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Die vorliegende Erfindung betrifft
neue Verfahren der Pflanzenmikrovermehrung und der Lagerung von
Keimplasma.
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Pflanzen können durch ihre beiden Lebenszyklen
in der Entwicklung vermehrt werden: durch den geschlechtlichen oder
den ungeschlechtlichen (oder vegetativen) Zyklus. Im vegetativen
(ungeschlechtlichen) Zyklus werden in der Regel die einzigartigen
Kennzeichen jeder einzelnen Pflanze, die zur Vermehrung ausgewählt ist,
weitergegeben. In den meisten Fällen
kann jede neue Pflanze, die durch dieses Verfahren produziert wurde,
als Erweiterung der somatischen Zelllinie eines Individuums angesehen
werden. Verfahren zur Vermehrung von Pflanzen in vitro (Mikrovermehrung)
sind weitgehend eine Erweiterung der bereits zur konventionellen
Vermehrung entwickelten Verfahren (Makrovermehrung).
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Die Verfahren, die theoretisch für die Vermehrung
von Pflanzen in vitro verfügbar
sind, beruhen im Wesentlichen auf der Vervielfältigung von Pflanzensprossen
aus Achselknospen, auf der Bildung von Adventivsprossen und auf
der Bildung von somatischen Embryos. Diese Prozesse werden entweder
direkt vom ursprünglichen
Explantat aus begonnen oder indirekt von unorganisierten Zellen,
wie denen im Kallus oder in Zellsuspensionskulturen.
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In der Praxis werden die meisten
mikrovermehrten Pflanzen heutzutage durch Vervielfältigung von
Pflanzensprossen aus Achselknospen produziert. Trotzdem bilden sich
somatische Embryos, Pflanzensprosse und/oder Pflänzchen nicht nur auf eine einzige
Weise. In Pflanzensprosskulturen bilden sich neben Achselsprossen
manchmal Adventivsprosse direkt auf bestehenden Blatt- oder Stammexplantaten
und/oder Pflanzensprosse, die an der Basis des Explantats direkt
aus dem Kallus wachsen.
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Entsprechend diesen Beobachtungen
wird die somaklonale Variation unter regenerierten Pflanzen häufig beobachtet,
selbst bei Vervielfältigung
von Pflanzensprossen aus Achselknospen, was als stabilste Quelle
für Pflanzenmikrovermehrung
gilt. In solchen gemischten Kulturen sind Pflanzensprosse, die indirekt
aus dem Kallus auswachsen, aufgrund der somaklonalen Variation unerwünscht. Dies
ist besonders wichtig, wenn das Verfahren auf Programme im großen Maßstab angewandt
wird (Industriemaßstab).
Um diese genetische/epigenetische Variation zu verringern, ist die
Standardisierung des zellulären Ursprungs
für die
regenerierten neuen Pflanzensprosse daher essenziell.
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Eine zweite Einschränkung des
Verfahrens der Achselsprossproduktion ist verbunden mit dem Einsatz
exogener Phytohormone zum Zwecke der Pflanzenmikrovermehrung. Das
Wachstum und die Proliferation von Achselsprossen in Pflanzensprosskulturen
werden in der Regel gefördert
durch das Aufnehmen von Wachstumsregulatoren in das Kulturmedium.
Je nach Pflanzenart werden in der Regel Zytokinine und Auxine in
geeigneten Kombinationen und Konzentrationen verwendet. Solche Behandlungen
entfernen effektiv die Dominanz apikaler Meristeme, so dass Achselsprosse
produziert werden. Diese Pflanzensprosse werden als Miniaturschnitte
zur Pflanzenvermehrung verwendet.
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Die Zytokininwachstumsregulatoren,
die zu den Pflanzensprosskulturmedien zugegeben werden, um das Wachstum
von Achselsprossen zu fördern,
hemmen in der Regel die Wurzelbildung. Einzelne Pflanzensprosse
müssen
daher in ein anderes Medium verbracht werden, damit sie in vitro
Wurzeln bilden (in der Regel ein Medium, das Auxine enthält), bevor
sie als junge Pflänzchen
in die externe Umgebung übertragen
werden. Die Achselsprossproduktion erfordert daher eine Abfolge
von Schritten.
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Heutzutage gibt es eine verstärkte Tendenz zu
berücksichtigen,
dass exogen angewandtes synthetisches Zytokinin, das generell zu
hoch ist, viele anomale Merkmale (Nebenwirkungen) verursacht, wie
beispielsweise die Produktion kleiner Pflanzensprosse, die sich
typischerweise nicht verlängern,
die Induktion ungewöhnlicher
Blattformen und besonders die Tendenz der regenerierten Pflanzensprosse, vitrifiziert
zu werden.
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Zudem hemmen hohe Konzentrationen
gewöhnlicher
Zytokinine die Wurzelbildung oder verzögern diese erheblich und verhindern
auch das Wurzelwachstum und die fördernden Wirkungen von Auxinen
auf die Wurzelinitiierung. In Anbetracht dessen ist häufig mehr
als eine Subkultur in ein zytokininfreies Medium notwendig, bis
der Zytokininspiegel innerhalb der Gewebe ausreichend verringert
ist, gefolgt von einem Transfer der Pflanzensprosse zu einem Wurzelmedium.
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Entsprechend diesen Aspekten ist
es des Weiteren unmöglich,
bestimmte Pflanzenarten zu vermehren, die gegenüber solchen Hormonbehandlungen
empfindlich sind.
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Es ist daher die Aufgabe der vorliegenden Erfindung,
ein alternatives Mikrovermehrungsverfahren bereit zu stellen, aus
dem die oben identifizierten Nachteile der bekannten Verfahren entfernt
sind.
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Erfindungsgemäß wurde überraschenderweise entdeckt,
dass blättrige
Gallen, die auf zweikeimblättrigen
Pflanzen durch Infektion mit bestimmten Mikroorganismen oder durch
Behandlung mit Substanzen, die von diesen Mikroorganismen produziert
werden oder von dem infizierten und/oder verbänderten Gewebe (so genannte
Fasziation) stammen, hergestellt werden, und die aus vielfachen
meristematischen Zentren und Pflanzensprossprimordien bestehen,
deren Verlängerung
unterdrückt
wird, ein außerordentlich
guter Ausgangspunkt für
die Mikrovermehrung sind. In einer Galle liegen keine apikalen Dominanzphänomene vor
und die Bildung zahlreicher Primordien wird durch den Infektionsvorgang
nicht unterdrückt.
Tatsächlich
ist die Galle eine große
Masse von Pflanzensprossprimordien, die mit Blättern bedeckt sind und die
von den Mikroorganismen infiziert sind. In blättrigen Gallen sind spezifische
Metaboliten vorhanden, die an der Etablierung und der Erhaltung
der Struktur der blättrigen
Galle beteiligt sind.
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In einkeimblättrigen Pflanzen haben die Strukturen,
die nach Kontakt mit oder der Infektion durch verbänderungsinduzierende
Mikroorganismen oder Substanzen entstehen, eine andere Morphologie
als die oben beschriebenen blättrigen
Gallen, die in zweikeimblättrigem
Pflanzenmaterial gebildet werden. Eine Infektion führt entweder
zur Deformation von Knollen und/oder zur Bildung mehrerer verlängerter
Pflanzensprosse. Diese verlängerten
Pflanzensprossstrukturen bei Einkeimblättrigen sind im Verfahren der
Erfindung nützlich
und werden weiters identifiziert als „Pflanzenspross-Auswüchse", wobei die zweikeimblättrigen
Strukturen „blättrige Gallen" genannt werden.
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Außer dem morphogenetischen Aspekt
stellt eine Galle ein Zentrum der Hemmung der Verlängerung
dar, wo das Bakterium das Auswachsen der Primordien in der Galle
unterdrückt.
Dieses Phänomen wird
in den offenkundigen Mangel an apikaler Dominanz übersetzt,
welche durch eines der Primordien ausgeübt werden und zum Auswachsen
einzelner Pflanzensprossprimordien von dem Gallgewebe führen würde. Als
solche kann jede Galle als hochkondensierte Pflanze betrachtet werden,
in der die verstärkte
Produktion von Primordien und Meristemen – apikal sowie in den Achseln – durch
die Unterdrückung
der Verlängerungsprozesse
und der apikalen Dominanz auf eine kompakte Region beschränkt ist.
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Es wurde des Weiteren erfindungsgemäß entdeckt,
dass Gallen aufgrund der Tatsache, dass sie aus einer großen Anzahl
von Pflanzensprossprimordien bestehen, die auf eine kompakte und
kleine Struktur begrenzt sind, auch ein sehr geeignetes Material
zur Lagerung von Keimplasma sind.
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Ausgehend von diesen beiden Beobachtungen
stellt die vorliegende Erfindung nun ein Verfahren zur in vitro
Präparation
von Ausgangsmaterialien zur Mikrovermehrung und/oder Lagerung von
Keimplasma bereit, umfassend die Schritte:
- a)
In Kontakt bringen von Pflanzenmaterial mit einem Mikroorganismus,
der eine Verbänderung (Fasziation)
und/oder einen oder mehrere verbänderungsinduzierende(n)
Faktor(en), abgeleitet von dem Mikroorganismus oder von dem infizierten
und/oder verbänderten
Gewebe, induziert.
- b) Entwickeln von blättrigen
Gallen oder Pflanzenspross-Auswüchsen auf
dem Pflanzenmaterial; und
- c) Isolieren der blättrigen
Gallen oder der Pflanzenspross-Auswüchse als Ausgangsmaterialien.
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Dieses Verfahren der Erfindung kann
dann in ein Verfahren der Mikrovermehrung oder ein Verfahren der
Speicherung von Keimplasma aufgenommen werden. Ein Verfahren der
in vitro-Mikrovermehrung von Pflanzen umfasst das oben beschriebene
Verfahren zur Präparation
von Ausgangsmaterial, des Weiteren gekennzeichnet durch die Schritte:
- d) Beseitigen oder Inaktivieren des Mikroorganismus,
der eine Verbänderung
(Fasziation) und/oder den einen oder die mehreren verbänderungsinduzierende(n)
Faktor(en), abgeleitet von dem Mikroorganismus oder von dem infizierten und/oder
verbänderten
Gewebe, induziert;
- e) Kultivieren der blättrigen
Galle oder der Pflanzensprossauswüchse in oder auf einem oder mehreren
geeigneten Kulturmedien zur weiteren Entwicklung von Pflanzensprossen
oder Wurzeln zum Erhalten von Pflänzchen; und
- f) Überführen der
so erhaltenen Pflänzchen
gegebenenfalls nach Akklimatisierung in übliche Wachstumsbedingungen
zum Erhalt regenerierter Pflanzen.
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Ein Verfahren für die Erhaltung von Pflanzen oder
Keimplasma umfasst das Verfahren für die Präparation von Ausgangsmaterial,
des Weiteren gekennzeichnet durch den Schritt des Speicherns der blättrigen
Gallen oder der Pflanzenspross-Auswüchse unter wachstumsbeschränkenden
Bedingungen. Die wachstumsbeschränkenden
Bedingungen können
niedrige Temperaturen von zirka 4°C
oder kryokonservierende Bedingungen, wie beispielsweise die Lagerung
in flüssigem
Stickstoff, umfassen.
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Beide Verfahren sind nicht nur auf
Angiospermen, sondern auch auf Gymnospermen anwendbar.
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In einer bevorzugten Ausführungsform
der Erfindung sind die verbänderungsinduzierenden
Mikroorganismen das grampositive Bakterium Rhodococcus fascians
(Tilford) (Goodfellow M. & Cross,
T., „Classification", veröffentlicht
in: Goodfellow, Modarski & Williams
Ed., The Biology of Actinomycetes, Academic Press, London, S. 7–64 (1984)).
(Effektive Veröffentlichung
Goodfellow M., „Reclassification
of Corynebacterium fascians (Tilford, Dowson) in the genus Rhodococcus,
as Rhodococcus fasc. comb. nov." System.
Appl. Microbiol. 5, 225–229
(1984), zuvor bekannt als Phytomonas fascians Tilford, J., Agric. Res.
53, 383–394
(1936); oder Corynebacterium fascians (Tilford) Dowson, W. J., Trans.
Brit. Myc. Soc. 25, 311–314
(1942). Rhodococcus fascians ist ein Nocardioform-Actinomycet, der
eine ganze Reihe zweikeimblättriger
und einkeimblättriger
Pflanzen infiziert.
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Die Reihe von Pflanzen, die mit R.
fascians infiziert werden können,
ist sehr groß und
enthält
unterschiedliche Arten zahlreicher Pflanzenfamilien, darunter der
Brassicaceae, Salicaceae, Compositae, Solanaceae, Scrophulariaceae,
Liliaceae, Papaveraceae, Graminaceae und Fabaceae.
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Die Infektion einer intakten Pflanze
kann beispielsweise durch Vakuumfiltration von Pflanzen mit Bakteriensuspensionen,
durch Auftragen einer dichten Bakterienkulturprobe auf eine Wundoberfläche oder,
weniger wirksam, durch einfaches Zugeben von Bakterien zum Wachstumssubstrat
der Pflanzen oder auf die Oberfläche
intakter Pflanzen erreicht werden. Auch Explantate, wie beispielsweise
Blattscheiben, Organe, Gewebefragmente und Sämlinge, Samen, Embryos, isolierte
Zellen und Protoblasten können
erfolgreich infiziert werden und verursachen die Bildung von blättrigen
Gallen oder von Pflanzenspross-Auswüchsen. Des Weiteren reagieren
mit R. fascians infizierte Zellkulturen und mit R. fascians infiziertes
Kallusgewebe in ähnlicher
Weise.
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Die Rolle von R. fascians beim Phänomen der
Unterdrückung
der Verlängerung
und der apikalen Dominanz kann durch das Abtöten der Bakterien in der Galle
durch eine Behandlung mit bakteriziden Agenzien, wie beispielsweise
Carbenicillin, Triacellin und Claforan veranschaulicht werden. Das
Wachstum abgelöster
Gallen auf hormonfreien Pflanzenmedien mit Zugabe von bakteriziden
Verbindungen bis zu einer Endkonzentration von 500 mg/l führt zur Freisetzung
der vermehrten Primordien aus der Unterdrückung durch Bakterien, wobei
sich das Auswachsen zahlreicher unabhängiger Pflanzensprosse aus
dem Gallgewebe ergibt, die Wurzelgewebe produzieren. Die Wurzelbildung
kann erleichtert werden, indem die Gallen im Dunkeln behandelt werden,
wo die Freisetzung der Pflanzensprosse von Vergeilung begleitet
ist, wobei massenweise verlängerte
Pflanzensprosse produziert werden. Jeder Pflanzenspross kann in
ein anderes Medium übertragen
werden, was zur Produktion eines fruchtbaren Pflanzenklons führt.
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Diese neuen Verfahren zur Mikrovermehrung
und Speicherung von Keimplasma sind vielfach anwendbar und können beispielsweise
auf Bäume, Nutzpflanzen,
medizinische und aromatische Pflanzen angewandt werden. Die Verfahren
eignen sich auch für
biochemische oder genetische Selektionszwecke.
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Anstatt den Mikroorganismus als Ganzes
zu verwenden, können
einer oder mehrere Faktor(en), abgeleitet von dem Mikroorganismus
oder von dem infizierten und/oder verbänderten Gewebe, verwendet werden.
Diese Faktoren können
die Bildung blättriger
Gallen in zweikeimblättrigen
Pflanzen und Pflanzenspross-Auswüchse
in einkeimblättrigen Pflanzen
induzieren. Die Faktoren können
beispielsweise Genprodukte der an der Verbänderung beteiligten Gene oder
die von diesen Genprodukten produzierten Moleküle sein.
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Im R. fascians Stamm D188 ist die
Eigenschaft, Verbänderung
zu induzieren, korreliert mit dem Vorhandensein eines ±200 kb-großen linearen Plasmid,
pFID188, das mehrere Loci trägt
(z. B. fas, att und hyp), die an der Bildung blättriger Gallen beteiligt sind.
Die vorliegenden Erfinder haben herausgefunden, dass Mutationen
im fas-Lokus die Bakterien nicht-pathogen machen. Eine Mutation
im att-Lokus ruft
eine abgeschwächte
Verbänderung
hervor, die kleinere blättrige
Gallen ergibt, welche sich langsamer bilden. Schließlich ergibt
eine Mutation im hyp-Lokus eine Überverbänderung
(Hyperfasziation), was im Vergleich zum Wildtyp zur Bildung größerer Gallen
führt.
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Außer den von pFID188 kodierten
Genen sind auch chromosomale Gene im Bakterium am Infektionsprozess
beteiligt, z. B. durch Beeinflussung des endophytischen/epiphytischen Überlebens
von R. fascians.
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Offensichtlich ergibt sich die Gallbildung
aus der Modulation des regulären
Hormongleichgewichtes in infizierten Pflanzengeweben. Obgleich die
Verbänderungssymptome
oberflächlich
den durch die Auftragung unterschiedlicher Dosismengen mehrerer Zytokinine
Entstehenden gleichen, unterscheiden sie sich dennoch durch das
Vorhandensein nicht-verlängernder
Primordien und die Abwesenheit einer Vielzahl von sich entwickelnden
Pflanzensprossen deutlich von diesen. Frühe Berichte, nach denen die
Gallbildung mit dem Vorhandensein unterschiedlicher Zytokinine im
Wachstumsmedium von R. fascians korreliert, wurden in jüngster Zeit
aufgrund gegensätzlicher
Ergebnisse infrage gestellt. Dies wird weiters von den vorliegenden
Erfindern durch ihren Befund des Vorhandenseins von Zytokininen
im Wachstumsmedium eines sich nicht verbändernden Stammes D188-5 (Crespi
et al., EMBO J. 11, 795–804
(1992)), der kein pFID188 enthält,
gestützt.
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Obgleich frühere Ergebnisse auf das Vorhandensein
eines Adenosinmonophosphatisopentyltransferase (ipt)-homologen Gens
im fas-Lokus auf pFID188 hinwiesen, das an der Biosynthese von Zytokininen
beteiligt wäre
(Crespi et al., 1992, supra), stellen die vorliegenden Ergebnisse
die einzigartige Beteiligung des ipt-Homologs bei der Biosynthese
regulärer
Zytokinine wie Isopentyladenin oder Zeatin infrage. Stattdessen
ist der fas-Lokus an der Produktion und Sezernierung eines isopentylierten
Moleküls oder
mehrerer isopentylierter Moleküle
beteiligt, welches/welche die pflanzlichen Hormonspiegel beein flusst/beeinflussen.
Dies wurde durch die Isolation und vorläufige chemische Analyse von
einem fas-abhängigen
Produkt bestätigt
und passt zu der generellen geringen Aminosäureidentität zwischen dem durch fas kodierten
ipt-Genprodukt und
regulären Isopentyltransferaseproteinen.
Außer
dem ipt-verwandten Gen kodiert der fas-Lokus für mehrere Gene, die auf der
Basis der Sequenzhomologiestudien an den Zytochrom-P450-abhängigen Oxygenierungs-
und den S-Adenosylmethionin-abhängigen Methylierungsvorgängen denkbarerweise
des fas-Produktes beteiligt sind.
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Eine hohe Expression des fas-Lokus
in dem Bakterium – wie
gemessen durch translationale GUS-Fusionsassays – ist genau kontrolliert und
kann in Batch-Kulturen nur mithilfe eines entschärften Induktionsmediums, wie
dem Minimal-A-Medium
(erhältlich
durch Zugabe von 20,5 ml 0,1 M Zitrat und 29,5 ml 0,1 M Na-Zitrat
zu 450 ml destilliertem Wasser und nach Autoklavieren und Abkühlen durch
Zugabe von 500 μl
1% (w/v) Thiamin, 1,25 ml MgSO4 und 1,25
ml 40% NH4SO4) und
nur in Gegenwart von entweder Gallextrakten oder Histidin in Kombination mit
bestimmten Kohlenstoffquellen, wie z. B. Pyruvat und Succinat anhaltend
erreicht werden. Pflanzenextrakte können keine Expression des fas-Gens
induzieren, aber Gallextrakte enthalten ein spezifisches Induktionsmolekül. Dieses
Induktionsmolekül
ist in allen Gallgeweben vorhanden, die auf einer ganzen Reihe unterschiedlicher
Pflanzen gebildet werden, und kann Expression selbst in kleinsten
Konzentrationen induzieren. Weiters wurde die Produktion dieses
Moleküls
in Tabak-BY-2-Zellkulturen, konfrontiert mit Wildtypzellen von R.
fascians, gezeigt, während dies
bei nicht infizierten Pflanzenzellkulturen oder reinen Bakterienkulturen
nicht der Fall war.
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Die fas-Expression wird hauptsächlich auf der
posttranskriptionellen Ebene geregelt, indirekt durch die Aktivität des fasR-Gens,
das für
einen transkriptionellen Aktivator vom Typ AraC kodiert, und möglicherweise
direkt durch den hyp-Lokus, der ein Gen trägt, das für eine RNA-Helikase kodiert.
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Konfrontation von BY-2-Tabakzellkulturen, die
mithilfe von Aphidicolin zur Mitose synchronisiert wurden, mit fas-induzierten
D188-Zellen führte
zu einer deutlichen Erhöhung
der Anzahl von Tabakzellen, die nach Aufhebung des Mitoseblocks
in die erste Runde der Mitose eintreten. Dieser Effekt ist nicht vorhanden,
wenn die Tabakzellkultur mit dem sich nicht verbändernden D188-5 oder mit fas-mutanten Stämmen konfrontiert
wird.
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Klassische Zytokininbioassays, die
Extrakte von R. fascians D188 und D188-5 verwenden, welche zur fas-Induktion
gezüchtet
wurden, erwiesen sich aufgrund des Vorhandenseins hoher Hintergrundspiegel
verunreinigender Zytokinine in beiden getesteten Extrakten als schwierig
zu interpretieren. Von D188-Kulturen, induziert zur fas-Expression, wurde
ein fas-abhängiger
Metabolit isoliert.
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Der att-Lokus umfasst eine 20 kb-Region
auf pFID188 verknüpft
mit dem fas-Lokus. Sequenzierung zeigte das Vorhandensein mehrere
Gene, die an der Synthese und Sezernierung eines komplexen Moleküls unbekannter
Struktur beteiligt sind. Außer Genen,
die an der Synthese von Arginin beteiligt sind, trägt der Lokus
Gene, die in Zusammenhang mit der Biosynthese und Modifikation fettsäureverwandter
Moleküle
gebracht werden, und ein Gen, das mit Genen zum Proteinexport verwandt
ist.
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Expression des att-Lokus wird teilweise
zusammen mit dem fas-Lokus reguliert; Induktion von GUS-Fusionen
ist nur in bestimmten Medien in Gegenwart von Gallextrakten oder
Histidin in Kombination mit bestimmten Kohlenstoffquellen sichtbar
und hängt
von der Aktivität
des fasR-Gens ab. Jedoch wird hier eine unabhängige Regulation durch ein att-spezifisches Regulatorgen,
attR, postuliert, wobei die Expression des attR-Gens selbst als
Antwort auf Pflanzenextrakte durch das fasR-Gen verstärkt wird.
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Unter Verwendung von 14C-markiertem
Arginin oder Acetat war mithilfe von Dünnschichtchromatografie in
beiden Fällen
die induzierte Akkumulation derselben 14C-markierten,
att-abhängigen
Verbindungen im Wachstumsmedium von R. fascians D188 zu erkennen,
was den Einbau beider getesteten Substanzen in komplexen, sezernierten
Verbindungen beweist. Diese wurden unter Verwendung von BY-2-Tabakzellkulturen
durch Hochdruck-Flüssigchromatografie
für die
chemische Analyse und Bioassays isoliert. Als ein Beispiel: Ein
Molekül
mit einem Molekulargewicht von 681 Dalton wurde isoliert.
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Die Produkte des att-Lokus sind wahrscheinlich
in Kombination mit dem fas-Lokus an der Bildung blättriger
Gallen beteiligt, da eine Mutante in dem Lokus im Gallbildungsprozess
stark zurückgeblieben ist.
Es ist außerdem
vorstellbar, dass der att- und der fas-Lokus bei der Biosynthese
und der Sezernierung eines einzelnen Typs von Molekülen zusammen
arbeiten, die eine Verbänderung
hervorrufen.
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Außer dem fas- und dem att-Lokus
sind noch andere Loci auf pFID188 an der Bildung blättriger Gallen
beteiligt. Der hyp-Lokus kontrolliert durch RNA-Helikaseaktivität auf der
mRNA die Expression von fas und att wahrscheinlich negativ. Weiter downstream
zum fas-Lokus wurde ein anderer Lokus isoliert, der für eine Verbänderung
essenziell ist und dessen Sequenzierung das Vorhandensein von oligopeptidsynthetischen
Genen zeigte.
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Die molekulare Analyse der Genexpression in
infizierten Tabakpflanzen mithilfe differenzieller Anzeigetechniken
zeigte die Induktion unterschiedlicher Gene, die Homologie zu Genen
zeigten, welche am Metabolismus von Gibberellinen und Steroiden
sowie der Repression eines Gens beteiligt sind, das Homologie zu
den Oligopeptidrezeptorproteinen aufwies. Diese Ergebnisse legen
stark einen Einfluss der infizierenden Bakterien und ihrer Produkte
auf das bestehende Gleichgewicht unterschiedlicher Pflanzenwachstumsfaktoren
nahe, was zur Induktion von Meristem und der Bildung von Primordien
führt.
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Die Bildung einer blättrigen
Galle durch R. fascians ist daher ein komplexer Prozess mit einem
unterschiedlichen Maß an
Signalisierung zwischen beiden Partnern. Die Expression der bakteriellen
Verbänderungsgene,
die sich auf dem linearen Plasmid befinden, ist einer komplexen
Regulation unterworfen, die letztendlich die Beteiligung eines gallspezifischen
Metaboliten bei der fasR-abhängigen
Induktion des att- und fas-Gens nahe legt. Werden das fas- und das att-Gen
einmal optimal exprimiert, werden Metaboliten produziert und in
der Pflanze sezerniert, die den Hormonhaushalt der Pflanzengewebe
stören und/oder
neu einrichten. Der von fas und att abgeleitete Faktor ist/die von
fas und att abgeleiteten Faktoren sind an der Verstärkung der
Pflanzenzellteilung beteiligt und für die Aktivierung der Gallbildung
von zentraler Bedeutung. Molekulare Daten legen die Beteiligung
von Gibberellinen, Molekülen
vom Steroidtyp und/oder Oligopeptiden der Pflanze nahe. Diese einzigartige
Antwort der Pflanze auf Infektion vermittelt die besonderen Eigenschaften
von R. fascians und den davon abgeleiteten Produkten bei der Veränderung
der entwicklungsbedingten Programmierung der Pflanze in bis dato
nicht beschriebener Weise. Sie unterscheidet außerdem das Syndrom der blättrigen
Gallen von anderen neoplastischen Pathologien, wie z. B. der durch
Agrobacterium tumefaciens induzierten Gallbildung und der durch
Pseudomonas savastanoi induzierten Gallbildung bei Oleanderarten.
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Insgesamt wurde nun herausgefunden,
dass eine Galle mehrere Meristeme und Primordien erzeugt, deren
Bildung mit dem fas-Produkt, den att-Produkten oder einer Kombination
der beiden und möglicherweise
anderen Produkten korreliert, deren Synthese von unterschiedlichen
Loci auf pFID188 oder auf dem bakteriellen Chromosom festgelegt
ist. Das Endergebnis ist eine lokale Aktivierung und Deregulation
der Bildung von Primordien und Meristemen, die zu dichten Geweben – der Galle – führt, die schließlich mit
Blättchen
bedeckt ist. Die morphologische Analyse dieser Gallen legt eine
organisierte, räumliche
Verteilung der Primordien nahe, die mit Blättchen bedeckt sind, beides
entsprechend den Grundregeln der Phyllotaxis.
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Auf der Basis der hier bereit gestellten
experimentellen Information wurde es möglich, einen Komplex von Faktoren
zu identifizieren, der dazu verwendet werden kann, eine Verbänderung
unabhängig
von dem Bakterium als Ganzes zu induzieren. Dieser Komplex von Faktoren
umfasst wenigstens das fas-Produkt und/oder die att-Produkte und
zusätzliche
andere Genprodukte, kodiert von dem pFID188-Plasmid.
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Die einzigartige Eigenschaft von
R. fascians, die Bildung von Pflanzensprossprimordien durch Modulation
spezifischer Hormongleichgewichte in einem breiten Pflanzenspektrum
zu verstärken,
ist nützlich für die Etablierung
eines Regenerationsprogramms für
eine unterschiedliche Reihe von Pflanzen, wie in den folgenden Beispielen
veranschaulicht wird. Die Infektion von Pflanzen mit R. fascians
führt zu
einer örtlichen
Amplifikation von Pflanzensprossprimordien, kombiniert mit einer
Unterdrückung
des Wachstums und der Entwicklung weiterer Pflanzensprosse. Nach
der Amplifikation können
Primordien durch Abtöten
der Bakterien von den unterdrückenden
Effekten. von R. fascians befreit werden. Dies kann erreicht werden,
indem Gallen abgelöst
und auf Medien mit Dosis mengen von Bakteriziden, wie z. B. Penicillin,
gezüchtet
werden. Denkbar ist auch jede andere Behandlung der Gallen, welche
die anregenden Bakterien ohne Verletzung des Pflanzengewebes tötet.
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Als Ergebnis entwickeln sich Pflanzensprosse
aus dem Gallgewebe, die abgelöst
werden können
und Wurzeln bilden, und schließlich
normale, regenerierte Pflanzen ergeben. Dieser Effekt ist noch dramatischer,
wenn die Gallen im Dunkeln behandelt werden, wo die Freisetzung
von Pflanzensprossen von Vergeilung begleitet ist, wodurch große Mengen verlängerter
Pflanzensprossen produziert werden, die zu einer normalen Pflanze
propagiert werden können.
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Diese Technik wurde erfolgreich auf
blättrige Gallen
auf Nicotinana tabacum, Papaver somniferum, Artemisia annua, Vigna
unguiculata, Atropa belladona, Sesbania rostrata und Digitalis lanata
angewandt.
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Die Figur ist ein Überblick,
der die Schritte zeigt, die zur Mikrovermehrung entweder mithilfe klassischer
Vorgehensweise oder mit Rhodococcus fascians erforderlich sind.
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Diese Erfindung wird so wie hier
beschrieben in den folgenden Beispielen weiter veranschaulicht.
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BEISPIELE
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BEISPIEL 1
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Regeneration von Pflanzen
aus blättrigen
Gallen verschiedener Pflanzenarten induziert durch Rhodococcus fascians
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1. Allgemeines Verfahren
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Das folgende Verfahren ist anwendbar
auf Pflanzenarten im Allgemeinen. In diesen Beispielen wurden die
Pflanzenarten Nicotinana tabacum, Papaver somniferum, Artemisia
annua, Vigna unguiculata, Atropa belladona, Sesbania rostrata und
Digitalis lanata verwendet.
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1.1. Bakterienstamm
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Rhodococcus fascians Stamm D188 oder andere
virulente Stämme
werden in herkömmlichem festem
oder flüssigem
Bakterienmedium oder einem empfohlenen Medium kultiviert, enthaltend:
Glukose (10 g/l), Hefeextrakt (5 g/l), Pepton (5 g/l), Agar (15 g/l),
destilliertes Wasser 1 1, der pH-Wert
eingestellt auf 7,0. Die Kulturen werden dann im Dunkeln bei 25°C kultiviert.
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1.2. Pflanzenmaterial
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Für
die Vermehrungszwecke werden ausgewählte Pflanzenarten verwendet.
Nach der Oberflächendesinfektion
der Explantate (z. B.: Schnitt bestehend aus Stamminternodienfragmenten
mit Achselknospen) mithilfe geeigneter Reagenzien, die aus dem Stand
der Technik bekannt sind, wird das Explantat in in vitro-Bedingungen überführt, wobei
herkömmliches
Gewebekulturmedium, wie z. B. das gut bekannte basale Murashige
und Skoog-Medium (Physiol. Plant. 15, 473–497) oder Gamborg Medium (Gamborg,
O. L. et al., Ex. Cell. Res. 50, 151 (1986)) verwendet werden.
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1.3. Infektionsvorgang
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Das Achselexplantat wird direkt mit
den schnell wachsenden Bakterien oder im Vakuum infiziert. Alle
anderen Verfahren zur Infektion, die einen engen Kontakt zwischen
den Bakterien und dem Pflanzengewebe herstellen, sind ebenfalls
geeignet. Im Falle von Sesbania rostrata, wurden für die direkte Infektion
mit Rhodococcus fascians kotyledone Explantate verwendet. Für diese
Infektion wurden bevorzugt verwundete Kotyledonen verwendet, um
eine effizientere Infektion zu erhalten.
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1.4. Inkubation des infizierten
Explantats
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Behälter, die das infizierte Pflanzenmaterial enthalten,
werden in der Zimmerkultur bei 23°C
inkubiert. Je nach Pflanzenart wurden blättrige Gallen nach 3–4 Wochen
Inkubation sichtbar.
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2. Regeneration
von blättrigen
Gallstrukturen von Pflanzen
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2.1 Allgemeine Vorgehensweise
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Zunächst werden die blättrigen
Gallen aus den ursprünglichen
Explantaten isoliert. Dann werden sie in einem hormonfreien, herkömmlichen Pflanzengewebekulturmedium
subkultiviert, dem bakterizide Reagenzien wie z. B. Claforan zu
einer Endkonzentration von 500 mg/l zugegeben wurden. Die Kulturen
werden vorzugsweise im Dunkeln bei einer geeigneten Temperatur inkubiert
(je nach Pflanzenart, beispielsweise 19°C für Papaveracaea-Arten; 23°C für Solanacaea-Arten).
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2.2 Ergebnisse
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Der Dunkelzustand in Verbindung mit
der Antibiotikabehandlung verbessert die Pflanzensprossverlängerung.
Die so erhaltenen vergeilten Pflanzensprosse werden dann in einem
hormonfreien Kulturmedium subkultiviert und im Lichtzustand inkubiert. Die
Lichtintensität
sowie die Temperatur der Inkubation werden je nach den spezifischen
Anforderungen jeder Pflanzenart, die untersucht wird, ausgewählt. Nach
mehreren Tagen der Kultur erschienen spontane Wurzeln und so wurden
Pflänzchen
erhalten.
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Mithilfe des beschriebenen Verfahrens
und im Falle von Digitalis lanata wurden durchschnittlich 60 neue,
regenerierte Pflanzensprosse anstatt 12 neue, regenerierte Pflanzensprosse
bei Verwendung des klassischen Mikrovermehrungsverfahrens (unter Verwendung
von exogenen Zytokininen) erhalten.
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Unter Verwendung eines häufig eingesetzten Verfahrens
zur Akklimatisierung wurden diese neuen, regenerierten Pflänzchen erfolgreich
ins Gewächshaus überführt.
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Quantitative und qualitative Analyse
von Kardenoliden in den neuen, regenerierten Pflanzen zeigte eine
Verteilung, die sehr ähnlich
zu der in der Mutterpflanze war. Außerdem sind die morphologischen Vererbungsmerkmale
dieser neuen, regenerierten Pflanzen ähnlich wie die der Mutterpflanze,
was eine reduzierte Variabilität
im Vergleich zu der klassischen Mikrovermehrungstechnik anzeigt.
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BEISPIEL 2
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Speicherung von Keimplasma
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1. Kurzzeitige Konservierung
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Die blättrigen Gallen, die die Bakterien
enthalten, werden vom ursprünglichen
Explantat isoliert und dann in einem herkömmlichen Pflanzengewebekulturmedium
mit verringerter Zuckerkonzentration (15 g/l Sukrose) subkultiviert.
Nach einer Woche Kultur bei 20°C
werden die Kulturbehälter
zu 4°C im Dunkelzustand überführt. Unter
solchen Bedingungen wird die Fähigkeit
der Pflanzensprosse, sich zu entwickeln (nach Behandlung mit Bakteriziden)
1–2 Jahre
erhalten.
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2. Langfristige
Konservierung
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Die gut etablierte Vorgehensweise
zur Kryokonservierung mithilfe von flüssigem Stickstoff ist auch
für die
Struktur der blättrigen
Galle geeignet (George E. F., in: Plant Propagation by Tissue Culture,
Teil I, George Edwin F. (Ed.), Exegetics Ltd, Edington, Wilts, England,
pp. 163–181
(1993)).