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Verfahren und Vorrichtung zur Versorgung der Industrie mit Sauerstoff
und anderen verflüssigbaren Gasen in großen Mengen. Durch die vorliegende Erfindung
soll die Industrie mit Sauerstoffgas von mehreren-Atmosphären Betriebsdruck versorgt
werden, ohne daß der Sauerstoff aus der Lufttrennungsanlage in Gasbehälter gesammelt,
mit Abfüllkompressoren in die Stahlflaschen gepresst und als Gas in Stahlflaschen
transportiert wird.
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Dieser Zweck kann nur auf dem Weg über flüssigen Sauerstoff erreicht
werden; da bei vielen anderen industriell gebrauchten Gasen ähnliche Verhältnisse
vorliegen,. so ist diese Erfindung ebenso auch für alle tiefsiedenden, verflüssigbaren
Gase, wie Stickstoff, Wasserstoff, Argon usw. zu verwenden.
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Das. bisherige Verfahren der Versorgung der Industrie mit Sauerstoff
durch nochmalige Kompression und Transport der Stahlflaschen mit komprimiertem Gas
hat bekanntlich viele Nachteile, die den reinen Herstellungspreis des Sauerstoffgases
auf das mehrfache erhöhen.
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In der Sauerstoffabrik sind außer der eigentlichen Lufttrennungsanlage
bisher immer noch große Gasbehälter, Sauerstoffkompressoren, Abfüllstationen und
ein großer Bestand an Stahlflaschen unbedingt notwendig.
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Die Kosten der Kompression des Sauerstoffes zum Abfüllen in die Stahlflaschen
sind ebenso hoch und teilweise noch höher als die Kosten der Sauerstoffherstellung.
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Bei dem Transport der Stahlflaschen besteht ein großes Mißverhältnis
zwischen dem Gewicht bzw. dem Volumen der Gasfüllung und dem Eigengewicht der Stahlflasche;
um z. B. 6 cbm gleich 8,4 kg Sauerstoff. als komprimiertes Gas zu versenden, ist
eine Stahlflasche von 75 bis 8o kg Eigengewicht- erfoiderlich. Hierzu kommt noch
die unverhältnismäßig große Raumbeanspruchung der Stahlflaschen und der Rücktransport
der leeren Flasche.
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Diese hohen, zu dem Erzeugerpreis des Sauerstoffes, hinzutretenden
Kosten werden durch Anwendung des Verfahrens und der Vorrichtung nach vorliegender
Erfindung zum größten Teil gespart.
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Das Verfahren besteht darin, daß man den in den Lufttrennungsanlagen
gewonnenen flüssigen Sauerstoff nicht vergast, sondern ihn flüssig in große Druckgefäße
herüberdrückt, in diesen zu der evtl. weit entfernten Verbrauchsstelle transportiert
und erst dort in demselben Transportgefäß nach Bedarf in Druckgas umwandelt und
als Sauerstoffgas mit dem notwendigen Betriebsdruck verbraucht. Die bei Aufbewahrung
und Transport entstehenden Verdampfungsverluste betragen nur wenige Prozente des
flüssigen Sauerstoffes, können also entweder vernachlässigt oder in kleinen Gasbehältern
aus Ballonstoff aufgefangen und verbraucht werden. Das Verfahren umfaßt also nicht
nur den Transport und die Aufbewahrung von großen, bis zu mehreren Kubikmetern betragenden,
Mengen flüssigenSauerstoffes, sondern hauptsächlich die Entwicklung von Druckgas
aus der transportierten Flüssigkeit; hierbei kann die Menge des zu entnehmenden
Sauerstoffdruckgases in weiten Grenzen geregelt, der Betriebsdruck von schwachem
Überdruck
bis zu io Atm. in Spezialfällen auch noch höher gesteigert
werden, und es können mehrere Betriebsstellen gleichzeitig Druckgas von verschiedenem
Betriebsdruck und in verschie-. denen Mengen entnehmen.
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Es ist zwar bekannt, an Stelle komprimierten Sauerstoffes flüssigen
Sauerstoff zu transportieren; ein solches Transportverfahren ist aber bisher nur
in kleinem Maßstabe ausgeführt worden, da in jedem einzelnen Gefäß bisher höchstens
ioo bis iSo 1 transportiert werden konnten, und der Transport flüssigen Sauerstoffes
geschah bisher immer nur zu dem Zweck, den Sauerstoff flüssig zu verbrauchen, z.
B. zu Sprengungen. Alle bisher bekannten Transportgefäße für tiefsiedende flüssige
Gase ermöglichen nur das Ausgießen des flüssigen Sauerstoffes usw. und halten keinen
höheren Überdruck als höchstens 1/z Atm. aus; sie sind also zur Entwicklung von
Druckgas von mehreren Atmosphären vollkommen unbrauchbar.
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Dagegen ist der Gedanke, aus dem flüssig transportierten Sauerstoff
an der Betriebsstelle Druckgas von mehreren Atmosphären zu entwickeln und j e nach
Bedarf die Menge und den Druck des entwickelten Gases zu verändern, bisher noch
niemals ausgesprochen worden. Die Neuheit des Verfahrens und der technische Fortschritt
für die Industrie liegt also zusammenfassend in folgendem In der Sauerstoffabrik
wird nicht mehr gasförmiger, sondern nur noch flüssiger Sauerstoff erzeugt, in großen
Druckgefäßen auf weite Entfernung transportiert und an der Verbrauchsstelle als
Druckgas von mehreren Atmosphären Druck, z. B. zum Schweißen und Schneiden verbraucht.
Hierdurch werden die hohen, in Gasbehältern, Abfüllkompressoren und Stahlflaschen,
festgelegten Anschaffungskosten gespart, und die laufenden Transportkosten betragen
infolge der großen Gewichts- und Raumersparnis weniger als ein Sechstel des bisherigen
Stahlflaschentransportes. Nach diesem Verfahren können Fabriken, die keine eigene
Sauerstoffanlage besitzen, trotzdem Sauerstoffdruckgas in großen Mengen, z. B. 50o
bis iooo cbm, täglich verbrauchen, da sie von einer zentral gelegenen großen Sauerstoffanlage
bis zu mehreren hundert Kilometern Entfernung mit flüssigem Sauerstoff durch Auswechseln
von leeren gegen volle Behälter versorgt werden und in dem großen Druckbehälter
eine dauernd betriebsfertige Anlage zur Erzeugung von Sauerstoffdruckgas besitzen.
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Die Vorrichtung zur Ausübung des Verfahrens besteht in einem Gefäß,
das gleichzeitig folgenden vierBedingungen genügen muß i. Das Gefäß muß so einfach
konstruiert sein, daß es ohne Schwierigkeit bis zu einer Größe von mehreren Kubikmetern
Flüssigkeitsinhalt gebaut werden kann, und dabei so fest sein, daß es das Gewicht
der eingefüllten Flüssigkeit im Betrage von mehreren iooo kg sicher tragen kann,
ohne bei den Erschütterungen des Transportes im Automobil oder auf Eisenbahnwagen
beschädigt zu werden; z. B, wiegen 2 ooo 1 flüssigen Sauerstoffes ungefähr 2
300 kg.
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2. Das Gefäß muß bei der Temperaturdifferenz von über Zoo ° zwischen
flüssigem Gas und äußerer Umgebung mit einer guten Isolationsschicht umgeben sein.
Ein Vakuummantel kann nur bei kleineren Gefäßen bis 15o bis Zoo 1 Inhalt in Betracht
kommen; bei größeren Gefäßen muß ein -fester Isolationsstoff verwendet werden, dessen
Isolierfähigkeit gerade bei tiefen Temperaturen besonders hoch sein muß. `.
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3. Das Isolationsmaterial muß bei Gefäßen für flüssigen Sauerstoff
unverbrennlich sein, damit jede Explosionsgefahr ausgeschlossen ist.
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q.. Außer diesen drei für ein Aufbewahrungs-und Transportgefäß genügenden
Bedingungen muß aber das Gefäß .gleichzeitig noch einen inneren Überdruck bis zu
io Atm. Betriebsdruck, also 15 Atm. Prüfungsdruck aushalten, damit es auch als Druckgefäß
zur Entwicklung von Druckgas aus dem flüssigen Gas gebraucht werden kann.
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Besonders in dieser letzten Bedingung liegt der die Neuheit begründende
Unterschied gegenüber den bisher bekannt gewordenen.Transport- und Aufbewahrungsbehältern
für flüssige Luft, flüssigen Sauerstoff usw., denn keines dieser Gefäße erfüllt
gleichzeitig alle vier eben genannten Bedingungen. Alle mit einem Vakuummantel isolierten
Gefäße halten keinen hohen inneren Überdruck aus und können nur bis zu einer Größe
von höchstens Zoo 1 hergestellt werden."Die anderen Gefäße ohne Vakuummantel bestehen
aus fünf bis acht ineinandergesetzten Behältern, so daß sie im innersten Behälter
zu wenig Raum für die Flüssigkeit haben; wegen ihrer komplizierten Bauart können
sie nicht in größerem Maßstab für mehrere Kubikmeter Flüssigkeit ausgeführt werden;
sie sind nicht fest und tragfähig genug, um z. B. mit 2 000 kg beweglicher
Flüssigkeit gefüllt den Erschütterungen der Transportfahrten widerstehen zu können.
Bei keinem der bekannten Gefäße ist .die Druckfestigkeit so groß, daß es den für
autogenes Schweißen und Schneiden nötigen Betriebsdruck von 3 bis 8 Atm. aushält.
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Erst durch die nachstehend beschriebene Vorrichtung wird ein Verfahren
zur Versorgung der Industrie mit großen Mengen' von flüssig transportierten und
an der Betriebsstelle in Druckgas von mehreren Atmosphären umgewandelten Sauerstoff
Möglich.
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Eingehende Untersuchungen haben ergeben, daß große Transportbehälter
bis zu mehreren i ooo 1 Inhalt, die nicht -durch ein Vakuum,
sondern
nur durch eine einzige Isolierschicht von Schlackenwolle (oder einem ähnlichen unverbrennlichen
Isoliermaterial) geschützt sind, eine so geringe Verdampfung flüssigen Sauerstoffes
aufweisen und gegen die Erschütterungen des Transportes genügend widerstandsfähig
gebeut werden können, .daß der Transport grober Mengen flüssigen Sauerstoffes mit
der Bahn auf mehrere ioo km in .durchaus wirtschaftlicher Weise ermöglicht ist.
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Es ist bisher .auch nicht darauf hingewiesen worden, daß bei- Behältern
für flüssigen Sauerstoff Explosionen nur dann mit Sicherheit vermieden werden können,
wenn als Kälteschutz nur unverbrennliches Material, also kein Kork, Wolle, Seide,
Jute, Filz, Federn, Papier usw., sondern Asbest, Bimsstein, Kieselgur, Magnesia,
Schlackenwolle, Tuffstein usw. verwendet wird.
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Durch umfassende vergleichende Versuche wurde festgestellt, daß die
Isolierfähigkeit von verschiedenen Materialien gegen Temperaturdifferenzen bei tiefen
Temperaturen eine andere ist, als bei gewöhnlichen oder sehr hohen Temperaturen,
und daß von den unverbrennlichen Isolierstoffen Schlackenwolle die größte Isolierfähigkeit
gegen Tieftemperatur besitzt.
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Derartig isolierte Behälter halten wegen ihrer einfachen Bauart auch
einen sehr hohen inneren Überdruck aus, der im allgemeinen 2 bis 15 Atm, beträgt
und für die meisten Fälle ausreicht. Die bisher gebauten Druckgefäße für io Atm.
Betriebsdruck haben sich im praktischen Betriebe mehrfach bewährt. Für spezielle
Zwecke kann das innere, den flüssigen Sauerstoff aufnehmende Gefäß auch so druckfest
konstruiert werden, daß er mehr als 15 Atm. Prüfungsdruck aushält.
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In der Zeichnung ist ein Ausführungsbeispiel eines solchen Druckgefäßes
angegeben. Es besteht aus einem Behälter h aus Metall, in den der flüssige Sauerstoff
aus den Luftverflüssigungsapparaten durch das Einlaßventil b herübergedrückt
wird, wobei die Ventile d
und a geöffnet sein müssen. Der Behälter
h
ist in der Mitte des äußeren Mantelgefäßes l befestigt. Der Raum zwischen
h und l ist mit einer'explosionssicherenIsoliermasse (Schlackenwolle)
ausgefüllt. Durch die Verwendung von Schlackenwolle als Isolationsmaterial ist die
Vergasung des flüssigen Sauerstoffs usw. auf ein für praktische Zwecke vollkommen
ausreichendes Maß herabgedrückt.
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Durch das Ventil a kann flüssiges Gas entnommen und durch Ventil b
flüssiges Gas hineingedrückt werden.
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Will man nun die Einrichtung zur Erzeugung von Druckgas in Betrieb
nehmen, so werden die Ventile a, b und d geschlossen und die Ventile
c und e ganz oder teilweise geöffnet. Das flüssige Gas steigt dann durch das im
Behälter befindliche Steigrohr nach dem Ventil c und fließt unter gleichzeitiger
Verdampfung durch die Verdampferschlange i, die in einfacher oder doppelter Spirale
an der Innen-oder Außenseite des Mantels l liegt und kann dann gasförmig durch das
Ventil e in beliebigen Mengen und bei dem gewünschten Arbeitsdruck (2 bis iö Atm.)
entnommen werden. Dadurch, daß zwei Ventile c und e in der gleichen Stromrichtung
hintereinandergeschaltet sind, wobei durch -c hauptsächlich Flüssigkeit und durch
e nur Gas durchströmt, läßt sich der Betriebsdruck leicht einregulieren.
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Die bei der Vergasung freiwerdende Kälte wird durch die Schlange i
auf die Isolationsmasse und den Außenmantel l übertragen und so während der Druckerzeugnisperiode
in der explosionssicheren Isolationsmasse aufgespeichert. Durch diese Kälteaufspeicherung
in der Schlackenwolle wird die Vergasung des flüssigen Sauerstoffes während der
später folgenden Betriebsruhe wesentlich vermindert. Ein Manometer f und ein Sicherheitsventil
g stehen mit dem über der Flüssigkeit ruhenden Gasraum in Verbindung.
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Die ganze Einrichtung eignet sich zur Verwendung sowohl als ortsfestes
Standgefäß, wie als Transportbehälter für große Mengen flüssigen Sauerstoffes usw.
und besonders als Verbrauchsgefäß zur Entnahme von Gas unter jedem gewünschten Betriebsdruck
bis zu i5 Atm. und darüber.
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Wenn nach diesem Verfahren die Behälter als ortsfeste Standgefäße
gebraucht werden, so ist die Vorrichtung ein vielfach verwendbarer und wirksamer
Ersatz für die gebräuchlichen großen Gasbehälter, die sogenannten Gasometer, z.
B. für Sauerstoff, Stickstoff, Wasserstoff usw., da die Vorrichtung bei sehr geringer
eigener Raumbeanspruchung eine, dem Volumenverhältnis vom flüssigen zum gasförmigen
Aggregatzustand entsprechende, etwa 8oomal größere Kapazität besitzt. Denn aus einem
Liter flüssigen Sauerstoffs entstehen nach Vergasung auf Atmosphärendruckbei o °
bzw. i4° bzw. 27' rund 79o bzw. 83o bzw. 8701 Sauerstoffgas, ebenso aus einem
Liter flüssigen Stickstoffes 64o bzw. 67o bzw. 7oo 1 Stickstoffgas.
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Als Transportbehälter erspart eine Anlage nach diesem Verfahren aus
demselben Grunde den größten Teil der Transportkosten von komprimiertem Gas in Stahlflaschen.
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Wendet man das Verfahren zur Erzeugung von Druckgas an, so stellt
derselbe Behälter, der zuerst in der Erzeugerfabrik zum Sammeln des flüssigen Gases,
z. B. des flüssigen Sauerstoffes, und dann zum Transport diente, gleichzeitig eine
selbsterzeugende Gasanlage für die Verbrauchsstelle dar.
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Für diese Verwendung wird der Behälter
erst an der
Betriebsstelle an die gasverbrauchenden Apparate, z. B. an die Schweiß- und Schneidapparate
der autogenen Metallbearbeitung, angeschlossen; das Ventil e wird erst dann geöffnet,
wenn durch die selbsttätige Vergasung des flüssigen Sauerstoffes usw. im inneren
Behälter ein dem gewünschten Betriebsdruck entsprechender Überdruck entstanden .
ist. Dieser Überdruck wird dann durch geeignete Stellung der Ventile c und e dauernd
auf dem Betriebsdruck erhalten. Wenn' für mehrere Betriebsstellen aus demselben
Druckgefäß gleichzeitig Gas von verschiedenem Druck entnommen werden soll, so werden
hinter das Ventil e in die Druckverteilungsleitung eine entsprechende Anzahl von
Reduzierventilen eingeschaltet; hierdurch fällt dann der Transport von Stahlflaschen
mit hochkomprimiertem Gas innerhalb desselben Betriebes vollkommen fort.
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Als weiterer Vorteil der Einrichtung nach vorliegendem Verfahren ist
ferner noch hervorzuheben, daß die Vergasung des flüssigen _ Sauerstoffes, Stickstoffes,
Luft usw. eine geringere wird, wenn ein größerer Überdruck auf dem flüssigen Gase
ruht, da mit der Erhöhung des Druckes auch der Siedepunkt des "flüssigen Gases steigt
und somit die Differenz zwischen dem erhöhten, Siedepunkt und der - Außentemperatur
eine geringere wird.