DE3917595A1 - Verfahren zum mikrobiellen abbau von leichtfluechtigen chlorkohlenwasserstoffen aus kontaminierten grund- und oberflaechenwaessern - Google Patents

Verfahren zum mikrobiellen abbau von leichtfluechtigen chlorkohlenwasserstoffen aus kontaminierten grund- und oberflaechenwaessern

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Description

Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum mikrobiellen Abbau von leichtflüchtigen Chlorkohlenwasserstoffen aus kontaminierten Grund- und Oberflächenwässern sowie Prozeßabwässern in techni­ schen Aufbereitungsanlagen (Bioreaktoren).
In jüngerer Zeit wurden in den Industrienationen aufgrund des ge­ stiegenen Verbrauches an leichtflüchtigen Chlorkohlenwasserstof­ fen zunehmend Grundwasserverunreinigungen festgestellt, die auf Unachtsamkeit oder Leckagen beim Umgang mit diesen Stoffen zu­ rückzuführen sind. Sie treten ebenso in Prozeßabwässern der In­ dustrie auf und müssen dort vor Einleitung in die Vorfluter ent­ fernt werden. Fast alle Verbindungen dieser Gruppe sind als potentiell cancerogen anzusehen, wenngleich ihre Toxizität un­ terschiedlich zu bewerten ist. Neben der allgemeinen Gefährdung haben sie besonders in der Bundesrepublik auch zu einer Bedrohung der Trinkwasserreserven geführt. Diese Stoffe wurden aufgrund der weitgehenden Persistenz in der Umwelt bisher als biologisch nicht abbaubar angesehen. Demzufolge kamen für eine Reinigung dieser Wässer nur chemisch-physikalische Reinigungsverfahren, wie die Adsorption an Aktivkohle oder das Ausstrippen in die Gasphase zum Einsatz. Eine echte Entsorgung der Schadstoffe stellen diese Ver­ fahren jedoch nur im Falle der Verbrennung der Aktivkohle dar. In allen anderen Fällen handelt es sich lediglich um eine Verlage­ rung des Problems in andere Umweltbereiche.
Neuere wissenschaftliche Befunde ergaben in Laborversuchen einen biologischen Abbau der leichtflüchtigen Chlorkohlenwasserstoffe unter bestimmten physiko-chemischen Bedingungen. In einigen Scha­ densfällen konnten sogar entsprechende Bakterien direkt nachge­ wiesen werden, die jedoch aufgrund der ungünstigen Nährstoffsi­ tuation und Versorgung mit Elektronenendakzeptoren nicht zu einer nennenswerten Vermehrung und damit verbundenem Abbau der Schad­ stoffe kamen.
In der Biotechnologie wurde ein Verfahren bekannt, welches mit einem isolierten Mikroorganismus den biologischen Abbau von Dichlormethan erlaubt. Diesem Verfahren liegt ein technisch an­ spruchsvoller Bioreaktor mit fluidisiertem Festbett zugrunde, in dem der obige Mikroorganismus als Biokatatylsator eingesetzt wur­ de. Der allgemeinen Nutzung des Verfahrens stehen jedoch die ge­ ringen Erfahrungen beim Scale up in den technischen Maßstab, der hohe apparative Aufwand und die problematische Prozeßstabilität beim Betrieb entgegen.
Der Erfindung liegt demgegenüber die Aufgabe zugrunde, ein ein­ faches und ökonomisch günstiges Verfahren zum biologischen Abbau von leichtflüchtigen Chlorkohlenwasserstoffen aus kontaminierten Wässern auf der Basis einer bereits in großtechnischem Maßstab existierenden Verfahrenstechnik zu entwickeln.
Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch folgende Verfahrens­ schritte gelöst:
  • a) Ermittlung des Vorhandenseins von CKW-abbauenden Bakterien im aufzubereitenden Wasser;
  • b) Anzüchtung von standorteigenen Bakterien oder spezialisier­ ten Laborstämmen zur Inokulation der Aufbereitungsanlage;
  • c) Aufbringen des Inokulums auf feste Trägermaterialien in einem Bioreaktor, der dem Konstruktionsprinzip eines Filters zur Trinkwasseraufbereitung entspricht;
  • d) Zufuhr von mineralischen Nährstoffen, Primärsubstraten und Sauerstoffträgern (Elektronenakzeptoren) zum aufzubereiten­ den Wasser, um die zum vollständigen Abbau der Chlorkohlen­ wasserstoffe notwendige Biomassebildung zu ermöglichen.
Erfindungsgemäß werden somit Mikroorganismen aus dem betreffen­ den Standort oder Spezialkulturen zur kontinuierlichen Reinigung des kontaminierten Wassers in einem Festbettreaktor eingesetzt, der dem Konstruktionsprinzip und der Betriebsweise eines Filters zur Trinkwasseraufbereitung entspricht. Abgesehen von der Durch­ satzgeschwindigkeit kann eine Anlehnung an die Schnellfilter be­ treffende DIN 19 605 erfolgen.
Zum Einfahren der Anlage müssen dabei im Gegensatz zur bereits existierenden Verfahrenstechnik des Filters zunächst die einzusetzenden Bakterien in ausreichender Menge auf das Träger­ material des Festbettreaktors aufgebracht werden, um ihnen einen Selektionsvorteil gegenüber anderen Bakterien aus dem Grundwasser zu verschaffen. Dies erfolgt durch eine Vorzüchtung in einem Fer­ menter mit synthetischen Medien, die alle Nährstoffansprüche der Mikroorganismen erfüllen, welche zuvor in Vorversuchen ermittelt werden müssen. Diese Bakteriensuspension wird im Kreislaufbetrieb durch den Bioreaktor gepumpt, um die Mikroorganismen an das Trägermaterial zu adsorbieren.
Im nachfolgenden Dauerbetrieb erfolgt eine kontinuierliche Zudo­ sierung von mineralischen Nährstoffen, wie Stickstoff, Phosphor, Kalium und Magnesium, die über den Eigengehalt des zu reinigenden Wassers hinaus zum Erhalt der aktiven Biomasse notwendig sind. Ebenso werden Elektronenakzeptoren wie Sauerstoff, Nitrat, Sulfat oder Wasserstoffsuperoxid als Sauerstoffdonator in den Mengen zu­ dosiert, die zum stöchiometrischen Umsatz der Chlorkohlenwasser­ stoffe und der ggf. eingesetzten Primärsubstrate notwendig sind. Die mikrobielle Eliminierung von Vinylchlorid, Dichlormethan und 1,2-Dichlorethan kommt ohne weitere Kohlenstoffprimärsubstrate aus, da Bakterien aus diesen Verbindungen genügend Energie ge­ winnen können. Für die übrigen leichtflüchtigen Chlorkohlenwas­ serstoffe ist der Einsatz von Primärsubstraten erforderlich. Die Primärsubstrate müssen in Abhängigkeit von den zu eliminierenden Stoffen, den eingesetzten Bakterien und der Gesamtzusammensetzung des Wassers gewählt werden.
Eingesetzt werden können gasförmige Verbindungen wie Methan, Ethan oder Propan, feste wie Poly-β-hydroxybuttersäure (als Trägermaterial) oder flüssige, von denen eine ganze Reihe von Stoffen in Frage kommt. Bei sehr niedrigen Konzentrationen von leichtflüchtigen Chlorkohlenwasserstoffen empfiehlt sich die Ver­ wendung von Aktivkohle als Trägermaterial der Biomasse, welche für eine Retention der Verbindungen im Reaktor sorgt, dadurch die gesamte verfügbare Substratmenge erhöht und eine größere Umsatz­ geschwindigkeit der metabolisierenden Enzyme ermöglicht (Michaelis-Menten Beziehung der Enzymkinetik). Für den biologi­ schen Abbau von cis-1,2-Dichlorethylen existiert zur Zeit nur eine einzige beschriebene und charakterisierte Reinkultur (Stamm KDE 7, Rhodococcus spezies), die für eine Nutzung innerhalb des erfindungsgemäßen Verfahrens zur Verfügung steht (hinterlegt bei Deutsche Sammlung von Mikroorganismen (DSM) Gesellschaft für Biotechnologische Forschung mbH, D-3400 Göttingen, am 24. Mai 1989 unter der DSM-Nr. 5370).
Der Erfindung liegen die neueren Erkenntnisse zugrunde, daß in fast allen älteren Schadensfällen Chlorkohlenwasserstoffe ab­ bauende Mikroorganismen bereits vorhanden sind, da sich Bakte­ rien aufgrund ihrer kurzen Generationszeiten relativ schnell an neue Substrate adaptieren können. Sie sind in der Lage, die Chlor-Kohlenstoffbindung in physikochemisch verschiedenen Reak­ tionen unter Chlorid-Ionenfreisetzung zu spalten und das ver­ bleibende Kohlenstoffskelett zu Kohlenstoffdioxid zu oxidieren. Die meisten von ihnen bevorzugen eine sessile Lebensweise, wes­ halb Festbettbioreaktoren für diese Organismen besonders geeignet sind. Ihre Abbauleistung ist außerdem durch geeignete Versorgung mit Nährstoffen und Elektronenakzeptoren erheblich zu steigern, da sie im kontaminierten Standort in der Regel Nährstoff-limi­ tiert sind.
In Filtern zur Trinkwasseraufbereitung wird der Prozeß der Kontaktenteisenung oder Entmanganung ebenfalls von sessilen Mi­ kroorganismen aus dem Grundwasser durchgeführt, die allerdings aufgrund ihrer Stoffwechselspezifität selbsttätig und nahezu kon­ kurrenzlos auf dem Filtermaterial siedeln und aus dem Rohwasser mit den nötigen Nährstoffen versorgt werden. Es wurde daher un­ tersucht, ob die Verfahrenstechnik der Filter auch auf die mikrobielle Eliminierung von leichtflüchtigen Chlorkohlenwasser­ stoffen aus kontaminierten Wässern anwendbar ist. Sie bieten den Vorteil, daß die Ergebnisse aus den Laborversuchen ohne Entwick­ lungsaufwand auch in technischem Maßstab angewendet werden kön­ nen.
In Langzeitversuchen konnte die Nutzbarkeit der obengenannten Verfahrenstechnik in "Laborfiltern" für den mikrobiellen Abbau von Dichlormethan unter aeroben und anoxischen und für Trichlorethylen unter aeroben Bedingungen gezeigt werden. Exemplarisch werden in den Tabellen 1 und 2 die Abbauleistungen für Dichlormethan zusammengefaßt. Die Abbauleistungen für die übrigen leicht-flüchtigen Chlorkohlenwasserstoffe schwanken außer für 1,2-Dichlorethan in Abhängigkeit der gewählten Primär­ substrate.
Die Durchführung des Rückspülverfahrens entspricht ebenfalls der Verfahrensweise bei Filtern.
Tabelle 1
Dichlormethan Abbauleistungen im Festbettreaktor unter aeroben Bedingungen (Schnellfilterbetrieb)
Tabelle 2
Dichlormethan Abbauleistungen im Festbettreaktor unter denitrifizierenden Bedingungen (Schnellfilterbetrieb)
In der Zeichnung ist das erfindungsgemäße Verfahren anhand von Ausführungsbeispielen näher erläutert. Es zeigen:
Fig. 1 ein Verfahrensschema eines Festbettreaktors unter aeroben Bedingungen;
Fig. 2 ein Verfahrensschema gemäß Fig. 1 unter anaeroben Bedingungen und
Fig. 3 den aeroben DCM-Abbau im Festbettreaktor mit Rück­ spülung.
Die Fig. 1 und 2 zeigen Verfahrensschemata einer Laboranlage. Diese besteht aus einem Vorratsbehälter (Wasser) 1, einem Oxige­ nator 2, einer Membranpumpe 3 zur Umwälzung der Gasphase, einem Vorratsgefäß 4 für Nährsalze, DCM, Schlauchpumpen 5, einem Pro­ bennahmegefäß 6, einem Rückspülablauf 7, einem Festbettreaktor 8 mit einer Kiesschüttung 9, einem Probennahme- und Rückspülan­ schluß 10, einem Ablauf 11 und einer Rückspülpumpe 12.
Die Anlage gemäß Fig. 2 umfaßt einen Vorratsbehälter 1 für Was­ ser mit 5,3 mg/l Methanol und HDM 3 zur O2-Zehrung, einen N2-Gas­ ausgleich 13 für den Vorratsbehälter, einem O2-Zehrungsgefäß 14 sowie aus den zur Fig. 1 bereits beschriebenen Komponenten.
Fig. 3 zeigt den Verlauf des Wirkungsgrades nach einer Rückspü­ lung zum Austrag der überschüssigen Biomasse an. Auch die reduk­ tive Dechlorierung von Perchlorethylen zu cis-1,2-Dichlorethylen unter anaeroben Bedingungen mit anschließender Oxidation des cis-1,2-Dichlorethylen in einem mehrstufigen Prozeß konnte in weiteren Versuchen belegt werden. Entsprechende Ergebnisse wurden auch für weitere leichtflüchtige Chlorkohlenwasserstoffe gefun­ den.

Claims (10)

1. Verfahren zum mikrobiellen Abbau von leichtflüchtigen Chlor­ kohlenwasserstoffen aus kontaminierten Grund- und Oberflä­ chenwässern sowie Prozeßabwässern in technischen Aufberei­ tungsanlagen (Bioreaktoren), gekennzeichnet durch folgende Verfahrensschritte:
  • a) Ermittlung des Vorhandenseins von CKW-abbauenden Bak­ terien im aufzubereitenden Wasser;
  • b) Anzüchtung von standorteigenen Bakterien oder speziali­ sierten Laborstämmen zur Inokulation der Aufbereitungs­ anlage;
  • c) Aufbringen des Inokulums auf feste Trägermaterialien in einem Bioreaktor, der dem Konstruktionsprinzip eines Filters zur Trinkwasseraufbereitung entspricht;
  • d) Zufuhr von mineralischen Nährstoffen, Primärsubstraten und Sauerstoffträgern (Elektronenakzeptoren) zum aufzu­ bereitenden Wasser, um die zum vollständigen Abbau der Chlorkohlenwasserstoffe notwendige Biomassebildung zu ermöglichen.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß durch Probennahme aus dem aufzubereitenden Wasser Chlorkohlenwas­ serstoffe verwertende Bakterien isoliert und deren Aktivi­ tät, Nährstoff- sowie Elektronenakzeptorbedarf in Laborver­ suchen ermittelt werden.
3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die isolierten, standorteigenen Bakterien oder Spezialkulturen, falls erstere im aufzubereitenden Wasser nicht vorkommen, in Fermentern vorgezüchtet werden, um die Aufbereitungsanlage mit einer dichten Zellsuspension zu inokulieren.
4. Verfahren nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß ins­ besondere zum Abbau von cis-1,2-Dichlorethylen der hinter­ legte Spezialstamm KDE 7 (Rhodococcus spezies) eingesetzt wird.
5. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß zur kontinuierlichen Reinigung der kon­ taminierten Wässer technische Aufbereitungsanlagen einge­ setzt werden, die im Aufbau, Konstruktion und Betrieb Filtern zur Trinkwasseraufbereitung gleichen.
6. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß als Trägermaterial für die Biomasse üblicher Filterkies, dolomi­ tisches Material, Aktivkohle oder feste Kohlenstoffsubstra­ te, z. B. Poly-β-hydroxybuttersäure, verwendet werden.
7. Verfahren nach Anspruch 3 und 5, dadurch gekennzeichnet, daß zum Einfahren der Anlage die vorgezüchtete Fermentations­ suspension im Kreislaufbetrieb durch den Reaktor gepumpt wird, um die Mikroorganismen an das Trägermaterial zu adsor­ bieren.
8. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß die über den Eigengehalt hinaus zum Er­ halt der abbauenden Biomasse notwendige Mengen an
  • - mineralischen, stickstoff- und phosphorhaltigen Nähr­ stoffen
  • - kohlenstoffhaltigen Primärsubstraten (für den Abbau einzelner Chlorkohlenwasserstoffe notwendig)
  • - Elektronenakzeptoren (Sauerstoff oder mineralische Sauerstoffträger)
dem aufzubereitenden Wasser in geeigneter Weise kontinuier­ lich zudosiert werden.
9. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß die beim Betrieb des Reaktors gebildete, überschüssige Biomasse durch Rückspülung des Trägermaterials ausgetragen wird.
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* Cited by examiner, † Cited by third party
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DE4324067A1 (de) * 1993-07-17 1995-02-02 Enning Umwelttechnik Ag Gossau Verfahren zur Reinigung von mit stripbaren Schadstoffen, insbesondere Kohlenwasserstoffen, kontaminiertem Rohwasser und Anlage zur Durchführung des Verfahrens
DE19730653A1 (de) * 1997-07-17 1999-01-21 Forschungszentrum Fuer Medizin Verfahren zum mikrobiologischen Abbau halogenierter aliphatischer und aromatischer Kohlenwasserstoffe in kontaminierten Medien

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