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Die Erfindung betrifft eine Wärmebehandlungsvorrichtung zur gezielten bauteilzonenindividuellen Wärmebehandlung eines Stahlbauteils.
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Die Erfindung ist eine Weiterentwicklung der Lehre der
WO 2017/129603 . In der Technik besteht bei vielen Anwendungsfällen in unterschiedlichen Branchen der Wunsch nach hochfesten Metallblechteilen bei geringem Teilegewicht. Beispielsweise ist es in der Fahrzeugindustrie das Bestreben, den Kraftstoffverbrauch von Kraftfahrzeugen zu reduzieren und den CO
2-Ausstoß zu senken, dabei aber gleichzeitig die Insassensicherheit zu erhöhen. Es besteht daher ein stark zunehmender Bedarf an Karosseriebauteilen mit einem günstigen Verhältnis von Festigkeit zu Gewicht. Zu diesen Bauteilen gehören insbesondere A-und B-Säulen, Seitenaufprallschutzträger in Türen, Schweller, Rahmenteile, Stoßstangenfänger, Querträger für Boden und Dach, vordere und hintere Längsträger. Bei modernen Kraftfahrzeugen besteht die Rohkarosse mit einem Sicherheitskäfig üblicherweise aus einem gehärteten Stahlblech mit ca. 1.500MPa Festigkeit. Dabei werden vielfach Al-Si-beschichtete Stahlbleche verwendet. Zur Herstellung eines Bauteils aus gehärtetem Stahlblech wurde der Prozess des so genannten Presshärtens entwickelt. Dabei werden Stahlbleche zuerst auf Austenittemperatur erwärmt, dann in ein Pressenwerkzeug gelegt, schnell geformt und durch das wassergekühlte Werkzeug zügig auf weniger als Martensitstarttemperatur abgeschreckt. Dabei entsteht hartes, festes Martensitgefüge mit ca. 1.500MPa Festigkeit. Ein solcherart gehärtetes Stahlblech weist aber nur eine geringe Bruchdehnung auf. Die kinetische Energie eines Aufpralls kann deshalb nicht ausreichend in Verformungswärme umgesetzt werden.
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Für die Automobilindustrie ist es daher wünschenswert, Karosseriebauteile herstellen zu können, die mehrere unterschiedliche Dehnungs- und Festigkeitszonen im Bauteil aufweisen, so dass eher feste Bereiche (im Folgenden erste Bereiche) einerseits und eher dehnfähige Bereiche (im Folgenden zweite Bereiche) andererseits in einem Bauteil vorliegen. Einerseits sind Bauteile mit hoher Festigkeit grundsätzlich wünschenswert, um mechanisch hoch belastbare Bauteile mit geringem Gewicht zu erhalten. Auf der anderen Seite sollen auch hochfeste Bauteile partiell weiche Bereiche haben können. Dieses bringt die gewünschte, partiell erhöhte Deformierbarkeit im Crashfall. Nur damit kann die kinetische Energie eines Aufpralls abgebaut werden und so die Beschleunigungskräfte auf Insassen und das übrige Fahrzeug minimiert werden. Zudem erfordern moderne Fügeverfahren entfestigte Stellen, die das Fügen artgleicher oder unterschiedlicher Materialien ermöglichen. Oft müssen beispielsweise Falz-Crimp- oder Nietverbindungen zum Einsatz kommen, die verformbare Bereiche im Bauteil voraussetzen.
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Dabei sollten die allgemeinen Ansprüche an eine Produktionsanlage weiterhin beachtet sein: so sollte es zu keiner Taktzeiteinbuße an der Presshärteanlage kommen, die Gesamtanlage sollte uneingeschränkt allgemein verwendet und schnell produktspezifisch umgerüstet werden können. Der Prozess sollte robust und wirtschaftlich sein und die Produktionsanlage nur minimalen Platz benötigen. Die Form und Kantengenauigkeit des Bauteils sollte hoch sein.
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Bei allen bekannten Verfahren erfolgt die gezielte Wärmebehandlung des Bauteils in einem zeitintensiven Behandlungsschritt, der wesentlichen Einfluss auf die Taktzeit der gesamten Wärmebehandlungsvorrichtung hat.
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Aufgabe der Erfindung ist es, eine Vorrichtung zur gezielten bauteilzonenindividuellen Wärmebehandlung eines Stahlbauteils anzugeben, wobei Bereiche unterschiedlicher Härte und Duktilität erzielbar sind. Insbesondere soll der Einfluss auf die Taktzeit der gesamten Wärmebehandlungsvorrichtung minimiert werden.
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Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe durch eine Wärmebehandlungsvorrichtung mit den Merkmalen des unabhängigen Anspruches 1 gelöst. Vorteilhafte Weiterbildungen ergeben sich aus den abhängigen Ansprüchen.
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Die Wärmebehandlungsvorrichtung umfasst eine Steuerungseinheit, die zur Durchführung eines Verfahrens eingerichtet ist. Die Steuerungseinheit ist vorzugsweise ein Computer. Soweit im Folgenden Verfahrensaspekte beschrieben werden, bezieht sich dies jeweils auf eine entsprechende Ausgestaltung der Steuerungseinheit.
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Das Stahlbauteil wird zunächst bis oberhalb Austenitisierungstemperatur AC3 erwärmt. So kann sich das Gefüge vollständig in Austenit umwandeln. Bei einem nachfolgenden Härteprozess, beispielsweise dem Presshärteprozess wird dann derart schnell abgeschreckt, dass sich vorrangig martensitisches Gefüge ausbildet und Festigkeiten von rund 1.500MPa erreicht werden. Das Abschrecken erfolgt dabei vorteilhafterweise aus dem vollständig austenitisierten Gefüge. Dazu muss spätestens nach Unterschreiten der Gefügeumwandlungsstarttemperatur ϑ1 bei der Gefügeumwandlungen starten können, mit mindestens der unteren kritischen Abkühlgeschwindigkeit abgekühlt werden. Beispielsweise sollten bei dem üblicherweise zum Presshärten verwendeten Werkstoff 22MnB5 rund 660°C als Grenze ϑ1 angesehen werden. Ein zumindest teilweise martensitisches Gefüge kann zwar auch noch entstehen, wenn die Abschreckung bei tieferer Temperatur startet, es ist aber dann eine reduzierte Festigkeit des Bauteils in diesem Bereich zu erwarten.
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Dieser Temperaturverlauf ist beim Presshärteverfahren insbesondere für vollständig gehärtete Bauteile üblich.
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Ein zweiter Bereich oder mehrere zweite Bereiche werden zunächst ebenfalls bis oberhalb der Austenitisierungstemperatur AC3 erwärmt, damit sich das Gefüge vollständig in Austenit umwandeln kann. Anschließend wird innerhalb einer Behandlungszeit tB bis zu einer Abkühlstopptemperatur ϑ2 abgekühlt. Die Martensit-Starttemperatur liegt beispielsweise für 22MnB5 bei ca. 410 °C. Ein leichtes Einschwingen in Temperaturbereiche unterhalb der Martensit-Starttemperatur ist ebenfalls möglich. Anschließend kann sich ein von Austenit verschiedenes Gefüge bilden. Es hat sich herausgestellt, dass die beschriebene Wärmebehandlungsvorrichtung nicht nur dazu genutzt werden kann, ein mehrheitlich bainitisches Gefüge in dem einen oder den mehreren zweiten Bereichen zu erhalten. Vielmehr kann ein beliebiges Gefüge in dem einen oder den mehreren zweiten Bereichen eingestellt werden. Das in dem einen oder den mehreren zweiten Bereichen erhaltene Gefüge kann insbesondere Bainit, Ferrit und/oder Perlit in beliebiger Verteilung enthalten. Bevorzugt ist beispielsweise ein mehrheitlich ferritisch-perlitisches Gefüge. Die hierin beschriebene Lehre ist allerdings nicht auf diese Beispiele eingeschränkt.
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Die Gefügeumwandlung in dem einen oder den mehreren zweiten Bereichen erfolgt nicht schlagartig, sondern bedarf einer Behandlungszeit. Die Umwandlung erfolgt exotherm. Lässt man diese Umwandlung in beheizter Umgebung mit ähnlicher Temperatur wie bei der am Abkühlende vorhandenen Bauteiltemperatur, der Abkühlstopptemperatur ϑ2, stattfinden, kann man die durch die Rekaleszenz verursachte Temperaturerhöhung im Bauteil deutlich erkennen. Durch Einstellung der Abkühlgeschwindigkeit und/oder der Temperatur, auf die abgekühlt wird, sowie der Verweilzeit bis zum Abpressen des Bauteils, lassen sich grundsätzlich die gewünschten Festigkeits- und Dehnungswerte einstellen, die zwischen der maximal erreichbaren Festigkeit des Gefüges im ersten Bereich und den Werten des unbehandelten Bauteils liegen. Untersuchungen haben gezeigt, dass ein Unterdrücken des Temperaturanstieges infolge der Rekaleszenz durch ein weiteres, erzwungenes Abkühlen eher nachteilig für die erreichbaren Dehnungswerte ist. Ein isothermes Halten auf der Abkühltemperatur scheint deshalb nicht vorteilhaft zu sein. Ein erneutes Erwärmen ist dagegen vorteilhaft.
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Der zweite Bereich oder die zweiten Bereiche können in dieser Phase zusätzlich aktiv beheizt werden. Dies kann beispielsweise durch Wärmestrahlung erfolgen.
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In einer Ausführungsform wird die Abkühlstopptemperatur ϑ2 oberhalb der Martensit-Starttemperatur Ms gewählt.
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In einer alternativen Ausführungsform wird die Abkühlstopptemperatur ϑ2 unterhalb der Martensit-Starttemperatur Ms gewählt.
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Die Wärmebehandlung der ersten und zweiten Bereiche ist prinzipiell unterschiedlich, wobei in erster Linie die Behandlung des zweiten Bereichs oder der zweiten Bereiche eine Abhängigkeit zur Behandlungsdauer hat. Erfindungsgemäß werden zweite Bereiche in einem ersten Ofen zur Erreichung der Austenitisierungstemperatur nachgeordneten Behandlungsstation innerhalb einer Behandlungszeit tB von wenigen Sekunden partiell bis zur Abkühlstopptemperatur ϑ2 abgekühlt. In dieser Behandlungsstation wird der erste Bereich beziehungsweise werden die ersten Bereiche nicht besonders behandelt.
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Optional kann die Behandlungsstation zu diesem Zweck auch beheizt sein. Dazu kann beispielsweise die Wärmeeinbringung über Konvektion oder Wärmestrahlung verwendet werden.
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Die Steuerungseinheit ist vorzugsweise so eingerichtet, dass die Bauteile nach wenigen Sekunden in der Behandlungsstation, die zudem über eine Positioniervorrichtung verfügen kann, um die genaue Positionierung der unterschiedlichen Bereiche zu gewährleisten, in einen zweiten Ofen befördert werden, der vorzugsweise keine speziellen Vorrichtungen zur unterschiedlichen Behandlung der verschiedenen Bereiche besitzt. Es wird lediglich eine Ofentemperatur ϑ4, d.h. eine im Wesentlichen homogene Temperatur ϑ4 im gesamten Ofenraum, eingestellt, die in der Regel zwischen der Austenitisierungstemperatur AC3 und der minimalen Abschrecktemperatur liegt. Eine vorteilhafte Größe liegt beispielsweise zwischen 660°C und 850°C. So nähern sich die verschiedenen Bereiche der Temperatur ϑ4 des zweiten Ofens an. Sofern die Temperaturverluste in den ersten Bereichen während des Aufenthaltes in der Behandlungsstation für die zweiten Bereiche so niedrig sind, dass die Temperatur nicht niedriger als die Temperatur ϑ4 des zweiten Ofens fällt, nähert sich das Temperaturprofil der ersten Bereiche Art der Temperatur ϑ4 des zweiten Ofens von oben her an. In einer vorteilhaften Ausführungsform ist die minimale Abkühltemperatur, d.h. die Abkühlstopptemperatur ϑ2 in den Bereichen zweiter Art tiefer als die gewählte Temperatur ϑ4 des zweiten Ofens. Insofern nähert sich das Temperaturprofil der zweiten Bereiche der Temperatur ϑ4 des zweiten Ofens von unten her an. Durch diese Verfahrensführung nähern sich die Temperaturen der unterschiedlich behandelten Bereiche gegenseitig an
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Der erste oder die ersten Bereiche geben im zweiten Ofen Wärme ab, wenn sie mit höherer Temperatur als die Innentemperatur ϑ4 des zweiten Ofens in den zweiten Ofen gelangen. Der zweite oder die zweiten Bereiche nehmen im zweiten Ofen Wärme auf. Dies erfordert in der Summe nur einen relativ geringen Bedarf an Heizleistung im zweiten Ofen. Gegebenenfalls kann während des Produktionsprozesses gänzlich auf eine weitere Beheizung verzichtet werden. So ist dieser Behandlungsschritt besonders energieeffizient
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Als erster Ofen kann beispielsweise ein Durchlaufofen oder ein Batchofen, wie beispielsweise ein Kammerofen, vorgesehen sein. Durchlauföfen weisen in der Regel eine große Kapazität auf und sind für die Massenproduktion besonders gut geeignet, da sie sich ohne großen Aufwand beschicken und betreiben lassen.
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Erfindungsgemäß weist die die Behandlungsstation eine Vorrichtung zum schnelten Abkühlen eines oder mehrerer zweiter Bereiche des Stahlbauteils auf. In einer bevorzugten Ausführungsform weist die Vorrichtung eine Düse zum Anblasen des oder der zweiten Bereiche des Stahlbauteils mit einem gasförmigen Fluid, beispielsweise Luft oder ein Schutzgas, wie beispielsweise Stickstoff auf.
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Vorzugsweise erfolgt das Anblasen des zweiten oder der zweiten Bereiche durch Anblasen mit einem gasförmigen Fluid, wobei dem gasförmigen Fluid Wasser, beispielsweise in vernebelter Form, beigefügt ist. Dazu weist die Vorrichtung in einer vorteilhaften Ausführungsform eine oder mehrere Vernebelungsdüsen auf. Durch das Anblasen mit dem mit Wasser versetzten gasförmigen Fluid wird die Wärmeabfuhr aus dem oder aus den zweiten Bereichen erhöht. Mit der Verdampfung des Wassers auf dem Stahlbauteil wird eine große Wärmeabfuhr und ein hoher Energietransport erreicht.
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Auch als zweiter Ofen kann beispielsweise ein Durchlaufofen oder ein Batchofen, beispielsweise ein Kammerofen, vorgesehen sein.
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Der zweite beziehungsweise die zweiten Bereiche können über Wärmeleitung, beispielsweise durch das Inkontaktbringen mit einem Stempel oder mehreren Stempeln gekühlt werden, der beziehungsweise die eine deutlich niedrigere Temperatur als das Stahlbauteil aufweist oder aufweisen. Dazu kann der Stempel aus einem gut wärmeleitenden Werkstoff hergestellt sein und / oder direkt oder indirekt gekühlt sein. Auch eine Kombination der Kühlungsarten ist denkbar.
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Es hat sich als vorteilhaft erwiesen, wenn in der Behandlungsstation Maßnahmen für die Verringerung der Temperaturverluste des ersten beziehungsweise der ersten Bereiche getroffen sind. Solche Maßnahmen können beispielsweise das Anbringen eines Wärmestrahlungsreflektors und/oder das Isolieren von Oberflächen der Behandlungsstation im Bereich des ersten beziehungsweise der ersten Bereiche sein.
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Mit der erfindungsgemäßen Wärmebehandlungsvorrichtung kann Stahlbauteilen mit jeweils einem oder mehreren ersten und/oder zweiten Bereichen, die auch komplex geformt sein können, wirtschaftlich ein entsprechendes Temperaturprofil aufgeprägt werden, da die unterschiedlichen Bereiche konturscharf sehr schnell auf die notwendigen Prozesstemperaturen gebracht werden können. Zwischen den beiden Bereichen sind klar konturierte Abgrenzungen der einzelnen Bereiche realisierbar und durch den geringen Temperaturunterschied wird der Verzug der Bauteile minimiert. Geringe Spreizungen im Temperaturniveau des Bauteils wirken sich vorteilhaft bei der weiteren Verarbeitung in der Presse aus. Die notwendigen Verweilzeiten für den zweiten Bereich beziehungsweise die zweiten Bereiche können beispielsweise in einem Durchlaufofen in Abhängigkeit von der Bauteillänge über die Einstellung der Fördergeschwindigkeit und der Auslegung der Ofenlänge realisiert werden. Eine Beeinflussung der Taktzeit der Wärmebehandlungsvorrichtung wird so minimiert, sie kann sogar gänzlich vermieden werden.
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Erfindungsgemäß ist es mit der Wärmebehandlungsvorrichtung möglich, nahezu beliebig viele zweite Bereiche einzustellen, die innerhalb eines Stahlbauteils zudem jeweils untereinander noch unterschiedliche Festigkeits- und Dehnungswerte aufweisen können. Auch ist die gewählte Geometrie der Teilbereiche frei wählbar. Punkt- oder linienförmige Bereiche sind ebenso wie z.B. großflächige Bereiche darstellbar. Auch die Lage der Bereiche ist unerheblich. Die zweiten Bereiche können vollständig von ersten Bereichen umschlossen sein oder sich am Rand des Stahlbauteils befinden. Selbst eine vollflächige Behandlung ist denkbar. Eine besondere Orientierung des Stahlbauteils zur Durchlaufrichtung ist nicht erforderlich. Eine Begrenzung der Anzahl der gleichzeitig behandelten Stahlbauteile ist allenfalls durch das Presshärtewerkzeug oder die Fördertechnik der gesamten Wärmebehandlungsvorrichtung gegeben. Die Anwendung auf bereits vorgeformte Stahlbauteile ist ebenfalls möglich. Durch die dreidimensional ausgeformten Oberflächen bereits vorgeformter Stahlbauteile ergibt sich lediglich ein höherer konstruktiver Aufwand zur Darstellung der Gegenflächen.
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Weiterhin ist es vorteilhaft, dass auch bereits vorhandene Wärmebehandlungsanlangen erfindungsgemäß adaptiert werden können. Hierzu muss bei einer konventionellen Wärmebehandlungsvorrichtung mit nur einem Ofen hinter diesem nur die Behandlungsstation und der zweite Ofen installiert werden. Je nach Ausgestaltung des vorhandenen Ofens ist es auch möglich, diesen zu teilen, so dass aus dem ursprünglichen einen Ofen der erste und der zweite Ofen entstehen.
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Weitere Vorteile, Besonderheiten und zweckmäßige Weiterbildungen der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen und der nachfolgenden Darstellung bevorzugter Ausführungsbeispiele anhand der Abbildungen.
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Von den Abbildungen zeigt:
- 1 eine typische Temperaturkurve bei der Wärmebehandlung eines Stahlbauteils mit einem ersten und einem zweiten Bereich
- 2 eine erfindungsgemäße thermische Wärmebehandlungsvorrichtung in einer Draufsicht als Schemazeichnung
- 3 eine weitere erfindungsgemäße thermische Wärmebehandlungsvorrichtung in einer Draufsicht als Schemazeichnung
- 4 eine weitere erfindungsgemäße thermische Wärmebehandlungsvorrichtung in einer Draufsicht als Schemazeichnung
- 5 eine weitere erfindungsgemäße thermische Wärmebehandlungsvorrichtung in einer Draufsicht als Schemazeichnung
- 6 eine weitere erfindungsgemäße thermische Wärmebehandlungsvorrichtung in einer Draufsicht als Schemazeichnung.
- 7 eine weitere erfindungsgemäße thermische Wärmebehandlungsvorrichtung in einer Draufsicht als Schemazeichnung
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In der 1 ist eine typische Temperaturkurve bei der Wärmebehandlung eines Stahlbauteils 200 mit einem ersten Bereich 210 und einem zweiten Bereich 220, welche mit der Steuerungseinheit der erfindungsgemäßen Wärmebehandlungsvorrichtung eingestellt werden kann. Das Stahlbauteil 200 wird im ersten Ofen 110 gemäß des schematisch eingezeichneten Temperaturlaufs ϑ200,110 während der Verweilzeit im ersten Ofen t110 aufgeheizt auf eine Temperatur oberhalb der AC3-Temperatur. Anschließend wird das Stahlbauteil 200 mit einer Transferzeit t120 in die Behandlungsstation 150 transferiert. Dabei verliert das Stahlbauteil Wärme. In der Behandlungsstation wird ein zweiter Bereich 220 des Stahlbauteils 200 schnell abgekühlt, wobei der zweite Bereich 220 schnell gemäß des eingezeichneten Verlaufs ϑ220,150 an Wärme verliert. Das Abkühlen endet nach Ablauf der Behandlungszeit tB, die in Abhängigkeit der Dicke des Stahlbauteils 200, den gewünschten Materialeigenschaften und der Größe des zweiten Bereichs 220 nur einige wenige Sekunden beträgt. In erster Näherung ist dabei die Behandlungszeit tB gleich der Verweilzeit t150 in der Behandlungsstation 150. Der zweite Bereich 220 hat nun die Abkühlstopptemperaturϑ2 oberhalb der Martensitstarttemperatur Ms erreicht. Zeitgleich ist auch die Temperatur des ersten Bereichs 210 in der Behandlungsstation 150 gemäß des eingezeichneten Temperaturverlaufs ϑ210,150 gefallen, wobei der erste Bereich 210 sich nicht im Bereich der Abkühleirichtung befindet. Nach Ablauf der Behandlungszeit tB wird das Stahlbauteil 200 während der Transferzeit t121 in den zweiten Ofen 130 transferiert, wobei es weiter an Wärme verliert, sofern seine Temperatur großer als die Innentemperatur ϑ4 des zweiten Ofens 130 ist. Im zweiten Ofen 130 verändert sich die Temperatur des ersten Bereichs 210 des Stahlbauteils 200 gemäß dem schematisch eingezeichneten Temperaturverlauf ϑ210,130 während der Verweilzeit t130, d.h. die Temperatur des ersten Bereichs 210 des Stahlbauteils 200 nimmt langsam weiter ab. Dabei kann die Temperatur des ersten Bereichs 210 des Stahlbauteils 200 unter die AC3-Temperaturfallen, was aber nicht zwingend erfolgen muss. Dahingegen steigt die Temperatur des zweiten Bereichs 220 des Stahlbauteils 200 gemäß dem eingezeichneten Temperaturverlauf ϑ220,130 während der Verweilzeit t130 wieder an, ohne die AC3-Temperatur zu erreichen. Der zweite Ofen 130 verfügt über keine speziellen Vorrichtungen zur unterschiedlichen Behandlung der verschiedenen Bereiche 210, 220. Es wird lediglich eine Ofentemperatur ϑ4, d.h. eine im Wesentlichen homogene Temperatur im gesamten Innenraum des zweiten Ofens 130, eingestellt, die zwischen der Austenitisierungstemperatur AC3 und der Abkühlstopptemperatur ϑ2, beispielsweise zwischen 660°C und 850°C liegt. So nähern sich die verschiedenen Bereiche 210, 220 der Innentemperatur ϑ4 des zweiten Ofens 130 an. Sofern die Temperaturverluste in dem ersten Bereich 210 während der Verweilzeit t150 in der Behandlungsstation 150 für den zweiten Bereich 220 so niedrig sind, dass die Temperatur nicht niedriger als die Temperatur ϑ4 des zweiten Ofens 130 fällt, nähert sich das Temperaturprofil ϑ210,130 des ersten Bereichs der Temperatur ϑ4 des zweiten Ofens 130 von oben her an. Die Abkühlstopptemperaturϑ2 ist in dieser Ausführungsform niedriger als die gewählte Temperatur ϑ4 des zweiten Ofens 130. Das Temperaturprofil ϑ220,130 des zweiten Bereichs nähert sich der Temperatur ϑ4 des zweiten Ofens 130 von unten her an. Die Temperatur des Bereichs 210 fällt nicht unter die Gefügeumwandlungsstarttemperatur ϑ1. Durch den geringen Temperaturunterschied zwischen den beiden Bereichen 210, 220 sind klar konturierte Abgrenzungen der einzelnen Bereiche 210, 220 realisierbar und der Verzug des Stahlbauteils 200 wird minimiert. Geringe Spreizungen im Temperaturniveau des Stahlbauteils 200 wirken sich vorteilhaft bei der weiteren Verarbeitung in dem Presshärtewerkzeug 160 aus. Die notwendige Verweilzeit t130 für den zweiten Bereich 220 kann in Abhängigkeit von der Länge des Stahlbauteils über die Einstellung der Fördergeschwindigkeit und der Auslegung der Länge des zweiten Ofens 130 realisiert werden. Eine Beeinflussung der Taktzeit der Wärmebehandlungsvorrichtung 100 wird so minimiert, sie kann sogar gänzlich vermieden werden. Der erste Bereich 210 des Stahlbauteils 200 gibt im zweiten Ofen 130 Wärme ab. Der zweite Bereich 220 des Stahlbauteils 200 nimmt im zweiten Ofen 130 Wärme auf, wobei die Wärmeaufnahme durch die bei der Rekaleszenz des Gefüges im zweiten Bereich 220 des Stahlbauteils 200 freiwerdende Wärme eingeschränkt ist. Dies erfordert in der Summe nur einen relativ geringen Bedarf an Heizleistung im zweiten Ofen 130. Gegebenenfalls kann gänzlich auf eine zusätzliche Beheizung des zweiten Ofens 130 verzichtet werden. So ist dieser Behandlungsschritt besonders energieeffizient.
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Nach Beendigung der Verweilzeit t130 des Stahlbauteils 200 im zweiten Ofen 130 wird es während der Transferzeit t131 in ein Presshärtewerkzeug 160 transferiert, wo es während der Verweilzeit t160 umgeformt und gehärtet wird.
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2 zeigt eine erfindungsgemäße Wärmebehandlungsvorrichtung 100 in 90°-Anordnung. Die Wärmebehandlungsvorrichtung 100 weist eine Beladungsstation 101 auf, über die Stahlbauteile dem ersten Ofen 110 zugeführt werden. Weiterhin weist die Wärmebehandlungsvorrichtung 100 die Behandlungsstation 150 und in Hauptdurchflussrichtung D dahinter angeordnet den zweiten Ofen 130 auf. Weiter in Hauptdurchflussrichtung D dahinter angeordnet befindet sich eine Entnahmestation 131, die mit einer Positioniervorrichtung (nicht gezeigt) ausgerüstet ist. Die Hauptdurchflussrichtung knickt nun um im Wesentlichen 90° ab, um ein Presshärtewerkzeug 160 in einer Presse (nicht gezeigt) folgen zu lassen, in dem das Stahlbauteil 200 pressgehärtet wird. In Achsrichtung des ersten Ofens 110 und des zweiten Ofens 130 ist ein Behälter 161 angeordnet, in den Ausschussteile verbracht werden können. Der erste Ofen 110 und der zweite Ofen 130 sind bei dieser Anordnung bevorzugt als Durchlauföfen, beispielsweise Rollenherdöfen, ausgeführt.
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3 zeigt eine erfindungsgemäße Wärmebehandlungsvorrichtung 100 in gerader Anordnung. Die Wärmebehandlungsvorrichtung 100 weist eine Beladungsstation 101 auf, über die Stahlbauteile dem ersten Ofen 110 zugeführt werden. Weiterhin weist die Wärmebehandlungsvorrichtung 100 die Behandlungsstation 150 und in Hauptdurchflussrichtung D dahinter angeordnet den zweiten Ofen 130 auf. Weiter in Hauptdurchflussrichtung D dahinter angeordnet befindet sich eine Entnahmestation 131, die mit einer Positioniervorrichtung (nicht gezeigt) ausgerüstet ist. Weiter folgt in nun weiter gerader Hauptdurchflussrichtung ein Presshärtewerkzeug 160 in einer Presse (nicht gezeigt), in dem das Stahlbauteil 200 pressgehärtet wird. Im wesentlich in 90° zu der Entnahmestation 131 ist ein Behälter 161 angeordnet, in den Ausschussteile verbracht werden können. Der erste Ofen 110 und der zweite Ofen 130 sind bei dieser Anordnung ebenfalls bevorzugt als Durchlauföfen, beispielsweise Rollenherdöfen, ausgeführt.
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4 zeigt eine weitere Variante einer erfindungsgemäßen Wärmebehandlungsvorrichtung 100. Die Wärmebehandlungsvorrichtung 100 weist wieder eine Beladungsstation 101 auf, über die Stahlbauteile dem ersten Ofen 110 zugeführt werden. Der erste Ofen 110 ist bei dieser Ausführung wieder vorzugsweise als Durchlaufofen ausgebildet. Weiterhin weist die Wärmebehandlungsvorrichtung 100 die Behandlungsstation 150 auf, die in dieser Ausführungsform mit einer Entnahmestation 131 kombiniert ist. Die Entnahmevorrichtung 131 kann beispielsweise über eine Greifvorrichtung (nicht gezeigt) verfügen. Die Entnahmestation 131 entnimmt beispielsweise mittels der Greifvorrichtung die Stahlbauteile 200 aus dem ersten Ofen 110. Die Wärmebehandlung mit dem Abkühlen des zweiten beziehungsweise der zweiten Bereiche 220 wird durchgeführt und das Stahlbauteile beziehungsweise die Stahlbauteile 200 werden in einen im Wesentlichen um 90° zur Achse des ersten Ofens 110 angeordneten zweiten Ofen 130 einlegt. Dieser zweite Ofen 130 ist in dieser Ausführungsform vorzugsweise als Kammerofen, beispielsweise mit mehreren Kammern, vorgesehen. Nach Ablauf der Verweilzeit t130 der Stahlbauteile 200 im zweiten Ofen 130 werden die Stahlbauteile 200 über die Entnahmestation 131 aus dem zweiten Ofen 130 entnommen und in ein gegenüberliegendes, in eine Presse (nicht gezeigt) eingebautes Presshärtewerkzeug 160 eingelegt. Dazu kann die Entnahmestation 131 über eine Positioniereinrichtung (nicht gezeigt) verfügen. In Achsrichtung des ersten Ofens 110 ist hinter der Entnahmestation 131 ein Behälter 161 angeordnet, in den Ausschussteile verbracht werden können. Die Hauptdurchflussrichtung D beschreibt bei dieser Ausführungsform eine Umlenkung von im Wesentlichen 90°. In dieser Ausführungsform ist kein zweites Positioniersystem für die Behandlungsstation 150 erforderlich. Darüber hinaus ist diese Ausführungsform vorteilhaft, wenn in Achsrichtung des ersten Ofens 110 nicht ausreichend Platz beispielsweise in einer Produktionshalle zur Verfügung steht. Die Abkühlung der zweiten Bereiche 220 des Stahlbauteils 200 kann bei dieser Ausführungsform auch zwischen Entnahmestation 131 und zweiten Ofen 130 erfolgen, so dass es keiner ortsfesten Behandlungsstation 150 bedarf. Beispielsweise kann eine Abkühlvorrichtung, beispielsweise eine Blasdüse, in die Greifvorrichtung integriert sein. Die Entnahmevorrichtung 131 sorgt für den Transfer des Stahlbauteils 200 von dem ersten Ofen 110 in den zweiten Ofen 130 und in das Presshärtewerkzeug 160 beziehungsweise in den Behälter 161.
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Auch bei dieser Ausführungsform kann die Position von Presshärtewerkzeug 160 und Behälter 161 vertauscht werden, wie in 5 zu sehen. Die Hauptdurchflussrichtung D beschreibt bei dieser Ausführungsform zwei Umlenkungen von im Wesentlichen 90°.
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Ist der Platz für die Aufstellung der Wärmebehandlungsvorrichtung beschränkt, bietet sich eine Wärmebehandlungsvorrichtung gemäß 6 an: Im Vergleich zu der in 4 gezeigten Ausführungsform ist der zweite Ofen 130 in eine zweite Ebene oberhalb des ersten Ofens 110 versetzt. Auch bei dieser Ausführungsform kann die Abkühlung der zweiten Bereiche 220 des Stahlbauteils 200 ebenfalls zwischen Entnahmestation 131 und zweiten Ofen 130 erfolgen, so dass es keiner ortsfesten Behandlungsstation 150 bedarf. Erneut ist es vorteilhaft, den ersten Ofen 110 als Durchlaufofen und den zweiten Ofen 120 als Kammerofen, eventuell mit mehreren Kammern auszuführen.
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In 7 schließlich ist eine letzte Ausführungsform der erfindungsgemäßen Wärmebehandlungsvorrichtung schematisch gezeigt. Im Vergleich zu der in 6 gezeigten Ausführungsform sind die Positionen von Presshärtewerkzeug 160 und Behälter 161 vertauscht.
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Die hier gezeigten Ausführungsformen stellen nur Beispiele für die vorliegende Erfindung dar und dürfen daher nicht einschränkend verstanden werden. Alternative durch den Fachmann in Erwägung gezogene Ausführungsformen sind gleichermaßen vom Schutzbereich der vorliegenden Erfindung umfasst.
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Bezugszeichenliste
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- 100
- Wärmebehandlungsvorrichtung
- 110
- erster Ofen
- 130
- zweiter Ofen
- 131
- Entnahmestation
- 150
- Behandlungsstation
- 160
- Presshärtewerkzeug
- 161
- Behälter
- 200
- Stahlbauteil
- 210
- erster Bereich
- 220
- zweiter Bereich
- D
- Hauptdurchflussrichtung
- Ms
- Martensit-Starttemperatur
- tB
- Behandlungszeit
- t110
- Verweilzeit im ersten Ofen
- t120
- Transferzeit Stahlbauteil in Behandlungsstation
- t121
- Transferzeit Stahlbauteil in zweiten Ofen
- t130
- Verweilzeit im zweiten Ofen
- t131
- Transferzeit Stahlbauteil in Presshärtewerkzeug
- t150
- Verweilzeit in Behandlungsstation
- t160
- Verweilzeit im Presshärtewerkzeug
- ϑ1
- Gefügeumwandlungsstarttemperatur
- ϑ2
- Abkühlstopptemperatur
- ϑ3
- Innentemperatur erster Ofen
- ϑ4
- Innentemperatur zweiter Ofen
- ϑ200,110
- Temperaturverlauf des Stahlbauteils im ersten Ofen
- ϑ210,150
- Temperaturverlauf des ersten Bereichs des Stahlbauteils in der Behandlungsstation
- ϑ220,150
- Temperaturverlauf des zweiten Bereichs des Stahlbauteils in der Behandlungsstation
- ϑ210,130
- Temperaturverlauf des ersten Bereichs des Stahlbauteils im zweiten Ofen
- ϑ220,130
- Temperaturverlauf des zweiten Bereichs des Stahlbauteils im zweiten Ofen
- ϑ200,160
- Temperaturverlauf des Stahlbauteils in dem Presshärtewerkzeug
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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