BESCHREIBUNG
Verwendung von optisch anisotropen Partikeln
Die vorliegende Erfindung betrifft die Verwendung von optisch anisotropen Partikeln.
Physikalische Parameter von Systemen sind in vielen Bereichen von Bedeutung. In der Biologie, der Proteinkristallographie, der Nanotechnologie, der Chemie, dem Maschinenbau und den Werkstoffwissenschaften ist es beispielsweise wichtig, physikalische Parameter, wie beispielsweise den Aggregatzustand und damit auch den Aushärtungs- bzw. Erweichungszustand von Softmaterialien, z.B. Gelen, Polymerlösungen, komplexen Medien oder Klebern zu bestimmen. Aus physikalischen Parametern kann auch auf die mikroskopische Struktur rückgeschlossen werden.
Nachfolgend wird dies am Beispiel von Klebstoffen näher erläutert.
Klebstoffe sind insbesondere von Interesse, da in modernem Kraftfahrzeug-, Flugzeug- oder Zugbau aber auch bei Maschinenkonstruktionen zunehmend Schweiß-, Niet- Schraub- oder Lötverbindungen durch Klebeverbindungen ersetzt werden.
Die Benutzung von Klebeverbindungen hat gegenüber den herkömmlichen Verbindungstechniken bekannte Vorteile. Großflächige Verbindungen sind gegenüber dem Löten oder Schweißen vergleichsweise einfach herstellbar, wobei zudem eine gleichmäßige Spannungsverteilung und Kraftübertragung über die gesamte Klebfiäche bei klebgerechter Gestaltung der Verbindung erreicht wird. Diese Verbindung ist wirksam bei statischer und dynamischer Belastung. Beim Schrauben und Nieten entstehen hingegen Spannungsspitzen an den Verbindungselementen, während der Raum dazwischen kaum zur Kraftübertragung beiträgt.
Ein weiterer bekannter Vorteil des Klebens ist, dass Oberfläche und Gefügestruktur nicht verändert werden. Durch die beim Schweißen auftretenden Temperaturen kann es zu Änderungen der Gefügestruktur und der mechanischen Eigenschaften der Werkstoffe kommen. Ebenso wird beim Nieten und Schrauben die sichtbare Oberfläche verändert. Beim Kleben bleibt die Oberfläche unverändert, was zu optimalen optischen und aerodynamischen
Eigenschaften führt. Durch die Verbindung auf der ganzen Fläche und der Elastizität des Klebstoffs ist die Schwingungsdämpfung einer Klebfuge besser als bei geschweißten, geschraubten oder genieteten Verbindungen.
Weiterhin wird durch das Verkleben oftmals eine Gewichtsersparnis erreicht. Daher werden besonders im Leichtbau Klebstoffe gerne eingesetzt, da hier Teile von geringer Stärke verbunden werden können. Dies ist durch thermische Fügeverfahren problematisch bis unmöglich.
Vorteilhaft ist auch, dass Klebstoffe auch gleichzeitig als Dichtstoff für Gase und Flüssigkeiten dienen können. Die Klebstoffschicht kann das Eindringen von Kondenswasser und eine damit verbundene Korrosion verhindern. Besonders im Kraftfahrzeug-, Flugzeugoder Zugbau ist der Einsatz von Klebstoffen für das Verbinden unterschiedlicher Werkstoffe nützlich. Durch Klebstoffe können Werkstoffe gefügt werden, die einem thermischen Fügeverfahren nicht zugänglich sind (Glas-Metall, Holz-Metall, Aluminium- Stahl). Durch die (üblicherweise) elektrische und thermische Isolation durch den Klebstoff kann die Bildung von Lokalelementen und die damit verbundene Kontakt-Korrosion bei Metallen verhindert werden. Weiterhin kann es vermieden werden die zu verbindenden Werkstücke zu beschädigen, da eine Klebverbindung keine Veränderung der Werkstücke erfordert und in vielen Fällen ohne Beschädigung der Werkstücke rückgängig gemacht werden kann.
Zu den Vorteilen kommt noch hinzu, dass oftmals keine Erwärmung der zu verbindenden Werkstücke erforderlich ist, wodurch kein Wärmeverzug oder -Spannungen in den verbundenen Werkstücken auftreten. Zudem kann die Auswahl des Klebstoffes entscheidend zum mechanischen Verhalten des Bauteils beitragen.
Nachteilig bei Klebstoffen ist jedoch, dass die Alterung (bedingt durch mechanische, chemische, physikalische und biologische Einflüsse) und das Über- bzw. Unterschreiten von Temperaturbegrenzung (bei tiefen Temperaturen Versprödung, bei hohen Temperaturen zunächst Erweichung, bei weiterer Erwärmung bei unvernetzten Polymeren Schmelzen und bei vernetzten Polymeren Degradation) das System verändern können.
Dies kann gefährlich sein, da Klebstoffe heutzutage beispielsweise für den Fensterbau, für die Anbringung von Windschutzscheiben, Spoiler, Außendekor, Lenkersäule,... an Kraftfahrzeugen sowie für die Verklebung von Tragwerken an Flugzeugen aber auch als Verkleben von Brücken, Kronen, Verblendschalen und Inlays in der Zahnmedizin eingesetzt werden.
Nachteilig für diese Systeme, bei denen jedes unterschiedliche physikalisch-chemische Eigenschaften aufweist, ist auch, dass es kein Verfahren gibt, um zum Beispiel Festigkeit oder Verformbarkeit zerstörungsfrei zu prüfen. Diese Eigenschaften sind nur durch zerstörende Prüfverfahren an Referenzproben (oder Prüfkörpern), die unter gleichen Bedingungen hergestellt wurden, zugänglich.
Hierfür wurden, um eine Vergleichbarkeit zwischen verschiedenen Systemen zu ermöglichen, standardisierte Prüfverfahren und Prüfkörper entwickelt. Da die Eigenschaften der Klebstoffe aber nicht nur vom System selbst, sondern unter anderem auch stark von anderen Faktoren wie Fügeteilen, deren Werkstoff, Oberflächenzustand und Geometrie abhängig ist, sind die Prüfkörper im Idealfall aus den Materialien gefertigt, welche auch in der Anwendung Verwendung finden. Da auch die Einsatzbedingungen der Systeme von Anwendung zu Anwendung variieren, sind demnach auch die Bedingungen gesondert zu überprüfen. Die einzelnen Prüfungen erfolgen daher unter den definierten Bedingungen oder der Prüfkörper wird vor der Prüfung in einem definierten Klima konditioniert.
Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, physikalische Parameter von Systemen zerstörungsfrei zu prüfen bzw. zu bestimmen.
Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, dass optisch anisotrope Partikel zur Untersuchung physikalischer Parameter von Systemen verwendet werden, wobei die Mobilität der Partikel durch ein optisches System gemessen wird.
Die Benutzung des optischen Systems ist vorteilhaft, da die Partikelmobilität in dem zu vermessenden System zerstörungsfrei gemessen werden kann.
Gemäß Anspruch 2 ist vorgesehen, dass die physikalischen Parameter mechanische, insbesondere Aushärtungs- bzw. Erweichungszustände, thermische oder elektrische Eigenschaften des Systems sind.
Die Untersuchung physikalischer Parameter, wie beispielsweise von Aushärtungs- bzw. Erweichungszuständen von Systemen, kann durch Untersuchung der Mobilität der Partikel mittels eines optischen Systems gemessen werden.
Für das optische System ist hierbei vorstellbar, dass eine dynamische Lichtstreuung (DLS) - messung durchgeführt wird und das aufgenommene Signal von einem Computer ausgewertet wird. Die Benutzung des optischen Systems ist vorteilhaft, da neben der Partikelmobilität auch die Heterogenität in dem zu vermessenden System zerstörungsfrei gemessen werden kann.
Da hinreichend optisch anisotrope Oxid-Partikel, wie beispielsweise Titandioxid oder Zirkoniumdioxid, als Füller für Systeme, wie beispielsweise Polymere bzw. Klebstoffe, verwendet werden, ist durch eine optische Messung der Aushärtungs- bzw. Erweichungszustand des Systems über die Zeit nachvollziehbar und dokumentierbar.
Gemäß Anspruch 3 sieht eine Ausgestaltung der Erfindung vor, dass die optisch anisotropen Partikel metallische Nanostäbchen sind, die zu dem zu untersuchenden System zugefügt werden.
Da nicht alle Systeme optisch anisotrope Partikel aufweisen, könnte man metallische Nanostäbchen, die optisch anisotrop sind, bereits während des Herstellungsprozesses zufügen. Durch eine optische Messung wäre dann bei diesen Systemen der Aushärtungs- bzw. Erweichungszustand über die Zeit nachvollziehbar und dokumentierbar.
Hierfür ist vorgesehen, dass die metallischen Nanostäbchen einen zylindrischen oder polygonalen Körper haben.
Die Verwendung von metallischen Nanostäbchen als optisch anisotrope Partikel und deren Vermessung mittels eines optischen Systems erlaubt zudem die Bestimmung der Heterogenität eines Systems. Die Heterogenität könnte beispielsweise durch eine optische
Messung an verschiedenen Prüfpunkten/Bereichen ermittelt werden, da durch die Verwendung der optisch anisotropen Nanostäbchen feststellbar ist, ob sich die metallischen Nanostäbchen in einem der gewählten Prüfpunkte/Bereiche noch bewegen können, in einem anderen aber nicht mehr. Die Nanostäbchen mit zylindrischem Körper ergeben ein weniger komplexes Signal als die Nanostäbchen mit polygonalem Körper, jedoch können auch letztere verwendet werden.
Für die metallischen Nanostäbchen ist gemäß Anspruch 4 vorgesehen, dass sie aus Gold, Silber, Kupfer, Nickel, Zink, Platin oder Metalloxiden, insbesondere Zirkoniumdioxid, Titandioxid, Siliziumdioxid, Zinkoxid oder Aluminiumoxid, bestehen oder hiermit beschichtet sind.
Diese beschriebenen Metalle sind als anisotrope Partikel effiziente Polarisatoren. Hierbei ist es weiterhin vorstellbar, dass Metalloxide in dotierter oder auch undotierter Form vorliegen können.
Zur Verwendung der optisch anisotrope Partikel zur Untersuchung von Aushärtungs- bzw. Erweichungszuständen von Systemen ist gemäß Anspruch 5 vorgesehen, dass die Konzentration der metallischen Nanostäbchen in dem System kleiner oder gleich 1014 m"3 und die daraus resultierende Metallkonzentration kleiner als 10~5 mol/1 ist.
Durch diese geringe Metallkonzentration, die dem System zugegeben wird, ist die Verwendung der optisch anisotropen metallischen Nanostäbchen zur Untersuchung physikalischer Parameter von Systemen wirtschaftlich.
Es ist weiterhin gemäß Anspruch 6 vorgesehen, dass die metallischen Nanostäbchen Oberflächenplasmone aufweisen.
Als Ausführungsform der metallischen Nanostäbchen ist es gemäß Anspruch 7 vorstellbar, dass die metallischen Nanostäbchen einen Kern aus einem Polymer oder Glas aufweisen.
Die Metallpartikel könnten dann an das Polymer oder Glas durch Einbringung von funktionellen chemischen Gruppen, wie beispielsweise Zyanogruppen (CN), Aminogruppen
(NH2) oder Thiolgruppen (SH), gebunden werden. Diese Herstellungsform würde die Kosten für die zum Teil edlen Metalle senken.
Gemäß Anspruch 8 ist weiterhin vorstellbar, dass die metallischen Nanostäbchen oberflächenmodifiziert sind.
Hierbei ist es möglich, dass die metallischen Nanostäbchen so modifiziert sind, dass sie spezifisch mit Teilen eines Systems (beispielsweise Polymersystem) wechselwirken oder in das System eingebunden werden. Vorteilhaft ist hierbei auch, dass die metallischen Nanostäbchen nur zum Teil oberflächenmodifiziert sind, wodurch weitere, eventuell detailliertere Informationen über das zu vermessene System gewonnen werden können.
Es ist weiterhin zweckmäßig, dass die oberfächenmodifizierten metallischen Nanostäbchen als chemische Sensoren eingesetzt werden. Dies könnte beispielsweise dadurch erreicht werden, dass die metallischen Nanostäbchen in einem festen Material eingebettet werden, wobei sich die metallischen Nanostäbchen jedoch noch bewegen können. Im Falle, dass die metallischen Nanostäbchen spezifisch oder unspezifisch an größere Moleküle adsorbieren, würde die Partikelmobilität der Nanostäbchen-Molekül-Verbindung sinken. Diese Veränderung könnte man mittels eines optischen Systems messen. Da die metallischen Nanostäbchen auch stabiler sind, als gewöhnliche chemische Sensoren, die auf Partikeln in Dispersionen basieren, ist es zudem vorstellbar, die metallischen Nanostäbchen in beispielsweise Verpackungen zu integrieren und durch die optische Messung die Haltbarkeit bzw. Verderbnis dieser Verpackung festzustellen und zu dokumentieren.
Je größer das Aspektverhältnis der Nanostäbchen ist, desto besser lässt sich die Partikelmobilität der Nanostäbchen mittels dynamischer Lichtstreuungsmessung bestimmen. Wenn das Aspektverhältnis gößer ist, ist der depolarisierte Anteil im gestreuten Licht auch größer. Da man den nicht-polarisierten Teil des Lichtes vor der Messung herausfiltert, ist damit das Signal stärker, die erforderliche Integrationszeit und damit die Messzeit kürzer und der Signal-zu-Rausch- Abstand (und mithin die Messqualität) größer.
Daher ist gemäß Anspruch 9 vorgesehen, dass die metallischen Nanostäbchen ein Aspektverhältnis größer 2,5 aufweisen.
Nach Anspruch 10 ist vorgesehen, dass die Partikel eine Sphärizität von weniger als 0,9 aufweist und deren Oberfläche Kanten und/oder Ecken mit einem Radius von weniger als 20 nm aufweisen.
Die Sphärizität Ψ eines Körpers K ist das Verhältnis der Oberfläche einer Kugel gleichen Volumens zur Oberfläche des Körpers:
wobei Vp das Volumen des Körpers und Ap seine Oberfläche bezeichnet.
Mittels der Geometrie und Dimension der Nanostäbchen können bestimmte Aspekte des zu untersuchenden Materials analysiert werden. Wenn beispielsweise die Nanostäbchen sehr klein sind, werden sie später in ihrer Position blockiert als große Nanostäbchen. Es ist daher durchaus erwägenswert, Nanostäbchen verschiedener Dimensionen zu unterschiedlichen Zeitpunkten einzusetzen, um die physikalischen Parameter bzw. die mikroskopische Struktur des zu untersuchenden Systems zu ermitteln.
Nach Anspruch 11 ist es zur Untersuchung von physikalischen Parametern von Systemen vorteilhaft, dass das System ein organisches oder ein anorganisches System ist.
Ebenfalls vorteilhaft gemäß Anspruch 12 ist, dass das System ein organisches System ist, dessen Aggregatzustand abhängig von Temperatur und Druck ist.
Besonders weiche Materialien sind von Interesse in der Biologie, der Proteinkristallographie, der Nanotechnologie, der Chemie, dem Konstruktionsbau, der Werkstoffkunde und in der Verbindungstechnik.
Daher ist gemäß Anspruch 13 vorgesehen, dass das organische System ein weiches Material (sog. Softmaterial) ist, wobei das weiche Material vernetzt ist.
Derartige bekannte und oftmals verwendete weiche Materialien oder Softmaterialien sind beispielsweise Gele, Polymerlösungen oder komplexe Medien. Oftmals ist der
Aggregatzustand des Softmaterials abhängig von Temperatur und Druck, wodurch es als Gas, Flüssigkeit, strukturiertes weiches Material, Hybridmaterial oder in erhärtetem Zustand vorliegen kann.
Gele werden häufig in der Biologie für die Elektrophorese verwendet, da sie ein engmaschiges Netz bilden, das die zu trennenden Moleküle bei ihrer Wanderung im elektrischen Feld behindert. Bekannte Gele, die in der Analytik eingesetzt werden sind beispielsweise Agarosegele und Polyacrylamidgele.
Polymere sind beispielsweise Polyethylen, Polypropylen, Polyvinylchlorid oder Polyamid, Polyester, Polymethylmethacrylat (PMMA), Polyethylenterephthalat (PET), Polytetrafluoräthylen (PTFE), Polyurethane, Polyethylen, Polystyrol (PS) und Polyvinylchlorid. Aber auch Biopolymere (DANN, RNA, Proteine, Zellulose, Chitin, Stärke, Polyhydroxyalkanoate, ...) oder chemisch modifizierte Polymere, wie beispielsweise Nitrocellulose, Celluloid oder Stärkederivate werden in vielen Gebieten der Nanotechnologie, der Chemie, der Verbindungstechnik und in der Werkstoffkunde verwendet und vermessen.