt wurde, eingesetzt werden.
Besonders bevorzugt setzt sich die Isocyanatkomponente z.B. folgendermaßen zusammen:
TDI 80 (2,4 und 2,6 TDI; 80/20 GT) / TDI-Biuret / polymeres MDI (NCO: 42 %)
TDI 80 / TDI-Biuret (NCO: 42 %)
TDI 80 / TDI-Biuret (NCO: 40 %)
- TDI 100 / TDI-Biuret (NCO: 42 %)
TDI 80 / TDI-Biuret (NCO: 37 %)
Die Herstellung von TDI und Biuretstruktur ist schon länger bekannt und auf unterschiedliche Weise möglich, wie es in zahlreichen Patentschriften dokumentiert ist. Großtechnisch sind 3 Verfahrensweisen von Bedeutung:
1. Umsetzung von TDI mit t-Butanol (DD 214 847) 2. Umsetzung von TDI mit Wasser (DE 21 17 575)
3. Umsetzung von TDI mit Amin (DE 22 61 065, DE 11 74 759, DE 31 14 638)
All diesen 3 Verfahren gemeinsam ist die diskontinuierliche Umsetzung zum Biuret. Dabei werden bei Verfahren 1 und 2 gasförmige Reaktionsprodukte (i-Buten, CO2) erzeugt, die entsorgt werden müssen. Zudem werden aus Amin hergestellte NCO- Gruppen wieder zurückgeführt in das Amin, was ökonomisch wenig sinnvoll ist. Daher ist das Amin- Verfahren 3 zu bevorzugen. Bei der Amin- Variante ist es notwendig, das Amin für eine gleichbleibend gute Umsetzung über die gesamte Reaktionsdauer in einem Lösungsmittel aufzunehmen, welches anschließend wieder abdestilliert werden muß.
Bevorzugt wird das TDI mit Biuretstruktur nach einem kontinuierlichen Prozeß durch Umsetzung der reinen Edukte (TDI + Amin), wie in der EP 0 277 353 beschrieben, hergestellt, ohne die Notwendigkeit einer weiteren Aufarbeitung oder nachfolgenden
Entsorgung von Nebenprodukten haben zu müssen.
Besonders bevorzugt wird das TDI mit Biuretstruktur hierbei in einem einstufigen kontinuierlichen Verfahren hergestellt, indem man TDI
a) mit organischen Diaminen mit aromatisch gebundenen Aminogruppen in einem Molverhältnis von mindestens 8: 1 in einer Mischkammer kontinuierlich zusammenführt und
b) bei einer Temperatur von oberhalb 180°C zur Reaktion bringt,
c) wobei die Verweilzeit der Reaktionspartner bzw. des Reaktionsgemisches in der Mischkammer ab Vereinigung der Ausgangskomponenten maximal 60 Sekunden beträgt.
Bevorzugt setzt man für dieses Verfahren ein Gemisch aus 80 Gew. % 2,4-
Toluylendiisocyanat und 20 Gew. % 2,6-Toluylendiisocyanat (TDI 80) oder die Gemische TDI 100 oder TDI 65 ein.
Weitere Ausgangsmaterialien sind organische Diamine mit aromatisch gebundenen Aminogruppen eines unter 300 liegenden Molekulargewichts. Bevorzugt sind
2,4-/2,6-Tolylendiamin bzw. Diphenylmethandiamine.
Bei der Durchführung werden das TDI und die Diamine kontinuierlich in solchen Mengenverhältnissen zur Umsetzung gebracht, die einem Äquivalenzverhältnis von Isocyanatgruppen zu Aminogruppen von mindestens 8: 1, bevorzugt von 10: 1 bis
20: 1 entsprechen, wobei die Aminogruppen als monofunktionelle Gruppen in die Berechnung eingehen. Wesentlich ist, daß die Ausgangsmaterialien sofort nach ihrer Durchmischung bei einer Temperatur von oberhalb 180°C, vorzugsweise von oberhalb 200°C, miteinander zur Reaktion gebracht werden. Die Aufheizung des TDI muß wegen der bekannten Temperaturempfindlichkeit dieser Verbindungen innerhalb eines möglichst kurzen Zeitraums erfolgen, vorzugsweise innerhalb eines Zeitraums von weniger als 30 Sekunden.
Die kontinuierlichen Ströme der Reaktionspartner werden nach der beschriebenen Vorerwärmung in einer Mischkammer für eine Verweilzeit von maximal 60 Sekunden vereinigt.
Nach Durchlaufen der Mischkammer und der gegebenenfalls der Mischkammer nachgeschalteten Verweilzeitstrecke wird das Reaktionsgemisch kontinuierlich durch geeignete Wärmeaustauscher innerhalb von höchstens 10 Minuten, stetig oder stufenweise auf eine Temperatur innerhalb des Temperaturbereichs von 120
bis 200°C, abgekühlt. Anschließend wird mit Hilfe eines hochwirksamen Kühlers möglichst schnell auf eine Temperatur von < 50°C abgekühlt, um die sonst als Nebenreaktion auftretende Dimerisierung, die zu unerwünschten Feststoffbildungen führen, zu unterdrücken.
Das so hergestellte TDI mit Biuretstruktur kann vorteilhaft als Ausgangsmaterial für die erfindungsgemäßen elastischen Schaumstoffe eingesetzt werden.
Ein weiterer Gegenstand der Erfindung ist ein Verfahren zur Herstellung elastischer Polyurethan-Formschaumstoffe mit einer Dichte von 25 bis 60 kg/m3, bei dem man
a) eine Polyisocyanatkomponente, enthaltend ein TDI mit Biuretstruktur mit einem NCO-Wert im Bereich von 33 bis 47 Gew.-%, besonders bevorzugt 33 bis 40 Gew.-% oder 40 bis 47 Gew.-%, mit
b) einer Polyetherpolyolkomponente mit einem mittleren Molekulargewicht von 1.000 bis 12.000, einer Funktionalität >2, einem Gesamtwassergehalt <8 Gew.-Teilen und gegebenenfalls einem Feststoffgehalt <40 Gew.-Teilen,
c) gegebenenfalls einer weiteren Polyolkomponente mit einem mittleren Molekulargewicht von 62 bis 1.000 und einer Funktionalität >2,
d) gegebenenfalls weiteren an sich bekannten Hilfs-, Zusatz- und Flammschutzmitteln sowie
e) gegebenenfalls Treibmitteln unter Einhaltung einer NCO-Kennzahl von 30 bis 180, vorzugsweise 60 bis 140, besonders bevorzugt 80 bis 120 umsetzt.
Die erfindungsgemäßen Schaumstoffe können selbstverständlich auch als Block- Schaumstoffe hergestellt werden.
Die erfindungsgemäße Formschaumherstellung wird dabei bevorzugt als sogenanntes One-Shot- Verfahren durchgeführt. Es wird hierfür das vorstehend beschriebene TDI mit Biuret-Struktur, gegebenenfalls in Abmischung mit weiterem MDI oder TDI, insbesondere mit TDI 80, MDI 80/20, TDI 65 oder TDI 100 eingesetzt.
Als Polyetherpolyolkomponente b) werden Polyetherpolyole bzw. deren Gemische eingesetzt, die in an sich bekannter Weise durch Alkoxylierung von geeigneten Startermolekülen oder -gemischen hergestellt werden, wobei zur Alkoxylierung insbesondere Propylenoxid und gegebenenfalls zusätzlich Ethylenoxid verwendet werden. Sie haben ein mittleres Molekulargewicht von 1000 bis 12 000 und eine mittlere
Funktionalität von >2. Geeignete Startermoleküle sind z.B. Wasser, Ethylenglykol, Propylenglykol, Trimethylolpropan, Glycerin, Pentaerythrit, Sorbit oder Rohrzucker. Bevorzugt sind solche Polyetherpolyole, die einen primären OH-Gruppengehalt von mehr als 50 % besonders bevorzugt größer 70 % aufweisen. Derartige Polyether- polyole entstehen durch endständiges Aufpfropfen von Ethylenoxid.
Besonders bevorzugt werden hochreaktive Polyole eingesetzt. Dabei handelt es sich um trifünktionelle Polyole, die neben einem hohen Molekulargewicht von üblicherweise zwischen etwa 4800 und 6000 g/mol mindestens 70 % primäre Hydroxylgruppen aufweisen, so daß deren OH-Zahl zwischen 35 und 28 liegt. Dieses
Polyole sind bis zu 87 % aus Propylenoxid aufgebaut, enthalten aber ausschließlich Ethylenoxid-Endgruppen. Gegebenenfalls können auch Polyesterpolyole in der Komponente b) mitverwendet werden.
Der Polyetherpolyolkomponente b) kann gegebenenfalls als Feststoff das an sich bekannte Styrolacrylnitril (SAN) bis zu einem Feststoffgehalt von 40 Gew.-Teilen zugesetzt sein. Bei der Herstellung der erfindungsgemäßen Schaumstoffe kann aber auch auf die Mitverwendung von Feststoffen in der Polyetherpolyolkomponente b) sowie auch auf den Zusatz der Vernetzerkomponente c) völlig verzichtet werden.
Falls eine Vernetzerkomponente c) zugesetzt wird, sind derartige Vernetzer z.B. Diethanolamin, Glycerin, Trimethylolpropan (TMP), Glykole mit einem Molekulargewicht < 1000.
Besonders bevorzugt sind Diethanolamin, Glycerin, TMP.
Weiterhin können gegebenenfalls als weitere Komponente d) noch an sich bekannte Hilfs-, Zusatz- und/oder Flammschutzmittel zugesetzt sein. Unter Hilfsstoffen werden dabei insbesondere an sich bekannte Katalysatoren und Stabilisatoren verstanden. Als Flammschutzmittel ist z.B. Melamin möglich.
Als gegebenenfalls einzusetzende Treibmittelkomponente e) sind alle bei der PU- Schaumstofϊherstellung bekannten Treibmittel möglich. Besonders bevorzugt werden als Treibmittel wasserstofϊhaltige Fluoralkane (HFCKWs) sowie niedere Alkane wie z.B. Butan, n- und/oder iso-Pentan, Cyclopentan, gegebenenfalls in Abmischung untereinander und/oder unter Zusatz von Wasser verwendet.
In überraschender Weise ist es bei den erfindungsgemäßen Polyurethanformschaumstoffen möglich, eine gute Verarbeitungsbandbreite (z.B. Kennzahl- oder Temperatur- Variation) und gute physikalische Eigenschaften (z.B. Stauchhärte, Zugfestigkeit) bei deutlich über dem Stand der Technik angehobenem Wasser- und/oder Feststoffgehalt in der Polyolformulierung bei der Herstellung zu erreichen. Es können somit Polyurethanformteile hergestellt werden, die einen deutlich höheren Anteil an Polyester- polyolen aufweisen, als es bisher mit den Isocyanaten nach dem Stand der Technik möglich war. Die erfindungsgemäßen Polyurethanschaumstoffe zeigen eine deutliche
Härtesteigerung allein nur durch Änderung des Mischungsverhältnisses der Isocyanat- und Polyolkomponente (dual-hardness-Fähigkeit) bei identischem Feststoffgehalt mit vergleichbaren Schaumstoffen des Standes der Technik. Gegebenenfalls kann auf den Einsatz von Feststoff gänzlich verzichtet werden, wobei dann Formteile erhalten werden, die in der Schaumstoffhärte auf dem Niveau liegen, das üblicherweise nur durch Mitverwendung von feststoffhaltigen Polyetherpolyolen erreicht werden kann.
Bei den erfindungsgemäßen Polyurethanformschaumstoffen kann erfindungsgemäß durch den Einsatz von TDI mit Biuretstruktur bei der Schaumstoffproduktion eine deutliche Verkürzung der Klebfreizeit bei ansonsten für Standard-Mischungen üblichem Katalysatorgehalt und damit eine rasche Entformzeit nach Beendigung des Schäumprozesses erreicht werden. Überraschenderweise kommt es dabei nicht zu einer deutlichen Verkürzung der Reaktionszeiten, wie es sonst üblicherweise durch die Erhöhung der Katalysatormenge zur Erzielung kürzerer Entformzeiten beobachtet wird.
Die folgenden Beispiele sollen die Erfindung weiter erläutern, ohne sie jedoch in ihrem
Umfang zu beschränken.
Beispiele
Freischaumherstellung (Labor)
Die auf 25°C konditionierten Komponenten werden mittels Rührer (LM34-Rührwerk) durch folgende Vorgehensweise zur Reaktion gebracht: Die Isocyanat-Komponente wird in das Reaktionsgefäß, das die Polyolformulierung enthält, gegeben. Hierbei ist darauf zu achten, daß die Auslaufzeit der Isocyanatkomponente 3 Sekunden beträgt. Anschließend werden die Komponenten in ihrem Reaktionsgefäß mittels Rührer ver- mischt. Die Drehzahl wird zu diesem Zweck von der Mindestdrehzahl (800 U/min), unmittelbar nach Eintauchen des Rührtellers, innerhalb von 1 Sekunde auf Höchstdrehzahl (4200 U/min) gesteigert. Nach insgesamt 3 Sekunden Rührdauer wird der größte Teil des Reaktionsgemisches sofort in ein durch einen Holzkasten stabilisiertes Papierpäckchen (H 13 cm/B 13 cm, T 25 cm) überführt.
Bestimmung der Startzeit:
Die Startzeit ist der Zeitraum vom Beginn der Vermischung (Eintauchen des Rührtellers) bis zum deutlich erkennbaren Reaktionsbeginn. Der Reaktionsbeginn stellt sich durch Volumenzunahme/Viskositätsanstieg und Farbänderung des reagierenden Ge- misches dar.
Bewertung des Steigverhaltens:
Der Schaum wird während der gesamten Steigphase hinsichtlich seines Steigverhaltens im Vergleich zum Nullschaum beobachtet. Beurteilungskriterien sind dabei u.a. Einreißen der Oberfläche, Entgasungsvorgänge.
Bestimmung der Abbindezeit:
Die Abbindezeit („Fadenziehzeit") ist ein Maß für die Polymerbildungsreaktion. Sie wird ermittelt, indem mit einem dünnen Rundholzstäbchen kurz vor dem erwarteten Abbindezeitpunkt (Erfahrungswert), wiederholt in das aufsteigende Reaktionsgemisch gestochen wird. Der Zeitraum vom Vermischungsbeginn bis zu dem Zeitpunkt, an dem beim Herausziehen an dem Rundholzstäbchen Fäden (TDI-/ VT- Systeme) oder Pocken (MDI-Systeme) entstehen bzw. hängen bleiben, gilt als Abbindezeit.
Bestimmung der Steigzeit:
Unter Steigzeit wird die Zeitspanne zwischen Vermischungsbeginn und maximaler vertikaler Schaumausdehnung verstanden. Bei MDI-Systemen, die aufgrund ihrer Offenzelligkeit wieder absacken, gilt der Übergangspunkt von der Steigphase in die
Sackphase als Ende der Steigzeit.
Formteilherstellung
Die Verarbeitung der Rohstoffe erfolgt nach dem Reaktionsspritzgußverfahren (RSG-
Verfahren). Es handelt sich dabei um eine Fülltechnik, bei der die hochaktiven, flüssigen Ausgangskomponenten über Dosier- und Mischaggregate in kurzer Zeit in die Form eingetragen werden.
Die Rohstoffkomponenten werden auf 25 bis 27°C temperiert. Vor der eigentlichen
Formteilherstellung wird zunächst die vorgegebene Form (20 1-Metallform) auf die für den Schäumprozeß erforderliche Temperatur von ca. 55°C gebracht. Danach werden anhaftende Schaumreste von Vorversuchen entfernt, die Entlüftungsschlitze bzw. die Entlüftungsbohrungen gereinigt und schließlich die Formeninnenwand mit einem geeigneten Trennmittel beaufschlagt. Nachdem Druck, Temperatur, Mischungsverhältnis (= Kennzahl) und Förderzeit der Rohstoffkomponenten bzw. der Maschine eingestellt wurden, erfolgt die Formteilfertigung durch maschinelle Rohstoffvermischung und zellenförmigen Austrag des schäumfähigen Gemisches in die Form. Wenn der aufsteigende Schaum ca. 2/3 des Formenvolumens ausgefüllt hat, verschließt man die Form fest. Nach Ablauf der Rohstoffsystem-spezifischen Formenstandzeit wird die
Form geöffnet.
Eingesetzte Rohstoffe:
Polyether 1 : TMP + PO/EO OHZ. 28 mg KOH/g mw: 6000
Polyether 2 : TMP + PO/EO OHZ: 35 mg KOH/g mw: 4800 Polyether 3 : 20 % SAN-Copolymerisat im Polyether OHZ: 28 mg KOH/g
Polyether 4: 38 % SAN-Copolymerisat im Polyether OHZ: 22 mg KOH/g
Polyether 5 : TMP + Adipinsäure/Diethylenglykol OHZ: 60 mg KOH/g
Katalysator 1 : 2,2'-Bis(dimethylaminoethyl)ether 70%-ig in Dipropylenglykol Katalysator 2: Triethylendiamin 33%-ig in Dipropylendiglykol
Katalysator 3 : Pentamethyldipropylentriamin Katalysator 4: Diisopropanolamin 80%-ig in Wasser
Silikonstabilisator 1 : Tegostab B 4113 der Fa. Goldschmidt Silikonstabilisator 2: Tegostab B 8701 der Fa. Goldschmidt
Silikonstabilisator 3 : Tegostab B 8708 der Fa. Goldschmidt
Es wurden folgenden TDI-Komponenten mit Biuretstruktur für die Herstellung der erfindungsgemäßen Schaumstoffe eingesetzt:
Isocyanat 1 : TDI 80 / TDI -Biuret / polymeres MDI ( NCO: 42 % ) Isocyanat 2: TDI 80 / TDI -Biuret ( NCO: 42 % ) Isocyanat 3: TDI 80 / TDI -Biuret ( NCO: 40 %) Isocyanat 4: TDI 80 / TDI -Biuret (NCO: 37 %) Isocyanat 5 : TDI 100 / TDI-Biuret / polymeres MDI (NCO: 42 %)
Die Herstellung des TDI mit Biuretstruktur erfolgte auf an sich bekannte Weise, wie in der Beschreibung erläutert und wurde entsprechend mit TDI 80, TDI 100 bzw. polymeren MDI auf den angegebenen NCO-Wert abgemischt.
Die erfindungsgemäß hergestellten Schaumstoffe wurden mit Schaumstoffen nach dem Stand der Technik verglichen. Hierfür wurden die folgenden Isocyanatkompo- nenten des Standes der Technik eingesetzt.
Isocyanat A: TDI 80 (2,4 und 2,6-Toluylendiisocyanat; 80/20 GT) NCO: ca. 48,3 % Isocyanat B: TDI 80 / polymeres MDI NCO: ca. 44,3 %
Isocyanat C: TDI 65 (2,4 und 2,6-TDI 65/35 GT) / polymeres MDI NCO: ca. 43,3 % Isocyanat D: TDI 80 / Bisallophanat / polymeres MDI NCO: ca. 41,0 % Isocyanat E: MDI 80/20 NCO: ca. 32,5 %
Die nachfolgenden Beispiele sind in Tabellenform angegeben. Die dabei angegebenen Reaktionszeiten, Klebfreizeiten und Entformzeiten sind dabei folgendermaßen definiert.
Reaktionszeiten : Start-/Fadenzieh-/Steigzeit bei Kennzahl 100. Klebfreizeit = Zeit in der die Oberfläche eines Freischaums nicht mehr zum
Kleben neigt bei Kennzahl 100.
Entformzeit = Zeit nachdem das Formteil aus dem Werkzeug entnommen wird.
DVR= Druckverformungsrest
Vergleich der Prozeßzeiten bei vergleichbarer Polvolformulierung
Beispiele 1 bis 6
Variation des SAN- und Wasser-Gehaltes bei Kennzahl 100
Beispiele 7 bis 13
Vergleich der mechanischen Eigenschaften in Abhängigkeit der Kennzahl
Vergleich der Freischäume bei 28 % Feststoffgehalt (berechnet auf die Polyolkomponente) und Kennzahlvariation in vergleichbarer Polyolformulierung
Beispiele 26 bis 34
-
Vergleich der mechanischen Eigenschaften in Abhängigkeit der Kennzahl
Beispiele 35 bis 43
Vergleich der mechanischen Eigenschaften bei identischer, für MDI- Kaltformschaum optimierten Polvolformulierung
Beispiele 44 bis 45
Vergleich der mechanischen Eigenschaften unter Verwendung eines Polyester- polvols bei vergleichbarer Polyolformulierung
Beispiele 46 bis 48