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Die Erfindung betrifft einen elektronischen Koordinatensmeßtaster, bei dem auswechselbare, um ihre Hauptachse drehbare Tastelemente in zwei Achsen schwimmend gelagert sind, und der auf Mehrkoordinatenmeßgeräten unbekannte Konturen dynamisch antasten und erfassen kann.
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Es sind Koordinatenmeßtaster bekannt, bei denen die Tastelemente in zwei oder drei Achsen frei schwimmen; beim Anfahren der unbekannten Kontur werden dann meistens eine oder mehrere Achsen in ihrer Nullage geklemmt, wodurch das Tastelement nur in bestimmte, festgelegte Richtungen durch die Prüflingskontur ausgelenkt werden kann. Bei allen bekannten Antastverfahren werden hierbei systematische Fehler immer dann wirksam, wenn die Anfahrrichtung des Tastelementes mit der Normalen auf der Tangentialebene durch den Meßpunkt nicht exakt übereinstimmt.
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Ferner wird bei den bekannten dynamischen Meßtastern die höchste zulässige Antastgeschwindigkeit unter anderem dadurch festgelegt, daß der mechanische Stoßimpuls im Antastaugenblick einen geschwindigkeitsabhängigen Reaktionsimpuls in der Lagerung des Tastelements bewirkt, der wiederum meßwertverfälschende Krafteinwirkungen auf die Meßtasterhalterung zur Folge hat.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, einen elektronischen Koordinatenmeßtaster zu schaffen, der bei umfassenden Einsatzmöglichkeiten in der mehrdimensionalen Koordinatenmessung und bei hoher Meßgenauigkeit die beschriebenen Nachteile umgeht, indem der Anfahrfehler bei jedem Meßvorgang mit einmaligem Antasten erfaßt wird und die nachteilige Wirkung der Lagerreaktionskräfte auf die Meßgenauigkeit durch eine geeignete konstruktive Ausführung des Meßtasters beseitigt wird.
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Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch ein Meßtasterkonzept gelöst, das auf der Kombination folgender Merkmale basiert:.
- a) Auswechselbare Tastelemente werden, in zwei Achsen schwimmend gelagert, spiel- und reibungsfrei um einen definierten Nullpunkt ausgelenkt.
- b) Die Tastelemente sind zusätzlich um ihre Hauptachse spielund reibungsfrei drehbar.
- c) Eine optoelektronische Detektoreinrichtung bildet ein tastereigenes ebenes Koordinatenmeßsystem.
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In Weiterführung dieses grundlegenden Erfindungsgedankens wird das Tastelement beispielsweise mit Hilfe eines Kugel- oder Kreuzgelenkes spiel- und reibungsfrei um seine Nullage ausgelenkt. Einen evtl. prinzipiell vorhandenen drehwinkelabhängigen Versatz der Lagerachsen berücksichtigt man bei sehr hohen Genauigkeitsanforderungen und/oder größeren Auslenkwinkeln als systematischen Fehler; die Bestimmung dieses Fehlers kann mit der unten beschriebenen optoelektronischen Detektoreinrichtung erfolgen. Die spiel- und reibungsfreie Drehung des Tastelements um seine Hauptachse wird auf einfache Weise z.B. durch vorgespannte Miniaturkugellager ermöglicht. Zur Erzeugung des Rückstellmomentes bietet sich der Einbau von diskreten Federelementen oder die Verwendung von Kreuzfedergelenken an.
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Ein weiterer Aspekt ist der Einfluß der Reaktionskraft in der Lagerung des Tastelements während des Antastvorgangs auf die Meßgenauigkeit. Hier wird die Ausnutzung des Prinzips des Stoßmittelpunktes vorgeschlagen, das besagt, daß in der Lagerung eines durch Stoß erregten physikalischen Pendels (Tastelement) dann keine Reaktionskräfte auftreten, wenn zwischen Pendelmasse, Pendel-Massenträgheitsmoment und Abstand zwischen dem Pendeldrehpunkt und dem Ort der Einleitung der Stoßkraft eine feste mathematische Beziehung besteht, die technisch-konstruktiv zu verwirklichen ist.
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Ausgehend vom Stand der Technik, wie er aus Druckschrift DD-PS 1 25 296 bekannt ist, wird hier die Auslenkung des Tastelements nicht mit einer Moire-Technik inkremental gemessen, sondern analog mit einer optoelektronischen Detektoreinrichtung, die von einem Lichtbündel beaufschlagt wird. Dessen optische Achse führt die Winkelbewegung der Längsachse des Tastelements aus und verlängert diese virtuell in die Ebene des Detektors. Der Detektor wird als positionsempfindliche Fotodiode kommerziell gefertigt und erfaßt die Lage eines Lichtfleckes weitestgehend unabhängig von dessen Durchmesser, sofern dieser kleiner als die lineare Abmessung des Aufnehmers bleibt. Auslenkungen des Tastelements werden durch ein einziges Lichtbündel erfaßt, dessen Achse nicht notwendigerweise mit der Hauptachse des Tastelements zusammenfallen muß. Die Verwendung geeigneter lichtemittierender Halbleiterdioden vergrößert die Masse des Tastelements nur unwesentlich, dies kommt seinem dynamischen Verhalten zugute.
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Vor der Meßwerterfassung erfolgt auf dem Koordinatenmeßgerät das einmalige Kalibrieren des Winkels zwischen tastereigenem und meßgeräteigenem Koordinatenkreuz z.B. durch exakt senkrechtes Anfahren einer durch ihre Normale beschriebenen Bezugsfläche. Mit Kenntnis dieses Winkels wird bei jedem Anfahrvorgang die in der Ebene des Detektors liegende Komponente des Geschwindigkeitsvektors der Meßgerätepinole in ihrer Richtung rechnerisch ermittelt und im weiteren als Referenzgerade verwendet, auf die sich dann der jeweils gemessene Anfahrwinkel bezieht. Dieser Anfahrwinkel wird bestimmt, indem die Tastkugel des Tastelements auf der Prüflingsoberfläche abrollt und die hierdurch auf der positionsempfindlichen Fotodiode erzeugte Spur des Lichtfleckes ausgewertet wird.
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Die eigentliche Meßwerterfassung geschieht nun folgendermaßen: Nach Berühren der Kontur wird das Tastelement ausgelenkt, der Meßtaster wird bei Erreichen eines bestimmten Auslenkwinkels des Tastelements angehalten (Ende der Phase 1) und mit konstanter Geschwindigkeit wieder zurückgefahren (Beginn der Phase 2). Die rechnerische Korrektur des Anfahrwinkels erfolgt entweder während der Phase 1 oder zu Beginn bzw. während der Phase 2. In dem Augenblick, wo die Mittellinie des Meßtasters und die Hauptachse des Tastelements zusammenfallen, oder wenn die Peripherie des Tastelements einen in der Aufnehmerebene liegenden virtuellen Kreis mit hinreichend kleinem Radius um die Mittellinie des Meßtasters herum durchstößt, wird der Meßwert erfaßt. Dabei werden vor jedem Meßvorgang Abweichungen des Tastelements von seiner definierten Nullage elektronisch oder softwaremäßig eliminiert. Durch das beschriebene Vorgehen wird die Zeitspanne zwischen Antastaugenblick und Meßwerterfassung optimal lang, so daß beim Stoßvorgang erregte Material- und Meßgerätschwingungen bis zur Aufnahme des Meßwertes abgeklungen sind, was eine grundsätzliche Voraussetzung für präzises Messen bei hohen Antastgeschwindigkeiten ist. Als weiterer Vorteil ergibt sich die meßkraftfreie Erfassung des Meßwertes, die jegliche Berücksichtigung von Taststiftdurchbiegungen überflüssig macht.
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Ein wesentlicher mit der Erfindung erzielter Vorteil besteht darin, daß ein solcher Taster im Gegensatz zu den bekannten Meßtastern mit vergleichbar weitem Einsatzbereich kostengünstig hergestellt werden kann, weil nur wenige feinmechanische Bauteile benötigt werden, wobei für die genauigkeitsbestimmenden funktionswichtigsten Tasterkomponenten wie Lagerung und Defektor sogar serienmäßig gefertigte, handelsübliche Bauelemente verwendet werden. Darüber hinaus ist ein Großteil der stets anfallenden mechanischen Justier- und Kalibrierarbeiten rein elektronisch und/oder rein softwaremäßig zu erledigen. Unbekannte Prüflingskonturen können mit solchem Taster schräg angefahren werden, ohne daß Meßfehler auftreten, da der Anfahrwinkel beim Antasten miterfaßt und softwaremäßig berücksichtigt werden kann. Durch Ausnutzen des Prinzips des Stoßmittelpunktes wird die meßwertverfälschende Lagerreaktionskraft eliminiert. Schließlich ist das erfindungsgemäße Meßtasterkonzept ohne nennenswerte Änderungen für den Einsatz als dreidimensional wirkender Schalttaster geeignet.
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Nachstehend sei eine Ausführungsform des elektronischen Koordinatenmeßtasters anhand von Fig. 1 beschrieben. Der Schnittpunkt der Achsen (6) und (7) zweier Kreuzfedergelenklager fällt praktisch genau in den Stoßmittelpunkt des Tastelementes (5). Zwei vorgespannte Instrumentenkugellager (4), deren gemeinsamer Schwerpunkt ebenfalls nahe dem Stoßmittelpunkt liegt, ermöglichen das Abrollen auf dem Prüfling. Als optoelektronischer Detektor wurde eine positionsempfindliche Fotodiode (1) verwendet, deren Meßbereich in zwei Achsen jeweils 10 mm beträgt. Sie wird nachdem die Tastermechanik fertig montiert ist, ohne mechanische Justierung in das Gehäuse (8) eingesetzt. Die virtuelle Verlängerung der Tastelementachse in die Ebene des Koordinatensystems hinein erfolgt durch das von der Infrarotdiode (3) erzeugte Lichtbündel (2). Zu Ermittlung schräg im Raum liegender Konturen kann der gesamte Meßtaster z.B. um die Achse (6) in die erforderliche Richtung geschwenkt werden. Der Winkel braucht nicht explizit bekannt sein, er kann über ein geeignetes Kalibrierverfahren mit Hilfe eines kugel- oder würfelförmigen Bezugskörpers erfaßt und im angeschlossenen Rechner bei der Auswertung berücksichtigt werden. Soll die durch Schwerkraftwirkung verursachte Auslenkung des Tastelements aus der definierten Nullage nicht elektronisch oder softwaremäßig eliminiert werden, so kann die positionsempfindliche Fotodiode als Teil einer Regelstrecke benutzt werden, um diese Auslenkung über einen elektromechanischen Kraftgeber auszuregeln.
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Ohne aufwendige hardwaremäßige Umbauten ist dieser Meßtaster gleichermaßen als Schalttaster für dreidimensionale Koordinatenmessungen geeignet, indem man hierfür anstelle der Tastkugel einen sternförmigen Taster zusammen mit einer exzentrisch zur Taststiftachse montierten und mit dieser fest verbundenen Lichtquelle verwendet. Dies läßt sich ohne weitere Erklärung anhand von Fig. 1 nachprüfen.