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Einleitung
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Der Bausektor ist weltweit für etwa 40% der CO2 Emissionen verantwortlich. Dabei ist die Zementindustrie allein für 8% der globalen Treibhausgase verantwortlich. Außerdem bestehen schon heute Versorgungsengpässe für Rohstoffe wie Kies und Sand als elementare Bestandteile von Beton sowie Holz, Kunststoffe und Metalle für weitere Erzeugnisse im Bausektor.
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Bezahlbare, nachhaltige, energieeffiziente, CO2- sowie klimaneutrale und geopolitisch unabhängige Baustoffe sind die maßgeblichen Herausforderungen unserer Zeit, für Produkte in der Baubranche. Die meisten Baustoffe heutzutage werden immer noch mit einem hohen Energieaufwand für die Herstellung produziert. Dem soll nachfolgend beschriebene Erfindung entgegenwirken.
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Zur Reduzierung des Energieverbrauch und der CO2 Emissionen ist die Dämmung von Gebäuden ein wesentlicher Bestandteil geworden, dies wird heutzutage unter anderem mit Steinwolle, Glaswolle oder Schäumen auf erdölbasierenden Schäumen und bekannten natürlichen Dämmmaterialien wie Holz-, Flachs- oder Hanffasern erreicht.
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Technisches Gebiet
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Die Erfindung betrifft ein Baumaterial, welches wärmeisolierende Eigenschaften aufweist und auch konstruktive und statische Aufgaben übernimmt. Im Folgenden werden drei mögliche Ausführungen beschrieben.
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Stand der Technik
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Holzfaserplatten und Holzwolle-Leichtbauplatten aus Kiefern- und Fichtenholz sind gut wärme- und schalldämmend, wasserdampfdurchlässig und normal entflammbar (Brandklasse B2), Holzwolle-Leichtbauplatten besitzen jedoch, durch die Bindung mit Magnesit, Zement oder Gips einen etwas geringeren Dämmwert.
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Unter
DE 10006041B4 werden Holzwolle Leichtbauplatten beschrieben.
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Unter
EP 2154117A1 werden Baustoffe aus pflanzlichen Materialien beschrieben
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Nachteile der genannten Erfindungen sind zum einen der hohe technologische Aufwand für Zerkleinerung, Nassvermahlung, Pressung und Trocknung bei den Holzfaserplatten sowie der geringe Dämmwert bei den Holzwolle Leichtbauplatten. Nachteilig wirkt sich auch der relativ hohe Primärenergieverbrauch für Bereitstellung der Rohstoffe und Herstellung der Dämmplatten von bis zu 1000 kWh pro Kubikmeter Dämmstoff und der notwendige Wassereinsatz von ca. 500 Liter pro Kubikmeter Dämmstoff aus (Daten ÖKOBAUDAT 2020). Das Verfahren zur Herstellung der Holzfaserdämmplatten beinhaltet folgende Prozessschritte: Verarbeitung des Rohholzes zu Hackschnitzeln Erhitzen der Hackschnitzel unter Dampfdruck Zerfaserung der Hackschnitzel im Refiner Vermischung der Fasern mit Wasser zu einem Faserbrei ggf. Zugabe der notwendigen Zusatzstoffe, Formung der Dämmstoffplatte durch Pressen Längszuschnitt der Dämmstoffplatte Trocknen der Platten (160°C-200°C) Ebenso könne beide Dämmstoffe keine statischen oder lastabtragende Aufgaben übernehmen. Bei
EP 2154117A1 kommt Zement als Bindemittel zum Einsatz, welcher pro Tonne ca. 830 kg CO2 bei der Erzeugung emittiert (Daten CEMEX 2021).
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Aufgabe der Erfindung
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Die Aufgabe der Erfindung besteht darin, ein Wärmedämm- und Konstruktionsmaterial möglichst vorzugsweise weitgehend aus nachwachsenden, natürlichen Rohstoffen und einem zementfreien, mineralischen Bindemittel so auszubilden, dass sie eine gute Wärmedämmung zeigt, als auch statische und lastabtragende Eigenschaften aufweist, sowie für die Innen- und Außendämmung oder als monolithisches Bauteil geeignet ist und feuchtigkeitsregulierende Eigenschaften hat. Eine weitere Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, Baustoffe bereit zu stellen die die obengenannten Nachteile nicht oder in sehr geringerem Umfang aufweisen, insbesondere in Bezug auf deren Festigkeit, Dämmwert und Energieverbrauch und CO2 Emissionen in der Herstellung.
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Allgemeine Beschreibung der Erfindung
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Das erfindungsgemäße Produkt lässt sich auch aus vielen Neben- oder Koppelprodukten der Säge- und Mühlenindustrie sowohl auch aus forst- und landwirtschaftlichen Erzeugnissen herstellen.
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Für die Zuschläge eignen sich vorteilhaft Hölzer, Pflanzen oder Teile von Pflanzen, wie auch Sägemehl, Späne, Fasern, Schalen, Kerne, Pülpe und Fasern von Gärresten aus Mais. Als vorteilhaft für die Anwendung bei lastabtragenden Bauteilen, bei denen es auf die mechanische Festigkeit des Baustoffs ankommt werden nachwachsende Rohstoffe mit härteren Fasern bevorzugt. Dies wären beispielsweise Miscanthus, Hanfschäben, Hanffasern, Nadelholz, Laubholz, Stroh, Bambus und ins besonders Fasern von Bäumen der Pflanzenfamilie Blauglockenbaumgewächse (Paulowniaceae) und deren Arten.
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Bei den vorzugsweise einzusetzenden und als letztes genannten Fasern und Pflanzenteilen von Bäumen der Pflanzenfamilie Blauglockenbaumgewächse (Paulowniaceae), ist besonders ihre hohe Wasserbeständigkeit hervorzuheben. Sind die Fasern erst einmal getrocknet (10%-12%) nehmen sie kaum wieder Feuchtigkeit auf. Bekannte Quellungs- und Schrumpfungsprozesse bleiben hierbei weitestgehend aus. Weiter hervorzuheben ist der Flammpunkt der genannten Fasern, dieser liegt mit 420 °C etwa um die Hälfte höher als bei gewöhnlichen Waldhölzern (270°C). Dies macht das erfindungsgemäße Produkt für Anwendungsbereiche interessant, in denen erhöhter Feuerschutz erforderlich ist. Ebenso besonders hervorzuheben ist das geringe Gewicht des Stammholzes welches im Durchschnitt nur 310 kg/m3 beträgt. Eine Wärmeleitfähigkeit λ von 0,09 W/mK des Stammholzes machen dieses Holz und dessen Nebenprodukte für die erfindungsgemäße Anwendung, zu einem hervorragenden Einsatzstoff für die erfindungsgemäßen Produkte. Weiterhin hervorzuheben ist die schnellwüchsigkeit dieser Pflanzenfamilie, so bindet ein Baum in 12 Jahren ca. 1.500 kg CO2 und erreicht eine Heizleistung am Stamm von ca. 1,2 m3. Dies wiederum hat einen besonders positiven Effekt auf die CO2 Bilanz des erfindungsgemäßen Produktes, da das erfindungsgemäße Produkt dann einen effektiven CO2 Speicher darstellt.
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Das Bindemittel für das erfindungsgemäße Produkt liegt vorzugsweise in einem Anteil von 2 Gew.-% bis 80 Gew.-% vor, besonders bevorzugt in einem Anteil von 30 bis 80 Gew.-%, bezogen auf das Trockengewicht der Faserzuschläge vor. Das Bindemittel besteht aus drei Komponenten, einem mineralischen Zuschlag, einem mineralischen Härter und einem alkalischen Aktivator, welche mit Wasser vermischt werden.
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Der mineralische Zuschlag besteht vorzugsweise aus fossilem Phytoplankton, dessen Hauptbestandteil amorphes Siliciumdioxid ist. Besonders bevorzugt sollte natürliche kryptokristalline amorphe Kieselsäure mit einem Kieselsäureanteil von bevorzugt 20%-80% und besonders bevorzugt von 60%-80% zum Einsatz kommen. Bei dieser Kieselsäure handelt es sich nicht um Quarz, sondern um eine SiO2-Modifikation wie sie in Süddeutschland vorkommt. Weitere Bestandteile sind ein lamellarer Kaolinit Anteil von bevorzugt 20%-60% besonders bevorzugt von 20%-40%.
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Der Härter besteht vorzugsweise aus Xonotlit, Tobermorit und besonders bevorzugt aus aktiviertem Kaolin. Erfindungsgemäß und besonders bevorzugt sollte aktiviertes Kaolin, welches als Nebenprodukt bei der Schaumglas Herstellung anfällt verwendet werden. Dadurch wird keine zusätzliche Energie zum aktivieren des Kaolins wie beim Rohkaolin benötigt. Was wiederum die CO2 Bilanz des erfindungsgemäßen Produktes wirksam verbessert.
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Als Aktivator dienen vorzugsweise Alkalisalze der Alkalimetalle sowie der Erdalkalisalze. Diese können bei den Alkalisalzen der Alkalimetalle bevorzug auch als Carbonate vorliegen. Besonders bevorzugt werden auch die Oxide und Hydroxide der Alkalisalze der Alkalimetalle sowie der Erdalkalisalze eingesetzt. Es wurde gefunden, dass sich schon bei Raumtemperatur in wässriger Lösung, eine wasserglasähnliche sehr harte Substanz aus den mineralischen Zuschlägen und den Alkalisalzen bildet. Ebenso verhindern die genannten Härter eine ausblühen des resultierenden Binders. Vorteilhaft wurde gefunden das die erwähnten Salze auch aus Biomasse Aschen gewonnen werden kann.
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Besonders hervorzuhaben ist die Tatsache, dass der erfindungsgemäße Binder und insbesondere der für die Bindekraft verantwortliche Aktivator ca. 70% weniger CO2 Emissionen in der Herstellung erzeugt als Zement. Vorteilhaft ist auch die eingesetzte Menge an Bindemittel, wobei der Anteil des Aktivators als CO2 relevante Emissionsquelle für CO2 nur 35-55kg pro m
3 Dämmstoff beinhaltet. Im Vergleich zu
EP 2154117A1 , wo ca. 250 kg Portlandzement pro m
3 Dämmstoff zum Einsatz kommen.
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Wird vorzugsweise der Aktivator aus Biomasseaschen gewonnen, würden sich die CO2 Emissionen nochmals stark reduzieren. Diese wären im direkten Vergleich zu
EP 2154117A1 mit 212kg CO2 pro m
3 Baustoff durch die Emissionen des Bindemittels Zement und den erfindungsgemäßen Baustoffen mit 16 kg CO2 pro m
3 Baustoff eine Reduzierung von ca. 92% CO2 Emissionen pro m
3 Baustoff.
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Das Mischungsverhältnis der drei Komponenten beträgt 1:1:1. Das Verhältnis von Wasser und den drei Komponenten beträgt bevorzugt 0,4-1,7 und besonders bevorzugt 0,4-0,8. Die Mischung erfolgt erfindungsgemäß und vorzugsweise als sogenannte „ONE POT“ Mischung.
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Eine bevorzugte Ausführungsform der Erfindung ist, dass die Faserlängen zwischen 5 und 60 mm betragen und eine Faserdicke von 0,2-5mm besitzen. Beim Einsatz von Gräsern wie Miscanthus oder Stroh sind diese Bedingungen bereits durch bekannte Erntemaschinen wie Feldhäcksler oder Mähdrescher erfüllt und bedürfen keinem weiteren Bearbeitungsschritt. Beim Einsatz von Sägemehl, Spänen, Schalen, Kerne, Pülpe und Fasern von Gärresten aus Mais, ist ebenfalls kein weiterer Bearbeitungsschritt mehr nötig.
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Beim Einsatz von Laub- oder Nadelhölzern muss es nach der Grobhäckselung mit marktüblichen Holzhäckslern einen weiteren Zerkleinerungsschritt geben. Vorteilhaft hat sich hier die Zerkleinerung mittels Kollermühle bewährt. Die Bedingungen an die Faserlänge und Dicke werden unter anderem durch eine quetschend-reibende Mahlwirkung der Kollerrollen bewirkt. Besonders vorteilhaft für die Auswahl dieser Zerkleinerungstechnologie ist, dass bei minimalem Energieverbrauch in Kombination mit leisem Betrieb, geringem Platzbedarf und ohne Aspiration, Zyklon, Filter und Abluftanlage gearbeitet werden kann.
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Das Mischen und Beleimen der pflanzlichen Einsatzstoffe mit dem Bindemittel für die erfindungsgemäßen Produkte, kann bevorzugt ohne weitere Wasserzugabe mittels eines handelsüblichen Zwangsmischer durchgeführt werden. Besonders bevorzugt zum Beleimen der pflanzlichen Einsatzstoffe für die erfindungsgemäßen Produkte, ist jedoch der Einsatz einer sogenannten Blow Line Beleimung. Hier werden mittels Einbringung der pflanzlichen Rohstoffe in ein vertikales Fallstromrohr, die pflanzlichen Rohstoffe im unteren Bereich des Fallstromrohres durch Düsen mit dem Bindemittel besprüht. Besonders vorteilhaft für die Auswahl dieser Beleimung mit dem Bindemittel, ist eine mögliche Einsparung an Bindemittel, eine gleichmäßigere Benetzung der pflanzlichen Rohstoffe mit dem Bindemittel und ein genauere Mengen- sowie Volumen Dosierung der Fertigmischung aus Bindemittel und pflanzlichen Rohstoffen für die erfindungsgemäßen Produkte.
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Vorteilhafterweise und bevorzugt werden die erfindungsgemäßen Produkte aus der Fertigmischung in Kästen oder Formen gegossen und gepresst. Besonders bevorzugt wird die Fertigmischung in einem üblichen Plattenpressverfahren in Form eingebracht und gepresst. Als Plattenpressverfahren sind insbesondere solche geeignet, die aus der Holzfaserplattenproduktion bekannt sind.
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Wie eingangs erwähnt sollen erfindungsgemäß drei Ausführungen von Dämmprodukten hergestellt werden.
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Ausführung 1 als reiner Dämmstoff für den Außen- und Innenbereich. Ausführung 2 als Dämmstoff für Außen und Innen wobei dieser Baustoff auch konstruktive und statische Aufgaben übernehmen kann. Die bevorzugten Rohdichten der erfindungsgemäßen Produkte liegt hier bei 110-480 kg/m3, besonders bevorzugt bei Ausführung 1 zwischen 130 und 250 kg/m3 und besonders bevorzugt bei Ausführung 2 bei 280-580 kg pro m3. Der Wärmeleitfähigkeit λ bei Ausführung 1 liegt bevorzugt zwischen 0,030-0,085 W/mK, und besonders bevorzugt zwischen 0,030-0,050 W/mK. Der Wärmeleitfähigkeit A bei Ausführung 2 liegt bevorzugt zwischen 0,04-0,09 W/mK, und besonders bevorzugt zwischen 0,05-0,09 W/mK. Es wurde gefunden, dass die bevorzugte Rohdichten und auch die Wärmeleitfähigkeiten kontrolliert über den Pressdruck und der Menge an Bindemittel der erfindungsgemäße Fertigmischung eingestellt werden kann. Dieser beträgt bei Ausführung 1 bevorzugt 0,2-0,85 N/cm2 und besonders bevorzugt 0,2-0,5 N/cm2 und bei Ausführung 2, 2,8-4,2 N/cm2 und besonders bevorzugt 3,5-4,2 N/m2.
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Vorteilhafterweise und besonders bevorzugt, kann mit der erfindungsgemäßen Fertigmischung als Ausführung 3 mit höherer Dichte, auch ein Baukörper (Haus, Wand, Dach) in monolithischer Bauweise erstellt werden, wobei diese Ausführung auch konstruktive und statische Aufgaben übernehmen kann. Die Herstellung kann unter Zuhilfenahme von marktüblichen und im Baugewerbe bekannten Schalungsmaterialien erfolgen und auch im 3D Druck. Es wurde gefunden, dass bei Temperaturen ab 15°C die Durchtrocknung einer Wand mit einer Wandstärke von 30cm nur ca. 40-60 Tage in Anspruch nimmt. Somit wäre diese Ausführung in den Monaten zwischen Mai und Oktober auch in mitteleuropäischen Ländern möglich.
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Vorzugsweise wird der erfindungsgemäße Baustoff mit Konvektionswärme aus Dampf, Heißluft, Strahlungswärme oder der Umgebungstemperatur getrocknet oder dielektrisch zur Trocknung erwärmt.
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Vorteilhafterweise wurde gefunden, dass das eingesetzte Bindemittel auch die Aufgaben des Brand-Schimmel- Schädlings- und Feuchtigkeitsschutz übernehmen kann. Bei erhöhten Anforderungen an an den Schutz vor Feuchtigkeit durch z.B. starke Bewetterung, kann der Baustoff noch nachträglich imprägniert werden. Besonders bevorzugt werden hier Lösungen aus Derivaten von Celluloseethern oder ein Pflanzenöl mit einem Sikativ und Ölfirnis vermischt, besonders bevorzugt aus den ölreichen Samen der baumförmigen Arten der Gattung Vernicia.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 4440157 A1 [0006]
- EP 1331307 A2 [0006]
- DE 10006041 B4 [0007]
- EP 2154117 A1 [0008, 0009, 0018, 0019]