Die Erfindung betrifft eine Vorrichtung und ein Verfahren zum
Polieren von Oberflächen von Titan Grad 1 bis Titan Grad 10
sowie ein dazugehöriges Anodenmodul.
In der Medizinaltechnik wie auch in anderen Industrien besitzt
Titan einen hohen Stellenwert. Dieses Leichtmetall ist chemisch
inert, resistent gegen Korrosion und bioverträglich. So
werden heute viele Zahnfüllungen, Zahnbohrer und chirurgische
Schneidwerkzeuge sowie medizinische Implantate aus Titan oder
Titanlegierungen hergestellt. Weiter ist Titan ein beliebter
Werkstoff für Uhren und Schmuck sowie für Brillengestelle.
Die Qualitäten von reinem Titan werden nach DIN 17850 in Titan
Grad 1 (Ti1) bis Titan Grad 4 (Ti4) eingeteilt. Titanlegierungen
beschreibt DIN 17851. Die bekanntesten Legierungen sind Ti
6Al 4V (Ti5) und Ti 3Al2 5V (Ti9). Sie finden Verwendung in
Motor-, Turbinen- und Triebwerksteilen, Schrauben usw.
Im Weiteren werden unter der Bezeichnung Titan stets auch alle
Titanlegierungen von Ti1 bis Ti10 eingeschlossen.
Eine besondere Schwierigkeit besteht im Entgraten und Polieren
von Titanoberflächen. Eine hohe Oberflächengüte von Titanstücken
ist erforderlich, um ein Ausbrechen der Kanten zu verhindern,
um die Korrosionsbeständigkeit zu erhöhen und um die Lebensdauer
von Bohrern durch Spannungsbeständigkeit zu erhöhen.
Weiter ist oftmals ein besonderer Glanz wünschenswert, etwa
bei Uhrengehäusen oder bei Schmuckstücken. Aus diesem Grund
wuchs in den letzten Jahren die Nachfrage nach einem Verfahren
und einer Vorrichtung zum Polieren von Titanoberflächen von
komplexen Formen.
Herkömmlich wurde das Polieren von Hand durchgeführt, was sehr
zeitaufwändig ist. Die Oberflächengüte der manuell polierten
Titanstücke hängt zudem vom Geschick der durchführenden Person
ab. Mikroskopische Betrachtungen von mit grosser Sorgfalt und
viel Aufwand polierten Titanoberflächen lassen die Restrauhigkeit
der Oberfläche deutlich erkennen.
Elektrolyseverfahren zum Polieren von metallischen Oberflächen
wie zum Beispiel Stahl oder Aluminium sind seit langem bekannt.
Bei der Elektrolyse wird Material von der Oberfläche
abgetragen, wodurch die Oberfläche schon nach wenigen Minuten
gleichmässig glatt wird. Beim Einsatz von Titan ergeben sich
aber erhebliche Schwierigkeiten mit der Wahl des Elektrolyten,
das den Transport der Kationen und der Anionen ermöglichen
soll, sowie mit der Wahl der Parameter bei der Durchführung
der Elektrolyse. Es wurden bereits verschiedene Elektrolyte
zum Polieren verschiedener Oberflächen entwickelt.
So wird in der WO 01/00906 eine chemische Zusammensetzung für
ein Elektrolyt vorgeschlagen zum Polieren von reinem Titan.
Dieses Elektrolyt besteht aus Schwefelsäure, Flusssäure und
Essigsäure. Zudem wird ein Elektrolyseverfahren beschrieben,
das bei Temperaturen zwischen 20 bis 22 °C stattfinden soll.
Erfahrungen haben allerdings gezeigt, dass die Resultate ungenügend
sind, speziell in kleinen Radien in der Grössenordnung
um 10 µm.
Bei einem anderen Verfahren, beschrieben in der WO 97/46741,
sollen auch bei kleinen Radien gute Resultate erzielt werden.
Allerdings ist diese Methode für Titan nicht anwendbar.
Ein anderes Verfahren, das in der Schrift WO 98/03702 offenbart
ist, ist für Titanbeschichtungen TiC, TiN oder Ti(C,N)
anwendbar, nicht aber für Titan Ti1 bis Ti10.
Der vorliegenden Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine
Vorrichtung mit den notwendigen Modulen und ein Verfahren anzugeben,
um Titanstücke zu polieren. Diese Vorrichtung soll
bedienerfreundlich und prozesssicher sein und auch in einem
Kleinlabor einsetzbar sein.
Die Aufgabe wird erfindungsgemäss gelöst durch eine Vorrichtung
gemäss Anspruch 1 und ein Verfahren gemäss Anspruch 4 sowie
durch ein Anodenmodul gemäss Anspruch 9.
Die Erfindung wird nachfolgend unter Bezugnahme auf die Zeichnungen
näher beschrieben. Es zeigen:
Fig. 1 ein geeignetes Ausführungsbeispiel einer erfindungsgemässen
Vorrichtung und Fig. 2 a-c Vergrösserungen von Titanoberflächen in verschiedenen
Zuständen
In der Figur 1 ist eine Vorrichtung (10) dargestellt, die als
Hauptkomponenten eine Elektrolysevorrichtung (20), ein
Anodenmodul (30), eine Kühlvorrichtung (40), ein
Magnetrührmodul (50) und einen Zeitschalter (60) enthält. Die
Elektrolysevorrichtung (20) besteht aus einem säurebeständigen
Behälter (21), der mit einem geeigneten Elektrolyten (22) gefüllt
wird, einer Katode (23) im Innern des Behälters und
einer Gleichspannungsquelle (24). Die Katode (23) besteht aus
einem elektrisch leitenden Metall, beispielsweise aus Stahl
mit einer sehr sauberen Oberfläche und ist mit dem Minuspol
der Gleichspannungsquelle (24) verbunden.
Entscheidend für die Durchführbarkeit ist die Verwendung eines
geeigneten Elektrolyten. Vorzugsweise wird 5 bis 35 vol. %
Schwefelsäure (94 bis 99 %) mit einem Alkohol, beispielsweise
Methanol oder einem Gemisch von mehreren Alkoholen gemischt.
Erfindungsgemäss soll der Schwefelsäureanteil 15 bis 25 vol. %
betragen.
Das Anodenmodul (30) besteht aus einer Klemmvorrichtung (31)
für das Titanstück (34) und einer Verlängerung (32), wobei die
Klemmvorrichtung (31) mit der Verlängerung (32) fest verbunden
ist. Das Anodenmodul (30) ist erfindungsgemäss aus oxydiertem
Titan Ti1 bis Ti10. Um die dem Elektrolyten ausgesetzte Fläche
zu minimieren, kann auf einem Teil des Anodenmoduls mit einem
Elektrolyten-beständigen Material, beispielsweise mit Silikon,
eine Ummantelung (33) angebracht werden.
Das zu reinigende Titanstück (34) ist am Anodenmodul (30) derart
befestigt, dass der Elektrolysestrom gut über die Kontaktstellen
von der Klemmvorrichtung (31) zum Titanstück (34)
fliessen kann. Während der Elektrolyse ist das zu reinigende
Titanstück (34) vollständig im Elektrolyten (22) eingetaucht.
Im Falle eines zu polierenden Bohrers wird beispielsweise nur
die Spitze des Bohrers ins Elektrolyt (22) eingetaucht, da nur
die Spitze poliert werden muss. In diesem Fall bildet der Bohrer
selbst das Anodenmodul (30), da die Verlängerung des Bohrers
während der Elektrolyse aus dem Elektrolyten (22) herausragt
und da somit kein weiterer elektrischer Kontakt innerhalb
des Elektrolyts (22) erforderlich ist. Der Bohrer besitzt an
seiner nicht zu polierenden Oberfläche die erforderliche Oxydschicht.
Eine Kühlvorrichtung (40) ist erforderlich, um das Elektrolyt
(22) auf geeignete Temperaturen zu kühlen. In dieser Ausführung
ist die Kühlvorrichtung (40) erfindungsgemäss derart angeordnet,
dass der Behälter (21) gekühlt werden kann. Dies
wird erreicht, indem eine Kühlflüssigkeit (41) kontinuierlich
um den Behälter (21) in einem geeigneten System zirkuliert.
Ein Temperaturregler (42) kann mit Hilfe eines Temperatursensors
(43), beispielsweise eines Thermoelements, das die Temperatur
des Elektrolyten (22) misst, das Elektrolyt (22) auf die
gewünschte Temperatur regeln. Eine die Kühlflüssigkeit (41)
umschliessende Isolation (44) kann zur Effizienz der Kühlvorrichtung
(40) beitragen.
Unter dem Behälter (21) ist ein Magnetrührmodul (50) angebracht.
Durch den entsprechenden Magnetrührer (51) im Behälter
(21) wird das Elektrolyt (22) ständig in Bewegung gehalten und
durchgerührt, wodurch die Temperatur im gesamten Volumen des
Elektrolyten (22) homogene Werte annimmt.
Durch eine geeignete Vorrichtung (nicht gezeichnet) kann die
Gleichspannungsquelle (24) auf den gewünschten Wert eingestellt
werden. Die Gleichspannungsquelle (24) ist in diesem
Ausführungsbeispiel erfindungsgemäss an einen Zeitschalter
(60) gekoppelt, die den Vorgang nach einer gegebenen Zeit
durch Unterbruch der Stromversorgung (12) beendet. Aus Sicherheitsgründen
kann zusätzlich ein Notstopschalter (14) angebracht
werden, durch dessen Betätigung die Elektrolyse ebenfalls
sofort beendet werden kann.
Erfindungsgemäss ist die gesamte Vorrichtung (10) in einem Gerät
bedienungsfreundlich angeordnet mit einer Anzeige- und Bedienungskonsole
(13), an der beispielsweise die Spannungsstärke
und die Prozessdauer eingestellt werden können und an der
sich der Notstopschalter (14) befindet. Weiter verfügt die
Vorrichtung (10) über eine Öffnung (11) für die Bedienung des
Elektrolyten (22).
Zur Vorbereitung für das erfindungsgemässe Verfahren muss das
Titanstück (34) von seiner Oxydschicht auf geeignete Weise befreit
werden. Dies kann zum Beispiel chemisch oder mechanisch,
beispielsweise durch Sandstrahlen, erreicht werden. Anschliessend
wird das gereinigte Titanstück (34) an der Klemmvorrichtung
(31) gut befestigt und in den auf zwischen 5 und 8 °C
vorgekühlten Elektrolyten (22) vollständig eingetaucht. Durch
Anschliessen der Anode (35) an den Pluspol der Gleichspannungsquelle
(24) von zwischen 3 und 50 V, vorzugsweise zwischen
10 und 30 V, wird die Elektrolyse gestartet.
Entscheidend für das Gelingen des Polierens ist die Wahl der
dem Elektrolyten (22) ausgesetzte Oberfläche der Anode (35).
Während der Elektrolyse wird Material von oxydfreien Titanoberflächen
abgetragen, wodurch diese Oberflächen poliert werden.
Daher muss vorgängig die Oxydschicht der zu polierenden
Oberflächen säuberlich entfernt werden. Die Befestigungsstellen
der Klemmvorrichtung (31) zum Titanstück (34) bilden auch
die elektrischen Kontaktstellen. Das Anodenmodul (30) muss aus
einem Elektrolyt-resistenten Material sein, das den Strom gut
leitet. Da das Anodenmodul allerdings nicht poliert werden
soll, wird erfindungsgemäss oxydiertes Titan verwendet. Die
Oxydschicht trägt sich während der Elektrolyse langsam ab. Das
Anodenmodul (30) muss ersetzt werden, wenn die Oxydschicht zu
sehr abgetragen wurde, da sonst der Strom über das Anodenmodul
(30) anstatt über das Titanstück () läuft.
Prinzipiell kann der Prozess auch bei Temperaturen bis zu -20
°C durchgeführt werden, doch bei zu tiefen Temperaturen steigen
die praktischen Probleme der Durchführbarkeit. Bei Temperaturen
unter 5 °C gelangt Wasser durch Kondensation in das
Elektrolyt (22), bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt bilden
sich Eiskristalle. Bei höheren Temperaturen als 15 °C beginnt
das Titanstück (34) zu oxydieren. Unter Berücksichtigung
der Grösse des Titanstückes (34) sollte bei der Auslegung der
Spannungsstärke, des Volumens des Elektrolyten (22) und der
Oberfläche der Katode (23) darauf geachtet werden, dass das
Elektrolyt (22) durch die elektrischen Ströme nicht zu sehr
aufgeheizt wird.
Für Teile in der Grössenordnung von Zahnfüllungen oder von
Bohrern sind 2 bis 3 Liter Elektrolyt (22) angemessen und liefern
gute Resultate. Eine höhere Viskosität des Elektrolyten
(22) bewirkt einen niedrigeren Stromfluss, wodurch das Elektrolyt
(22) weniger geheizt wird und demzufolge weniger gekühlt
werden muss. Bei kleineren Strömen der Elektrolyse dauert es
länger, bis die zu entfernende Schicht abgebaut ist.
Die Dauer der erforderlichen Elektrolyse beträgt erfahrungsgemäss
0.5 bis 15 Minuten, in der Regel sind die gewünschten
Oberflächengüten nach etwa 1 bis 5 Minuten erreicht. Die Dauer
ist abhängig von der Menge des Materials, das abgeführt werden
muss. Nach abgeschlossener Elektrolyse wird das Titanstück
(34) aus dem Elektrolyten (22) herausgenommen und sogleich abgespült,
beispielsweise mit Wasser.
In der Figur 2 sind 500-fache Vergrösserungen von Titanoberflächen
abgebildet. Figur 2a zeigt zwei unbehandelte Oberflächen
mit ausgebrochenen Kanten. Figur 2b zeigt zwei Oberflächen,
die mechanisch entgratet und gebürstet wurden. Figur 2c
zeigt zwei Oberflächen, die mit dem beschriebenen Verfahren
poliert wurden.
Der Vorteil dieser Erfindung liegt in der kurzen Bearbeitungszeit
der Teile und der höheren Oberflächengüte, die durch dieses
Verfahren erzielt werden kann. Obwohl dieses Verfahren
speziell für Titan entwickelt wurde, kann als zu polierende
Anode auch eine beliebige andere Titanlegierung oder ein anderes
Metall oder Leichtmetallen verwendet werden.
Beispiel:
Elektrolyt |
0.5 l Schwefelsäure |
|
2.0 l Methanol |
Temperatur Elektrolyt |
5 °C |
Katode |
gereinigter Stahl, 50 cm2 Oberfläche |
Anode |
Titan Ti4, ca. 5 cm2 Oberfläche |
Spannung |
24 V DC |
Leistung |
36 W |
Dauer |
250 Sekunden |
Liste der Bezeichnungen
-
10
-
Vorrichtung
- 11
- Öffnung
- 12
- Stromversorgung
- 13
- Anzeige- und Bedienungskonsole
- 14
- Notstopschalter
-
20
-
Elektrolysevorrichtung
- 21
- Behälter
- 22
- Elektrolyt
- 23
- Katode
- 24
- Gleichspannungsquelle
-
30
-
Anodenmodul
- 31
- Klemmvorrichtung
- 32
- Verlängerung
- 33
- Ummantelung
- 34
- Titanstück
- 35
- Anode
-
40
-
Kühlvorrichtung
- 41
- Kühlflüssigkeit
- 42
- Temperaturregler
- 43
- Temperaturfühler
- 44
- Isolation
-
50
-
Magnetrührmodul
- 51
- Magnetrührer
-
60
-
Zeitschalter