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Beschreibung Abgasturbine eines Turboladers für Kolbenverbrennungsmotoren
Die Erfindung betrifft die Abgasturbine eines Turboladers zur Aufladung von Kolbenverbrennungsmotoren,
und zwar eine Turbine, die mehrere getrennte Abgaszuführungen besitzt.
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Bei diesen Abgasturbinen wird angestrebt, die in den Abgasen des Motors
bei Austritt aus den Zylindern noch vorhandene Energie möglichst vollständig auszunutzen
und damit für die Aufladung des Motors möglichst viel Energie zur Verfügung zu haben.
Insbesondere soll die bei Öffnen des Auslaßventiles infolge unvollständiger Expansion
im Motorzylinder stoßweise anfallende Energie, die sonst verloren ist, weitgehendst
ausgenutzt werden, wobei der Druck im Zylinder schnellstens so weit abgesenkt werden
soll, daß die Ausschubarbeit des Kolbens möglichst gering wird.
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Große Turbolader werden heute allgemein mit axialdurchströmten Turbinen
ausgeführt und besitzen einen beschaufelten Leitapparat vor dem Turbinenlaufrad.
Kleinere Turbolader werden üblicherweise in radialer Bauweise der Turbinen wie auch
der Verdichter ausgeführt. In beiden Fällen wird für mehr als 3 bis 4 Zylinder
je
Turbine das Turbinenlaufrad von jedem Zylinder nur in einem Teilabschnitt beaufschlagt.
Bei den Turboladern radialer Bauweise wird die Teilbeaufschlagung des Turbinenlaufrades
entweder in Umfangsrichtung (Doppelstrom) oder in axialer Richtung (Zwillingsstrom)
angewendet. Erst in neuerer Zeit wurde versucht, die Vollbeaufschlagung von Turbinenlaufrädern,
die früher nur für Stauaufladung üblich war, auch für die Impulsaufladung anzuwenden.
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Dies hat sich jedoch in der Praxis noch nicht durchgesetzt, da noch
erhebliche Nachteile zu überwinden sind. Insbesondere ist es noch nicht gelungen,
zu verhindern, daß bei diesen Turboladern, bei denen die Turbine mehrere getrennte
Abgaszuführungen besitzt, Verluste durch Rückströmen von Abgasen in die benachbarte
Abgasleitung auftreten, die gerade keine Abgase zur Turbine führt.
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Die Erfindung hat sich die Aufgabe gestellt, bei einer solchen Turbine
eines Abgasturboladers mit mindestens zwei getrennten Abgaszuführungen und einflutiger
Beaufschlagung des Turbinenlaufrades die günstigste Zuführung der Abgasstränge mit
einem Turbinensystem zu vereinigen, welches als ganzes die beste Ausnutzung der
stoßweise zugeführten Energie der Abgase ermöglicht.
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Sie löst diese Aufgabe dadurch, daß die Zusammenführung der getrennten
Abgasstränge am Eintritt in die gemeinsame, axial vor dem Laufrad angeordnete Zulaufspirale
auf einem Radiusbereich bezogen auf die Turbinendrehachse liegt, der sich etwa vom
Innenradius RF der axial angeströmten Laufradbeschaufelung nach außen erstreckt,
und daß das Turbinenlaufrad am Innenradius einen Reaktionsgrad von etwa 0 hat.
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In weiterer Ausgestaltung der Erfindung wurde festgestellt, daß es
günstig ist,.die Abgasturbine so auszulegen, daß mehr als 70% bis nahezu 10096 der
Druckenergie vor dem Eintritt in die gemeinsame Zulaufspirale in Geschwindigkeit
umgesetzt werden, indem die Laufradbeschaufelung bis zu einem Radius RQ, der größer
ist als der Innenradius RF und bis zum Außenradius RK gehen kann, als Gleichdruckbeschaufelung
mit dem Reaktionsgrad von ungefähr 0 ausgeführt ist und daß in den Austrittsquerschnitten
der getrennten Abgaszuführungsstränge in die gemeinsame Zulaufspirale eine wesentlich
höhere Geschwindigkeit erzeugt wird, als sie in den äußeren Partien der Spirale
erforderlich ist, wobei dort eine verzögerte Strömung entsprechend dem Potentialwirbel
auftritt.
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Die der Erfindung zugrundeliegenden Untersuchungen haben gezeigt,
daß die oben angegebenen Forderungen der Ausnutzung der Abgasenergie am weitestgehenden
und vorteilhaftesten erfüllt werden können, wenn man einflutige, axial angeströmte
Turbinenlaufräder wählt. Dabei kann das Turbinenlaufrad rein axial oder auch teilweise
diagonal durchströmt werden. Das Zuströmgehäuse muß ohne Leitschaufeln im wesentlichen
durch eine in axialer Richtung vor dem Laufrad angeordnete Zulaufspirale verwirklicht
werden. Nur so ist es möglich, die zwei oder mehr getrennten Abgas stränge auf so
kleinem Radius in diese Zulaufspirale einzuführen, daß der größte Teil des statischen
Druckes entsprechend dem an der Gleichdruckbeschaufelung der Turbine herrschenden
Druck an der Einmündungsstelle bereits in Geschwindigkeitsenergie umgewandelt ist.
Je tiefer der Druck an der Zuführungsstelle der einzelnen Abgasstränge in die gemeinsame
Zuführungsspirale ist, desto weniger Verluste treten durch Rückströmung von Abgas
in die
benachbarten Abgasleitungen auf und desto geringer sind-die
unerwünschten Rückwirkungen auf den Motor selbst.
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Es wird dabei bewußt eine strömungstechnisch z.T. ungünstige Turbine
angewendet, welche in der mit hoher Geschwindigkeit durchströmten Laufradspirale
relativ große Reibungsverluste hat. Diese Verluste werden bei weitem dadurch aufgewogen,
daß die Ausnutzung der Abgasenergie im ganzen System der Auspuffanlage und im Turbolader
verbessert wird. Ein weiterer Vorteil ist, daß die Gleichdruckturbine das Maximum
ihres Wirkungsgrades bei einem niedrigen Geschwindigkeitsverhältnis u/co hat, während
die Uberdruckturbine dafür etwa die doppelte Umfangsgeschwindigkeit benötigt. Hierbei
bedeutet u die Umfangsgeschwindigkeit am Beaufschlagungsdurchmesser, während cO
die theoretische Geschwindigkeit ist, die dem vollständigen Umsatz des Druckgefälles
in Geschwindigkeit entspricht. Es ist klar, daß eine niedrige Umfangsgeschwindigkeit
des Laufrades bei den hohen Temperaturen der Abgasturbine des Turboladers von besonders
großer Bedeutung ist.
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Die Fortführung der Untersuchungsarbeiten hat gezeigt, daß man weitere
Vorteile trotz strömungstechnischer Verschlechterung der Turbine erreicht und die
Verluste im Auspuffsystem weiter verringern kann, wenn man bei der Laufradbeschaufelung
die Stelle mit dem Reaktionsgrad von 0, d.h. des Gleichdruckes, auf einen größeren
Radius als den Fußkreisradius legt, beispielsweise auf die halbe Schaufelhöhe. Dies
bedeutet, daß die Schaufel einen wesentlich niedrigeren Reaktionsgrad hat als bei
der Normalausführung einer Axialturbine mit Gleichdruckauslegung am Fußkreis.
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Hierzu gehört weiterhin, daß man die einzelnen Zulaufquerschnitte
der
Abgasstränge in die gemeinsame schaufellose, axial vor der Laufradbeschaufelung
angeordnete Zulaufspirale so klein wählt, daß dort eine höhere Geschwindigkeit entsteht
als es der Spirale in den äußeren Partien entspricht, wobei eine bei Turbinen vollkommen
unübliche verzögerte Strömung mindestens im Außenbereich der Zulaufspirale auftritt.
Die Verluste durch die verzögerte Strömung werden aber mehr als wettgemacht durch
die erzielten Vorteile bei dem erfindungsgemäßen Abgasturbinensystem.
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Die Bilder Fig. 1 bis 9 stellen Ausführungsbeispiele der Erfindung
dar.
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Dabei zeigt Fig. 1 einen Vertikalschnitt durch den Abgasturbolader
mit der erfindungsgemäßen Turbine, wobei der Gebläseteil weggelassen ist, Fig. 2
einen Teilschnitt durch ein Turbinenlaufrad mit teilweise diagonaler Durchströmung.
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Fig. 3 zeigt einen achssenkrechten Schnitt durch die Zulaufspirale
auf der Linie A-A von Fig. 1 in Pfeilrichtung gesehen, Fig. 4 einen Schnitt nach
der Linie B-B von Fig. 3 durch den Zulaufstutzen des Turbinengehäuses.
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Fig. 5 zeigt ein weiteres Ausführungsbeispiel im achssenkrechten Schnitt
durch die Zulaufspirale, Fig. 6 eine Draufsicht auf die Spirale, Fig. 7 einen achssenkrechten
Schnitt durch ein weiteres Ausführungsbeispiel der Turbinenzulaufspirale, Fig. 8
einen zugehörigen Teilschnitt nach der Linie C-C in Fig. 7, in Pfeilrichtung gesehen,
Fig. 9 einen Fig. 7 entsprechenden Teilschnitt mit einer Erfindungsgemäßen Ergänzung
an der Zulaufspirale.
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In Fig. 1 bis 3 ist 1 das Turbinenlaufrad, das in Fig. 1 als vollständig
axial durchströmt dargestellt ist, während in Fig. 2 die Strömung teilweise diagonal
erfolgt. Das Laufrad sitzt auf der Welle 2, die im Lagergehäuse 3 in den Lagern
11 bzw. 12 gelagert ist. Das Lagergehäuse 3 ist mit dem Turbinenzuströmgehäuse 4
direkt verbunden. Die Zulaufspirale 5 liegt im wesentlichen axial vor dem Laufrad.
Die Turbinenbeschaufelung ist gekennzeichnet durch die Radien RF für den Fußkreis
und RK für den Kopfkreis, sowie durch den dazwischenliegenden Radius RG. Auf dem
Fußkreis mit dem Radius RF ist zunächst die Reaktion 0, d.h. der Gleichdruckzustand
erfindungsgemäß angenommen. Auf diesem Durchmesser herrscht also in der Turbinenspirale
5 etwa atmosphärischer Druck.
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Aus Fig. 3 und 4 ist ersichtlich, wie beispielsweise zwei Abgasstränge
am Zuströmgehäuse zusammengefaßt werden. Die Enden 6 u. 7 der beiden Abgasstränge
sind an der Stelle 6a, 7a zusammengefaßt, an welcher diese Kanäle in die gemeinsame
Zulaufspirale 5 einmünden. In diesen Querschnitten 6a und 7a wird beispielsweise
eine so hohe Geschwindigkeit erzeugt, daß im äußeren Bereich der Zulaufspirale eine
Verzögerung der Strömung auftreten muß. Dadurch wird der statische Druck an den
Stellen 6a und 7a so weit abgesenkt, daß die Umströmung von der Leitung 7 in die
Leitung 6 beispielsweise oder umgekehrt vermieden wird. Damit fallen auch alle negativen
Rückwirkungen bei Ausströmung aus einem einzelnen Zylinder auf die benachbarten
Zylinder weg.
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Die Bedeutung der Vermeidung des Rückströmens sei an folgendem Beispiel
erläutert: Würden 30% des aus der Leitung 6 ausströmenden Gases nicht durch die
Turbine fließen, sondern in die Leitung 7 zurückströmen können, weil der Druck an
der Stelle 6a
nicht tief genug abgesenkt ist, so würde sich die
hochwertige Energiespitze vom Vorauspuffstoß des Zylinders, der in die Leitung 6
ausströmen läßt, auf etwa 70% des Energieinhaltes absenken. Die Turbine könnte also
nur etwa 49% des sonst möglichen Energieangebotes aus dem Vorauspuffstoß bekommen,
da einmal die Menge des Gases auf 70% reduziert ist und andererseits auch der Energieinhalt.
Hieraus ergibt sich, daß schon schlechte Turbinenwirkungsgrade akzeptiert werden
können, wenn man die Umströmungsverluste vermeidet, was bei den bisherigen Verfahren
aber noch nicht gelungen war. Zu dieser Verbesserung kommen noch die Gewinne, die
man dadurch erzielt, daß man auch die negatiVen Rückwirkungen auf die Ausschubarbeit
der Kolben, den Spülvorgang der Zylinder usw. vermeidet.
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Fig. 5 und 6 zeigen eine Weiterentwicklung der Abgasturbine nach der
Erfindung. In den Bereichen der Zulaufspirale, welche auf kleinerem Radius liegen
als dem Gleichdruckradius RG des Turbinenlaufrades, wird Unterdruck entstehen. Dieser
Unterdruck wird an der Stelle 8, d.h. dort, wo die Zulaufkanäle in die Spirale einmünden,
dazu benutzt, Luft aus dem Raum 9 anzusaugen. Die Luft wird bei dieser Ausführung
durch den Stutzen 10 zugeführt. Diese Luft dient als Nachbrennluft für die Entgiftung
durch Nachverbrennung der Abgase von Benzinmotoren. Infolge der Mischung der Luft
in der Zulaufspirale der Turbine kann teilweise schon dort eine Nachverbrennung
durchgeführt werden. Eine einfache Regelung der angesaugten Luftmenge ist in erster
Näherung durch eine Kopplung mit dem Antrieb der Vergaserklappe möglich, was in
den Figuren 5 und 6 nicht dargestellt ist.
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Fig. 7 und 8 zeigen eine weitere Ausgestaltung der Erfindung, die
eine einfache Regelmöglichkeit der Abgasturbine des Turboladers nach der Erfindung
ermöglicht. In die Zulaufkanäle 6 u. 7 zur Spirale 5 ist je eine drehbare Regelklappe
16 und 17 eingebaut. Die Klappen sind beispielsweise mit einer Welle 18 drehfest
verbunden und können durch den Hebel 19 verstellt werden. Eine Dichtung 20 verhindert
dabei, daß die Klappen auf der Rückseite umströmt werden. Werden die Klappen beispielsweise
von der Stellung a in die Stellung b gedreht, so entsteht ein höherer Abgasrückstau
und die Turbine erhält ein höheres Energieangebot von den Abgasen des Motors. Da
die Turbine selbst als Gleichdruckturbine ausgeführt ist, ist eine Teilbeaufschlagung
bei relativ gutem Wirkungsgrad möglich. Die Spirale wird also bei dieser Stellung
zunächst nur im äußeren Teil beaufschlagt, so daß der letzte Teil des Beaufschlagungsumfanges
der Turbine erfaßt wird.
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Damit wird u.a. erreicht, daß man bei kleineren Motordrehzahlen bzw.
bei Motorteillast oder Motorleerlauf höhere Raddrücke erzielt, oder bei größeren
Motordrehzahlen mit geringeren Laderdrücken und geringen Zünddrücken des Motors
arbeiten kann. Würde man die Gaskräfte auf diese Regelklappen z.B. gegen eine Feder
evtl. mit einem Dämpfungsglied wirken lassen, so würden ohne Einflußnahme von außen
durch die Trägheit dieser Klappe sich wesentlich verbesserte Verhältnisse beim Beschleunigen
des Motors von Motorteillast bzw. -leerlauf aus ergeben. Dadurch könnte der bei
Dieselmotoren heute übliche ladeluftabhängige Regelstangenanschlag entfallen.
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Fig. 9 zeigt im Teilschnitt eine zusätzliche Ausführungsform der Fig.
7. Ahnlich wie bei Fig. 5 kann hier Nachbrennluft für die
Nachverbrennung
von Benzinmotorabgasen zugesetzt werden. Diese Nachbrennluft wird von außen durch
einen nicht dargestellten Stutzen in den Raum 21 geführt, aus dem sie in dem Spalt
22 zwischen der Wand des Spiralgehäuses 4 und den leicht abgehobenen Klappen 16,
17 angesaugt und dem Abgas zugemischt wird.
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Die Klappen 6, 7 können weiter dazu benutzt werden, daß bei Motorteillast
und nach pem Start von Benzinmotoren der Abgasgegendruck soweit gesteigert wird,
daß die Nachverbrennung der Abgase nach dem Start möglichst rasch einsetzt und die
dazu notwendige Temperatur in keinem Betriebspunkt mehr unterschritten wird. Weiterhin
können die Regelklappen 6, 7 dazu verwendet werden, daß bei hoher Motordrehzahl
im Leerlauf hohe Ladedrücke erreicht werden, so daß die Ladeluft auch für andere
Zwecke, z.B. zur hydraulischen Förderung von Schüttgut bei Be- oder Entladen von
Fahrzeugen gebraucht werden kann.
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Die Regelklappen 6, 7 können auch als Motorbremse Anwendung finden,
wobei der Antriebszylinder für die Motorbremse, d.h. für diese Klappen gleichzeitig
auch der Antriebszylinder für weitere Regelvorgänge sein kann.
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Durch die erfindungsgemäße Gestaltung der Abgasturbine wird ein Abgasturbolader
geschaffen, der in Verbindung mit dem Motorsystem große energietechnische und strömungstechnische
Vorteile sowie weitere vorteilhafte Anwendungsmöglichkeiten bietet. Die Turbinenseite
des Abgasturboladers ist ferner wesentlich kleiner und leichter gebaut als die bekannten
Abgasturbinen der Turbolader, da die Zulaufspirale einen nur geringfügig größeren
Durchmesser
als das Laufrad hat. Weitere Vorteile ergeben sich dadurch, daß die Strömungsverluste
im Zulauf und im Laufrad durch Teilbeaufschlagung des Laufrades wegfallen und daß
die Ventilationsverluste in den Bereichen niedrigen Druckes in der Auspuffleitung
bei der Abgasturbine mit niedrigem Reaktionsgrad geringer sind als bei Turbinen
mit Reaktionsgraden heute üblicher Größenordnung. Das axial durchströmte Turbinenlaufrad
hat zwar gewisse festigkeitsmäßige und formtechnische Nachteile; diese werden jedoch
bei weitem dadurch wieder ausgeglichen, daß die Gleichdruckturbine für das gleiche
umzusetzende Druckgefälle eine niedrigere Umfangsgeschwindigkeit hat als die Uberdruckturbine.
Außerdem können gewisse Nachteile des rein axial durchströmten Turbinenlaufrades
durch die Anwendung einer teilweise diagonalen Strömung im Laufrad bei etwa gleicher
Lage der Zulaufspirale vermieden werden.